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I will try to fix you

von Aurora

Die Liste

Obwohl Jim Kirk erst seit einer Dreiviertelstunde wach war, konnte es Doktor McCoy nicht lassen ihn auszufragen. „Hattest du starke Kopfschmerzen in letzter Zeit?“
„Als würde mein Kopf explodieren.“
„Wie lange schon?“
„Uff…ähm…es hat circa…zwei Monate nach dem ich wieder aufgewacht bin angefangen.“
„Und wie?“
„Erst leicht und dann zunehmend stärker.“
„Wo hat es angefangen?“
„Hinten links.“
McCoy notierte sich das und fragte weiter: „War dir oft Schwindelig? Hast du Schwindelanfälle bekommen und Bewusstseinsverluste, von denen ich nichts weiß?“ Er wollte anfangen zu sprechen, aber man fiel de Captain ins Wort. „Und sei ehrlich.“
„Wenn ich zu viel gearbeitet hatte oder einfach Müde war, kam es schon vor das mir für einen Moment schwarz vor Augen wurde.“
„Und wie oft ist das passiert?“
„Das weiß ich nicht.“
„Hattest du irgendwelche Gefühlsstörungen? Sehstörungen? Gleichgewichtsprobleme?“
„Weder noch.“
„Sehr gut. Sprachprobleme?“
„Nicht das ich wüsste.“
„Hattest du Lähmungserscheinungen oder Ausfallerscheinungen?“
Jim hob eine Augenbraue und schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Dementsprechend auch keine epileptischen Anfälle.“ Wieder notierte sich Pille etwas und er schien zufrieden zu sein. „Das hört sich schon mal vielversprechend an. Ich glaube wir könnten da etwas tun.“ Er schaute auf, stellte die Infusion, die der Captain in die rechte Hand bekam, ein und schaute seinen Freund an, der immer mal wieder auf seine Datentafel schrieb. Aber immer wenn er versuchte einen Blick darauf zu erhaschen, drehte Jim sie immer so weg, dass er nicht sah was er da tat. Seufzend schüttelte er den Kopf und fuhr fort: „Soweit ich das jetzt beurteilen kann, können wir etwas gegen diesen Tumor tun. Er ist zwar bösartig, aber wir hätten eine ganz gute Möglichkeit. Wir könnten ihn operabel entfernen. Dafür würden wir deine Schädeldecke öffnen.“ Der Arzt strich durch die blonden Haare seines Captains und zeigte ihm so, wie er den Schnitt machen würde. „Ich könnte den Tumor vom gesunden Gewebe trennen und es beseitigen. Natürlich hätte es folgen, denn wir rede hier von deinem Hirn. Ein falscher Schnitt oder ein bisschen zu viel weg und du bist schnell gelähmt oder könntest dein Gedächtnis verlieren. Außerdem gäbe es hier ein hohes Rückfallrisiko. Aber wenn wir ihn so entfernen, zumindest den größten Teil, dann können wir den Rest mit einer Bestrahlung danach entfernen. Das würde zumindest dein gesundes Gewebe schützen. Mit einer gezielten Bestrahlung können wir alles entfernen und direkt im Bereich der Erkrankung eingreifen. Auch hier könnten neurologische Störungen als Nebenwirkungen auftreten.“ Er dachte nach und sagte nach kurzem Zögern: „Wir könnten auch nur eine Bestrahlung machen und diese mit einer Chemotherapie koppeln. Dafür würden wir spezielle Medikamente nehmen, die die Hirntumorzellen zerstören. Ich würde das schon fast besser finden, auch wenn du dich danach von deiner blonden Mähne verabschieden kannst. Eine Radiochemotherapie ist durchaus sicherer als jede Operation. Klar, Nebenwirkungen sind immer da, aber ich schätze, die Wahl liegt bei dir, denn so eine Entscheidung ist nicht einfach. Ich schätze, du würdest um das alles durchzustehen eine psychosoziale Betreuung brauchen, denn etwas Derartiges ist nicht einfach. Schließlich geht es hier um dein Leben und so gut unsere Medizin auch entwickelt ist, Risiken und Nebenwirkungen bestehen immer.“
Während McCoy redete, saß einfach nur Kirk gedankenverloren da.
Während sein Freund und Arzt das alles mit einer unglaublichen ärztlichen Ruhe aussprach, starrte er auf sein PADD und tippte mit seinem Stift drauf herum. Er schaute sich die Sätze an, die er per Hand geschrieben hatte und durch die automatische Schrifterkennung in Computerschrift verwandelt wurde. Die Sätze bestanden aus wenigen Worten, aber sie waren aussagekräftig.
Zuhören tat er schon lange nicht mehr. Und das wurde ihm auch deutlich angemerkt.
„Jim? Jim, hörst du mir zu?“
„Hm? Was?“ Aus seinen Gedanken gerissen schaute Kirk auf und blickte zu McCoy, der die Hände an die Hüfte gestemmt hatte und ihn streng ansah.
„Du hörst mir nicht zu.“ Stellte dieser fest.
„Tue ich wohl.“
„Und was habe ich gerade gesagt?“
„Ähm…“
„Als doch nicht.“ Er schüttelte der Kopf und trat an sein Bett heran. Er war zu der Tafel neben dem Bett getreten, auf dem all seine Vitalwerte standen und die Röntgenbilder seines Kopfes zusehen waren. Sie zeigten deutlich einen dunklen Fleck, der einen nicht gerade kleinen Tumor darstellte. Jim versuchte nicht hinzusehen. Es war ihm unangenehm daran erinnert zu werden, dass er da etwas im Schädel hatte. „He, das Thema ist ernst. Versuch zumindest zu folgen.“
„Das ist gar nicht so einfach.“ Murmelte der Captain und ließ die Datentafel sinken. „Ich meine…du hast mir mitgeteilt das ich eine Krankheit habe, die mich umbringen kann…wird.“
„Sie wird dich nicht umbringen. Wir können es verhindern.“
„Ich will aber keine Therapie.“ Kirk schaute seinen Freund aus großen, traurigen Augen an.
„Was!? Warte, wiederhol das.“ Perplex legte Pille den Kopf schief. Sein Ton war alles andere als sanft oder verständnisvoll. „Du bist…du willst…erklär mir das.“
„Pille.“ Fing der Blonde an und suchte nach den richtigen Worten. Er lege die Datentafel zur Seite und setzte sich auf. Er machte es sich bequem, klopfte sich das Kissen zu Recht und leckte sich über die Lippen. Sie fühlten sich auf einmal so trocken an. Er dachte schnell nach und sah zu seinem Freund auf, der gespannt auf eine Erklärung wartete. „Ich will einfach nicht. Ich meine, klar, ich könnte mir den Kopf aufschneiden lassen und den Tumor entfernen lassen. Oder mich bestrahlen lassen und Medikamente nehmen, die mich zugrunde richten. Aber was bringt mir das? Ist es das wirklich wert?“
„Ob es das Wert ist? Verdammt Mann, es geht hier um die Leben!“
„Das ist mir schon klar, aber ich glaube es ist immer noch meine Entscheidung, ob ich will oder nicht.“
„Ob du willst oder nicht? Jim, was geht in deinem Kopf vor? Versagt bei dir etwa schon das Denkvermögen? Fängt es etwa so an? Das klingt ja fast so, als ob du sterben willst.“ Jim zuckte zusammen und Pille sah ein, dass sein Tonfall wohl zu hart war. Er hatte ihm vor nicht mal vierundzwanzig Stunden gesagt das er eine schlimme Krankheit hatte und er schien zu vergessen, dass es sich hier gerade nicht um seinen Freund handelte, sondern um seinen Patienten. Also musste er ihn anders anpacken. Einsehend strich er sich übers Gesicht und sah den anderen an, der es vermied ihn anzusehen. „Tut mir Leid. Du bist mein bester Freund…es geht wohl mit mir durch.“
„Nicht schlimm.“ Meinte der andere nur leise und schaffte es ihn wieder anzusehen. Seine Augen waren von traurigem Blau. „Ich hab nur eine Frage.“
„Welche?“
„Wie lange habe ich zu leben?“ Die altbekannte Frage jedes Patienten. Aber im Vergleich zu anderen Patienten durchlebte Jim nicht die erste Stufe der Fünf Phasen des Sterbens. Das nichtwahrhaben wollen. Noch hatte er keine Anzeichen gemacht, sondern hatte einfach nicht mit ihm darüber gesprochen. Bis jetzt. Und jetzt, da sie redete, stellte er die Frage, die wohl die Wichtigste von allen anderen war. „Wieso ist dir das wichtig?“ konterte er. „Wieso ist es dir wichtig zu wissen, wie lange du lebst?“
„Weil ich es wissen muss.“ Wieder starrte er auf das PADD an, senkte den Stift, ehe er ihn verstaute, und machte die Displaysperre rein. „Wie lange lebe ich, wenn ich die Therapie nicht mache? Wie viel Zeit bleibt mir noch.“
„Jim…“ Pille wollte ihm das nicht beantworten, schüttelte den Kopf und zog sich einen Stuhl ans Bett, ließ sich darauf nieder. „Das ist nicht so einfach. Ich kann dir das nicht genau sagen.“
„Dann sag es mir grob.“
„Du willst es wirklich wissen, oder?“
Der Captain nickte. „Sehe es als Befehl.“
Grummelnd und mit sich ringend sah er weg. Wieder die Masche. „Grob gesagt…wenn wir nichts tun und es so belassen…circa elf Monate. Vielleicht auch weniger, je nachdem wie schnell er wächst und wie schnell und viel er streut. Aber ja, so zehn bis elf Monate bleiben dir noch.“ Er sagte das nur ziemlich ungerne.
Kirk nickte akzeptierend und wandte den Blick zu seinem Freund. „Und ich schätze ich kann nicht hier bleiben, oder?“
„Nein. Ich müsste sich aus dem Dienst nehmen, dich zurück auf die Erde schicken und dort einem Krankenhaus übergeben. Du wärst für den Dienst nicht mehr geeignet, da deine Kommandofähigkeiten beeinträchtigt sind. Und außerdem bist du in diesem Augenblick nicht mehr Captain, sondern Spock. Ich habe dich bereits aus dem Dienst genommen.“
„Wissen die anderen bereits was ich habe?“
„Ja, ich habe es ihnen erzählt, aber ich habe es ihnen verboten herzukommen. Du brauchst Ruhe und etwas Zeit für dich. Und dem spitzohrigen Mistkerl traue ich eh keine feinfühlige Konversation an.“
„Na dann.“ Sagte Jim und nickte leicht. „Danke. Würde…würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dich bitte zu gehen? Meine Kopfschmerzen melden sich wieder. Das macht mich doch alles platter, als ich dachte.“ Das Lächeln des jungen Kirk war traurig, aber es versuchte halbwegs unbesorgt auszusehen. Pille kannte diesen Blick. Es war die Einsicht.
„Dann lass ich dich alleine.“ Meinte er nur und stand auf. „Wenn etwas ist, piep mich an. Ich sehe nachher nach dir.“ Doktor McCoy drehte sich um und verließ wiederwillig und schweren Herzens den Raum.


Es war mitten in der Nacht, als Leonard leise und geräuschlos an das Bett seines Freundes trat. Sein Dienst hatte vor Stunden geendet und er lag schon im Bett, aber der Gedanke an seinen guten Freund hielt ihn wach. Ständig musste er daran denken, was er gesagt hatte. Ständig machte er sich Gedanken darüber, was er da wohl geschrieben hatte. Ständig machte er sich Sorgen.
Das war doch nicht mehr normal.
Die Neugierde hatte ihn dann einfach gepackt und er war aus dem Bett gesprungen. Er würde, solange er nicht wusste was Jim da geschrieben hatte, sowieso keinen Schlaf mehr fassen. Immer zu dachte er an seine Frage, wie lange er wohl noch leben würde. Dass er keine Therapie wollte und ob er das überhaupt wert sei. Und dann auch noch diese Geheimnistuerei mit dem PADD. Es machte ihn Wahnsinnig nicht zu wissen, was er sich da aufgeschrieben hatte, denn er ging vom Schlimmsten aus.
Wahrscheinlich war das bereits der Anfang von einem Abschiedsbrief an die Crew der Enterprise. Oder an ihn selber. Vielleicht war es auch Plan, wie er sich umbringen konnte, ohne dass es jemand erfuhr. Oder es war sein Testament. Alles ging ihm durch den Kopf und alles waren es schlimme Befürchtungen.
Nun stand er am Bett von Jim und schaute ihn an.
James Kirk lag ruhig zur Seite gedreht da und schlief friedlich vor sich hin. Er hatte die Decke soweit runter gestrampelt, dass sie nur noch seine Beine bedeckten. Der Kittel den er trug war ein Stück hochgerutscht, sodass er seinen Rücken sehen konnte und die Boxershorts. Seufzend griff der Arzt nach der Decke und zog sie richtig über seinen Patienten. Dieser grummelte im Schlaf, kuschelte sich in die Decke und McCoy blieb einen Moment das Herz stehen. Er dachte schon, Kirk würde aufwachen, ihn geschockt ansehen und vertreiben. Aber dem war so nicht. Selenruhig schlief er weiter.
Erleichtert stieß Pille ein stilles Stoßgebet in den Himmel und griff mit einem gezielten Griff nach dem PADD auf dem Nachttisch. Dann drehte er sich um, schlich barfuß aus dem Zimmer und draußen auf dem Gang lehnte er sich an die Wand und setzte sich auf den Boden. Jetzt würde er sehen, was sein Kumpel vor ihm versteckte.
Geschickt entsperrte er das Display -mittlerweile kannte er die Kombination von Jim’s privatem Zugang- und öffnete das Textdokument. Er rief das zuletzt verwendete Dokument auf und als es sich öffnete, machte sein Herz einen Satz.

Dinge, die ich vor meinem Tod noch machen möchte. Stand nach Gregorianischem Kalender: 22. November 2259

Stand dort als Überschrift und was folgte war eine Liste mit den verschiedensten Punkten. McCoy konnte es nicht fassen. War es wirklich das, was er da las? War es wirklich eine Wunschliste mit Dingen, die James Tiberius Kirk machen wollte ehe er aus dem Leben schied? Sollte das heißen, dass er eine Therapie wirklich ablehnte und sterben wollte? Mit so vielen Fragen im Kopf schaute er sich die Liste an und mir erschreckender und ängstlichen Neugier las er sie durch.

1. Weihnachten zuhause mit Mum feiern.
2. Irgendwo hingehen, wo Schnee liegt.
3. Silvester mit Alkohol und Raketen feiern
4. Ein Haustier haben
5. Spock mal die Meinung geigen
6. Einen besonderen Menschen küssen
7. Schlittschuh fahren
8. Nach Riverside in meine Lieblingsbar gehen
9. Auf mein Leben anstoßen und mich so verabschieden
10. Einem besonderem Menschen sagen das ich ihn liebe
11. Klar stellen, dass ich mit niemandem mehr Streit habe
12. Klar stellen, dass niemand an meiner Beerdigung in schwarz kommen soll
13. Sichergehen, dass ich ohne Qualen und Schmerzen sterbe

Es zerriss ihm das Herz. McCoy stiegen aus unergründlichen Gründen die Tränen in die Augen und er schniefte. Zitternd und langsam legte er die Datentafel neben sich und strich sich mit beiden Händen übers Gesicht. Das konnte doch nicht wahr sein. Das war doch alles nur ein schlechter Scherz. Das war eine Checkliste, die er erstellt hatte, um genau das zu tun, vor dem es den Arzt so graute.
Kirk wollte sterben. Nur wieso?
Das konnte er nicht zulassen! Verdammt, sie waren Freunde und außer ihn hatte Pille niemanden mehr. Würde Jim gehen, was würde nur aus ihm werden?
Nein, das konnte er nicht zulassen. Er würde alles tun, damit sein Freund lebte. Dieser Mistkerl würde sein Leben nicht hinschmeißen, dafür würde er schon sorgen.
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