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Warum?

von Kerstin

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Naomi Wildman saß vor einem Terminal im Kasino und durchstöberte mal wieder die Datenbank der Voyager, um sich guten Lesestoff zu gönnen, als sie über ein Gedicht stolperte, das ihr bis jetzt noch unbekannt war. Also fing sie an zu lesen. Ungefähr zehn Minuten später, war sie fertig mit dem Gedicht. „Neelix, kommst du mal, bitte?“

„Ich komme schon, Naomi. Was ist denn?“

„Ich verstehe dieses Gedicht nicht, Neelix. Kannst du mir erklären, was die Dichterin damit sagen will?“

„Lass mal sehen.“ Neelix beugte sich nach vorne und begann das Gedicht zu lesen. Nachdem er es durchgelesen hatte schüttelte er den Kopf „Tut mir Leid, Naomi. Das Gedicht ist von der Erde. Vielleicht solltest du mal Tom Paris fragen. Er ist sozusagen ein Fachmann für die Geschichte der Erde im zwanzigsten Jahrhundert. Warte, ich hole ihn eben.“

Naomi musste nicht lange warten.

„Wie kann ich dir helfen, Naomi?“, fragte Tom.

„Können Sie mir sagen, was die Dichterin mit dem Gedicht sagen will?“

„Lass mich mal lesen.“ Doch auch Tom wusste die Antwort auf Naomis Frage nicht. „Ich habe 'ne Idee. Wir fragen einfach mal den Captain.“ *Allein schon um zu sehen, was der Captain und der Commander so treiben*, fügte in Gedanken hinzu.

Naomi nickte und lud das Gedicht auf ein Padd. Danach gingen sie zu dritt zum Quartier des Captains.

„Also, Chakotay. Wie hat Ihnen das Essen geschmeckt?“, fragte Janeway und sah Chakotay mit großen Augen an.

„Es war sehr gut. Auch wenn es etwas ungewöhnlich geschmeckt hat.“

„Ich hab mal was anderes ausprobiert. Es freut mich, dass es Ihnen trotzdem geschmeckt hat.“

Chakotay wollte gerade was sagen, als der Türmelder ertönte. Janeway gab, wer auch immer da draußen stand, die Erlaubnis einzutreten. Sie war umso überraschter, als Naomi und Tom gefolgt von Neelix und B'Elanna, die sie auf dem Weg aufgegabelt hatten, ihr Quartier betraten. „Wem kann ich wie helfen?“, fragte sie verwirrt.

„Sie können Naomi helfen, Captain.“, antwortete Neelix auf Janeways Frage.

„So. Und wie kann ich dir helfen, Naomi?“

„Ich habe in der Datenbank der Voyager ein Gedicht gefunden, habe aber keine Ahnung, was es aussagen oder bezwecken soll. Mr Paris hatte die Idee, dass Sie es vielleicht wissen.“

Janeway deutete allen, dass sie sich setzen sollten.„Dann lies es mir mal vor“, sagte sie zu Naomi und lächelte.

Naomi nickte und begann:

Gewalt.

Alltag?

Terror.

Unaufhaltsam?

Krieg.

Vermeidbar?

Tod.

Nötig?

Wir sagen:

Gewalt.

Alltag!

Soll man sie verhindern?

Terror.

Unaufhaltsam!

Soll man weggehen und nicht hinsehen?

Krieg.

Vermeidbar!

Warum sollte man Frieden bewahren?

Tod.

Unnötig!

Er ist das Resultat aus allem!

Soll man trauern mit denen,

die durch ihn jemanden verloren haben

oder nur an sich denken?

Man sagt:

Gewalt ist Alltag,

aber man muss sie verhindern!

Terror ist unaufhaltsam,

aber wir dürfen ihn nicht einfach so hinnehmen!

Krieg ist vermeidbar

und man muss für den Frieden stehen!

Der unberechtigte Tod ist das Resultat

und wir müssen ihn verhindern!

Wir fragen:

Wie den Tod verhindern?

Einschreiten und die Gewalt

nicht zum Alltag werden lassen!

Einschreiten und dem Terror

ins Gesicht sehen!

Einschreiten und den Krieg

nicht zum Zuge kommen lassen!

Wir rufen:

Warum tut keiner etwas dagegen!

Viele mussten sterben,

weil sie etwas unternommen haben!

Viele mussten sterben,

weil sie anderen geholfen haben!

Viele mussten sterben,

weil sie die Gewalt, den Terror und den unnötigen Tod

nicht mehr mit ansehen konnten!

Sie nicht mehr sehen wollten,

wie unschuldige Menschen sterben müssen

und sie taten etwas dagegen.

Wir rufen noch immer:

Warum tut niemand etwas dagegen!

Aber wir wissen auch:

Einer alleine

kommt nicht dagegen an.

Einer alleine

wird scheitern.

Einer alleine

wird seine Aktion nicht überleben.

Einer alleine

hat Angst den ersten Schritt zu machen.

Einer alleine....

Dann fragen wir:

Wer dann?

Wenn nicht der eine,

wer dann?

Wer wird den ersten Schritt machen?

Wer wird in Aktion treten und

uns aus dem Geflecht der Angst heraus holen?

Wer wird nicht scheitern

an der Überlegenheit der anderen?

Wer kommt gegen diese große Macht an?

Wer hat den Mut dazu uns zu sagen,

dass wir etwas falsch machen?

Wer?

Und wir werden

immer weiter fragen.

Fragen bis sich jemand findet.

Doch wir werden niemanden finden.

Wir werden immer weiter fragen.

Wir werden erst wenn es zu spät ist

darauf kommen, worauf all die anderen,

die wegen ihrem selbstlosen Handeln umgekommen sind,

uns aufmerksam machen wollten.

Dass es nicht auf den Einen,

sondern auf alle ankommt!

Dass nur eine große Gruppe siegen kann!

Dass wir es sind,

die dazu bestimmt sind,

die Menschheit zu retten.

Zu retten aus ihrer Blindheit.

Zu retten aus ihrer Stummheit.

Zu retten aus ihrer Taubheit.

Zu retten aus diesem tiefen Loch,

in dem jeder nur an sich denkt.

In dem jeder nur noch auf sich hört.

In dem niemand

sich Gedanken über das macht,

was draußen passiert.

Draußen, eine Welt,

die kaum noch jemand kennt.

Eine Welt die ganz anders ist

als wir sie uns vorstellen.

Eine Welt, in der

der Hass die Vorherrschaft hat.

Eine Welt, in der

Kinder schreien

aber niemand sie hört.

Eine Welt, in der

Frauen um ihre Männer weinen

aber niemand sie tröstet.

Eine Welt, in der

jeder Angst hat,

vor der Nacht und dem Tag.

Eine Welt voller Dunkelheit, in der

es kein Licht gibt.

Eine Welt, in der

es kein Recht gibt.

Eine Welt ohne Frieden.

Wenn wir das alles erkennen,

werden wir uns Vorwürfe machen.

Vorwürfe, dass wir nichts gehört haben.

Vorwürfe, dass wir nicht den ersten Schritt taten.

Vorwürfe, dass wir nur an uns dachten.

Vorwürfe, dass wir Waffen schmiedeten, statt einen Pflug.

Vorwürfe, dass wir Feuer machten, anstatt Häuser aus dem Holz zu bauen.

Vorwürfe, dass wir die Kinder alleine ließen, anstatt ihnen zu zeigen was Liebe ist.

Vorwürfe, dass wir begannen mit dem Streit.

Es allen vor machten.

Vorwürfe, dass wir so vieles falsch gemacht haben

und damit unsere Erde zerstörten.

Unser Leben und das der Kinder zunichte machten.

Die Liebe vertrieben und dem Hass Einlass gewährten.

Dann werden wir trauern.

Trauern um die Menschen,

die ihr Leben gaben,

um uns zu retten.

Die ihr Leben gaben,

um uns auf etwas aufmerksam zu machen.

Eine Trauer, die unser ganzes Leben verändern wird.

Durch die wir Kraft bekommen.

Kraft, das Werk der Verstorbenen zu vollenden.

Kraft, den Hass zu vertreiben und die Liebe einzulassen.

Kraft, die Gewalt zu besiegen.

Kraft, dem Terror das Fürchten zu lehren.

Kraft, dem Krieg Widerstand zu leisten.

Kraft, den unnötigen Tod zu vernichten.

Wenn das geschafft ist

wird die Trauer von uns weichen.

Wenn das geschafft ist

werden wir wieder Licht sehen.

Wenn das geschafft ist

werden wir wieder Lachen können.

Wenn das geschafft ist

werden wir klüger sein und nie wieder so etwas geschehen lassen.

Wenn das geschafft ist.

Doch bis das geschafft ist,

haben wir noch einen langen Weg zu beschreiten.

Bis das geschafft ist, müssen wir noch viele Hürden nehmen.

Naomi machte eine Pause. „Es wurde geschrieben von einem Mädchen mit fünfzehn Jahren im November 2001.“

Alle schwiegen. Keiner wagte ein Wort zu sprechen und so diese Stille zu brechen. Dann erfasste Janeway das Wort. „Was war noch mal deine Frage, Naomi?“

„Ich wollte wissen, was das Mädchen damit sagen will.“

„Vielleicht kann ich dir die Frage beantworten.“, warf Chakotay ein und alle Augen richteten sich auf ihn. „Das Jahr 2001 war eins der dunkelsten Jahre im einundzwanzigsten Lahrhundert. In diesem Jahr, genauer gesagt am elften September, wurde der Terroranschlag auf das World-Trade-Center in New York verübt. Wahrscheinlich hat sie dabei jemanden verloren, der ihr sehr wichtig war.“

„Da muss ich Ihnen widersprechen, Chakotay. Das Mädchen lebte im damaligen Deutschland und es gibt keine Quellen, die beweisen, dass jemand, den sie kannte damals umgekommen ist.“

„Und woher wissen Sie, dass sie aus Deutschland stammt?“, fragte Tom neugierig.

„Ich kenne dieses Gedicht schon sehr lange. Meine Schwester hat es mir mal gezeigt. Sie war damals in den Ferien in Deutschland. Dort hat sie das Gedicht kennen gelernt und auch erfahren, auf welche Schule das Mädchen damals gegangen ist. Soweit ich mich erinnere, war sie auf einem katholischen Mädchengymnasium in Münster.“

„Interessant. Aber wissen Sie auch, was sie mit diesem Gedicht bezweckt hat?“, meldete sich B'Elanna nun zum ersten mal zu Wort.

„Soweit ich das beurteilen kann, wollte sie damit zeigen, wie sehr ihr das, was in dieser Zeit alles passiert ist, gegen den Strich ging. Ihrem psychologischen Profil zufolge, war sie ein Mädchen, das sehr schnell emotional reagierte. Wahrscheinlich brachte das, was in New York passiert ist, das Fass zum Überlaufen. Und das Gedicht zu schreiben, war wohl ihre Art alles zu verarbeiten, was ihr großen Kummer machte.“

„Aber es muss dann doch noch mehr solche Ereignisse gegeben haben.“, sagte Naomi.

„Die gab es in rauen Mengen. Wenn du dir die Nachrichten in dieser Zeit anguckst, wirst du feststellen, dass diese ganze Epoche, angefangen beim ersten Weltkrieg bis zum dritten Weltkrieg, nur so überquillt von eben solchen Ereignissen.“

Naomi nickte. „Danke, Captain.“

„Konnte ich deine Frage beantworten?“

„Ja. Ich glaube verstanden zu haben, was dieses Mädchen sagen wollte.“ Naomi lächelte und stand auf, um zu gehen. „Danke, Captain.“

„Jeder Zeit wieder.“ Janeway lächelte. „Es freut mich, dass ich dir helfen konnte.“ Nachdem Naomi, Neelix, Tom und B'Elanna Janeways Quartier verlassen hatte, wandte sie ich wieder an Chakotay. „Es ist schon traurig, dass es damals erst zu den Kriegen kommen musste, bis man einsah, dass die Politiker einen falschen Weg eingeschlagen hatten.“

Chakotay nickte. „Sie haben Recht. Es ist sehr zu bedauern. Noch mehr zu bedauern ist jedoch, dass ein Großteil der Menschheit ihre Fehler noch immer nicht einsieht, und es immer noch zu solchen Ausschreitungen kommt. Ein Beispiel dafür ist der Maquis.“

„Doch Sie und Ihre Crew haben eingesehen, dass Sie die falsche Seite gewählt haben.“

Chakotay nickte. „Hoffen wir, dass Naomis Generation diese Fehler nicht wiederholt.“

ENDE
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