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Geist der Weihnacht

von Nerys

Kapitel 1

Geist der Weihnacht


Auf dem Promenadendeck pulsierte das Leben wie ein stetig rauschender Fluss. Angehörige einer Vielzahl von Spezies kamen und gingen. Obwohl irgendwo dort draußen der Feind lauerte, zeigte sich nur vereinzelt Sorge in den Gesichtern. Die Leute waren zu beschäftigt mit ihrem eigenen Tagewerk. Nur gelegentlich verbreiteten Menschen, die sich miteinander unterhielten oder Besorgungen erledigten, diese besondere Stimmung. An Bord einer Raumstation gab es keinen Schnee, der im kalten Licht der Wintersonne glitzerte, und keine Bäume, die sich unter ihrer weißen Last bogen. Es roch nicht nach Tannennadeln, Bäckereien und Gewürzen. Julians Blick fiel auf das Schild neben dem Eingang von Quarks Bar, welches Glühwein, Lebkuchen sowie allerlei Weihnachtsdekoration anpries. Ein amüsiertes Grinsen huschte über sein Gesicht. Natürlich ließ der Ferengi keinerlei Gelegenheit für ein gutes Geschäft aus. In dem Etablissement schien es zur Zeit keinen einzigen freien Platz zu geben. Der junge Mann grüßte Quark mit einem Kopfnicken und klopfte Morn im Vorbeigehen auf die Schulter. Der Lurianer quittierte die Geste mit einem Brummen. Julian nahm die enge Wendeltreppe in die zweite Etage und steuerte den Tisch an, an dem er sich stets mit dem cardassianischen Schneider zum Mittagessen traf. Tatsächlich saß Garak bereits da. Seine knöchernen Brauen hoben sich, als Bashir ihm gegenüber Platz nahm.

„Sie kommen spät“, kommentierte er in neutralem Tonfall.

„Ich hatte noch einen dringenden Patienten. Ein akuter Fall von andorianischen Masern. Hoch ansteckend, wenn sie nicht rasch eingedämmt werden.“

„Nun, das dürfte für Sie natürlich nur eine Fingerübung sein.“

Bashir grinste leicht. „Es war wirklich nicht schwer zu behandeln, aber die Diagnose ist nicht ganz leicht, zumal es reichlich ähnliche Krankheitsbilder bei verschiedenen Spezies gibt. Die bajoranischen Varizellen zum Beispiel, von denen wir zuletzt eine kleine Epidemie hatten.“

„Oh ja, eine hartnäckige kleine Seuche, die meinen auf Bajor stationierten Landsleuten immer wieder zu schaffen machte.“

Der Arzt hob belustigt die Braue. „Ich dachte immer, Cardassianer wären resistent gegen die meisten harmloseren Erkrankungen.“

„Mein lieber Dokotor, für gewöhnlich trifft das auch zu. Sie werden niemals einem Cardassianer mit irgendeiner klingonischen oder menschlichen Infektion begegnen - nichts für ungut. Bei manchen zugegebenermaßen recht misstrauischen Vertretern meines Volks kursiert sogar die Theorie, dass bajoranische Terroristen bewusst biologische Waffen einsetzten.“

Julian konnte sich ein amüsiertes Glucksen nicht verkneifen, während Garaks Lippen von dem für ihn so bezeichnenden wissenden Lächeln umspielt wurden. Bevor einer von beiden noch etwas hinzufügen konnte, kam der Ferengi Frool herangewuselt um die Bestellungen aufzunehmen. Nachdem er alles in seinem Datenblock aufgezeichnet hatte und wieder gegangen war, musterte der Cardassianer demonstrativ die Tischdekoration. Bashir folgte diesem Blick. Er hatte dem kleinen Zweig eines Nadelbaumes mit einer roten Kugel und einer flachen Kerze bisher noch keine Beachtung geschenkt. Etwas anderes fiel ihm nun ebenfalls auf. Garak hatte anstatt seines üblichen Lieblingsgetränks einen Keramikbecher mit einer dunkelroten Flüssigkeit vor sich stehen, die einen würzigen alkoholhaltigen Geruch verströmte. Ganz und gar nicht unangenehm.

„Was trinken Sie denn da?“ wollte er mit einem skeptischen Stirnrunzeln wissen.

„Oh das. Ich dachte, ich sollte diesen Glühwein, auf den ihr Menschen zur Zeit so schwört, auch einmal probieren. Er schmeckt in der Tat interessant. Ein bisschen süß natürlich.“

Der junge Mann nickte wissend. Er mochte das unnatürlich zuckerhältige Zeug nicht besonders. So hatte er auch noch nie O’Briens Vorliebe für Root Beer verstanden, das er wirklich scheußlich fand.

„Jetzt müssen Sie mir aber erklären, was es mir diesem... Weihnachtsfest auf sich hat. Ich habe aufgeschnappt, dass es religiösen Ursprung haben soll und bisher war ich der Meinung, dass Religion für euch Menschen kaum eine Rolle spielt.“

„Zumindest jetzt nicht mehr“, erwiderte Bashir. „Das Fest geht auf eine Zeit vor rund zweitausendvierhundert Jahren zurück. Damals waren die Menschen ja noch viel einfacher und gerne bereit an eine höhere Macht zu glauben. Daran, dass Gott seinen Sohn als Erlöser auf die Erde hinab schickte. Wenn man Weihnachten feiert, feiert man die Geburt Jesus Christus. Über die lange Zeit kamen allerdings so viele neue Elemente hinzu, dass es inzwischen nur noch ein Fest der Familie, des Friedens und der Liebe ist. Man verbringt den Tag mit seinen Lieben, macht einander Geschenke, isst gemeinsam und singt Lieder. Das ist sozusagen der Geist der Weihnacht.“

Garak nickte verständnisvoll. „Welch ein schöner Gedanke. Die Familie ist schließlich das kostbarste Gut, das man haben kann.“ Er unterbrach sich. „Tut mir leid, ich wollte nichts Falsches sagen. Wie werden Sie den Tag verbringen, wenn ich fragen darf?“

Die Worte hatten dem Arzt tatsächlich einen leichten Stich im Magen versetzt. An Weihnachten wurde er immer wieder daran erinnert, was er alles nicht besaß. Früher hatte er sich dann ausgemalt, diesen Tag mit Jadzia zu verbringen, hatte davon geträumt sie zu heiraten und mit ihr eine Familie zu gründen. Die Trill hatte ihr Herz jedoch diesem ruppigen schlecht gelaunten Klingonen geschenkt. Irgendwo dort draußen musste es auch eine Frau geben, die ihn lieben konnte. Bisher hatte er sie nur noch nicht gefunden. Dennoch musste er den Abend diesmal nicht allein verbringen und das machte ihn glücklich.

„Miles hat mich eingeladen, mit ihm und seiner Familie feiern“, antwortete er.

In diesem Moment stellte Frool den Teller mit der bestellten Folienkartoffel vor ihm an. Was sich sein Freund da bestellt hatte, konnte er nicht identifizieren, aber er wollte auch nicht darüber sinnieren. Schweigend genossen beide ihr Mittagessen. Julian war in Gedanken schon beim Abend. Diesmal freute er sich wirklich darauf. Für Miles hatte er einen Connemara Whiskey besorgt, kein repliziertes Zeug, für Keiko eine seltene bajoranische Topfpflanze, die herrlich lilaweiß blühte, für Molly einen Plüschpandabären und für Kirayoshi ein Set bunter Blauklötze. Die Geschenke auszusuchen hatte ihn großen Spaß gemacht. Wie schön musste es also erst sein, wenn man das für die eigene Familie, Frau und Kinder tun konnte? Irgendwann würde er es wissen, davon war er überzeugt. Garak schien Verständnis für seine geistige Abwesenheit zu haben, er versuchte kein Gespräch mehr zu beginnen, wie sie sie sonst über Literatur, Musik, Kunst und vieles andere zu führen pflegten. Nachdem sie aufgegessen und ihre Rechnungen bezahlt hatten, stellte Bashir eine Flasche mit einer dunklen Flüssigkeit vor Garak auf den Tisch. Um den gläsernen Hals war eine grüne Schleife gebunden. Auch dieser Kanar war natürlich nicht repliziert.

„Frohe Weihnachten, mein Freund!“
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