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Das Bildnis deiner Seele

von Martina Bernsdorf

Kapitel 3

W
ie hatte sie sich darauf einlassen können? Kira schwang den Pinsel mit einer wütenden Geste. Farbe spritzte über die Leinwand und bekleckerte die leeren Flächen ebenso wie die versuchten Schwünge und Linien, die Bareils Gesicht darstellen sollten. Nur gab es keine Spur von Ähnlichkeit!
Kira starrte auf die Farbkleckse, auf das Geschmier auf der Leinwand. Stunden hatte sie damit verbracht, allein in dem alten Schuppen, da Mullibok ihr absolute Ruhe für ihre Kunst, wie er es nannte, verordnet hatte.

Kunst! Kira griff in den Pinsel, es war egal, daß sie ihre Finger dabei mit roter Farbe beschmierte, bog die Borsten nach hinten, ließ los und beobachtete, wie das Bild um ein paar Flecken reicher wurde.
Sie war kein Künstler! D´jarra hin oder her! Sie hatte keine Spur von Talent!
Wütend riß sie die Leinwand von der Staffelei und warf sie auf den Boden. Der Pinsel folgte im hohen Bogen und verschwand irgendwo in dem nach Sommer duftenden Heu.
Kira ließ sich auf einen Strohballen fallen und stützte den Kopf auf die Hände. Es war sinnlos, sie war immer nur ein Krieger gewesen, nie ein Künstler.
Sie schloß die Augen und ließ ihre Gedanken treiben. Sie erinnerte sich an den kleinen Bach im Kloster, an ihre frustrierenden Versuche, einen Steinweg künstlerisch geschickt zu arrangieren.
Sie hatte die Steine hin und hergezogen, ihre Stellung immer wieder verändert und war dem Bild in ihrem Kopf, der Vorstellung ihres Ideals, nie eine Spur näher gekommen.
Erst nach einer Weile hatte sie bemerkt, daß sie jemand beobachtete. Still und ruhig stand er da, gekleidet in seine rote Robe, ein leichtes Lächeln auf den Lippen, ein Lächeln, das sie nie vergessen hatte, nie vergessen konnte.
Sie hatte sich bei ihm über ihre mangelnden künstlerischen Fähigkeiten beklagt, hatte es ins Lächerliche gezogen, und er war darauf eingegangen. Aber sie erinnerte sich an den Blick seiner braunen Augen, so intensiv, so sehr in ihre Seele blickend, er hatte gewußt, daß sie bedauerte, diese Fähigkeiten nie entwickelt zu haben.
„Man kann Kunst nicht erzwingen, und man kann nicht mit ihr kämpfen“, Mulliboks Stimme riß Kira aus ihrer Versunkenheit, sie hatte nicht gehört, wie der alte Mann den Schuppen betreten hatte.
Er blickte auf das Bild auf dem Boden und dann sah er auf die Staffelei. „Du solltest auf den richtigen Lichteinfall achten!“ Er rückte die Staffelei ein Stück weiter ins Sonnenlicht, das durch die offene Dachluke schien, und trat dann vor Kira.
„Es ist sinnlos, Mullibok! Ich habe keine Spur des Talentes meiner Mutter. Alles was ich tue, ist Bareils Andenken mit meiner Schmiererei zu beschmutzen!“
Mullibok streckte die Hand aus und berührte ihre Wange. Kira blickte ihn erstaunt an und sah die Tränen an seiner Hand glitzern, sie hatte nicht einmal bemerkt, daß sie weinte!
„Denkst du, Bareil würde deinen Versuch, ihn zu malen, mißbilligen?“ Mulliboks Stimme war sehr sanft für seine ansonsten so brummige Art.
Kira blickte auf ihre farbverschmierten Finger, und ein Lächeln glitt über ihre Lippen. „Nein, ich denke, er würde sich darüber amüsieren“, Kira ließ ihre Gedanken kurz abgleiten, ja, sie war sicher, Bareil hätte ihren Versuch mit einem Lächeln quittiert, seine Arme von hinten um sie gelegt, sein Kinn auf ihrer Schulter aufgestützt und das schreckliche Bild betrachtet.
Sein leises Lachen hätte seinen Atem über ihre Wange streichen lassen, wie eine zärtliche Berührung seiner Hand, und er hätte das Bild wunderbar gefunden.
„Zorn ist keine Hilfe, wenn man versucht, etwas zu erschaffen, Nerys!“ Mulliboks Stimme wurde wieder brummiger. „Versuch es weiter“, er starrte auf das farbbespritzte Bild auf dem Boden, „du kannst dich wirklich nur verbessern!“
Er verließ die Scheune wieder und ließ Kira allein zurück, allein auf der Suche nach dem Pinsel, der irgendwo im Stroh verschwunden war, allein mit ihrer Erinnerung an Bareil.
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