TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Nicht der Hauch einer Chance

von Gabi

Kapitel 1

We had no way to see eye to eye
through all the walls in our minds
(Gary Kemp)


Als er wieder zu sich kam, schmerzte der Arm nicht mehr so stark.
Dumpf erinnerte er sich an Blut, an das Splittern von Knochen, an vorüberrasendes Gestein. Und an Schmerzen. Mit geschlossenen Augen lag Shakaar Edon auf dem Rücken und versuchte sich ins Gedächtnis zurückzurufen, was geschehen war.
Cardassianische Patrouille? Nein, keine Erinnerung an einen Schusswechsel fand sich in seinem Bewusstsein. Er erinnerte sich an einen einsamen Weg, der ihn eine Schlucht entlang geführt hatte. Er musste gestürzt sein - wie ein Anfänger abgestürzt.
Doch warum war der Schmerz so verhalten? Wenn er sich bewegen würde, kämen die Schmerzen sicherlich zurück. Also verbannte er diesen Gedanken weit nach hinten. Schließlich öffnete er aber die Augen.
Er erkannte eine Zimmerdecke und im äußeren Winkel seines Sichtfeldes ein Fenster, durch welches die Sonne in den Raum schien. Das Design der grauen Fläche über ihm zeigte keinerlei kunstvolle Verzierungen, keine warmen Töne der Erde und des Himmels. Glatte, klare Geometrie beherrschte die Hervorhebungen und Aussparungen.
Es verwunderte ihn nicht weiter, als die Stimme, die ihn ansprach, dies in Cardassianisch tat.
„Wie geht es Ihnen?“
Shakaar mochte den Klang dieser Sprache nicht, die er zwangsläufig hatte verstehen lernen müssen. Das Sprechen fiel ihm allerdings nicht besonders leicht. Es hatte bisher nicht viele Situationen gegeben, in welchen er in die Verlegenheit gekommen wäre, eine Unterhaltung auf Cardassianisch zu führen. Doch für kurze Antworten reichten seine Kenntnisse aus.
„Keine Ahnung“, gestand er wahrheitsgemäß.
„Können Sie den Kopf bewegen?“
Die Stimme klang weiblich und jung, was die Neugierde des Bajoraners weckte. Er hatte noch nicht viel mit cardassianischen Frauen zu tun gehabt. Sie waren äußerst selten in militärischen Posten anzutreffen. Nur diejenigen Angehörigen seines Volkes, die zu wissenschaftlichen Tests in die Laboratorien gebracht wurden, hatten nähere Bekanntschaft mit diesen Frauen gemacht. Bei den Propheten... er würde doch nicht...!
Ohne weiter darüber nachzudenken, welche Schmerzen dies auslösen würde, hob Shakaar den Oberkörper ruckartig an. Kopf und linker Arm waren in Ordnung, doch sein Brustkorb und der rechte Arm protestierten unter dieser Behandlung laut auf. Er ignorierte die Stiche, denn alles, was ihn im Augenblick interessierte, war die Möblierung des Zimmers, in dem er sich befand.
Es sah nicht im Mindesten nach einem Labor aus.
Und als er sich vom ersten Schock erholt hatte und sein Blick endlich auf die Person fiel, die auf einem Stuhl an seinem Bett saß, musste er sich auch eingestehen, dass sie nicht wie eine Wissenschaftlerin wirkte. Das Mädchen war jung, noch keine 20 Jahre, und sie blickte ihn mit neugierigen, besorgten Augen an. Sie wirkte eher wie eine Krankenschwester als wie jemand, der sich um das Überleben seines Versuchsobjektes Gedanken machte.
Die junge Frau war vom Stuhl aufgesprungen. Sie beugte sich über ihn und drückte ihn etwas linkisch ins Bett zurück. Es schien, als wüsste sie nicht unbedingt, wohin mit ihren Händen und scheute die Berührung der bajoranischen Haut.
Doch der Schmerz im rechten Arm war jetzt so fordernd, dass Shakaar auch ohne ihre Hinweise freiwillig die liegende Position wieder vorgezogen hätte. Immerhin wusste er nun genau, worin seine Verletzungen bestanden.
„Sie dürfen sich noch nicht so heftig bewegen“, erklärte die junge Frau überflüssigerweise. „Ihr rechter Arm und mehrere Rippen waren gebrochen. Dr. Takairak hat einen Knochenheiler angesetzt, aber der entfaltet seine volle Wirkung nur, wenn Sie den Arm ruhig halten. In ein oder zwei Tagen können Sie mit den ersten vorsichtigen Bewegungen beginnen.“
Sie klang wahrlich nach einer Krankenschwester. Doch auf unerklärliche Weise hatte Shakaar nicht das Gefühl, dass von der Situation hier eine Gefahr ausging. Er befand sich unter Cardassianern, jedoch schienen diese nicht zu wissen, wer er war. Er sah außer der jungen Frau niemanden sonst im Zimmer, die Fenster waren nicht vergittert und der Raum an sich wirkte nicht wie eine Zelle.
Er wandte diesmal nur den Kopf und schenkte der Cardassianerin einen fragenden Blick. Die Frau wurde sichtlich verlegen, was sie noch jünger erscheinen ließ. Shakaar fühlte sich beinahe veranlasst, ihr zu versichern, dass er ihr nichts antun würde. Er überlegte kurz, dann erklärte er ihr in Cardassianisch: „Ich beiße nicht.“
Ihre Augen weiteten sich kurzzeitig überrascht, dann schlich sich ein scheues Grinsen auf ihre Züge. „Entschuldigen Sie, das hatte ich auch nicht angenommen. Ich...“, sie zögerte, dann holte sie Luft. „Ich weiß nicht, wie ich mich Ihnen gegenüber verhalten soll. Es ist ein wenig ungewohnt...“
Für mich auch, dachte Shakaar, sprach es aber nicht aus. Er war sich noch immer nicht ganz im Klaren darüber, in welcher Situation er sich überhaupt befand. Und solange er das nicht wusste, wollte er es auf jeden Fall verhindern, dass er sich durch die falschen Fragen in eine unangenehme Lage brachte.
Die junge Frau war nun aufgestanden und schien einen Entschluss gefasst zu haben. „Haben Sie Hunger?“
Das war zwar nicht unbedingt das, was Shakaar als Vordringlichstes hatte wissen wollen, aber es war kein schlechter Anfang. Er nickte. Direkt befragt musste er gestehen, dass er wirklich Hunger hatte. Er musste eine ganze Weile bewusstlos gewesen sein.
Sie lachte auf, erfreut darüber, einen konkreten und brauchbaren Ansatz bei dem Bajoraner gefunden zu haben. „Ich hole Ihnen etwas“, erklärte sie, als sie zur Tür lief. Dort angekommen blieb sie noch einmal stehen und wandte sich mit einem hübschen Lächeln um. „Laufen Sie nicht weg.“
Shakaar schüttelte leicht den Kopf, als die Cardassianerin aus dem Raum verschwunden war. Nein, von ihr strahlte überhaupt keine Gefahr aus, eher das Gegenteil. Das Mädchen war ihm nach den ersten paar Minuten sympathisch und er hatte das etwas merkwürdige Gefühl, dass er ihr vertrauen konnte. Wenn er ihren Blick richtig gedeutet hatte, dann war er keinesfalls der Typ Mann, den sie verabscheute.
Ihre Abwesenheit nutzte der Bajoraner aus, um sich vorsichtig im Bett zu erheben und seinen Körper einer genaueren Inspektion zu unterziehen. Indem er nur den linken Arm zum Aufstützen verwendete, gelang es ihm fast schmerzlos in eine sitzende Position zu kommen. Er streckte die linke Hand aus, öffnete die Finger, ballte sie wieder zur Faust und zog dann diese zu seiner Schulter. Es fühlte sich gut an. Zufrieden über diese Tatsache blickte er an sich hinunter. Sein Oberkörper war nackt, die rechte Seite sowie der rechte Arm mit elektronischen Instrumenten versehen, die von Bandagen an ihrem Platz gehalten wurden - höchstwahrscheinlich die Knochenheiler, von denen das Mädchen erzählt hatte. Sein Blick wanderte weiter und er schlug die Bettdecke beiseite. Die Hose war unzerrissen, was er als gutes Zeichen wertete. Die vorsichtigen Versuche, Knie- und Hüftgelenke zu bewegen, waren von Erfolg gekrönt. Außer seiner rechten Seite schien er in Ordnung zu sein. Behutsam schwang er die Beine aus dem Bett und erhob sich. Ja, auch das war kein Problem. Er konnte gehen, er konnte seinen linken Arm benutzen und das Fenster war unvergittert. Wenn er die Zähne zusammenbiss, dann sollte er es hinausschaffen und fliehen können. Er näherte sich dem Fenster, um zu sehen, wie hoch das Zimmer lag, doch bevor er allzu weit kam, wurde die Tür wieder geöffnet.
„Sie sollen doch nicht aufstehen!“ hörte er den empörten Ausruf der Cardassianerin hinter sich. Wenn sie geahnt hätte, welche Gedanken eben durch Shakaars Kopf gegangen waren, wäre der Ruf wohl noch um einiges empörter gewesen.
Er wandte sich um. Die junge Frau stand mit einem Tablett in der Hand in der Tür, hinter ihr befand sich ein weiterer Cardassianer, ein Mann, älter als seine „Krankenschwester“. Shakaar vermutete, dass es sich dabei um den Vater des Mädchens handelte.
Mit einem entschuldigenden Zucken der linken Schulter - die rechte hielt er wohlweislich ruhig - kehrte der Bajoraner zum Bett zurück. Er deutete auf seine Beine, um anzuzeigen, dass er hatte herausfinden wollen, ob sie noch funktionierten.
Die junge Frau hatte das Tablett abgestellt und war neben ihn geeilt. Wieder schien sie zögerlich vor einer Berührung mit ihm zu sein, aber die Entschlossenheit, ihn wieder ins Bett zurück zu befördern siegte über ihre Unsicherheit. Sie half ihm, sich wieder zu setzen, schob seine Beine unter die Decke und richtete die Kissen in seinem Rücken so her, dass er sich bequem anlehnen konnte.
„Es freut mich zu sehen, dass es Ihnen wieder besser geht.“ Die Stimme des Mannes erinnerte Shakaar daran, dass sie nicht alleine im Raum waren. Er neigte seinen Kopf ein wenig, um bajoranische Höflichkeit anzuzeigen. Der Cardassianer lachte. Ihm war diese Geste nicht unbekannt.
„Ihr Hiersein haben Sie Serina zu verdanken“, er deutete auf das Mädchen. „Sie hat Sie beim Spazierengehen in der Schlucht drüben gefunden. Der Arzt meinte, dass Sie recht glücklich davongekommen sind. Die Brüche heilen schnell.“ Er musterte Shakaar neugierig. „Was haben Sie überhaupt so weit von der Stadt entfernt gemacht?“
Der Bajoraner blickte ihn an, um den lauernden Aspekt auszumachen, der sich irgendwo hinter den Zügen des Mannes verbergen musste. Doch auch der Vater schien in dem Glauben zu sein, einen gewöhnlichen Bajoraner vor sich zu haben. Shakaar wollte diese Annahme mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen.
„Mein Name ist Karim“, erklärte er langsam. „Ich habe ... einen Bendajan verfolgt ... und muss ... vom Weg abgekommen sein.“ Die cardassianischen Worte kamen nicht so fließend, wie er es sich gewünscht hätte, doch in den armen Schichten der Städte gab es viele Bajoraner, die nur wenig oder gar nicht Cardassianisch sprachen. Und dass er angegeben hatte, einen kleinen Säuger verfolgt zu haben, musste ihn in den Augen der Cardassianer ebenfalls in die Unterschicht einordnen.
„So etwas dachte ich mir“, nickte der Mann. Er wandte sich wieder zum Gehen. „Wenn Sie sich ruhig verhalten, dann können sie die zwei Tage bis Ihr Arm wieder funktionstüchtig ist, hierbleiben. Serina hat das Gefühl, sie wäre für Sie verantwortlich, weil sie Sie gefunden hat.“
Er ließ die junge Frau an Shakaars Bett zurück, die nun intensiv das Essen auf dem Tablett vor sich anstarrte, um den Blick des Bajoraners zu meiden.
„Verantwortlich?“ wiederholte Shakaar belustigt.
„Wenn ich Sie in eines der Krankenhäuser gebracht hätte, dann lägen Sie jetzt in einem Massensaal, keiner würde sich um Sie kümmern, das Essen wäre nicht besonders...“, sie hob den Blick ein wenig. „Das wollte ich nicht. Sie... Sie taten mir leid.“
Er schüttelte leicht den Kopf. Serina war genau in dem Alter, in welchem zumindest bajoranische Mädchen mit Begeisterung über junge Männer nachdachten. Shakaar wusste, dass er auf manche Frauen nicht ohne Wirkung war. Und wenn Serina vielleicht sogar auf Bajor geboren worden war, dann war der Anblick eines Bajoraners etwas Alltägliches für sie, vielleicht ein wenig exotisch gar. Er vermutete, dass der Grund, warum sie darauf bestanden hatte, den unbekannten Bajoraner in den eigenen Wänden zu versorgen, wohl eher mädchenhaftes Interesse statt Verantwortlichkeit war.
Während er sie mit diesen Gedanken beobachtete, hatte das Mädchen das Tablett über seinem Bett befestigt, so dass Shakaar nun bequem essen konnte. Er lächelte ihr noch einmal dankend zu, dann griff er mit der linken Hand nach dem Löffel und versuchte die Suppe.
„Das tut wirklich gut, danke“, bemerkte er ehrlich, als die heiße Flüssigkeit seinen Hals hinuntergelaufen war und seinem Magen deutlich gemacht hatte, wie viel Hunger er wirklich hatte. Zwei Löffel später fügte er hinzu: „es schmeckt ausgezeichnet.“
Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie sich darüber freute.

Die beiden Tage, die Shakaar in diesem Zimmer blieb, erwiesen sich als angenehm und er entschied, dass er diese relative Sicherheit nicht durch einen frühzeitigen Fluchtversuch gefährden würde. Wenn die Propheten ihm gewogen waren, dann konnte er danach als freier Mann aus dem Haus spazieren und sich wieder in die Berge schlagen. Wenn die Cardassianer später herausfinden sollten, wen sie bei sich gepflegt hatten, würden sie sich wahrscheinlich bis an ihr Lebensende verfluchen. Diese Vorstellung war so absurd, dass er manchmal lachen musste, wenn er allein war.
Doch er war nicht oft alleine. Serina verbrachte die meiste Zeit bei ihm. Sie sorgte dafür, dass sein Bett immer frisch aufgeschüttelt war, half ihm ins Bad, brachte ihm das Essen und in der übrigen Zeit saß sie am Tisch und las ihm aus cardassianischen Büchern vor. Er verstand nicht alles, aber er schätzte diese Aufmerksamkeit. Zum Lesen kam er viel zu selten. Und auch wenn es nur cardassianische Literatur war, genoss er es, ihrer Stimme zuzuhören. Shakaar war überhaupt verwundert darüber, wie rasch er sich an die Gegenwart des Mädchens gewöhnt hatte - ja, fast sogar ihre Abwesenheit bedauerte, wenn sie einmal nicht bei ihm sitzen konnte.

An diesem Abend erschien sie Shakaar anders. Schon äußerlich wirkte sie ungewohnt, weil sie ihr Haar zum ersten Mal offen trug. Sonst so kunstvoll aufgesteckt war es nun frei. Wie sie im Türrahmen stand wirkte es schwer und voll. Das Licht aus dem angrenzenden Raum ließ das tiefe Schwarz glänzen. Doch es war nicht nur ihr Äußeres, welches sich verändert hatte. Der Bajoraner stand vom Tisch auf, an dem er gelesen hatte, und ging einen Schritt auf sie zu.
„Serina?“ Ihre Züge wirkten entschlossener als er sie je zuvor gesehen hatte, aber auch verletzlicher.
„Meine Eltern sind heute Abend bei Bekannten zu Besuch.“ Ihre Stimme zitterte.
Der Bajoraner blickte sie erst verständnislos an, doch dann dämmerte ihm, was sie damit unausgesprochen lassen wollte. In seinen Mundwinkeln zuckte es unsicher, er suchte in ihrem Gesicht nach einem Hinweis darauf, dass sie sich einen Scherz mit ihm erlaubte. Aber die deutliche Verfärbung ihrer Wangen und ihre Finger, die wie eine eigene Lebensform unablässig mit einer Verzierung ihres Kleides spielten, versicherten ihm rasch, dass ein Scherz das Letzte war, was Serina im Sinn hatte.
„Du meinst...?“ Er deutete erst auf sich und dann auf das Bett.
Serina nickte lediglich.
„Bei den Propheten.“ Shakaar ging den Schritt zurück und setzte sich auf die Tischplatte. In seinem Kopf rasten die verschiedenen Antworten. Sie wirkte im Moment wie eine Pflanze, die sich zaghaft gegen den Himmel streckte und von jedem Wind unweigerlich zu Boden gedrückt werden konnte. Es stand für den Bajoraner außer Frage ihrem Vorschlag nachzugeben. Allein der Gedanke daran, was ihre Eltern mit ihm machen würden, wenn er ihre Tochter verführte, bereitete ihm wenig Begeisterung. Dazu kam noch die Tatsache, dass sie so jung war - und nicht zuletzt, dass sie Cardassianerin war. Er mochte sie, das konnte er nicht leugnen. Ihre freundliche Art hatte sehr dazu beigetragen, dass er sich in den letzten Tagen manchmal beinahe Zuhause gefühlt hatte. Er hatte mit ihr sprechen und lachen können. Dennoch war sie eine Cardassianerin. Shakaar hatte niemals mit dem Gedanken gespielt, sich mit einer Frau ihres Volkes einzulassen. Sie war immer noch der Feind.
Dieser Gedankengang ließ sich aber schlecht beim Anblick des Mädchens aufrecht erhalten, welches immer noch sehr schüchtern und ängstlich im Türrahmen lehnte. Es war an ihm, etwas zu tun, um ihr die Peinlichkeit des Augenblickes zu nehmen.
„Serina, komm zu mir.“ Er hoffte, dass seine Stimme einen eher väterlichen Tonfall hatte, während er seinen linken Arm nach ihr ausstreckte.
Sie stieß sich vom Türrahmen ab und ging auf ihn zu. Ein wenig Erleichterung spiegelte sich in ihrem Gesicht, als ihre Hände nach derjenigen von Shakaar griffen. Ihre schmalen Finger umfassten seine große Hand wie einen Rettungsanker. Der Griff machte ihm bewusst, wie zierlich sie war. Vorsichtig hob er seinen rechten Arm und legte die Hand über ihre beiden. Augenblicklich übernahm die fürsorgliche Krankenschwester in ihr die Oberhand. Sie warf seinem rechten Arm einen alarmierten Blick zu, der Shakaar zu einem Lächeln veranlasste. Da stand dieses Mädchen vor ihm, voller Angst vor Zurückweisung und angespannt vom eigenen Mut - und dennoch überwog die Sorge um ihn jedes andere Gefühl.
„Es ist in Ordnung“, versicherte er ihr. „Es tut nicht weh.“
Seine Stimme holte ihren Blick sofort von seinem Arm zurück. Sie hatte alles gesagt, was sie für den Moment sagen konnte. Nun wartete sie auf seine Antwort.
Shakaar ärgerte sich nicht zum ersten Mal in diesen Tagen darüber, dass es ihm nicht gegeben war, fließende Unterhaltungen in Cardassianisch zu führen. Er wollte ihr so viel erklären, doch stattdessen sagte er nur: „Ich kann nicht.“
Der Schreck in ihren Augen war nicht zu unterdrücken. Es stand deutlich die Befürchtung darin, dass sie zu weit gegangen war und sich jetzt blamierte. Sie wollte ihre Hände zurückziehen, doch Shakaar hielt sie fest.
„Du findest mich nicht begehrenswert“, bemerkte sie mit gesenktem Kopf.
Shakaar seufzte innerlich. In dieser Reaktion schien keinerlei Unterschied zwischen den jungen Mädchen ihrer beider Rassen zu existieren. Es gab für ihn nur eine Möglichkeit, darauf zu antworten, wenn er nicht grob unhöflich sein wollte - und diese Antwort würde ihr neue Hoffnung geben und ihn in die Defensive drängen, zumal er sich einfach nicht gut genug ausdrücken konnte.
„Du bist sehr hübsch“, versicherte er ihr daher. „Aber... morgen gehe ich. Wir können nicht zusammen...“
„Deswegen habe ich dich heute Abend gefragt“, unterbrach sie ihn hastig. Sie hatte ihren Kopf wieder gehoben und sah ihn nun aus flehentlichen Augen an. Es schien, dass sie zu der Entscheidung gekommen war, dass es das Beste wäre, wenn sie sich möglichst rasch alles vom Herzen redete. Shakaar musste sich anstrengen, alles mitzubekommen, als sie hervorsprudelte: „Wenn du morgen gehst, dann werde ich dich nicht wieder sehen. Das ist mir vollkommen klar. Doch ich will dich nicht einfach so verabschieden. Du bedeutest mir etwas. Das ist mir in diesen letzten Tagen sehr klar geworden. Du bist freundlich und stolz. Du bist nicht wie die Bajoraner, die ich bisher erlebt habe, nicht so ängstlich. Ich kann nichts dafür, aber ich fühle mich zu dir hingezogen. Ich will nicht, dass irgendein unerfahrener Junge für mich das erste Mal ist. Ich will, dass du...“
„Halt!“ Shakaar hob seine Rechte, um Serinas Redefluss zu stoppen. Misstrauisch hakte er nach: „Das erste Mal? Habe ich das richtig verstanden?“
Sie nickte. „Bitte...“ Ihre Stimme war wieder leise geworden. Er hatte das Gefühl, dass sie damit kämpfte, ihre Tränen zu unterdrücken. „bitte.“
Er zog sie an sich, so dass sie ihren Kopf an seine Schulter legen konnte. „Nicht weinen, Serina“, flüsterte er. „Kein Grund zum Weinen.“ Während er mit der Linken über ihr Haar streichelte, suchte er in seinem Kopf die Worte zusammen. „Ich bin geehrt. Wirklich. Aber es geht nicht. Denk an deine Eltern...“
„Meine Eltern werden davon nichts erfahren“, bestimmte sie. Als sie ihren Kopf von seiner Schulter hob, waren die Tränen schon wieder versiegt. Sie ging vor ihm in die Hocke, legte die Hände auf seine Knie und blickte ihm fast trotzig in die Augen. „Du sagst mir, dass du den Gedanken, mit mir zu schlafen, abstoßend findest, und ich gehe. Doch ich gehe nur dann.“ Auch wenn ihre Augen noch immer entschlossen wirkten, sprachen ihre Finger eine andere Sprache. Sanft und nervös tanzten sie über Shakaars Knie, wie eine stumme aber deutliche Bitte.
Der Bajoraner schloss die Augen und seufzte resigniert. Er sollte ihr erklären, dass er den Gedanken abstoßend fände - er sollte es wirklich tun. Morgen früh wäre er wieder in Freiheit. Wider alle Erwartung hatte eine cardassianische Familie den Anführer des Widerstandes gesund gepflegt ohne zu ahnen, wen sie unter ihrem Dach beherbergte. Es war ein Geschenk der Propheten und er wäre der größte Idiot, wenn er dieses wegwerfen würde, indem er sich mit der Tochter einließe und die Eltern es vor morgen früh herausfanden.
Er öffnete die Augen, um den Satz auszusprechen. Sie blickte ihn immer noch unverwandt an. Shakaar setzte an, schloss den Mund dann aber wieder ohne etwas zu sagen. Wenn sie eine erfahrene junge Frau gewesen wäre, dann hätte er lediglich ein wenig ihrem Stolz geschadet. Doch sie hatte ihn um eine Initiation gebeten, weil sie ihm vertraute, dass er sie nicht verletzte.
„Ich kann nicht... ich kann es nicht sagen.“
Nun schlossen sich ihre Augen. Sie legte den Kopf kurzzeitig neben ihre Hand an sein Knie. „Danke“
Er schob sie vorsichtig beiseite, um sich vom Tisch zu erheben. „Wie lange sind deine Eltern fort?“
„Sicherlich für die nächsten zwei Stunden.“ Das Zittern war in ihre Stimme zurückgekehrt. Ihren Kampf hatte sie gewonnen, jetzt hieß es, den Preis des Siegers zu erhalten.
„Dann komm.“ Er reichte ihr die Hand und führte sie zum Bett hinüber. Serina in ihrem hellen Kleid und den schwarzen offenen Haaren erschien ihm wie ein zerbrechliches Wesen aus der Mystik, das sich ihm anvertraut hatte, um das Leben der Sterblichen kennenzulernen. Er lächelte verstohlen über seine eigenen Gedanken. Er musste sich eingestehen, dass er sich lediglich etwas vormachte, wenn er behauptete, er würde nichts für das Mädchen empfinden. Shakaar hatte noch nie mit einer Cardassianerin geschlafen, er hatte sie bisher auch niemals als hübsch oder gar begehrenswert empfunden. Ihr echsenartiges Aussehen behagte ihm nicht. Doch Serina hatte ihm beigebracht, hinter die Fassade zu sehen. Auch hier konnte Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit liegen, und er wollte ihr etwas dafür zurückgeben, dass sie ihm ohne Ansehen seiner Rasse wie selbstverständlich geholfen hatte.
Beide knieten sich gegenüber auf dem Bett nieder. Zaghaft - zaghaft, wer hätte gedacht, dass er einer Frau gegenüber noch einmal zaghaft sein würde - beugte Shakaar sich vor. Mit leicht geöffneten Lippen berührte er Serinas Mund. Wenn er die Augen geschlossen hielt, spürte er keinen Unterschied zu einer Bajoranerin. Er platzierte kleine Küsse auf ihren Lippen, welche die junge Frau augenblicklich nachahmte. Er spürte ihre Hand in seinem Nacken, ein fester fordernder Griff. Shakaar öffnete die Augen mit einem Lächeln. Serina wirkte so glücklich und so erregt, es war vollkommen unmöglich, nicht davon angesteckt zu werden. Mit beiden Armen umfasste er ihren Rücken und zog sie an sich. Sein rechter Arm widersprach nicht bei dieser Belastung. Immer noch küssend ließ er sich zurückfallen. Serinas Körper fühlte sich auf seinem Bauch äußerst angenehm an. Während sie mit seinem Ohrring spielte, streichelte er ihren Rücken hinunter, erkundete die kleine Rundung ihres Hinterns durch den fließenden Stoff des Kleides hindurch. Mit einem stummen Gebet an die Propheten bat er darum, dass er imstande sein würde, ihr Befriedigung zu schenken ohne ihr zu sehr weh zu tun.
„Nimmst du...“ hier verließen ihn seine cardassianischen Kenntnisse. Für das Wort, welches er verwenden wollte, fehlte ihm ganz klar das Vokabular. Es war im Umgang mit Soldaten nicht unbedingt das vordringlichste Thema zu erfahren, ob diese Verhütungsmittel nahmen...
Doch sie nickte. Sie hatte ihn auch so verstanden. „Mach dir um mich keine Sorgen.“
Er lachte leise. „Um wen sonst soll ich mir Sorgen machen? Ich will, dass es schön ist für dich.“
Sie belohnte ihn für diese Aussage mit einem strahlenden Lächeln, welches Shakaar für den Moment sogar vergessen ließ, dass sie cardassianische Züge trug. Er spürte den kleinen Stich in seinem Herzen und wusste nur zu gut, was es zu bedeuten hatte. Wider alle Vernunft hatte er sich verliebt, in eine junge Cardassianerin.

Es war erfüllend gewesen. Sowohl für sie als auch für ihn. Shakaar hatte schon lange nicht mehr so vorsichtig eine Frau geliebt, es hatte ein ganz besonderer Reiz darin gelegen. Es hatte nicht lange gedauert, bis er herausgefunden hatte, welche Berührungen cardassianischen Frauen Lust brachten. Und Serina hatte sich ihm mit einem grenzenlosen Vertrauen hingegeben. Er hatte gesehen, wie sich ihre Gesichtszüge verkrampften, doch es war nur ein kurzer Moment gewesen. Nun lag sie eng an ihn gekuschelt, eine Hand auf seiner Brust, ein Bein über seine Hüfte gelegt, sie hatte ihre Augen geschlossen, ihr Atem ging gleichmäßig. Er hielt sie fest an sich gedrückt und kämpfte dagegen an, nicht ebenfalls in einen befriedigten Dämmerschlaf zu fallen. Sie konnten es sich unmöglich leisten einzuschlafen, auch wenn Shakaar genau dies jetzt am liebsten getan hätte. Seine Glieder fühlten sich schwer an vor wohliger Müdigkeit.
Um sich von diesem Gedanken abzulenken, betrachtete er wieder Serinas Haut. Ihr nackter Körper hatte sich ungewohnt an seinem angefühlt. Die Schuppen, die sich überall fanden, erzeugten zahlreiche Unebenheiten, wo er nur glatte Haut gewohnt war. Aber es war nicht unangenehm gewesen - lediglich anders. Auch ihre graue Farbe wirkte gegen sein helles Braun gewöhnungsbedürftig.
Sie seufzte leise und schlug die Augen auf. Shakaars Gedanken waren mit einem Mal verscheucht. Ihre hellen Augen waren glücklich, anders konnte man es nicht beschreiben. Und es erfüllte Shakaar mit Dankbarkeit, dass er der Grund dieses Glückes war. Morgen früh von hier fortzugehen würde nicht mehr so schmerzlos werden wie er es gedacht hatte. Für die letzte Stunde hatten sie sich eine kleine Oase in der Wüste des Hasses geschaffen, der außerhalb der Hausmauern herrschte. Für kostbare Minuten existierte keine Besatzung und kein Morden mehr. Nur sie beide.
„Danke.“ Als er es aussprach, wusste er selbst nicht genau, was er damit meinte. Er hoffte nur, dass Serina niemals erfahren würde, wem sie wirklich ihre Unschuld anvertraut hatte - einem Mann, dessen Lebensziel es war, ihre Leute zu vertreiben und zu töten.
Sie umarmte ihn und rieb ihre Wange an seiner Brust. „Ich habe zu danken. Ich hätte nicht gedacht, dass es sich so gut anfühlen kann... ich wünschte mir, du könntest bleiben.“
Er nickte nur, sagte aber nichts.
Im unteren Stock waren Geräusche zu hören.
Mit einem Satz waren sie aus dem Bett. Serina stieß einen verhaltenen Fluch aus: „Sie sind viel zu früh“, dann begannen beide, hastig ihre Kleidung zusammenzusuchen. Zu allem Überfluss schienen Serinas Eltern nicht vor zu haben, unten in Gemütsruhe abzulegen. Kurz nachdem sich die Eingangstüre geschlossen hatte, waren auch schon hastige Schritte auf der Treppe zu hören.
Serina schaffte es, ihr Kleid über den Kopf zu ziehen, sich an den Tisch zu stürzen und ein Buch an sich zu reißen. Shakaar stopfte die herumliegende Unterwäsche unter das Kissen und zog die Decke über den Blutfleck auf dem Laken. Er hatte gerade seine Hose geschlossen, als die Tür aufgerissen wurde. Serina hatte vorgehabt, unschuldig von der Lektüre, die sie dem Bajoraner eben vorgelesen hatte, aufzusehen, doch die Miene auf dem Gesicht ihres Vaters ließ sie das Vorhaben vergessen. Auch Shakaar merkte, dass er sich wohl weniger Gedanken darum machen musste, was ein rasender Vater zur Entjungferung seiner Tochter sagen würde, als neben dem Vater ein weiterer Cardassianer den Raum betrat, wahrscheinlich der Bekannte, bei dem die Eltern jetzt eigentlich hätten sein sollen. Dieser Mann hielt eine Waffe in der Hand, die auf Shakaar zielte.
„Natürlich!“ bemerkte der Fremde und fügte ohne seine Augen von dem Bajoraner abzuwenden hinzu: „Das ist Shakaar Edon, den du hier beherbergt hast. Ich hatte es mir bei deiner Beschreibung fast gedacht.“
Shakaars Blick flog von dem Fremden zu Serinas Vater. In dessen Gesicht war deutlich die Wut darüber zu lesen, dass er ihn belogen hatte. Er würde nicht eine Sekunde zögern, den Bajoraner auszuliefern. Shakaar musste rasch handeln oder er hatte keine Chance mehr. Es war ohnehin fraglich, welche Chance er überhaupt unbewaffnet im Visier eines cardassianischen Phasers besaß. Er ließ sich zurückfallen und brachte sich hinter das Bett. Der erste Schuss traf das Bett an der Stelle, an der er eben noch gesessen hatte. Die einzige Fluchtmöglichkeit stellte das Fenster dar. Doch der Weg dorthin war viel zu weit.
In diesem Augenblick sprang Serina auf, rannte zur Tür und schlug sie den beiden Männern vor dem Gesicht zu.
„Renn!“ Ihr Schrei aktivierte jede Sehne in Shakaars Körper. Mit einem Sprung war er beim Fenster und hatte es aufgerissen. Während er hinaussprang wurde ihm klar, dass sich die junge Frau offen gegen ihren Vater gestellt hatte - obwohl ihr sein Name sicherlich ein Begriff sein musste. Sie riskierte viel für ihn. Er betete, dass sie es nicht bereuen musste.
Noch bevor er losgerannt war, landete eine Gestalt neben ihm auf dem Boden. Blitzartig ging er in Abwehrhaltung, erkannte dann aber Serina neben sich. Ihre Augen spiegelten ein Gewirr an Gefühlen wider und er hätte ihr am liebsten befohlen hier zu bleiben und ihr Schicksal nicht noch weiter durch eine Affekthandlung zu ihren Ungunsten herauszufordern. Doch er hatte keine Zeit, und so fanden sie sich Seite an Seite rennend wieder. Die zierliche Cardassianerin war schnell und konnte mit dem wesentlich größeren Bajoraner leicht mithalten. Sie wandten sich nicht um, als die Straßen hinter ihnen heller wurden, als Stimmen anschwollen und Rufe nach dem Militär laut wurden. Ihre einzige Chance bestand darin, ohne Pause zu rennen, bis sie in den Bergen waren.
Shakaar schenkte den Propheten ein weiteres Dankgebet, dass es sein Arm gewesen war, den er sich gebrochen hatte, und nicht eines seiner Beine.
Es erschien ihnen wie Stunden, als sie endlich wagten, eine Pause einzulegen. Und erst als sie an einen Felsen gelehnt stehen blieben, wurde ihnen bewusst, wie überanstrengt sie waren. Serina knickten die Beine weg, sie ließ sich am Felsen hinab gleiten. Shakaar versuchte, das ohrenbetäubende Hämmern seines Herzens zu überhören, um Geräusche etwaiger Verfolger auszumachen. Es war schon späte Nacht, wer immer ihnen in die Berge folgte, musste dies mit Handstrahlern tun. So sollte es einfach sein, Cardassianer auszumachen. Doch die Nacht um sie herum blieb schwarz, lediglich die Sterne schenkten ihr kaltes, unwirkliches Licht.
Shakaar setzte sich nun ebenfalls. Als er wieder einigermaßen Luft bekam, stellte er die Frage, die ihm während der gesamten Flucht auf dem Herzen gelegen hatte. „Warum hast du das getan?“
Sie keuchte immer noch und raffte ihren langen Rock zusammen, dessen Saum an etlichen Stellen ausgerissen war, wo er in Gestrüpp oder an Felsen hängen geblieben war. „Eine gute... Frage...“ Sie schnappte wieder nach Luft. „Ich habe nicht... darüber nachgedacht.... Ich sah nur die Waffe und...“ Ihr Blick hob sich Shakaar entgegen, welcher seinen Hinterkopf gegen den Felsen gelehnt hatte. Die anfängliche Schüchternheit war wieder zurückgekehrt, als sie leise fragte: „Bist du wirklich Shakaar?“
Er nickte, wobei er es nicht wagte, ihr in die Augen zu sehen. Stattdessen fixierte er die Sterne und versuchte, ihre Bewegungen nur aus den Augenwinkeln mitzubekommen. Er hatte seinen Namen verschweigen müssen, das war keine Frage. Aber er fühlte sich, als hätte er ihr Vertrauen unter falscher Vorgabe auf recht niedrige Art missbraucht.
„Oh!“ Ihre Hände legten sich unbewusst auf ihren Unterkörper. Shakaars Augenwinkeln entging diese Geste nicht. Er atmete tief durch und hob dann doch seinen Kopf vom Felsen.
„Es tut mir leid, Serina. Ich weiß nicht, wie ich mich bei dir entschuldigen soll - oder ob ich es überhaupt kann. Ich kann nicht mehr gut machen, was ich...“
Ihre großen Augen ließen ihn innehalten. Er war automatisch in Bajoranisch verfallen, dem sie ganz offensichtlich nicht folgen konnte.
„Könntest du bitte etwas langsamer sprechen?“ bat sie ihn vorsichtig. „Ich verstehe deine Sprache nicht sehr gut.“
Er ließ den Kopf hängen. „Es tut mir leid“, wiederholte er auf Cardassianisch. Wie sollte er auf diese Sprache auch nur annähernd ausdrücken, wie leid es ihm tat und wie schlecht er sich deswegen fühlte? „Ich... ich weiß nicht... wie ich es sagen soll.“
Sie rückte näher an ihn heran, sie spürte auch ohne Worte, was in Shakaar vorging. Sie spürte, dass er es ehrlich meinte, dass es nicht seine Absicht gewesen war, sie zu hintergehen, um sich ein wenig Vergnügen zu holen. Sie spürte die Vorwürfe, die er sich machte - und das, obwohl sie in seinen Augen „nur“ ein Cardassianerin sein musste. Natürlich hatte sie von seinem Namen gehört, hatte etliche Geschichten erzählt bekommen darüber, mit welcher Brutalität und Grausamkeit die Terroristen gegen ihr Volk vorgingen. Besonders über Shakaar und seine Leute hatte sie Schlimmes gehört. Doch so ganz konnte sie diese Erzählungen nun nicht glauben. Hätte er ihr dann nicht schon längst etwas antun müssen? Und sein Wesen entsprach wahrlich nicht dem Schlächtertypen, den sie sich ausgemalt hatte.
Sie nahm all ihren Mut zusammen und legte beide Hände auf sein Bein. „Dann lass es mich für dich sagen“, bat sie.
Er sah verwundert auf.
„ Ich verstehe, warum du mir nicht deinen richtigen Namen gesagt hast. Und du warst immer höflich und freundlich... und heute Nacht war... wunderbar, ganz gleich, wie du heißt. ... und ich fürchte mich nicht vor dir.“ Ihre Stimme strafte sie bei dieser letzten Aussage allerdings ein wenig der Lüge. Man merkte es der jungen Cardassianerin an, dass sie sehr wohl befürchtete, dass der Terrorist in ihr nur Eine von Cardassia sah.
Shakaar hatte sie überrascht angesehen, während sie gesprochen hatte. Hier saßen sie, hatten mit der jeweils anderen Sprache zu kämpfen und befürchteten beide, der andere könnte sich auf der Gefühlsebene gegen einen wenden. Doch das Erstaunlichste war, dass es beiden wirklich etwas auszumachen schien. Das Schicksal musste sich einen besonderen Scherz erlaubt haben, als es beschloss, ihre Bahnen sich kreuzen zu lassen. Der leichte Nachtwind wehte ihm den Geruch von Serinas Haaren zu, die Erinnerung an ihre Weichheit. Shakaar hob seine Hände langsam, um sie nicht zu erschrecken, dann fasste er ihre Oberarme.
„Niemals“, betonte er mit Nachdruck, während er sie an sich zog. „Niemals werde ich dir etwas tun.“
Serina ließ sich nur zu gerne in seine Umarmung ziehen. Ihre eigenen Finger fanden sich auf seinem Rücken wieder, als sie sich an ihn drückte. Ihr Kopf legte sich in den Nacken, um an seine Lippen zu gelangen. Shakaar machte keinerlei Anstalten auszuweichen. Er erwiderte ihren Kuss mit Leidenschaft, seine Hände strichen unentwegt über ihren Rücken und ihr Haar. Es war unvernünftig und unverantwortlich, doch sein Verstand hatte im Augenblick nichts mehr zu sagen. Serina in den Armen zu halten fühlte sich gut und richtig an.
Heute Nacht würden sie ohnehin nicht mehr weitergehen. Sie waren zu erschöpft und der Weg lag nicht klar vor ihnen. So rutschten sie in den Windschatten des Felsens und suchten sich eine einigermaßen ebene Fläche, auf der sie die Nacht eng aneinander geschlungen verbrachten: Der Bajoraner und die Cardassianerin.

Rezensionen