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Maskenspiel

von Nerys

Kapitel 1

Maskenspiel


Kiras Körper sträubte sich heftig gegen den Wachzustand. Die bleierne Müdigkeit in Kopf und Gliedern raubte ihr jeden Antrieb, das warme Bett zu verlassen. Selbst der bittere Geschmack in ihrem trockenen Mund und das brennende Verlangen nach Wasser rückten in den Hintergrund. Sie lag zusammengerollt auf der Seite und hatte immer noch das unangenehme Gefühl, dass das Bett sich drehte. Äußerst widerwillig hob sie die Lider einen Spalt breit. Die dunkle Wand vor ihr erwies sich als beruhigend bewegungslos. Bilder und Gedanken waberten durch ihr Hirn wie eine zähflüssige Masse. Vor ihrem inneren Auge versuchte sie die Ereignisse des Vorabends zu rekonstruieren. Dax hatte sie überredet, das Kostümfest im Quark’s zu besuchen, das der Ferengi im Hinblick auf eine beliebte menschliche Tradition, Karneval genannt, in diesem Jahr erstmals ausgerichtet hatte. Lautlos verfluchte sie diese dumme Idee, die Überzeugungskünste ihrer Freundin, Quark im Speziellen, die Ferengi im Allgemeinen und vor allem den Wein. Der leichte spritzige bajoranische Frühlingswein war im Laufe des Abends von einem kräftigen süffigen Getränk ersetzt worden, das scheinbar ungeahnte Wirkungen zu entfalten vermochte. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor derart berauscht gewesen zu sein. Wage entsann sie daran, mit einem jungen Sicherheitsoffizier der Sternenflotte getanzt zu haben, ein Bolianer, von dem sie zu wissen glaubte, dass er Cem hieß. Das dumpfe Pochen in ihrem Kopf schien augenblicklich an Intensität zu gewinnen, sodass sie sich leise stöhnend die Schläfe rieb. Neben dem Bett lagen die Teile ihres Kostüms verstreut auf dem Boden, welches natürlich ebenfalls Jadzias Idee gewesen war. Ein kurzes eng sitzendes Lederdress, Brustharnisch, hohe Schnürstiefel, Knie-, Arm- und Handgelenksschoner. Vervollständigt hatte dieses Bild einer antiken terranischen Kriegerin ein Waffengurt mit einem Schwert. Dazu passend hatte sich die Trill das Outfit einer Amazonenprinzessin aus derselben Geschichtsepoche ausgesucht, welches in seiner aufreizenden Knappheit den ganzen Abend über die Blicke der anwesenden Männer auf sich gezogen hatte. Kira suchte in ihrem Geist vergeblich danach, was ihr die Freundin über Amazonen erklärt hatte. Ihre Gedanken wanderten weiter durch den zurückliegenden Abend. Hatte Dax sie nicht mit leuchtenden Augen und vom Wein geröteten Wangen auf die Tanzfläche gezerrt? Am Ende, so viel war sicher, hatten sie sich gemeinsam Arm in Arm auf den Weg zum Habitatring gemacht. Irgendwie war es ihr in den eigenen vier Wänden angelangt anscheinend gelungen, sich den einzelnen Teilen ihres Kostüms zu entledigen, ehe sie wie ein Stein ins Bett gefallen war. Weitere verwirrende Bilder strömten auf sie ein. Weiche Lippen, die ihre berührten. Hände, die zärtlich ihren Körper erkundeten. Ihre eigenen Finger, die neckische Kreise über reizend gefleckte Haut zogen. Heiße Röte schoss ihr ins Gesicht, als sie begriff, dass ihr der Alkohol einen sinnlichen Traum von Jadzia beschert hatte.

Lachend stolperten die beiden Frauen in den dunkel daliegenden Raum. Auf dem Weg hatten sie sich beieinander eingehakt, weil ihnen diese Fortbewegungsweise sicherer erschienen war, doch nun entriss Kira ihren Arm der Trill, um weiter ins Schlafzimmer zu schlurfen. Mit einem erleichterten Seufzen ließ sie sich, alle Viere von sich gestreckt, aufs Bett fallen.

„Willst du so schlafen, Nerys?“ fragte Dax, die soeben in der Tür erschienen war. „Das ist doch nicht bequem! Nein, ist es nicht. Soll ich dir beim Ausziehen helfen?“

Ohne eine Antwort abzuwarten, die ohnehin nur in einem resignierten Stöhnen bestand, machte sie sich an den Stiefeln der Bajoranerin zu schaffen. Nach geschlagenen fünf Minuten hatte sie den ersten aufgeschnürt und versuchte ihn Kira vom Fuß zu ziehen. Das holte die andere Frau wieder weit genug in die Realität zurück, um sich aufzurichten und Dax verwundert anzustarren.

„Lass das, ich kann mich allein ausziehen. Ich bin doch schon groß“, brummte sie, während sie sich den Bändern des zweiten Stiefels widmete. Unter der kritischen Beobachtung der Trill entledigte sie sich nach und nach den Schonern an Knien, Handgelenken und Armen. Die Teile landeten jeweils mit einem dezenten Scheppern achtlos auf dem Boden. Den Brustharnisch auszuziehen, der vorne und hinten an dem Lederkleid befestigt war, gestaltete sich allerdings als schwierig. So sehr sie zupfte und zerrte, es gelang ihr nicht, die Verankerungen am Rücken zu lösen.

„Jetzt dreh dich schon um!“ schaffte ihr Dax mit einer kreisenden Handbewegung an. Augenrollend packte sie die Bajoranerin an den Schultern um nachzuhelfen, als diese sie nur hilflos anblickte. Kurz darauf wedelte sie triumphierend mit dem gelösten Harnisch vor Kiras Nase herum und knallte ihn ihr dabei prompt gegen den Kopf. Diese stieß eine nicht jugendfreie Verwünschung auf Bajoranisch aus. Die Trill kümmerte sich jedoch wenig darum, denn ihre Finger hatten bereits angefangen, die hartnäckigen Verschnürungen des Lederkleides zu bearbeiten.

„Das ist alles deine Schuld, jawohl“, jammerte Kira mitleiderregend. „Geh weg, lass mich!“

Sie versuchte Dax auf die Finger zu schlagen, doch traf nur leere Luft. Ihre Freundin kicherte vernehmlich. Umständlich zog die Bajoranerin die breiten Träger des Kleides von ihren Schultern und hievte das schwere Leder über ihren Kopf, sodass sie nur noch in Unterwäsche auf der Bettkante saß, Jadzia demonstrativ den Rücken zugewandt. Warme Hände glitten über die bloße Haut ihrer Schultern.

"Diese Knoten sind so dick wie Baseballs! Lass mich nur machen. Emony konnte nämlich wunderbar massieren." Nachdenklich hielt sie inne. "Oder war es Audirid... Auridi... Audrid verdammt!"

Jetzt war es Kira, die dümmlich vor sich hin kicherte. "Wie kannst du bei acht Leben überhaupt wissen, wer was gemacht hat? Ich hab schon genug von meinem eigenen Leben... ähh was hab ich gesagt?"

"Jaah, es war Audrid!" Sichtlich zufrieden mit dieser Erkenntnis fuhr Jadzia damit fort, den Nacken der anderen Frau zu bearbeiten.

Die Bajoranerin seufzte genießerisch. Sie hatte die Augen geschlossen und konzentrierte sich mit jeder Faser ihres Körpers auf die Hände, die sie mit sanftem Druck zwischen den Schulterblättern massierten. Bareil hatte sie oft so bearbeitet und es dabei nie ausgelassen, sie mit spielerischen Berührungen jenes empfindsamen Punktes über dem ersten Rückenwirbel zu necken. Überrascht sog sie mit einem hörbaren Zischen Luft ein, als die Finger von weichen Lippen abgelöst wurden, die ihren Nacken mit federleichten Küssen bedeckten, was sie wohlig erschauern ließ. Die Phantasien von Bareil, die ihr vernebelter Verstand ihr vorgaukelte, erregten sie zutiefst. Es kostete sie einige Überwindung, sich diesen Lippen zu entziehen, indem sie sich umwandte. Dax blickte sie mit einem Ausdruck von Scheue an, wie sie ihn noch nie bei ihr gesehen hatte. Ihre Augen waren dunkel vor Verlangen.

„Hast du jemals eine Frau geküsst?“ fragte die Trill mit ungewöhnlich tiefer Stimme.

Kira wollte antworten, doch ihr Mund bewegte sich nur lautlos, sodass sie mit einem dicken Kloß im Hals den Kopf schüttelte. Ein verschmitztes Lächeln erhellte die Züge ihres Gegenübers. Ihr berauschtes Hirn blendete jeden rationalen Gedanken völlig aus, als sie Dax’ Lippen auf ihren spürte. Dieser Kuss raubte ihr fast den Atem und ihr Körper verlangte nach mehr. Erneut glitten die sanften Hände der anderen Frau über ihren Leib und machten sich an ihrer Unterwäsche zu schaffen. Es gab keine Zweifel, kein Zögern, so als wäre es immer schon so zwischen ihnen gewesen. Die Bajoranerin ließ sich rücklings aufs Bett sinken und zog Jadzia dabei mit sich hinab. Zielstrebig, aber reichlich ungeschickt zupften ihre Finger an dem knappen Oberteil des Amazonenoutfits. Den entblößten Körper der Trill an ihrem eigenen zu fühlen, steigerte ihr Verlangen ins schier Unermessliche. Sie wollte jeden dieser reizenden Flecken berühren. Ihre Hände wanderten über Jadzias Rücken, während deren Lippen ihr Brustbein abwärts mit spielerischen Küssen bedeckten. Ihr Gegenüber führte sie auf unbekannte Wege, zeigte ihr, was ihr gefiel und ließ sich ihrerseits von Nerys leiten, bis beide ihre Erfüllung in diesem Spiel fanden.

Die Erinnerungen an diesen mehr als sinnlichen Traum erfüllten Kiras unter der Decke nackten Körper mit einem warmen Kribbeln. Sicherlich würde sie bis zu den Haarwurzeln knallrot anlaufen, wenn sie Dax das nächste Mal auf der Ops begegnete, doch sie würde den Teufel tun, ihr auch nur ein Wort von dieser nächtlichen Rauschphantasie zu erzählen. Ihre Freundin würde sie vollkommen zurecht auslachen. Sie seufzte lautlos. Inzwischen war der Druck in ihrer Blase so stark, dass ihr keine Wahl mehr blieb, als sich mit dem Gedanken anzufreunden, das Bett zu verlassen. Als sie sich aufrichtete, stiegen die Kopfschmerzen sofort auf das Dreifache an, was sie mit einem unwilligen Ächzen requirierte. Ob Julian dagegen ein Mittel hatte? Neben ihr bewegte sich etwas in dem Haufen aus Bettzeug. Ein verschlafenes von einem Durcheinander langer schwarzer Haare umgebenes Gesicht tauchte daraus auf.

„Mhm viel zu früh“, brummte Dax mürrisch, drehte sich auf die anderen Seite und zog sich die Decke bis zu den Ohren hoch.

Kira erstarrte vor Schreck und Unglauben. Sie spürte wie ihr augenblicklich die Röte ins Gesicht schoss. Sie musste immer noch träumen! Wie der Blitz, als wäre ein Cardassianer mit einem Disruptor hinter ihr her, sprang sie auf und floh ins Bad, wo sie mindestens fünf Minuten lang den Kopf im Waschbecken unter eiskaltes Wasser hielt, sobald sie ihrem dringenden Bedürfnis nachgegangen war. Die dumpfe Pein hinter ihrer Stirn ließ langsam etwas nach. Sie streckte ihrem Spiegelbild, das ihr blass mit tiefen dunklen Ringen und wirr abstehenden Haaren entgegen starrte, demonstrativ die Zunge heraus. Nachdem sie ungefähr einen halben Liter Wasser in einem Zug geleert hatte, fühlte sie sich einigermaßen wach genug, um das Bad zu verlassen. Sie wollte sich schnellstens etwas überziehen und einen möglichst großen Becher Raktajino replizieren.

„Guten Morgen, Nerys!“ Dax grinste sie breit an, immer noch splitterfasernackt, mit einem Wasserglas in der einen und einem dampfenden Raktajino in der anderen Hand.

Die Bajoranerin blieb wie angewurzelt stehen. Sie war so verwirrt, dass sie einen Moment brauchte, um ihre Sprache wiederzufinden. „Jadzia! Was in aller Welt tust du hier? Und wieso hast du nichts an?“

Belustigt sah die Trill an sich herunter und ließ dann den Blick über Kiras Körper gleiten, welche sofort wieder rot anlief. „Letzte Nacht warst du ganz erpicht darauf, mich auszuziehen. Weißt du nicht mehr?“

„Du… ich… wir haben… das war ein Traum… nur ein verdammter Traum“, stammelte sie hilflos. „Quarks elendes Gesöff ist schuld, ich bringe den Kerl um!“

Dax stellte ihre Getränke auf dem Tisch ab und legte der anderen Frau, die immer noch völlig verdattert dastand, die Hände auf die Schultern. „Ruhig Blut, Nerys. Ich versichere dir, es war kein Traum, auch wenn es sich recht unwirklich anfühlen mag. Wir haben miteinander geschlafen und hatten unseren Spaß dabei. Das ist nichts, was wir bereuen müssten. Es ist unser kleines Geheimnis. Immerhin können wir uns jetzt wissend angrinsen, wenn Julian hinsieht, und ihn damit gehörig verwirren.“

„Ich finde das wirklich nicht lustig, Jadzia. Du bist doch meine beste Freundin“, erwiderte sie ernst. Ihr war das fürchterlich unangenehm, sodass sie die lockere Sichtweise nicht zu teilen vermochte.

„Und als solche gebe ich dir hiermit einen Rat. Sei ehrlich zu dir selbst. Wenn es dir gefallen hat, nimm es als aufregende Erfahrung an. Ich fand es sehr schön. Du warst die erste Bajoranerin für mich.“ Sie drückte ihr kurzerhand einen Kuss auf die Stirn. „Würdest du mir wohl etwas zum Anziehen leihen?“

Kira lachte laut auf. Für einen Moment hatte sie fast vergessen, dass sie immer noch völlig nackt voreinander standen. Die Situation war so abstrus, dass es tatsächlich irgendwie komisch war. Sie scheuchte ihre Freundin ins Schlafzimmer, wo sie Kleidung für sie beide aus dem Schrank holte. Verstohlen sah sie Dax dabei zu, wie diese die Teile des Amazonenkostüms einsammelte. Nachdem sie gegangen war, flüchtete Kira sich zurück ins Bett. Sie wollte nur diesen verfluchten Kater ausschlafen und sicher sein, dass sie diesmal wirklich nur träumte. Die Trill mochte recht damit haben, dass ein kleines Geheimnis unter Freundinnen anregend sein konnte. Quark würde ihr das büßen, ohne dass sie ihm einen Grund dafür nennen musste.
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