TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Das Meer in dir

von Nerys

Kapitel 1

Das Meer in dir


Das Meerwasser war empfindlich kalt. Atreia fragte sich nicht zum ersten Mal, wie ihre bajoranische Freundin solchen Gefallen daran finden konnte, bis zu den Knien darin herum zu waten. Oder sogar darin zu schwimmen. Natürlich gab es auch auf Cardassia Meere, doch dort hielt man sich in der Regel davon fern. In der Vergangenheit hatte es nur wenige wagemutige Seefahrer gegeben und der Fischfang war seit je her kein bedeutungsvoller Wirtschaftszweig. Niemals würde dort jemand auf die Idee kommen, im Meer zu baden. Bei jedem Schritt im knietiefen Wasser spürte die junge Frau den Schlamm zwischen die Zehen. Mit einem leisen Aufschrei zuckte sie zurück, als etwas ihre Wade streifte, das glatt und glitschig war. Angestrengt starrte sie ins dunkle Wasser, doch sie konnte nichts Auffälliges darin sehen. Bestimmt hatte es sich nur um einen harmlosen kleinen Fisch gehandelt. Aus den Erzählungen ihrer Freundin wusste sie, dass die See auch viele unheimliche Kreaturen beherbergte, denen sie um keinen Preis begegnen mochte, doch die wagten sich für gewöhnlich nicht in die Nähe der Küste. Hoffte sie jedenfalls.

„Hier, sieh mal!“ rief Joss ihr begeistert zu.

Im Gegenlicht der tief stehenden Sonne war ihre Freundin, die ein Stück weit vor ihr stand, nur als Silhouette auszumachen. Sie rollte ihre Hose noch ein Stück weiter hoch, damit der Stoff trocken blieb, und bewegte sich langsam sich auf Joss zu, um zu sehen, was sie entdeckt hatte. Was diese ihr in der flachen Hand entgegen hielt, war eine spiralförmig gedrehte Muschel, deren Schale in verschiedenen hellen und dunklen Tönen gesprenkelt war. Sie nahm das schöne Stück behutsam entgegen, um es zu betrachten, wobei sie die Finger der anderen Frau berührte. Ein leichter warmer Schauer erfasste sie. Sie wäre errötet, hätten Cardassianer die Fähigkeit zu einer derartigen körperlichen Reaktion besessen. Solch starke Gefühle wie die, die Joss‘ Gegenwart in ihr auslösten, hatte sie nie zuvor bei jemandem empfunden.

„Das ist eine besonders schöne Muschel“, kommentierte sie mit leicht rauer Stimme und wollte ihrer Freundin den Fund wieder aushändigen, damit diese ihn in ihren Stoffbeutel zu den Schalen- und Krustentieren stecken konnte, die sie bereits für das Abendessen gesammelt hatte.

Die Bajoranerin nickte mit glänzenden Augen. „Behalte sie. Wenn du sie an eine Kette hängst, kannst du das Meer bei dir tragen. Halte sie ganz dicht ans Ohr und du wirst es sogar rauschen hören.“

„Ich danke dir, Joss! Damit werde ich dich immer bei mir haben, weil das Meer ein Teil von dir ist.“ Beinahe ehrfurchtsvoll strich Atreia über die glatte Schale, ehe sie die Muschel in die Tasche ihrer Weste schob. Als sie den Kopf hob, um Joss wieder anzusehen, musste sie schlucken. Die untergehende Sonne tauchte das Gesicht und das blonde Haar ihrer Freundin in tief orangerotes Licht. Ihre nussbrauen Augen wirkten dunkel wie schwarze Lavaperlen. In diesem Moment überwältigten die Gefühle sie, die sie sonst in sich vergrub. Sie vergaß die eisige Taubheit in ihren Zehen, die langsam weiter nach oben kroch. Vorsichtig berührte sie Joss‘ Wange. Obwohl die Haut der Bajoranerin rau vom Wind und der Sonne war, fühlte sie sich immer noch ungleich glatter und weicher als die eines Cardassianers an. Joss lächelte schüchtern, als sie ebenfalls die Hand ausstreckte, um zaghaft über die Knochenwülste zu streichen, die Atreias hellblaue Augen umrahmten.

„Ich wollte immer schon mal wissen, wie sich das anfühlt“, bemerkte die blonde Frau grinsend. „Ganz schön hart. Spürst du das?“

Atreia vermochte nur genießerisch seufzend zu nicken. An diesen verknöcherten Stellen berührt zu werden, war für Cardassianer nicht nur äußerst angenehm, sondern zutiefst erregend, doch das konnte ihre Freundin nicht ahnen. Erneut blickte sie in diese großen dunklen Augen und beugte sich ganz langsam vor. Jetzt musste es sein, selbst wenn Joss erschrocken zurückwich. Doch diese verharrte gespannt. Ihre Lippen begegneten einander ganz behutsam. Dieser erste scheue Kuss schmeckte salzig wie das Meer, doch schien er Atreia süßer als eine getrocknete Jumja. Sie vergrub eine Hand im dichten Haar der Bajoranerin, um sie näher an sich zu ziehen. Ihre Zungen begannen einen sinnlichen Tanz, der nicht enden wollte. Erst nach einer schieren Ewigkeit und doch viel zu kurzer Zeit ließen sie voneinander ab, um nach Luft zu ringen. Auf Joss‘ Wangen zeigte sich eine erhitzte Röte. Atreia spürte den heißen Atem ihres Gegenübers im Gesicht, ehe die beiden Frauen einander erneut voller Begehren küssten. Eine Bajoranerin und eine Cardassianerin. Weit draußen versank die Sonne vollends im Meer.
Rezensionen