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Antwort auf Deinen Ruf

von Heidi Peake

Kapitel 1

Du hast in meiner Einsamkeit zu mir gesungen
und ich habe aus deinen Sehnsüchten einen Turm in den Himmel erbaut
Kahlil Gibran




Ein Teil von ihr würde niemals wieder aufhören, die Sterne zu betrachten, wartend.

So wie ein Teil von ihr für immer Angst vor der Dunkelheit haben würde und vor den unkontrollierbaren Mächten, die unseren Schlaf heimsuchen.

Sie hatte geglaubt, nach ihrem besten Wissen zu handeln.

Manchmal ist unser bestes Wissen nicht mehr als eine schlecht kaschierte Ausflucht vor der Verantwortung dafür, dass wir die Glücklichen sind.

* * *


Dunkelheit ... Taubheit ... Eis.

Jeder Versuch einer Bewegung, jeder Gedanke, jeder Atemzug, jeder Herzschlag: Dunkelheit, Taubheit und Eis.

Nichts berührt, nichts berühren außer dem Gewicht, das auf Stirn und Brust presst, den letzten Atemzug hinaus presst, den nächsten unterbindet. Zu viel, um es zu ertragen, nicht genug, um dem Kampf ein Ende zu setzen.

Immer die Möglichkeit einzuatmen. Unter Schmerzen, mit Anstrengung, aus einem Reflex heraus nicht vom Bewusstsein gelenkt. Denn das Bewusstsein wünscht sich, dass es aufhört, will, dass das Atmen aufhört, damit der Schmerz vergeht und die Dunkelheit endlich siegt.

Und die Kälte.

Es ist so kalt; die einzige mögliche Bewegung, die Bewegung der Gedanken.

Manchmal ist das genug.

Manchmal ist es zu viel.

Wenn die Erinnerung zurückkehrt...

Die Bauchmuskeln spannen sich an wie jeder Muskel im Körper, wartend ... wartend auf den Moment der Bewegung, der kommen wird. Kommen muss. Die Stimmbänder lahm, so viel nutzloses Gewebe. Die Kehle erdrückt vom Gewicht des Eises.

Und dennoch formt sich ein Schrei, wächst im Bauch, stößt sich durch die angespannten Muskeln, baut eine Spannung in der engen Kehle auf, fließt an den nutzlosen Stimmbändern vorbei, erfüllt jede Zelle, bis er den Ort erreicht, an dem die Dunkelheit nicht endgültig ist, wo immer noch eine Bewegung möglich ist.

In flammendem Schmerz und blendender Wut explodiert er.

Alleine!

* * *


„Es ist wieder passiert.“

Der Anblick, den Counselor Deanna Troi den halb geöffneten Augen von Dr. Beverly Crusher bot, reichte aus, um augenblicklich jeden Gedanken an Schlaf aus deren Bewusstsein zu bannen.

Die Counselor stand im Türrahmen, den Rahmen als Stütze benutzend, dennoch unfähig, ihr Zittern zu unterdrücken. Sie war schweißgebadet, Strähnen ihres dunklen Haars klebten an ihrer Stirn und ihren Schläfen, ihre Augen brannten mit dem Schmerz des Wahnsinns. Sie versuchte zu lächeln, aber die Tränen verschlangen den Versuch, als sie ihre Stimme erstickten.

„Ich kann es nicht mehr länger aushalten.“

Unter Schluchzen und Zittern, fasste sie die Ellbogen mit den Händen und sank im Türrahmen nach unten, bis sie auf dem Boden zusammengekauert saß.

Beverly hatte es schließlich geschafft, die Benommenheit, aus dem Tiefschlaf gerissen worden zu sein, abzuschütteln. Jetzt kniete sie sich neben der Counselor nieder.

„Sshhhh!“ sie legte einen Arm um die Schulter der anderen Frau und zog deren Kopf an ihre Brust, in dem Versuch, sie von der offenen Tür irgendwie in ihr Quartier zu manövrieren. „Es war nur ein Traum.“

Deanna befreite sich mit überraschender Kraft aus der beruhigenden Umarmung.

„Das war kein Traum, Beverly!“ sie ließ zu, dass ihr auf die Füße und in den Raum geholfen wurde. Die Türen konnten sich nun endlich hinter ihnen schließen. „Ich hatte schon Alpträume zuvor, und das hier ist nicht das gleiche.“

Die Ärztin nickte vorsichtig, als sie ihre Freundin zum Sofa führte und zwei Tassen Tee vom Replikator orderte

„Ich weiß, du sagtest, sie sind sehr lebendig... aber manche Alpträume sind das.“

„Es wird stärker.“

Dr. Crusher stellte eine der Tassen vor Counselor Troi ab und nahm ihr gegenüber Platz.

„Kann das nicht an der Wiederholung liegen?“ fragte sie.

Die Betazoidin versuchte, ihre Tasse aufzunehmen, aber ihre Hände zitterten immer noch so sehr, dass sie den Versuch mit einem verlegenen Lächeln aufgeben musste. „Es hat sich verändert“, erklärte sie schließlich. „Es kommt nicht mehr länger von mir.“

„Was meinst du damit?“

„Ich meine, dass das nicht meine Angst ist, die ich fühle. Wenn du Alpträume hast, dann solltest du mit deinen eigenen Ängsten konfrontiert werden, oder nicht? Ich war niemals an einem solchen Ort. Und ich war niemals so ... verängstigt.“

Dr. Crusher hob eine Augenbraue. „Was für ein Ort?“ fragte sie sanft.

Deanna schenkte ihr einen verwirrten Blick. „Was für ein Ort?“ wiederholte sie.

„Du erwähntest einen Ort ...“

„Es tut mir leid, ich erinnere mich nicht.“

„Verblassende Erinnerung“, Beverly lehnte sich in ihrem Sessel zurück und versuchte ein ermutigendes Lächeln. „Würde das nicht für einen Traum sprechen?“

„Ja, das würde es.“ Die Counselor stützte ihr Kinn auf ihren gefalteten Händen auf. Sie verharrte in dieser Position für einige Zeit, tief in Gedanken. Als sie erneut aufblickte, brauchte es keine empathischen Fähigkeiten, um die Angst in ihren Augen zu erkennen. „Es kann nur kein Traum sein, denn um zu träumen muss man schlafen. Ich habe die Lichter angeschaltet, ich habe nach dem Computer gerufen, es ist alles aufgezeichnet“, sagte sie, „die letzten grässlichen Minuten war ich hellwach, Beverly, und es hörte nicht auf.“

Die Ärztin schüttelte ihren Kopf, um ihren Geist zu klären ebenso wie um die Konsequenzen von Deannas Worten zu verneinen.

„Das würde uns mit der Möglichkeit zurücklassen, dass jemand ... seine Angst überträgt. Aber es ist niemand hier ...“

„Niemand auf diesem Schiff!“ korrigierte Deanna sanft. „Ich habe dir gesagt, dass es stärker wird. Seit wir uns auf Kurs nach Khamar befinden.“

„Das ist nicht möglich! Du hast selbst gesagt, dass Empathen nicht stark genug sind, um diese großen Entfernungen zu überwinden ...“

„Nein, ich sagte, dass ich niemals von empathischen Fähigkeiten dieser Stärke gehört habe.“ Deanna holte tief Atem. „Das ist ein Unterschied.“ Sie stand auf, ohne ihren Tee berührt zu haben.

Beverly betrachtete sie mit Sorge. „Was hast du vor?“

Die Counselor schenkte ihr ein kleines besorgtes Lächeln.

„Ich denke, es ist Zeit, den Captain zu warnen.“

* * *


Captain Picard bedachte seine Counselor mit einem beunruhigten Blick.

Sie sah schlecht aus. Der Stress zu vieler Nächte unterbrochenen Schlafes zeigte sich deutlich in ihrem Gesicht. Ebenfalls die Nervosität. Es war sehr beunruhigend, die sonst so ruhige und gefasste Counselor zu sehen, wie sie Knoten in die Schulterbänder ihres Tricorders knüpfte, nur um sie ein paar Minuten später wieder zu entknoten.

Er tauschte einen raschen Blick mit Lt. Worf aus. Der Klingone hatte stumm zugestimmt, dass auf dieser Mission seine Hauptaufgabe nicht darin bestand, den Captain zu beschützen, sondern darin, die Counselor davon abzuhalten, sich vom Dach eines hohen Gebäudes zu stürzen.

Er war nicht besonders glücklich, dass sie mitgekommen war, nicht in dem Zustand, in welchem sie sich befand - und nicht auf diese Mission. Die Scans aus dem Orbit hatten es deutlich gezeigt, dass in der Kolonie keine Lebensform über dem Entwicklungsstand von Echsen zu erwarten war, also brauchte man auch keine Empathin. Dennoch war sie sich sicher, dass jemand hier war.

Jemand, der ihr Alpträume verursachte.

Als sie sich jedoch der Quelle des Notsignals näherten, welches sie zu der Kolonie von Khamar gerufen hatte, wurde es nur zu deutlich, dass sich hier keine Erleichterung für ihre Leiden einstellen würde.

Khamar war ein verlassener Ort, und das seit einer langen Zeit.

Die Kolonie war ein früher Versuch gewesen, eine Niederlassung auf einer verlassenen Welt zu gründen, bevor diese genügend erforscht worden war, zu früh in den Augen der meisten.

Sie schmiegte sich in den Schatten einer kleinen Bergkette, welche eine große Wüste begrenzte. Ein paar Arbeitshallen und einfache Behausungen waren um einen Brunnen erbaut worden. Das einzige hohe Gebäude stellte eine große Halle dar, die sich in der Mitte der Siedlung zu einer fremdartigen Kammer aus schwarzem Stein erweiterte. Vom Turm dieser Halle stammte das Notsignal.

Khamar hatte sich niemals über den Zustand des bloßen Existierens erheben können. Die Bewohner waren meist Farmer, die durch einen gemeinsamen Wunsch zusammengewürfelt worden waren: In ihrem Glauben alleine gelassen zu werden und ein ruhiges Leben zu leben. In der Kolonie hatten sie die Unabhängigkeit gefunden, nach der sie gesucht hatten und schließlich hatten sie die Kommunikation mit der Föderation eingestellt, hauptsächlich deswegen, weil es nichts mehr mitzuteilen gab.

Friedlich hatten sie sich aus dem Lauf der Geschichte verabschiedet.

Es war purer Zufall, dass die Enterprise gezwungen gewesen war, ihren Rückweg durch diesen Quadranten zu nehmen, und es war für alle als Überraschung gekommen, als sie das SOS-Signal aufgefangen hatten.

Als sie die Treppe zur Halle hinaufgestiegen waren und den Kontrollraum auf der oberen Etage erreicht hatten, wurde ihnen der Grund für die Verlassenheit klar.

Die kleine Einheit, die das Notsignal aussandte befand sich in der Mitte des Raums, gespeist durch einen einzelnen Generator, denn die Computerterminals an den Wänden des Raumes waren durch eine Explosion auseinandergerissen worden. Das Ausmaß des Schadens war enorm.

Captain Picard wechselte einen nachdenklichen Blick mit seinem Sicherheitschef, der daraufhin seinen Leuten den Befehl gab, auszuschwärmen und Informationen zu sammeln. Er selbst richtete seinen Scanner auf den Hauptkern des Computersystems. Nach nur wenigen Momenten wandte er sich wieder an die anderen und schüttelte den Kopf.

„Es sieht so aus, als ob der Schaden durch die Möglichkeiten der Siedlung nicht behoben werden konnte“, erklärt er kurz, „wir müssen annehmen, dass die Kolonisten wegen des Energieausfalls den Ort verlassen haben.“

„Das ist möglich, “ Captain Picard rieb sein Kinn nachdenklich, „aber wo sind sie hingegangen, nachdem sie das Notsignal aktiviert haben?“

„Sir!“ der Sicherheitsoffizier rannte beinahe. „Sir, wir ... haben etwas gefunden.“ Er nahm Haltung an, als sowohl der Captain als auch Lt. Worf sich mit einem ernsten Blick zu ihm umwandten. „Ich glaube, wir haben möglicherweise die Siedler gefunden“, informierte er sie.

Ein amüsiertes Lächeln schlich sich über Picards Gesicht, als er eine Augenbraue hob.

„Was, alle?“

Bevor der Mann antworten konnte, wurde seine Aufmerksamkeit und die eines jeden anderen auf die Counselor gezogen. Sie war besorgniserregend bleich geworden und begann nun in beinahe schlafwandlerischer Art in die Richtung zu gehen, aus welcher der Offizier eben erschienen war.

„Counselor Troi!“ rief Lt. Worf hinter ihr her, „Es ist besser, wenn die Sicherheit ...“

Sie antwortete nicht, statt dessen ging sie weiter einen der schmalen Korridore hinunter, die von der Hauptkammer ausgingen, bis sie die Tür an dessen Ende erreicht hatte, welche von der Eile des Sicherheitsoffiziers noch halb offen stand. Die Tür öffnete sich auf eine schmale Balustrade hinaus, die das Innere eines riesigen Domes umrundete, einige 10 Meter über dem Boden der großen Halle. Deanna trat auf die Balustrade hinaus, legte ihre Hände vorsichtig auf das Eisengeländer und lehnte sich nach vorne.

Anders als Captain Picard oder Lt. Worf hatte sie diesen Ausblick erwartet. Sie hörte Captain Picard scharf einatmen, während alles, was sie selbst verspürte, ein ungeheures Gefühl von Erleichterung war.

Irgendwie war diese Szene ein Teil ihrer Erinnerung geworden, oder eher ihrer Vorstellung. Sie hatte es niemals zuvor gesehen, doch sie hatte es geträumt.

Von Wand zu Wand war der Boden der großen Halle mit Leichen bedeckt. Der trockene Wind und das Fehlen von Feuchtigkeit hatten ihr Bestes getan, sie zu erhalten, so dass es nun wie ein Feld von Mumien wirkte. Sie konnte Männer, Frauen und Kinder unterscheiden, ihre Kleider teilweise unzerstört durch den Lauf der Zeit, ihre Körper aneinander gelehnt, kein Zeichen von Kampf. Sie waren schlicht zusammen gekommen, um hier zu sterben.

Alle.

Als sie den Captain einige Worte mit seinem Sicherheitschef wechseln hörte, traf das Gefühl sie.

Es war kalt.

Eiskalt.

„Counselor!“ Worf war mit zwei großen Schritten an ihrer Seite und packte ihren Körper, als sie jeden Sinn für Gleichgewicht verlor und über die Balustrade zu sinken begann. „Verdammt, wir hätten sie nicht hierherkommen lassen ...“

„Es geht mir gut, Worf, es war nur die Kälte“, sie fasste nach seinem Arm, um sich zu stützen. Sie musste gegen einen fast übermächtigen Impuls ankämpfen, sich umzudrehen und wegzurennen. Sie waren sehr nah.

„Kälte?“ Der Klingone betrachtete sie mit leichter Besorgnis, „Es ist etwa 28 Grad Celsius.“

„Nicht die äußere Kälte.“ Sie begann sich umzusehen - und gefror.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Halle befand sich ein solides zweitüriges Eisentor. Ein schwaches Licht-Signal informierte sie, dass die Siedler ihre knappen Energiereserven nicht nur für das Notsignal aufgebraucht hatten. Sie schlossen ebenso die Dunkelheit ein.

Troi war zu der Wendeltreppe hinüber gerannt, bevor die überraschten Männer die Zeit hatten, zu erkennen, was vor sich ging. Für einen flüchtigen Moment wurde ihr klar, dass sie über die Mumien laufen musste, um die Tür zu erreichen, doch sie verbannte diesen Gedanken aus ihrem Kopf.

Tote Menschen waren recht selten irgendeine Gefahr.

„Die Tür“, sagte sie, als sie den Boden der Treppe erreicht hatte und ließ so erkennen, dass es ihr bewusst war, dass der Captain versuchte, sie einzuholen. „Es ist ein Energiefeld um die Tür. Ich glaube ... ich muss dorthin.“ Sie verfluchte sich im Stillen dafür, dass sie so unfähig war, sich selbst rational zu erklären. Auf der anderen Seite der Türe würde die Dunkelheit warten.

Dunkelheit und Kälte.

Als die Sicherheitsoffiziere sich vorsichtig ihren Weg durch die Leichen gebahnt hatten, um mit dem Überprüfen der Eisentore zu beginnen, holte sie tief Luft, um den übelmachenden Eindruck von Müdigkeit zu bekämpfen, der sie zu überwältigen drohte. Wenn sie jetzt durch diese Tür ging, würde sie es niemals wieder machen müssen. Niemals jemals wieder, jede Nacht ...

„Ist es das, was Sie in Ihren ... Visionen ... gesehen haben?“ fragte Captain Picard vorsichtig.

Deanna schenkte ihm ein schwaches Lächeln, dankbar für den Umstand, dass er das Wort Traum vermieden hatte. „Nein, ich sehe nichts. Es ist zu dunkel. Aber ... ich denke, was immer die Visionen verursacht, befindet sich auf der anderen Seite.“

„Wir können keine vernünftigen Information erhalten, Sir“, informierte Lt. Worf sie in diesem Augenblick. „Es scheint, dass der Fels unsere Scanner beeinflusst. Er strahlt Energie zurück ...“

Er sah zum Captain, welcher die Counselor anstarrte.

„Also hätte der orbitale Scan jedes Lebenszeichen in diesem Bereich übersehen“, schloss er dann.

Als der Mechanismus in Aktion trat, aufheulend als er versuchte, Metall zu bewegen, welches für Jahrzehnte verschlossen war, war das erste, was sie alle wahrnahmen, die Kälte.

Und dann kam die Dunkelheit.

Hinter der Tür lag ein Teil des Alls, unendlich, eisig, und es verschluckte jedes Licht.

Beinahe augenblicklich als die Tür sich öffnete, begann das Geräusch in ihrem Kopf. Es war schwach, es war gleichmäßig, es war seltsam vertraut, doch sie konnte es nicht benennen.

„Ist alles in Ordnung?“ fragte die Stimme des Captains.

Sie nickte schweigend. Nichts war in Ordnung. Doch es würde werden. Sobald sie in die Dunkelheit gegangen war.

Lt. Worf holte eine Taschenlampe aus seiner Tasche und begann, die Schwärze vor ihnen zu zerschneiden, als sie eintragen. Es befand sich ein Korridor aus schwerem Stein dahinter, dessen Wände ebenfalls aus Stein waren. Er schien dafür konstruiert, spiralförmig in den Mittelpunkt dessen zu führen, was sie betreten hatten. Sie gingen für eine endlose Zeit um Kurven, immer in die gleiche Richtung. Nach jeder Biegung blockierte ein neues Paar Türen ihren Weg, jede war mit einem anderen Code gesichert, was sie sehr langsam vorankommen ließ. Und mit jeder Tür wurde das Geräusch klarer, lauter, näher. Worfs Licht kletterte über die Wände, die Decken und den Boden. Er versuchte jede mögliche Falle zu entdecken, doch alles, was er erleuchtete, war das gleiche Steinmuster.

Es wurde auch immer kälter.

„Was ist das für ein Ort?“ brummte der Klingone. Sowenig ihn eine Armee bewaffneter Feinde berührte, er fühlte sich nicht wohl an Plätzen, die Emotionen zu erzwingen schienen.

Und dieser hier tat es. Nicht nur Deanna konnte das fühlen. In jedem Stein war Gewissheit, ein kalt berechneter Hass. Dies war kein Ort, der erbaut worden war, um zu überdauern, sondern um sicher zu gehen.

Mit plötzlichem Entsetzen erkannte sie, was die Geräusche waren.

„Es sieht aus wie eine Pyramide“, beantwortete Picard Worfs rhetorische Frage „Die Art, wie der Stein verwendet wird.“ Er bemerkte den fragenden Blick des Klingonen und erklärte: „Pyramiden waren alte Arten von Grabstätten. Die Ägypter platzierten ihre toten Könige in der Mitte einer labyrinthartigen Anordnung von Korridoren innerhalb eines großen Steintetraeders, und dann verschlossen sie die Korridore.“

„Genau das haben sie getan.“ Deanna wandte sich zu den Männern um, ihre Augen waren geweitet. „Nur haben sie nicht die Toten begraben! Ich kann Atmen hören!“ Sie wirbelte herum und hetzte den schmalen Korridor hinunter, nur um ihren Weg von einer weiteren Tür blockiert zu finden. In einem Anfall von Frustration warf sie sich gegen die metallene Oberfläche.

Es war so kalt, keine Bewegung außer der Bewegung der Gedanken. Und das Atmen, erzwungen, schmerzhaft, doch es wollte nicht aufhören...

„Treten Sie beiseite, Counselor.“ Lt. Worf begann damit, eine weitere Sequenz in das Sicherheitspanel in der Wand zu tippen. Nach endlosen Minuten, zeigte ein schwaches Zischgeräusch den Erfolg an.

Augenblicklich wurden sie von einer Wolke dampfförmigen Kohlenstoffs getroffen, die in den Korridor hinausströmte.

„Das ist eine kryogene Tiefschlafkammer“, wisperte Captain Picard überrascht.

Deanna schob ihn sanft beiseite und näherte sich der Liege im Mittelpunkt des kleinen Raums. Sie bewegte sich wie durch Kaugummi, jeder Schritt schien eine Ewigkeit in Anspruch zu nehmen, jede Bewegung war mit Anstrengung verbunden. Es war nicht nur die Kälte, die sie betäubte, es war das Bewusstsein. Es erfüllte die Kammer. Jeder Quadratzentimeter vibrierte unter dem Eindruck eines Wesens, das dazu verdammt worden war, in diesen eisigen Dämpfen zu liegen, in perfekter Dunkelheit. Knöchel, Arme, Oberschenkel, Hüfte und Hals mit metallischen Bändern an der Liege befestigt, unbeweglich. Jahrzehnte festgesetzt in einem Kälteschlaf, der genau dies nicht gewesen war: Schlaf! Eine Lethargie, welche die Körperfunktionen paralysiert, doch niemals den Geist erreicht hatte.

Eine Ewigkeit in der kalten Dunkelheit mit nichts anderem als den eigenen Gedanken zur Gesellschaft.

Sie streckte ihre Hand vorsichtig zu dem bleichen Gesicht aus, welches kaum sichtbar unter den Dampfschichten lag.

„Counselor, wir sollten Dr. Crusher benachrichtigen ...“ Die Stimme des Captains verstummte, als die zerbrechliche Kreatur auf der Liege die Augen öffnete.

Deanna begann zu fallen.

Sie stolperte durch einen Malstrom an Gefühlen, Eindrücken, Erlebnissen, beschattet durch einen Schmerz, der weit größer als körperlicher Schmerz war, hinein in eine Dunkelheit, die hinter diesen Augen lag und sah das Bild im Zentrum dieser Dunkelheit, um das jeder Gedanke, jeder Atemzug sich drehte.

Mit einem schmerzerfüllten Schrei gab sie es auf, gegen den Schwindel anzukämpfen und fiel in den Mittelpunkt, um sich Angesicht zu Angesicht mit ... sich selbst wiederzufinden.

Dieses Mal war Worf nicht schnell genug, sie aufzufangen.
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