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Drei Tage

von Nerys

Kapitel 1

Drei Tage


Schwerfällig schlurfte Kira aus dem Turbolift auf die Ops und ließ ihren Blick durch den Raum wandern. Ihr Gruß wurde von den bereits versammelten Offizieren erwidert. Sie war die letzte, weil sie verschlafen hatte. Diesmal hatte ihre achtjährige Ziehtochter sie wecken müssen und nicht umgekehrt, wie es eigentlich sein sollte. Ihr Kreislauf wollte an diesem Morgen nicht recht in die Gänge kommen.

„Ist mit dir alles in Ordnung?“, wollte Ezri Dax von ihrer Wissenschaftskonsole aus wissen.

Die Kommandantin nickte halbherzig. „Mir fehlt nichts. Ich brauche nur einen Raktajino, damit ich munter werde. Funktionieren die Umweltkontrollen ordnungsgemäß? Es ist kalt hier.“

„Die Temperatur ist völlig normal. Bist du sicher, dass es dir gut geht? Du bist ganz blass“, hakte die Trill besorgt nach, als ihre Vorgesetzte weiter zu den Stufen ging, die zum Büro hinauf führten.

Kira, die gerade die Hand nach der Türkontrolle ausstreckte, rollte mit den Augen. „Ich bin nur müde. Nicht der Rede wert, Ezri.“

Resignierend wandte sich Dax ihrer Arbeit zu. Diese Bajoranerin konnte so stur sein. Nach einer Weile hatte sie die Routinediagnose der Stationssysteme abgeschlossen sowie ein paar Standardscans der Aktivitäten im Sektor durchgeführt und warf einen Blick auf die geschlossene Bürotür. Ihr fiel jedoch kein Vorwand ein, unter dem sie nach ihrer Freundin sehen konnte, ohne dass diese verärgert reagierte.

„Ich finde auch, dass sie nicht unbedingt gesund aussieht“, bemerkte Commander Kalinin, der ihre Gedanken offenbar erriet. Er winkte mit einem Padd in ihre Richtung. „Bringen Sie ihr bitte diesen Bericht hier.“

Mit einem Nicken setzte sie sich rasch in Bewegung, um den Datenblock von dem Russen entgegenzunehmen. Sie wusste, dass er den Bericht selbst übergeben hätte, wäre er nicht der Ansicht, dass es nur ihr gelingen mochte, an die Vernunft ihrer Vorgesetzten zu appellieren. Auf ihren Ersten Offizier würde Kira nicht hören – ebenso wenig wie Ben in einer solchen Situation auf die Bajoranerin gehört hätte. Kommandierende Offiziere und ihr Stolz! Dax seufzte lautlos, ehe ihre Finger das Kontrollfeld neben der Tür berührten und das Geräusch des Summers erklang.

„Ja, bitte“, kam dumpf Kiras Stimme von drinnen und der Zugang öffnete sich mit einem leisen Zischen.

Dax marschierte in den Raum und trat an den wuchtigen Tisch heran, hinter dem Kira eingesunken saß, mit beiden Händen ihren Raktajinobecher umfassend. Sie legte das Padd mit einer schwungvollen Bewegung vor ihr ab. „Ich soll dir das hier geben.“

„Danke“, erwiderte sie knapp und blickte fragend auf, als sich die Trill nicht rührte. „Gibt es sonst noch etwas?“

„Genau so sieht jemand aus, der sich wohl fühlt“, bemerkte Dax sarkastisch.

Kira setzte zu einem Protest an, der jedoch in einem heftigen Niesanfall unterging. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte. Sie musste einräumen, dass sie an diesem Morgen wirklich nicht auf dem Damm war. Die Temperatur war eindeutig normal, es war ihr Körper, von dem die Kälte ausging. Wirklich krank zu werden, war das letzte, was sie wollte. Wenn Bashir sie dienstunfähig schrieb und dazu verdonnerte, in ihrem Quartier zu bleiben, würde sie sich fürchterlich langweilen, zumindest solange Juno in der Schule war. Das wollte sie unter allen Umständen vermeiden. Sie blickte Dax resignierend an und erhob sich.

„Schon gut, du hast gewonnen. Ich gehe zu Julian.“ Sie seufzte demonstrativ. Ärzte waren ihr schon immer zuwider gewesen.

Mit einem triumphierenden Grinsen folgte Ezri ihr auf die Ops hinaus, um wieder ihren Platz an der Wissenschaftsstation einzunehmen. Die Bajoranerin übertrug Kalinin, der seinerseits Dax mit einem anerkennenden Nicken bedachte, das Kommando und betrat danach den Turbolift, der sie zum Promenadendeck bringen sollte. Ihre Offiziere hatten sich anscheinend gegen sie verschworen.

„Du bist bei bester Gesundheit“, verkündete Bashir nach einem gründlichen Blick auf die Anzeigen, die der Monitor ausgab. Ein breites spitzbübisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht.

Kira, die mit für sie bemerkenswerter Ruhe sämtliche Scans über sich ergehen lassen hatte und nun nach einem weiteren starken Niesanfall mit leidendem Gesichtsausdruck auf dem Biobett saß, konnte seinem Enthusiasmus nicht ganz folgen. „Ich fühle mich aber nicht so, sonst wäre ich wohl kaum hier. Warum grinst du so?“

„Ich wundere mich nur, ob du in letzter Zeit Langeweile hattest.“ Er bemühte sich um ein vollkommen ernstes Gesicht, was ihm jedoch nicht besonders gut gelang.

Kira stutzte vor lauter Verwirrung über diese absonderliche Feststellung. „Nicht, dass ich wüsste. Was soll die Frage?“

Sein Grinsen wuchs in die Breite. Mit der Antwort ließ er sich viel Zeit, er kostete ihre Irritation in vollen Zügen aus. „Das habe ich mir gedacht. Wie ich vorhin sagte, bist du kerngesund, und du -“, er hielt inne.

„Ich - was??“, entfuhr es ihr ungeduldig. Sein dummes Spiel wurde ihr langsam aber sicher zu bunt. „Raus damit, Julian! Das ist nicht witzig.“

„Du bekommst ein Baby, Nerys!“

Kira starrte ihn so entsetzt und ungläubig an, als hätte er gerade die Wiederauferstehung Dukats verkündet. Dann schüttelte sie energisch den Kopf. „Du spinnst doch!“

Der junge Mann hielt ihr immer noch von einem Ohr zum anderen grinsend den Tricorder mit den Untersuchungsergebnissen unter die Nase. „Soweit ich deiner medizinischen Datei entnehmen kann, hast du dir vor rund vier Jahren das letzte Mal eine Injektion geben lassen.“

Die Bajoranerin verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn mit einem Blick an, der Duranium zum Schmelzen gebracht hätte. „Die Injektionen erschienen mir irgendwie widersinnig, als ich noch mit Odo zusammen war. Da ich nach ihm nie eine neue Beziehung hatte, habe ich bisher keine Notwendigkeit gesehen, mir wieder eine geben zu lassen. Übrigens geht dich das nichts an.“

„Und was hast du vor etwa drei Wochen gemacht?“, erkundigte sich Bashir so beiläufig, als hätte er lediglich nach dem Wetterbericht gefragt.

„Da war das Neujahrsfest“, antwortete sie prompt und erblasste im nächsten Moment, als die jähe Erinnerung an einen gutaussehenden blonden Mann sie einholte. Ein Mann, der mit ihr tanzte, und der sie innig küsste. Sie spürte, dass sie knallrot anlief und fixierte mit vorgeschütztem Interesse die Spitzen ihrer Stiefel. „Oh nein, bitte nicht!“, jammerte sie. „Ich glaube, ich hatte an diesem Abend zu viel Frühlingswein.“

Julian musterte sie ungläubig. Es fiel ihm reichlich schwer, sich seine so disziplinierte Vorgesetzte betrunken vorzustellen. „Du willst mir jetzt aber nicht erklären, dass du nicht weißt, wer der Vater ist?“

„Natürlich weiß ich das! Für was hältst du mich?“, brauste sie wütend über ihre eigene Dummheit auf. Sie verspürte ungeheure Lust, den nächstbesten Gegenstand, dem sie habhaft werden konnte, durch die Gegend zu schmeißen, während sie gleichzeitig gegen die aufkommende Feuchtigkeit in ihren Augen ankämpfen musste. „Er ist ein Mensch…“

„Das erklärt deine Verfassung. Es ist ganz normal, dass eine Interspeziesschwangerschaft am Anfang den ganzen Kreislauf durcheinander bringt.“ Er legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Rücken. „Wenn sich dein Körper auf die Veränderung eingestellt hat, wird es dir wieder gut gehen. Du musst dich jetzt erst einmal ausruhen und dich an die Situation gewöhnen.“

Stöhnend ließ Kira sich auf das bequeme Sofa im Wohnraum fallen. Sie tat sich gerade selbst überaus leid. Bashir hatte sie für die nächsten drei Tage dienstunfähig geschrieben, dabei begann sie sich schon jetzt nach der Arbeit zu sehnen, die in ihrem Büro auf sie wartete. Zumindest hätte sie das von dem längerfristigen Problem abgelenkt, mit dem sie sich konfrontiert sah, und über das nachzugrübeln sie nun volle drei Tage Zeit hatte. Sie hob den Kopf, um einen Blick auf den Chronometer zu werfen. Juno hatte noch vier Stunden Schule und würde den Nachmittag zusammen mit ihrer besten Freundin Mbali im Hort verbringen, was im Klartext bedeutete, dass sie erst in mehr als sechs Stunden nach Hause kam. Kira stieß ein neuerliches mitleiderregendes Seufzen aus. Vielleicht konnte sie ein bisschen schlafen. Inzwischen fühlte sie sich freilich überhaupt nicht mehr müde, aber so würde ein wenig Zeit vergehen. Sie schloss die Augen. In ihrem Geist erschien das Bild eines hübschen Mannes mit strohblondem Haar. Dieser verfluchte Sternenflotten-Lieutenant mit seinem einnehmenden Lächeln und seinen seegrünen Augen. Abrupt richtete sie sich auf und schüttelte den Kopf, als könne sie die Erinnerung an Hector Maze auf diese Weise verscheuchen. Nein, so ging das nicht! Sie musste eine andere Beschäftigung finden. Ihr Blick glitt suchend durch den Raum, bis schließlich etwas ihre Aufmerksamkeit erregte, das vielleicht funktionieren konnte.

„Mama, bin da!“, rief Juno fröhlich, als sie den gemütlichen Wohnraum betrat und die Schultasche abstellte. Beim Anblick ihrer beim Esstisch sitzenden Mutter stutzte die Achtjährige.

Ertappt legte Kira den Buntstift beiseite und sah ihre Tochter entschuldigend dafür an, dass sie deren Malsachen mit ihrem Antitalent missbraucht hatte. Das Bild, das vor ihr auf dem Tisch lag, bestand aus einem undurchsichtigen Gewirr aus Farben, in dem nur wage Formen und Gebilde zu erkennen waren.

„Was ist das?“ Juno zeigte neugierig auf das vollgemalte Blatt.

Kira zuckte verlegen grinsend mit den Schultern. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung. Julian musste sie am kommenden Morgen wieder für diensttauglich erklären, wenn sie ihm dieses Machwerk präsentierte, für das jeder Counselor sie einweisen würde. Schließlich konnte er keinesfalls verantworten, dass sie weiterhin mutwillig die Zeichenutensilien ihrer Tochter malträtierte, solange sie die künstlerische Begabung eines Palukoo besaß. Sie spürte ein Kitzeln in der Nase, das einen Niesreiz ankündigte.
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