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Geteilte Träume

von Martina Bernsdorf

Kapitel 2

„Welch eine Ironie“, dachte Dukat und versuchte auf seinen Zehenspitzen zu balancieren, damit sein Gewicht nicht gänzlich an den Handgelenken hing.
Er hatte die ganzen Jahre der Besatzungszeit mit den Anschlägen der Terroristen gelebt und war nie verletzt worden. Nie hatte jemand dem Präfekten von Bajor und Kommandanten von Terok Nor ein Haar krümmen können.
Ein erneuter Schlag mit der dünnen, biegsamen Weidenrute ließ Dukat fast das Gleichgewicht verlieren, als der Schmerz wie eine Feuerzunge über seinen Rücken leckte.
Das Lachen und die Beifallsbekundungen der Bajoraner dröhnten in seinen Ohren. Er biss sich auf die Lippe, als ein erneuter Schlag seinen nackten Rücken traf.
Nie würde er Schwäche vor den Bajoranern zeigen, sollte ihnen ihr Lachen im Halse steckenbleiben. Sie würden es nicht erleben, dass er um Gnade flehte.
„Wie würde es wohl dem Zentralkommando gefallen, wenn wir den führenden Kopf, den sie als Repräsentanten zu den Feierlichkeiten des Friedensvertrages geschickt haben, zurücksenden?“ In der Stimme des Bajoraners tropfte Hohn. „Natürlich nur seinen Kopf?“
Dukat drehte sich unter dem Gelächter der Bajoraner soweit es ging, trotzdem konnte er seinen Peiniger nicht sehen. „Mein Tod würde das Ende des Friedens bedeuten, aber nur zu, kleiner Terrorist - ich bin sicher deine Todesqualen werden viel länger andauern als meine, und mit dir wird auch deine Welt sterben!“ Dukats Stimme klang kraftvoll, und er war stolz darauf, dass kein Schmerz und kein Zittern in ihr klang.
Das Gelächter der Terroristen verklang, da sich nun Furcht in ihr Denken schlich. Dukat hoffte, dass sie nie erfuhren, dass es viele auf Cardassia gab, die sein Ableben überaus begrüßen würden. Seine Machtposition hatte gelitten, seine Frau, die immer ihren nicht unbeträchtlichen Einfluss für sein politisches Weiterkommen eingesetzt hätte, verzieh ihm nicht, dass er mit einem Bastard, zudem einer halben Bajoranerin zu ihr zurückgekehrt war.
Das Zentralkommando hatte nichts dagegen gehabt, dass sich die Soldaten während der Besatzungszeit mit bajoranischen Frauen vergnügten.
Doch die ungeschriebenen Gesetze seines Volkes hätten von ihm verlangt, das Kind, das er mit einer Bajoranerin hatte zu töten, anstatt Ziyal in seine Familie aufzunehmen.
Er war damit für viele ehemalige Kampfgefährten zum Verräter geworden, sein Tod wäre kein Kriegsgrund, aber das mussten die Mitglieder des Kreises nicht wissen.
Es war bedauerlich, er war bereit gewesen, den Frieden zu leben und jetzt sollte er wohl für die Wunden, die die Besatzungszeit geschlagen hatten sterben, ohne Sinn- und ohne dass diese Rache ein einziges Leben zurückbrachte.

* * * * *

Der Wind riss ihren Atem in kleinen, weißen Wölkchen von ihren Lippen. Kira war dem Nachtwolf gefolgt, getrieben von einem Vertrauen, das sie nicht bestimmen konnte.
Sie fühlte einfach, dass der Wolf ihr geschickt worden war, von dem mysteriösen Vedek, der die Wölfe begleitete, oder gar von den Propheten selbst.
Das dunkle Fell des Nachtwolfes hob sich kaum noch vom Zwielicht der hereinbrechenden Nacht ab. Einzig der weiße Fellstreifen leuchtete noch auf und erinnerte Kira an den fahlen Schein des Mondes.
Sie blickte auf, der Himmel war von dichten Wolken verhangen, der Mond würde heute Nacht nicht sein mattes Licht schenken. Im Dunkel konnte sie niemanden finden, und wenn sie sich verirrte oder gar in der eisigen Nacht erfror, wäre damit niemanden geholfen.
Kira kämpfte mit sich, ob sie ihren Instinkten folgen sollte, die sie dem Wolf hinterher trieben, oder ob sie auf ihren Verstand hören sollte, der ihr eindringlich riet, die Suche nach Dukat auf den nächsten Tag zu verschieben.
Wenn sie sich beeilte, würde sie ihr Shuttle noch erreichen, ehe die Nacht vollends hereinbrach.
Der Wolf legte den Kopf in den Nacken und heulte, ehe er seinen langsamen Trott beschleunigte und im Unterholz verschwand.
Kira verharrte an der Stelle, wo der Wolf eben noch gestanden hatte. In der dünnen Schneeschicht waren deutlich Fußspuren zu sehen, neben den Pfotenabdrücken des Nachtwolfes.
Kira folgte der Wolfsspur mit den Augen, die sich aber noch einigen Metern verlor. Es war, als habe der Wald den Wolf verschluckt.
Sie ging in die Hocke und betrachtete die Abdrücke im Schnee, sie führten deutlich sichtbar weiter über den sanft geschwungenen Hügel.

* * * * * *

„Was machen wir mit dem Kerl?“ Der Reiz, einen Cardassianer zu schlagen, hatte sich schnell abgenützt, nachdem er so wenig Reaktion darauf gezeigt hatte.
Es waren Mitglieder des Kreises, einer radikalen Splittergruppe von Bajoranern, die sich aus all jenen zusammensetzten, die sich mit der neuen Situation nicht arrangieren konnten.
Die Ausgestoßenen, diejenigen, die den Krieg zu lange im Herzen getragen hatten, die nicht aufhören konnten zu hassen.
Hinter Dukats Entführung steckte kein ausgeklügelter Plan, nur der Wunsch, einen Cardassianer für all das zu bestrafen. Jemanden, den man all die Jahre gehasst hatte, dessen Tod zu lange Bestandteil ihrer Träume gewesen war.
„Töten wir ihn und verscharren seine Leiche.“ Die Stimme des Bajoraners trieb einen eisigen Schauder über Dukats Rücken. Die Kälte zeigte langsam ihre Wirkung, sein nackter Oberkörper fühlte sich taub an, aber die Kälte in der Stimme des Bajoraners ließ ihn noch mehr erstarren.
Mit diesen Leuten würde man nicht verhandeln können, sie hatten keine Pläne und Ziele, es sei denn, man sah in Dukats Tod ein Ziel.

* * * * *

Die Mauern waren unter der Last der Jahre zerfallen, der Wald hatte begonnen, dieses Land, das ihm einst abgetrotzt worden war, zurückzufordern. Zähes Buschwerk hatte seine Wurzeln über die Steine geschlungen, Moos und Flechten zogen sich über das, was von diesem Ort übrig geblieben war.
Einst musste es ein mächtiges Gebäude gewesen sein, nun gab es nur noch die Spuren von Mauerwerk und einigen Dachbalken, die wie anklagende, rauchgeschwärzte Finger in den Himmel deuteten.
Kira schlich, in den Schatten der Dämmerung gehüllt, näher, ihre Hand lag auf dem Phaser.
Sie erklomm geschickt die rutschigen Mauerreste, von einer erhöhten Position aus würde sie einen Vorteil haben. Sie konnte nun einen Blick in den einstigen Innenhof werfen.
Dort unten brannte ein Lagerfeuer, neben dem zwei Bajoraner kauerten, um sich zu wärmen, die restlichen drei standen in einem Halbkreis um ihr Opfer.
Sie hatten einen Strick über einen noch vorhandenen Dachbalken geworfen und Dukat an den Armen hochgezogen. Selbst bei diesen schlechten Lichtverhältnissen konnte man die blutigen Striemen auf seinem Rücken erkennen.
Kira biss die Zähne zusammen, in ihrem Herzen brannte ein stummer Zwiespalt der Gefühle.
Ein Teil von ihr wollte alles tun, um Dukat zu retten, selbst wenn es bedeutete, gegen ihr eigenes Volk zu kämpfen. Ein anderer Teil von ihr, tiefer verborgen und weit zurückgedrängt, fragte sich, ob sie das Recht hatte einzugreifen.
Jeder dieser Bajoraner hatte sicherlich mannigfaltige Gründe, die Cardassianer zu hassen, vielleicht sogar diesen speziellen Mann.
Als Präfekt von Bajor hatte Dukat eine Menge Schuld auf seine Schultern geladen.
An ihre Ohren drang das melancholische Heulen der Nachtwölfe, so als forderten sie von Kira, sich endlich zu entscheiden.
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