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The Link

von Martina Bernsdorf

Kapitel 2

Julian Bashir rieb sich über die Nasenwurzel, wie konnte aus einem heiteren, unbeschwerten Tag von einem Augenblick zum anderen, die Hölle werden?
Ob er die Launenhaftigkeit des Universums je verstehen würde, geschweige denn akzeptieren? Er wünschte, er hätte die Weisheit von mehreren Leben, doch ein Blick in Dax bleiches, angespanntes Gesicht verriet ihm, dass ihr die Erfahrung auch nicht half.
Die Augen der Trill richteten sich fragend auf den Arzt, Bashir biss sich ein wenig auf die Lippen. "Es ist kein uns bekanntes Gift."
Bashir fand, dass seine Stimme schal und dumm klang. Sisko kniff die Lippen zusammen und wie Dax und Odo, die neben dem Diagnosebett standen, richtete sich sein Blick auf die leblose Gestalt, die darauf lag.
"Können Sie es analysieren, Doktor?" Odos Stimme vibrierte leicht, in seinen grauen Augen lag eine Pein, deren Heftigkeit Bashir nie vermutet hätte.
Er wusste um die enge Freundschaft, die der Gestaltenwandler mit Kira verband, dennoch war es erstaunlich, den Sicherheitschef so leiden zu sehen.
Doch es war einer seines Volkes gewesen, der diesen Mordanschlag begangen hatte. Einen Mordanschlag, der nicht vereitelt worden war.
In Bashir sträubte sich zwar alles gegen den Gedanken, sein Herz mochte beständig nein schreien, aber der rationale Teil, der Arzt, musste sich eingestehen, vor einem unlösbaren Problem zu stehen.
"Mit der Zeit kann ich die Bestandteile des Giftes vielleicht analysieren, doch selbst dann hätten wir kein Gegenmittel." Bashir blickte auf die bleiche Bajoranerin, die so reglos dalag. Es war ein Todesurteil, welches er da über jemand sprach, der ihm am Herzen lag.
Freunde waren im Universum dünn gesät, zugeben zu müssen, so einem Freund nicht helfen zu können, war schmerzhafter als Bashir sich je hätte träumen lassen.
"Sie wird sterben?" In Dax' Worten klang ein Unglauben und eine Verzweiflung, welche die anderen nur teilen konnten. Bashir blickte auf die Anzeigen über dem Diagnosebett, sie deuteten ein totales Chaos an, an dessen Ende nur eines stand, der Tod.
"Ich weiß nicht einmal wie das Gift wirkt, es destabilisiert anscheinend alle Lebensfunktionen. Seit Kira auf der Krankenstation ist, hatte sie einen Herzstillstand und einen Atemstillstand. Ich konnte sie zwar wiederbeleben, aber sie steuert unaufhaltsam auf das nächste Herz-Kreislaufversagen zu."
Dax schüttelte den Kopf, in der Hand hielt sie das kleine Gerät, mit dem der Gestaltenwandler den Giftstachel abgeschossen hatte. Ihre Finger drehten und wendeten das metallene Gebilde, so als könne sie seine Geheimnisse durch Erfassen der Form erforschen. "Es muss einen Weg geben, es ist ein Gift der Gründer, sie müssen auch ein Gegenmittel kennen."
Dax' bittender Blick war auf Sisko gerichtet, der Commander presste die Lippen zusammen und blickte zu Bashir. In den Augen des Arztes hatte er etwas gelesen, dass ihm bewusst machte, dass alle Versuche in diese Richtung sinnlos waren.
"Jadzia, wir haben nicht die Zeit." Bashir blickte mit schmerzerfülltem Blick zu Kira. Im wachen Zustand war sie immer so voller Energie, so stark und das war nur schwer mit der stillen Gestalt auf dem Bett zu vereinbaren. Sie wirkte so zerbrechlich, so verletzbar und es gab nichts, das er tun konnte.
"Was soll das heißen, Julian?" Dax wirbelte zu dem Mediziner herum und musterte ihn mit einem heiß brennenden Blick, der den Arzt unwillkürlich an die Dax erinnerte, die von den Reminiszenzen Jorans beherrscht wurde.
Er hob beschwichtigend die Hände, seine Stimme war sehr sanft. "Jadzia, sie hat keine Zeit mehr. Ich kann den nächsten Zusammenbruch abfangen, vielleicht auch noch einen weiteren, sie ist sehr stark, aber ich werde bald an die Grenze des machbaren gelangen. Mehr als 20 Stunden wären Utopie."
Dax wollte es nicht wahrhaben, sie schüttelte in stummer Verneinung den Kopf. "Ben"? Sisko wünschte, er könne das Wunder vollbringen, dass Dax‘ Stimme von ihm forderte. Er schüttelte leicht den Kopf.
"Ich würde gerne bei Major Kira bleiben." Odos Stimme war fast ohne Betonung, er presste die Lippen zu einem dünnen weißen Strich zusammen.
"Wir geben einfach auf?" Dax hob die Schultern und ließ einen fassungslosen Blick über die Anwesende wandern. "Ich glaube es nicht!" Ihre Stimme gewann an Schärfe, "Nerys würde jemanden von uns nicht so einfach aufgeben!"
Schweigen war alle Antwort, die sie auf ihren Ausbruch erntete. Bashir wich ihrem Blick aus und in Siskos Augen war Mitleid. Dax drehte sich auf dem Absatz herum und stürmte aus der Krankenstation, Mitleid war das letzte, was sie sehen wollte.
Bashir warf einen gepeinigten Blick zu Sisko. "Sollte ihr nicht jemand von uns nachgehen?" Der Commander schüttelte den Kopf. "Sie braucht Zeit, um es zu akzeptieren, Dr. Bashir." Sisko atmete tief durch, das traf auch auf ihn selbst zu.

***

Dax ließ ihre Hände über die Computerdisplays der Ganges gleiten. Das kalte Metall ließ ein wenig Realität in ihren Verstand zurückkehren. Was sie tat, war irrational, das wusste sie nur zu genau. Dazu konnte man es als Meuterei und Insubordination auslegen.
Ein leichtes Lächeln glitt über Dax' Lippen, Kira hätte sich sicherlich köstlich darüber amüsiert, dass sie alle Regeln über den Haufen warf.
Die Trill schlug gegen die Konsole, Tränen brannten in ihren Augen, jetzt dachte sie an Kira schon in der Vergangenheitsform. Sie empfand es fast als Verrat.
Nein, sie wollte nicht zulassen, dass Kira starb. Die Bajoranerin hatte mehr als einmal ihr Leben gerettet, sie schuldete es ihr zu handeln, egal wie sinnlos es war. Wenn es ein Leben nach dem Tod gab, dann wollte Dax, dass Kira erfuhr, dass sie alles versucht hatte - selbst das Unmögliche.
Dax steuerte die Ganges aus dem Andockring und ignorierte die Anfragen aus der Ops, die zunehmend hektischer wurden. Sie legte einen Kurs auf das Wurmloch ein. Mit der Defiant wären ihre Chancen besser gewesen, ohne Tarnvorrichtung würde sie nie den Heimatplaneten der Gründer erreichen.
Doch sie war allein, für die Defiant war eine Crew notwendig. Dax wusste nicht, was sie den Gestaltenwandlern sagen würde, wie sie zu einem Gegengift kommen wollte. Doch das war auch alles nebensächlich, sie wusste, dass ihre Handlung sinnlos war, aber es war ihr egal. Besser als neben Kira auf der Krankenstation zu sitzen und zuzusehen, wie sie den Kampf gegen den Tod verlor.
Zudem hatte es einen Reiz, die Regeln zu brechen, dem man sich nicht ganz entziehen konnte. Jetzt verstand Dax besser, warum Kira sich nie so sehr an Gesetze gehalten hatte, es lag ein Hauch von Freiheit in dieser Handlung.
Siskos Stimme klang über die Komleitung, sanft aber bestimmend. Dax zögerte kurz, ehe ihre schmalen langen Finger die Leitung unterbrachen. Sie brauchte niemanden, der ihr den Wahnsinn ihres Unterfangens vor Augen führte.
Entschlossen steuerte sie den Gleiter in das Wurmloch, es öffnete sich mit seinem gewaltigen, respekteinflößenden Spiel aus Farben und Licht.
Das Himmelstor zum Tempel der Propheten, zumindest dachten die Bajoraner so.
Dax' Lippen bewegten sich unwillkürlich, sie war sich gar nicht vollkommen darüber bewusst, dass sie die Wesen im Wurmloch um Hilfe anflehte. Nein, nicht die Wesen im Wurmloch, ihre Gebete waren an die Propheten gerichtet.
Ein blendendes Licht ließ Dax aus Reflex die Augen zusammenkneifen.
Sie rieb sich über die tränenden Augen und zwinkerte um den Feuchtigkeitsfilm zu vertreiben. Ein erstauntes Aufkeuchen entrang sich ihrer Kehle. Dax befand sich nicht mehr auf der Ganges - aber der Platz, der sich vor ihren Augen so wunderschön in seiner Pracht entfaltete, war ihr bekannt.
Es waren die geheimen Höhlen auf der Trill-Heimatwelt, dort wo die Wächter die Symbionten behüteten. Die Bruthöhlen, in der die Symbionten ihrer ersten Verbindung mit einem Wirt entgegen reiften.
Die Lichtquellen stammten von Fackeln und Kerzen, sie gaben diesem Ort eine Wärme und Frieden, der für Dax beinahe greifbar war.
Sie ließ ihrem Instinkt freien Lauf und watete in eines der runden, mit weißlicher Flüssigkeit gefüllten, Bassins. Es war wunderbar warm und kleine elektrische Funken stoben über die Oberfläche, dort wo die noch unreifen Symbionten schwammen. Dax schloss genüsslich die Augen, es war warm und geborgen, so mochte sich ein Kind im Schoß des Mutterleibes fühlen.
"Das Gefüge des Seins ist gestört", die Stimme ließ Dax die Augen aufreißen, ihr gegenüber saß Kira.
Nein, Dax revidierte ihre Meinung schnell, in den nachtschwarzen Augen ihres Gegenübers glänzten die Sterne. Lichtfunken schwammen darin, wie ein Hauch von Fremde und Unverständnis.
Dax blickte auf ein Wesen welches das Wurmloch bewohnte, auf die Propheten - wenn sie es so nennen wollte. "Das Gefüge des Seins?" Dax fragte sich, was das Wesen, welches Kiras Gestalt angenommen hatte, damit meinte. Es wirkte trotz seiner Aura der Macht irritiert, beunruhigt und verwirrt.
"Das Sein wird erschüttert, ihr linearen Wesen habt das Gefüge zerrissen. Was ist, wird nicht sein. Was war, ist nicht!" Etwas wie Wut glitzerte in diesen Augen, die so unmenschlich waren. "Eure lineare Existenz wird verändert, das vernichtet auch das Sein. Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart sind für uns eins!" Das Wesen bewegte die Arme in einer frustrierten Geste, die Dax so sehr an Kira erinnerte. Die Trill versuchte die Worte des Wesens zu erfassen.
Von Sisko wusste sie, wie viel Schwierigkeiten diese Wesen mit dem Verständnis der Zeit hatten. Was bedeuteten die Worte, jemand versuchte das Sein zu ändern?
Was war das Sein für diese Wesen? Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft! Die Zukunft? Dax biss sich leicht auf die Lippen, versuchte jemand, in die Zeit einzugreifen, um Dinge zu ändern?
Zeitreisen waren oft diskutiert worden und damit auch die Möglichkeiten des perfekten Mordes, indem man verhinderte, dass ein Feind geboren wurde. Doch was, wenn dies zu vage oder zu schwer zu bestimmen war? Würde man dann einen Feind vernichten wollte, bevor er gefährlich wurde? War es das?
"Ich will das Gefüge des Seins wieder herstellen, könnt ihr mir dabei helfen?" Dax' Stimme zitterte leicht. Das Wesen, welches Kiras Gestalt aus ihrer Erinnerung genommen hatte, legte leicht den Kopf schief, so als lausche es auf Stimmen, die Dax nicht vernehmen konnte.
"Wie willst du das bewerkstelligen, lineares Wesen?" Dax fuhr mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. Was, wenn sie sich täuschte? Wenn sie die Worte der Wesen, der Propheten, missverstanden hatte? Spielte sie mit Kiras Leben und hatte sie überhaupt eine andere Wahl?
Sie zog den kleinen Gegenstand aus ihrer Hosentasche, der den todbringenden Stachel verschossen hatte. "Könnt ihr mich in das Sein bringen, aus dem diese Waffe stammt?"
Dax blickte in das Gesicht ihrer Freundin, die ihr gegenüber im Brutbecken der Symbionten saß.
So sehr wie Kira und doch unermesslich fremd. Dax streckte unwillkürlich die Hand aus, so als wolle sie durch ihre Fingerspitzen erforschen, ob dieses Wesen körperlich war oder wirklich nur ein Trugbild, kreiert aus ihren Erinnerungen.
Doch ehe sie ihrer Neugierde nachgeben konnte, tauchte ein weiterer Lichtblitz die geheimen Höhlen in blendend weißes Licht. Dax schlug instinktiv die Hände vor das Gesicht, als sie zwischen ihren Fingern hindurch blinzelte, war sie wieder an Bord der Ganges.
Verblüfft tastete sie über ihre Uniform, sie war vollständig trocken.
Ein Blick auf die Anzeigen bewiesen ihr, dass sie sich dem Ausgang des Wurmloches näherte. War dieses Zusammentreffen mit den Bewohnern des Wurmloches real gewesen? Alles hatte so einen surrealistischen Anstrich.
Das Wurmloch öffnete sich und spie den kleinen Gleiter aus dem Strudel aus Licht und Farbe mitten hinein in eine Szene, wie aus Dantes Inferno.
Jem'Hadar Schiffe kreisten in wilden Manövern zwischen den eleganten Silhouetten von schlanken Kriegsschiffen, welche die Starfleetkennung trugen.
Die Lichtblitze von Phasern und Photonentorpedos blitzten wie ein gigantisches Gewitter über das schwarze All.
"Schilde auf Maximum." Dax hatte den Befehl kaum ausgesprochen als ein Jem'Hadar Schiff auf sie feuerte. Die Ganges erbebte heftig, einige Plasmaleitungen platzten. Ein einziger Treffer hatte genügt, die Schilde des Gleiters vollständig zu durchdringen.
Die Ganges trieb ohne Antrieb in einer leichten Schräglage, die Stabilisatoren waren ausgefallen. Dax starrte mit großen Augen auf die bizarre Schlacht, mit Schiffen aus Baureihen, die sie nicht kannte.
Der Jem'Hadar beschickte seine Waffensysteme erneut mit Energie und Dax wusste, dass der nächste Treffer einen Regen aus Sternenstaub aus der Ganges und ihr machen würde. Soviel zu der Hilfe der Propheten, dachte sie bitter und widerstand dem Impuls die Arme um den Kopf zu schlingen, in einer hilflosen aber vielleicht tröstlichen Geste von Schutz.
Eines der größeren Starfleet-Schlachtschiffe flog in einem wilden, eleganten Bogen auf den Jem'Hadar zu, seine starken Geschütze, zerfetzten das Raumschiff.
Die Druckwelle der Explosion war für die stark beschädigte Ganges genauso gefährlich, wie es die Waffen der Jem'Hadar gewesen wären. Doch in dem Augenblick, indem der kleine Starfleetgleiter wie unter dem Einfluss einer Titanenfaust zusammengedrückt wurde, hüllte die goldfarbene Energie eines Transporterstrahles Dax ein und löste sie in ihre Bestandteile auf.
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