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Du bist das Licht

von Nerys

Kapitel 1

Du bist das Licht


Verstohlen spähte Kira über ihr Weinglas hinweg zu den Paaren, die sich auf der Tanzfläche zu melodischer bajoranischer Musik bewegten. Quark hatte sein Etablissement an diesem Abend mit langen Kerzen und mandalaförmigen Symbolen dekoriert. Das Dabo-Rad stand still, denn der Ferengi wusste, dass ihm die vielen Bajoraner, die das Ende des alten und den Beginn des neuen Jahres feierten, diesmal wesentlich mehr Profit einbrachten, als seine übliche zwielichtige Spieler-Klientel. Eine Anzahl Leute aus dem Sternenflottencorps der Station und einige derer, die gerade zufällig anwesend waren, hatten sich von den Feierlichkeiten anstecken lassen. Kiras Blick fiel auf Bashir und Dax, die bis vor wenigen Minuten noch mit ihr beim Tisch gesessen waren. Ihre beiden Freunde tanzten ausgelassen miteinander zur Musik. Sie ertappte sich bei dem Gedanken, es schön zu finden, wenn es jemanden gäbe, der ihr die Hand zum Tanz reichte. Bei Gelegenheiten wie diesen fehlte ihr Odo auch nach drei Jahren noch immens. Obwohl seit dieser Zeit ihre Ziehtochter Juno ihr Leben bereicherte, blieb ein Teil leer. Es gab Momente, in denen sich jenes Stück ihres Herzens meldete, das sie zumeist ignorierte, und das sich nach dem Gefühl sehnte, geliebt zu werden. Danach von sicheren Armen gehalten und zärtlich geküsst zu werden.

„Sie sehen aus, als könnten Sie noch einen Drink vertragen“, sagte Quarks Stimme vor ihr. Der Ferengi hielt eine gerade geöffnete Flasche mit Frühlingswein in der Hand und füllte ihr leeres Glas wieder voll mit der hellroten fruchtig duftenden Flüssigkeit. „Ich würde Sie ja zum Tanz auffordern…“

„Das würden Sie bereuen, Quark“, erwiderte sie zynisch.

Der Ferengi stellte mit einem breiten Grinsen, das seine spitzen Zähne entblößte, die Weinflasche vor ihr auf dem Tisch ab. „Ja, davon gehe ich aus. Ich darf Sie allerdings darauf hinweisen, dass es mit diesem Gesichtsausdruck auch kein anderer Mann tun wird.“ Ihr finsterer Blick veranlasste ihn dazu, beschwichtigend die Hände zu heben. „Nun denn, ich habe zu tun. Latinum wächst nicht auf Bäumen.“

Sie seufzte erleichtert, als er sich eilig entfernte, und nippte an ihrem Wein. Eine leiste Stimme im Hinterkopf ermahnte sie, nicht so viel zu trinken. Es mochte das dritte oder vierte Glas an diesem Abend sein, sie hatte nicht mitgezählt. Jemand trat an ihren Tisch heran und sie hob genervt den Kopf, um Quark anzuschnauzen, damit er sie endlich in Ruhe ließ. Doch es war nicht der Ferengi, der vor ihr stand, sondern ein menschlicher Mann mit blondem Haar, den sie nicht kannte. Trotzdem erschienen ihr seine hübschen Züge seltsam vertraut. Seegrüne Augen musterten sie neugierig.

„Ist hier noch ein Platz frei?“, fragte er sie mit einem anziehenden Lächeln, das Kira bereitwillig auf die freien Stühle weisen ließ, und er setzte sich. „Danke! Es ist es hier denn immer so voll?“

„Nicht ganz so, aber es ist meistens gut besucht. Quark weiß sehr genau, wie man Kundschaft anzieht. Normalerweise ist das Dabo-Rad in Betrieb.“ Sie wies auf den Spieltisch, der an diesem Abend ohne die leicht bekleideten Mädchen und die gierigen Männer, die mit Latinum um sich warfen, dunkel und verlassen wirkte. „Sie sind neu hier auf der Station, nicht wahr?“

Er nickte bestätigend. „Genau genommen bin ich nur auf Durchreise, ich diene auf der Mercury. Mein Name ist übrigens Hector Maze.“

Kira ergriff seine Hand, die er ihr zum vertrauten menschlichen Gruß reichte. Soweit sie sich erinnerte, war das Raumschiff erst am Nachmittag eingetroffen und sollte nach einer zweitägigen Vorbereitungsphase in den Gamma-Quadranten zu einer mehrwöchigen Forschungsreise aufbrechen. „Freut mich. Ich bin Kira Nerys“, erwiderte sie lächelnd. Wenn ihr doch nur einfiele, warum ihr dieser Mensch bekannt vorkam, obwohl sie seinen Namen nie zuvor gehört hatte.

In seiner Miene spiegelte sich eine gewisse faszinierte Überraschung wider. „Sie sind Captain Kira Nerys? Die Kira Nerys, die damals maßgeblichen Anteil an der Rettung des Alpha-Quadranten vor dem Dominion hatte?“

„Das ist stark übertrieben“, entgegnete sie unangenehm berührt. „Legat Damar hatte zuerst den Mut, sich zu erheben. Und am Ende war es Odo, der die Formwandlerin vom Frieden überzeugte.“

„Aber Sie standen mit an vorderster Front. Ich glaube es gibt niemanden in der Flotte, der die Geschichte nicht kennt.“ Aus seiner Stimme sprach ehrliche Bewunderung.

Kira wollte ihn erneut widersprechen, doch in diesem Moment tauchte der Ferengi Broik vor ihnen auf, um die Bestellung des neuen Gastes aufzunehmen. Unschlüssig erkundigte sich Maze nach Kiras Getränk und entschied sich schließlich dafür, den Frühlingswein ebenfalls zu probieren. Der Kellner brachte ihm daraufhin ein sauberes Glas, das er mit dem Inhalt der bereits auf dem Tisch stehenden Flasche füllte.

„Jámas!“, sagte Maze mit seinem erhobenen Glas an Kira gewandt, die ihn verwundert anblickte. Er grinste schief. „Oh, das heißt Prost in der Sprache meiner Mutter. Sie ist Griechin.“

Griechenland war der Bajoranerin ein Begriff, weil Dax sie einmal dazu überzeugt hatte, mit ihr ein Holosuite-Programm zu spielen, das in der Antike dieser terranischen Region spielte. Sie hatte später einräumen müssen, dass die Geschichte, in der sie zwei gemeinsam durch die Lande ziehende Kriegerinnen verkörpert hatten, spannend gewesen war. Zu dieser Zeit hatten die Menschen noch an Götter geglaubt und viele verschiedene davon angebetet. Jadzia hatte ihr einiges über diese überirdischen Gestalten erzählt. Ehe sie sich versah, war sie in ein Gespräch mit Maze vertieft, im Zuge dessen sie erfuhr, dass er als Lieutenant den Posten des Chefingenieurs auf der Mercury bekleidete. Nur aus dem Augenwinkel nahm sie zur Kenntnis, wie sich Ezri und Julian vom Tanzen außer Puste dem Tisch näherten. Doch als die Trill den jungen Mann dort sitzen sah, zog sie ihren Partner rasch weiter zur Bar. Dankbar nickte Nerys ihrer Freundin zu. Sie fühlte sich in Hectors Gesellschaft wohl. Seine Art zu sprechen, sich zu bewegen, das warme Leuchten seiner Augen, ja selbst das schalkhafte seine Mundwinkel umspielende Lächeln erinnerte sie unglaublich an Bareil Antos, den sie einst von Herzen geliebt hatte.

Maze stellte sein leeres Glas ab und hielt Kira auffordernd die Hand entgegen, als die Musik den Rhythmus zu einer langsamen Melodie wechselte. „Darf ich um diesen Tanz bitten?“

Sie spürte wie sie errötete und kam sich wie eine schwärmerische Jugendliche vor, als sie seine warme Hand ergriff, um seine Aufforderung anzunehmen. „Ich kann nicht besonders gut tanzen“, räumte sie verlegen ein, während er behutsam ihre Taille umfasste.

„Und ich weiß nicht, wie man das zu dieser Musik macht, muss ich gestehen. Sirtaki läge mir besser.“ Er grinste spitzbübisch.

Irgendwie gelang es den beiden jedoch, sich in den Rhythmus einzufinden und Kira genoss es, den warmen Körper des großen Mannes so nah zu spüren. Ohne ihm ins Gesicht zu sehen, hätte sie beinahe geglaubt, es wäre Bareil, mit dem sie tanzte. Nach ein paar Liedern kehrten sie mit erhitzten Gesichtern zum Tisch zurück, um ein bisschen zu rasten und einen Schluck Wein zu trinken. Als der Chronometer auf Mitternacht zuging, breitete sich ein andächtiges Schweigen unter den versammelten Bajoranern aus, während das alte Jahr in seinen letzten Zügen lag. Das künstliche Licht in der Bar wurde gedimmt, sodass nur noch flackernder Kerzenschein die Gesichter der Anwesenden erhellte. Maze wollte eine verwunderte Frage stellen, doch Kira bedeutete ihm still zu sein. Dann auf einmal, als es sechsundzwanzig Uhr schlug, brach Jubel aus. Die Leute riefen einander Wünsche für das neue Jahr zu oder richteten zu den Mandalas gewandt Dankesbekundungen für die zurückliegende Zeit an die Propheten.

„Ich glaube ich mag eure Art zu feiern“, bemerkte Maze. Ihre Weingläser trafen mit einem hellen Klirren aufeinander, das im Lärm der Umgebung fast unterging. „Prosit Neujahr, wie wir auf der Erde sagen würden.“

„Allaran itines ren. Mögen uns die Propheten auf dem nächsten Stück unseres Weges leiten“, sagte die Bajoranerin mit glänzenden Augen.

Auf dem Promenadendeck war zu dieser späten Stunde noch weit mehr los, als an gewöhnlichen Abenden. Hand in Hand schlenderten Hector und Nerys an der oberen Ebene entlang und blieben schließlich am Geländer stehen, um ein paar junge Leute zu beobachten, die ihre Feier vor das Quark‘s verlegt hatten. Sie sangen lautstark ein altes bajoranisches Volkslied im Chor, das schön geklungen hätte, wenn sie sich zuvor auf eine gemeinsame Melodie geeinigt hätten.

„So unterschiedlich Kulturen sein können, in mancherlei Hinsicht unterscheiden sie sich kaum.“ Maze sah die Bajoranerin an, die verlegen den Blick senkte. „Ich habe deine Gesellschaft sehr genossen, Nerys. Sag mir, wie kommt es, dass jemand wie du alleine feiert?“

Sie zuckte mit den Schultern, während sie sich bemühte, sich weiterhin auf die Sänger zu konzentrieren, die ein weiteres Lied anstimmten. „Die Propheten wollten es so, schätze ich. Den Nachmittag habe ich ja mit meiner Tochter verbracht. Sie mochte unbedingt bei ihrer besten Freundin schlafen, sodass ich den Abend frei habe.“

Bei diesen Worten hob er überrascht die Braue. „Oh, du hast eine Tochter…“ Obwohl er den Wein spürte und zu der Erkenntnis gelangt war, dass der Ferengi namens Quark keinen Synthehol ausschenkte, konnte er nicht einfach über die logische Folgerung hinweg sehen, dass es zu einem Kind einen Vater geben musste.

Kira nickte mit einem liebevollen Lächeln. „Juno ist mein Ein und Alles seit ich sie vor drei Jahren adoptiert habe. Ich weiß gar nicht mehr wie mein Leben ohne sie war.“

Diese Aussage beruhigte ihn. Weil sie immer noch starr hinunter zu den feiernden Bajoranern blickte, legte er ihr vorsichtig die Hand auf den Arm. Kira hob den Kopf, um ihn fragend anzusehen. Sie spürte wie ihr das Blut in die Wangen schoss, als er sie auf eine zugleich schüchterne und unglaublich anziehende Weise anlächelte. Ihre Gesichter kamen einander immer näher, bis ihre Nasen gegeneinander stießen und beide verlegen grinsten. Dann spürte Nerys die weichen Lippen des jungen Mannes auf ihren. Der Kuss war so vorsichtig und behutsam. Sie öffnete leicht den Mund, während seine Finger sanft ihr Kinn umfassten, um sie dichter heranzuziehen. Er schmeckte so gut nach der Süße des Frühlingsweins, der ihre Sinne benebelte.

In ihrem Quartier entzündete die Bajoranerin anstatt der harten künstlichen Beleuchtung die langen Kerzenleuchter des Gebetsschreins, die den Wohnraum in warmes flackerndes Licht tauchten. Mit einer Flasche synthetischen Frühlingsweins aus dem Replikator und zwei Gläsern kehrte sie zum Sofa zurück, auf dem Maze es sich bequem gemacht hatte. Auffordernd streckte er ihr die Hand entgegen, um sie zu sich herunter zu ziehen. Sie kam kaum dazu, den Wein einzuschenken, weil seine Finger, die ihren Nacken streichelten, heiße Schauer über ihre Haut jagten. Erneut versanken sie in einen langen Kuss, der ihre Zungen einander in einem sinnlichen Tanz begegnen ließ. Im Kerzenlicht, das auf ihren Gesichtern neckische Schattenspiele trieb, wirkten Hectors grüne Augen dunkel wie ein tiefer See in der Nacht. Sie ließ sich rücklings auf das Sofa sinken und zog ihn mit sich. Seine Lippen bedeckten ihren Hals mit federleichten spielerischen Küssen, als ob er genau zu wissen schien, wie sie berührt werden wollte. Ihre Finger glitten durch sein blondes Haar. Ein wohliges Seufzen entkam ihr, als sie seine Hände unter der Bluse auf ihrer nackten Haut spürte.

Erschöpft barg Nerys den Kopf an der Brust des Mannes und lauschte seinen gleichmäßigen Atemzügen. Seine Arme, die sie hielten, schenkten ihr eine Geborgenheit und Wärme, die ihr so gefehlt hatte. Ihr Herz schlug noch immer schnell. Sie hatten einander mit zärtlicher Hingabe geliebt bis zum erlösenden Gipfel ihrer Gefühle. Das flackernde Licht der Kerzen drang selbst durch ihre geschlossenen Lider. Bilder der glatten Wasseroberfläche eines Sees, eines nächtlichen Waldes im Nebel und eines blonden Mannes in einer Sternenflottenuniform mit goldenem Hemdkragen, an dem zwei runde Rangabzeichen glänzten, erschienen vor ihrem inneren Auge. Auf einmal wurde ihr klar, wieso sie ihn zu kennen glaubte. Die Propheten hatten ihr durch den Drehkörper eine flüchtige Vision von ihm gesandt.
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