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Durch die Wüste

von Nerys

Kompromisse

Durch die Wüste


Kapitel 1. Kompromisse

Jadzia Dax sah von ihrem Padd auf und zog Augenbraue hoch, als sich eine vor Wut mit den Zähnen knirschende Bajoranerin auf den Stuhl ihr gegenüber sinken ließ. Schnell legte sie die andorianische Liebesschnulze mit dem Titel „Eisige Sehnsucht“ beiseite und schenkte Kira ihr ungetrübtestes Lächeln, woraufhin sich deren Wangen noch röter zu verfärben schienen. Sie dachte bei sich, dass es ihrer gereizten Vorgesetzten ganz gut täte, sich ab und zu von solcher leichter Lektüre stimulieren zu lassen.
„Wie ist deine Stippvisite bei Julian gelaufen?“, erkundigte sie sich vollkommen beiläufig.
Bei der Erwähnung dieses Namens schnaubte Kira wütend. „Dieser arrogante selbstgefällige…“
Dax bremste den Redeschwall mit erhobener Hand, ehe sich die Bajoranerin unfeiner Schimpfworte in ihrer eigenen Sprache bedienen konnte. Um ihr Zeit zu geben, sich wieder zu beruhigen, beschloss sie, sich in der Zwischenzeit vom Replikator ein Mittagessen zu holen. Als sie kurz darauf mit einem vollen Teller Azna zurückkehrte, hatte ihre Kollegin den Kopf leidend in die Hände gestützt und machte den Eindruck eines Häufchen Elends.
„Willst du mir erzählen, was Julian verbrochen hat?“, fragte Dax vorsichtig, während sie sich beim Tisch niederließ.
Kira brummte etwas Unverständliches, hob jedoch nach einem Moment den Kopf, um die andere Frau anzusehen. „Vom Dienst entbunden hat er mich. Weil ich gestresst bin und Urlaub brauche. Pah! Was weiß dieser blasierte Grünling schon?“
„Na ja, momentan wirkst du tatsächlich etwas ähh… angespannt.“ Sie unterbrach sich, weil ihr die Bajoranerin einen eisigen Blick zuwarf. „Für wie lange hat er dir die Zwangspause verordnet?“
„Zwei Wochen. Wie soll ich bloß so lange die Zeit totschlagen?“ Kira seufzte jammervoll auf.
Ein schelmisches Grinsen umspielte die schönen Züge der Trill. „Wenn es ums Totschlagen geht, müsstest du dich doch auskennen.“ Sie duckte sich vor einem freundschaftlichen Klaps Kiras, der die süffisante Bemerkung tatsächlich ein leichtes Lächeln abrang. „Zum Entspannen gibt es jedenfalls nichts Besseres als ein paar Tage auf Risa. Weiße Strände, türkises Meer und ausgesprochen sinnliche Massagen. Das solltest du wirklich ausprobieren, Nerys. Danach fühlst du dich wie eine andere Frau. Ich würde mir sogar freinehmen und dich begleiten.“
Die Bajoranerin starrte ihr Gegenüber ungläubig an und schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Nein danke, so nötig habe ich es noch nicht. Außerdem gibt es auch auf Bajor schöne Strände.“ Hinter ihrer Stirn begann es zu arbeiten, denn ihr kam eine Idee. Ja, warum eigentlich nicht? Sie setzte ein erstaunlich zufriedenes Grinsen. Auf. „Ich werde den Weg der Reinigung zum Heiligtum in der Wüste Kanaan gehen. Das wollte ich ohnehin längst machen.“
„Weg der Reinigung? Wüste?“, stichelte Dax amüsiert. „Klingt ausgesprochen spaßig und erholsam. Wer will sich schon am Strand in der Sonne aalen?“
„Diese Erfahrung soll für das pagh sogar sehr angenehm sein. Beim Marsch durch die Einöde schwitzt man die alten Lasten aus, um am Ende in der unterirdischen Quelle des Tempels die Reinigung zu erfahren. Danach soll man sich wirklich wie neu geboren fühlen. Ja, genau das werde ich tun.“
Dax rollte demonstrativ mit den Augen. „Wenn das deine Vorstellung von Urlaub ist. Ich empfehle dir immer noch Risa. Oder zumindest einen hübschen Strand auf Bajor, sofern dort ein paar nette Männer herumlaufen.“
„Weißt du, dir würde ein solches Erlebnis auch nicht schaden“, bemerkte die Bajoranerin mit einem unschuldigen Grinsen. „Vorausgesetzt natürlich, die Dame ist sich nicht zu fein, im Freien unter den Sternen zu übernachten.“
„Ach was! Ich habe schon unter den Sternen geschlafen, als deine Großeltern noch lange nicht geboren waren. Könnte vielleicht sogar Spaß machen, immerhin war ich noch nie in einer bajoranischen Wüste. Na schön, ich bin dabei.“ Ein spitzbübisches Funkeln trat in die Augen der Trill, das in ihrem Gegenüber gar nicht behagte. „Unter einer Bedingung selbstverständlich! Nach diesem kleinen Abenteuer fliegst du für die zweite Woche des Urlaubs mit mir nach Risa. Abgemacht?“
Kira zögerte unschlüssig, während sie in Gedanken blitzschnell das Für und Wider abwog, nickte nach einem Moment jedoch. „Einverstanden, aber nur dann, wenn du wirklich bis zum Ende, das heißt bis zum Heiligtum von Kanaan mitkommst.“

Die beiden Frauen besiegelten ihre Vereinbarung per Handschlag und Kira, die inzwischen doch Appetit verspürte, genehmigte sich noch ein rasches Mittagessen, ehe sie gemeinsam zur Ops zurückkehrten. Anstatt jedoch ihre Stationen einzunehmen, suchten sie den Commander in seinem Büro auf, um den Urlaub absegnen zu lassen. Der dunkelhäutige Mann musterte seinen Ersten Offizier sichtlich amüsiert, was diesem Übles schwanen ließ.
„Major“, begann er süffisant, während er auf dem Tisch die Finger ineinander verschränkte. „Ich wurde bereits von Doktor Bashir über die von ihm verordnete Beurlaubung in Kenntnis gesetzt. Für die nächsten zwei Wochen werden Sie sich also von der Ops fernhalten.“
Die Bajoranerin nickte ergeben und warf einen abwarteten Blick auf die hochgewachsene Frau neben ihr, deren Grinsen in die Breite wuchs. „Benjamin, da ich noch ein paar Wochen Urlaub angespart habe, dachte ich, ich könnte mit Nerys gemeinsam verreisen, damit ihr nicht langweilig wird.“
Sisko riss überrascht die Augen auf. „Momentan ist hier nicht viel los, ich denke nicht, dass etwas dagegen spricht. Aber Sie wollen wir jetzt nicht erklären, dass Sie Major Kira überredet haben, mit Ihnen auf Risa Ferien zu machen, alter Mann?“
Kira schüttelte sofort nachdrücklich den Kopf. „Hat sie nicht. Wir machen eine Pilgerreise durch die Wüste von Kanaan.“
„Von dieser Art Urlaub haben Sie Dax tatsächlich überzeugen können?“ Er lachte laut auf, wobei er seine blütenweißen Zähne offenbarte.
„Ganz so ist das nicht“, wandte die Trill ebenfalls belustigt ein. „Ich begleite Kira in die Wüste und sie mich nach Risa.“
Der Kommandant schüttelte ungläubig den Kopf. Dax gelang es nach all der Zeit immer noch, ihn vollkommen zu überraschen. „Wie auch immer Sie das geschafft haben. Ich sehe Sie beide also in zwei Wochen. Viel Spaß und gute Erholung wünsche ich.“
Während die Trill auf der Ops blieb, um ihre Schicht zu beenden, begab sich Kira gezwungenermaßen aufs Promenadendeck und dann in ihr Quartier. Es mussten schließlich noch jede Menge Reisevorbereitungen getroffen werden. Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr Zweifel an dem Kompromiss, auf den sie sich da eingelassen hatte, kamen ihr, denn schließlich besaß Dax die Lebenserfahrung von dreihundert Jahren und entsprechende Willensstärke. Es war fraglich, ob die Wüste mit ihren heißen Tagen, kalten Nächten und der kargen Nahrung ausreichte, um sie in die Knie zu zwingen.

Bereits am frühen Nachmittag des folgenden Tages trafen Kira und Dax auf Bajor ein und reisten nach Ambar, wo sie in einer kleinen einfachen Herberge ein Zimmer für die Nacht bezogen. Die Ortschaft lag direkt am Rand des Gebietes von Kanaan und bildete den Beginn der Pilgerroute zum Heiligtum. Früh am kommenden Morgen sollte es losgehen, doch zuvor mussten noch allerhand Vorbereitungen getroffen werden.
„Ich habe uns eine Karte besorgt“, verkündete die Bajoranerin beim Betreten des Zimmers. Zur Demonstration schwenkte sie ein zusammengefaltetes Papier vor dem Gesicht ihrer Reisegefährtin, welche damit beschäftigt war, sämtliche brauchbaren Utensilien, die ihr in den Sinn kamen, auf dem Bett auszubreiten.
Dax nahm ihr die Karte ab, um sie mit erhobener Augenbraue zu studieren. Nach ein oder zwei Minuten schüttelte sie den Kopf. „Wie willst du darauf etwas erkennen? Alles sieht gleich aus. Verlassen wir uns lieber auf den Tricorder.“
Erst jetzt fiel Kiras Blick auf die fein säuberlich am Bett aufgereihten Gegenstände, die nicht nur das Scangerät, sondern auch ihren Kommunikator, ein Handlicht, eine silbern glänzende Thermodecke, einen Handphaser, ein Standard-Medkit und stapelweise Föderations-Notrationen beinhalteten. Belustigt wies sie auf das Sammelsurium. „DAS ist nicht Sinn der Sache, Jadzia. Die Herausforderung ist es, den Weg ohne moderne Hilfsmittel zu bewältigen, so wie man das früher auch gemacht hat, bevor es all diese Dinge überhaupt gab.“
„Aber glücklicherweise gibt es sie jetzt. Was ist, wenn einer von uns verletzt wird, oder wir kein Wasser finden?“ Die Trill beäugte die Auswahl ihrer Freundin kritisch, die sich auf haltbare Lebensmittel, eine Feldflasche, Mullbinden, Desinfektionssalbe, Streichhölzer und einen einfachen Schlafsack beschränkte.
„Meinetwegen nimm den Tricorder und den Kommunikator mit, aber wir verwenden sie nur im äußersten Notfall, klar? Der Rest bleibt hier. Glaub mir, du wirst noch für alles dankbar sein, was du nicht tragen musst.“ Kira griff nach ihrem eigenen Rucksack, um selbst mit dem Packen zu beginnen. Zuletzt verstaute sie die Karte im Deckelfach, nachdem sie den ersten Abschnitt des Weges gründlich studiert hatte. Ihr fiel auf, dass Dax ein Padd ganz oben in ihr randvolles Gepäck stopfte. „Was ist denn da so Wichtiges drauf?“
„Nur ein bisschen leichte Unterhaltung“, antwortete diese schulterzuckend. „Wenn du es genau wissen willst, „Eisige Sehnsucht“ und die Fortsetzung „Herzen im Schnee“ von Silmarian Tar’Amarath. Solltest du mal lesen. Andorianische Liebesromane sind wirklich sehr anregend. Ich überlege tatsächlich, mir die Holo-Fassung zu besorgen.“
Kira machte eine abwehrende Geste. So genau wollte sie das gar nicht wissen. Die Vorliebe der Trill für holographische Abenteuer hatte sie noch nie verstanden. Noch weniger allerdings konnte sie die Faszination für die erotischen Programme nachvollziehen, mit denen Quark reichlich Latinum verdiente. Ganz bestimmt würde sie die andorianische Schnulzen nicht einmal in schriftlicher Form zu Gemüte führen, geschweige in holographischer. Sie hoffte sehr, dass Dax das Thema während der Abende am Lagerfeuer in der Wüste nicht weiter aufgriff. Aber natürlich handelte es sich um Dax, die überaus hartnäckig sein konnte.

Die Reise zum Heiligtum sollte in mittelmäßigem Tempo vier ganze Tage in Anspruch nehmen, sodass sie am fünften Morgen den Tempel erreichten. Die erste Etappe war die längste, jedoch von der Beschaffenheit des Pfades auch die einfachste, da es die meiste Zeit ebenmäßig dahin ging. Am Abend sollten sie zu einer kleinen Oase gelangen, wo es Wasser und Nahrung gab. Die Halbzeit der Reise markierten die Ruinen der einstmals blühenden Siedlung Baiar. Danach stand der schwierige Teil bevor. Der Weg führte durch eine rauer werdende Felsenlandschaft über Hügel und Gräben bis zu den Roten Bergen, an deren Fuß das Heiligtum von Kanaan lag. Untertags würde es sehr heiß werden, vor allem, wenn die Sonne mittags den Zenit erreichte. In den Nächten fiel die Temperatur dafür bis an den Gefrierpunkt. Vor dem Schlafengehen entzündete Kira die kleine Kerze, die im Zimmer auf dem wackligen Tisch stand, und richtete das traditionelle Gebet der Wanderer an die Propheten, in dem sie um eine sichere Reise bat.

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