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Sturm 9.02 - Nur die Zeit zum Feind

von Gabi

Zeitsprünge

Wie sich herausstellte, war O‘Brien nicht der einzige, der Neuigkeiten zu berichten hatte. Als er eintraf, befanden sich bereits Benteen, Dax, Bashir und Nog im Besprechungsraum. Jedes Protokoll missachtend riss er das Wort an sich, noch bevor er sich auf den nächsten freien Stuhl fallen ließ. „Sie werden nicht glauben, was mir gerade eben passiert ist.“

Commander Benteen öffnete den Mund, um den Chief auf die Regularien betreffend Offiziersgesprächen hinzuweisen, doch Kira winkte ab. „Falls Sie soeben einen Zeitsprung erlebt haben, sind wir nur zu gerne bereit, Ihnen zu glauben.“

„Ich …“ O’Brien stockte, als die Worte seiner Kommandantin einsickerten. „Es ist nicht nur mir passiert“, stellte er folgerichtig fest.

„Nein“, bestätigte Julian Bashir. „Colonel Kira und ich waren kurzzeitig ebenfalls wann anders.“

„Ebenfalls …“, Commander Benteen konsultierte das neben ihr auf dem Tisch liegende Padd, „… dreiundfünfzig weitere Personen, den Meldungen nach zu urteilen, die im Augenblick auf OPS eintreffen.“

Bashir konsultierte ebenfalls sein Gerät, das ihn über die Vorgänge auf der Krankenstation informierte. „Wir haben sechs Fälle von Orientierungslosigkeit.“

„Es sind nicht alle Personen auf der Station davon betroffen?“, fragte O’Brien in die Runde. Benteen, Dax und Nog schüttelten den Kopf.

„Bitte schildern Sie uns kurz Ihre Erlebnisse, Chief, Doctor“, forderte Benteen die beiden Offiziere auf.

O’Brien fasste das Erlebte zusammen, Bashir nickte unterdessen nachdenklich mit dem Kopf. „Bei mir war es ähnlich. Ich fand mich plötzlich an einer anderen Stelle in der Krankenstation wieder und niemandem außer mir schien das in irgendeiner Weise seltsam vorzukommen“, erklärte er. „Dass ich aus dem temporalen Gefüge gekommen war, konnte ich recht rasch daran erkennen, dass mehrere medizinische Assistenten an den Stationen arbeiteten, die schon vor Jahren nach Bajor zurückgekehrt sind.“

„Sie haben mit niemandem in der Vergangenheit über die Zeitverschiebung gesprochen?“, wollte Benteen streng wissen.

„Natürlich nicht, Commander!“

Kira, die bisher interessiert zugehört hatte, fluchte tonlos. Verdammte temporale Direktive! Sie atmete tief durch, richtete ihren Oberkörper auf und bemerkte mit vollkommen neutraler Miene: „Ich kann die Erlebnisse von Chief O’Brien und Doctor Bashir in gleicher Art bestätigen. Bevor wir fortfahren, möchte ich eine stationsweite Durchsage machen.“ Sie berührte ihren Kommunikator. „Computer, Verbindung mit dem Stations-Interkom, Autorisierung Kira 1-5-7-Alpha.“ Sie wartete kurz ab, bis die Bestätigung der digitalen Stimme erfolgte, dann hob sie die Stimme an: „Hier spricht Colonel Kira. Vor etwa einer halben Stunde hat es in manchen Bereichen der Station eine temporale Verschiebung gegeben. Wir arbeiten an der Klärung dieses Phänomens und können zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass sich der Vorfall wiederholt. Falls ein weiterer Zeitsprung auftreten sollte, möchte ich Sie bitten, die Ruhe zu bewahren, sich möglichst unauffällig zu verhalten und …“, sie warf einen Blick zu Benteen hinüber, „mit niemandem in der Vergangenheit über zukünftige Ereignisse zu sprechen. Ich wiederhole: verhalten Sie sich so, als ob Sie in die jeweilige Zeit gehören. Ich halte Sie auf dem Laufenden. Kira, Ende.“

„Das funktioniert nie“, gab Dax mit gerunzelter Stirn zu bedenken. „Wie sollen wir denn so viele Zivilisten kontrollieren? Ich sehe Quark schon lebhaft vor mir, wie er seinem vergangenen Ich beim nächsten Zeitsprung ein paar Tipps für zukünftige Anlagen gibt.“

„Das mit den Tipps an sich selbst können wir wahrscheinlich ausschließen“, gab Bashir zu bedenken. „Der Reaktion meiner Mitarbeiter nach zu urteilen habe ich mein vergangenes Ich ersetzt. Die Gefahr uns selbst über den Weg zu laufen scheint nicht gegeben zu sein.“

„Das sehe ich auch so“, bestätigte O’Brien. „Ich bin ebenfalls von der OPS-Crew als gegeben hingenommen worden.“

Kira nickte bedächtig. „Ich bin alleine auf der Promenade gewesen, ich kann dazu nichts sagen.“

„Wie wahrscheinlich ist es, dass sich so ein Vorfall wiederholt?“, wollte Benteen wissen.

O’Brien runzelte die Stirn. Natürlich war die Frage an ihn gerichtet. Wenn es darum ging, dass die Führungsebene völlig unmögliche Antworten erwartete, ging es immer in seine Richtung. Er wünschte sich, die Sternenflotte würde endlich einen neuen Wissenschaftsoffizier nach Deep Space Nine entsenden, damit diese Last wenigstens auf die Schultern von zwei Personen umgelagert wurde. „Das können wir im Augenblick überhaupt nicht sagen.“ Er versuchte die Frustration aus seiner Stimme herauszuhalten. „Wir haben nicht die geringste Ahnung, was den Sprung verursacht haben könnte.“

„In Ordnung“, Kira lehnte sich ein wenig nach vorne. „Ich möchte wissen, was diese Zeitsprünge ausgelöst hat, und warum es nur einige von uns getroffen hat. Kann es wieder passieren? Wie können wir es verhindern? Lieutenant Nog, ich möchte, dass Sie alle Betroffenen nach ihrem jeweiligen Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Sprungs befragen. Vielleicht erhalten wir mit Hilfe des räumlichen Musters einen Anhaltspunkt für die Ursache.“

O’Brien nickte. „Wenn wir ein Muster aufspüren könnten, wäre das eine große Hilfe.“

„Commander Benteen, Sie lassen die Umgebung der Station so feinmaschig wie möglich scannen. Getarnte Schiffe, Anomalien, alles, was ungewöhnlich erscheint.“

„Chief, Dax, Sie nehmen sich die internen Sensoren vor; Doctor, Sie überprüfen die betroffenen Personen. Fangen wir gleich hier in unserer Runde an.“ Kira erhob sich und gestikulierte Bashir. Der Arzt schob seinen Stuhl zurück, zückte den medizinischen Tricorder und ließ den Scanner von Kiras Scheitel an abwärts gleiten, den Blick hielt er auf die Anzeige gerichtet. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Nichts.“

Kira nickte und machte eine fließende Handbewegung zu O’Brien hinüber. Dieser erhob sich nun ebenfalls und stellte sich vor Bashir.

Lieutenant Nog hatte unterdessen ebenfalls sein Padd gezückt. „Ich möchte dann auch gleich hier mit der räumlichen Aufnahme beginnen: Colonel, wo waren Sie, als sich der Zeitsprung ereignete? …“

Als der Sicherheitschef die Aussagen der drei betroffenen Offiziere aufgenommen hatte, löste Kira die Offiziersrunde auf und vereinbarte ein erneutes Treffen in zwei Stunden.

„Was werden Sie tun, Colonel?“ Benteens Frage, wenn auch in neutralem Tonfall hervorgebracht, klang für Kira einmal mehr wie eine Überprüfung ihrer Arbeit. Sie seufzte innerlich und ermahnte sich dazu gelassen zu reagieren. Sie hatte gewollt, dass Benteen als ihr Erster Offizier blieb, also musste sie auch lernen, mit ihr auszukommen.

„Ich werde den Stationstempel aufsuchen, und mich mit Prylar Egil besprechen.“

Benteen runzelte die Stirn. „Und welchen Zweck sollte das haben…?“

„Die …“ Der Chief sah sich zwischen Commander Benteen und Colonel Kira um. Der Blick der einen Frau warnte ihn davor, ein physikalisches Phänomen auf die mystische Ebene zu heben, der Blick der anderen warnte ihn davor, göttliche Entitäten auf profane Wissenschaft zu reduzieren. Er hatte bei Kira noch einiges gut zu machen, und so schenkte er Benteen ein entschuldigendes Lächeln, während er fortfuhr: „… Propheten sind imstande Personen in andere Zeitrahmen zu versetzen. Im Schrein von Iponu steht der Drehkörper der Zeit, der genau das bewirkt.“

„Ich wurde damals zwar nicht in meinen eigenen Körper zurück versetzt“, gab Kira zu bedenken, „doch wenn wir gar keinen Anhaltspunkt haben, müssen wir jede Möglichkeit in Betracht ziehen.“

* * *


Der Geruch der verbrannten Kräuter streichelte wieder ihre Sinne. Das Überschreiten der Schwelle war wie das Betreten einer anderen Welt. Das Licht änderte sich, der Geruch änderte sich, die Geräusche änderten sich. Kira spürte augenblicklich eine innere Ruhe, die ihr in der Hektik des Alltags oft verwehrt blieb. Ein leichtes Lächeln legte sich über ihre Züge, als sie den kurzen, von Kerzen in rötliches Licht getauchten Korridor entlang schritt, welcher nach einer Biegung den Blick auf den Andachtsraum freigab. Prylar Egil und einer der Akolythen waren gerade mit den Vorbereitungen für die abendliche Messe beschäftigt.

„Colonel Kira.“ Prylar Egil wandte sich ihr zu. „Es ist mir wie immer eine Freude, Sie zu sehen. Was kann ich für Sie tun?“

Kiras Lächeln verbreiterte sich. Sie mochte den Stationsprylar. Er war ein herrlich unkomplizierter Mann. Zwar war er zumeist mit der Nase in Büchern oder Schriften zu finden, doch bekam er dennoch genügend um sich herum mit, um nicht den Zugang zur Welt der Normalsterblichen zu verlieren, wie das manche Geistlichen, vor allem im Rang der Ranjen, der Schriftgelehrten, bisweilen taten.

Kira neigte den Kopf in Ehrerbietung vor dem Vertreter ihres Glaubens. „Sie haben die Durchsage gehört?“

Egil nickte. „Ja. Akolyth Sannen ist ebenfalls von der plötzlichen zeitlichen Verschiebung betroffen worden. Er weilt jetzt bei der Sicherheit, um seine Aussage zu machen.“

„Ist sonst alles in Ordnung?“ Kira blickte sich um, so als ob sie in diesem Raum irgendwie die Antworten auf ihre Fragen finden konnte.

„Mit uns ja“, erkannte der Prylar ihre Gemütsverfassung. Er trat zu ihr und berührte ihren Arm. „Was ist mit Ihnen?“

„Ich…“ Kira riss sich vom Anblick der Wände los, „… ich habe mich gefragt, ob die Propheten eventuell etwas damit zu tun haben könnten.“ Sie sah dem Geistlichen nun in die Augen. „Sie besitzen die Herrschaft über die Zeit und seit der Himmelstempel sich verändert hat …“ Sie ließ den Satz mit einem Schulterzucken in der Luft hängen.

Prylar Egil nickte bedächtig mit dem Kopf. „Ich kann sehen, dass Ihre Folgerung logisch ist, Colonel. Vielleicht besteht ein Zusammenhang. Akolyth Sannen, der zur Zeit des temporalen Ereignisses in der Nähe des Reliquienschreins arbeitete, berichtete mir, dass kurzzeitig das Licht der Träne die weltlichen Beschränkungen des Gefäßes überwunden habe. Jedoch berichtete er von einer unangenehmen Atmosphäre, so als ob die Propheten sich nicht wohl fühlten.“

Kiras Augen wurden groß. Sie fragte sich, warum der Prylar etwas so Wichtiges nicht sofort gemeldet hatte. Doch vielleicht gab in diesem Augenblick der Akolyth Sannen genau diese Aussage im Sicherheitsbüro zu Protokoll. „Das ist eine sehr bedeutende Information, Prylar“, erklärte sie daher lediglich. „Wenn ich Sie bitten darf, dass eine Person den Schrein unter Beobachtung hält und mich augenblicklich informiert, wenn eine erneute Veränderung eintritt?“

„Aber natürlich, Colonel. Sobald Sannen zurück ist, werde ich ihm diese Aufgabe zuteilen.“

Kira bedankte sich und verabschiedete sich mit einem weiteren Kopfneigen. Beim Hinaustreten achtete sie nicht auf die Geruchsveränderung. Ihre Gedanken waren mit dem eben Gehörten beschäftigt. Sie hoffte inständig, dass es nicht erneut eine Handlung ihrer Götter war, welche die Station bedrohte. Auch wenn sie selbst fest in ihrem Glauben war, hatte sie doch die jahrelange Zusammenarbeit mit atheistischen Sternenflottenoffizieren gelehrt, dass diese ausgesprochen kritisch ihrer Religion gegenüber standen. Kira brauchte nicht noch mehr Zündstoff im Feuer der Nichtgläubigen.

* * *


Zwei Stunden später fanden sich die Führungsoffiziere wieder in der Messe ein – zumindest zum Teil. Während Lieutenant Nog über den Bildschirm am Kopfende des Raums die Ergebnisse der Befragungen durch die Stationssicherheit grafisch darstellte, begannen Kiras Finger ihren ungeduldigen Tanz. Ein Blick auf die am unteren Rand des Monitors eingelassene Zeitanzeige, zeigte bereits fünfzehn Minuten über der vereinbarten Zeit an. Ihre Augen glitten über den langen Tisch. Ihr gegenüber saß Dr. Bashir, der ebenso wie Commander Benteen, welche direkt neben Kira Platz genommen hatte, den Blick stirnrunzelnd auf die Graphik gerichtet hielt. Lieutenant Nog stand am Monitor, die übrigen Stühle waren frei.

Mit leichter Ungeduld schenkte Kira ihrem Sicherheitschef die Aufmerksamkeit.

„Ich kann überhaupt kein Muster erkennen“, ließ sich Commander Benteen in diesem Augenblick vernehmen.

Lieutenant Nog schüttelte den Kopf. „Kein Offensichtliches, nein. Wir haben in der knappen Zeit zwischen Befragung und dem Meeting einfache zwei- und dreidimensionale Modelle darüber laufen lassen und fanden keine Übereinstimmung. Eine kreis- oder kugelförmige Ausbreitung von einer bestimmten Quelle aus können wir ebenso ausschließen wie eine durchziehende temporale Front. Wir werden es nach der Besprechung mit höher exponentiellen und fraktalen Modellen versuchen …“

„…wobei es hilfreich wäre, wenn die entsprechenden Fachleute uns mit ihrer Gegenwart beehren würden“, vollendete Colonel Kira den Satz des Ferengi. Ungeduldig berührte sie ihren Kommunikator. „Kira an O’Brien, wo stecken Sie?“

Es erfolgte keine Antwort.

„Kira an Dax, bitte melden.“

Erneutes Schweigen.

„Computer. Lokalisiere den Aufenthaltsort von Chief Miles O’Brien und Lieutenant Ezri Dax“, wies sie das interne System an.

„Chief Miles O’Brien und Lieutenant Ezri Dax befinden sich nicht an Bord der Station.“

„Na wunderbar“, seufzte Kira. „Es sieht so aus, als ob ein weiterer temporaler …“

Lieutenant Nog und Dr. Bashir starrten entgeistert die Tischseite an, an welcher eben noch die beiden ranghöchsten Offizierinnen der Station gesessen hatten. Die Stühle waren leer, einer von ihnen bewegte sich noch ein wenig, wo Kira ihn zuvor durch ihre ungeduldige Bewegung in Schwung versetzt hatte.

Bashir zog augenblicklich seinen Tricorder und nahm auf einem breiten Spektrum die Mikro-Umgebungsdaten der beiden Sitzplätze auf, um sie später vom Hauptrechner prozessieren zu lassen. „Nog“, bemerkte er, den Blick noch auf die Anzeigen gerichtet, welche ihm momentan jedoch nichts Ungewöhnliches in der Atmosphärenzusammensetzung mitteilten, „Ich werde Ihnen zur Hand gehen. Ich denke, mit höhermathematischen Modellen komme ich einigermaßen zurecht.“

Der Ferengi nickte dankbar. Seine Stärken lagen eindeutig auf den eher handfesten Gebieten.

* * *


„Das ist ja wohl eine vollkommen blödsinnige Idee!“

Commander Benteen ruckte auf und hätte sich beinahe den Hinterkopf an der Fensterfront gestoßen, vor welcher sie momentan lehnte. Eben noch in der Messehalle auf einem Stuhl sitzend befand sie sich nun mit dem Rücken zum Fenster in einem der Stationsquartiere, ihrem eigenen, wie ihr ein kurzer Rundumblick bestätigte. Die Frage war jedoch, was die beiden Personen hier taten, welche sich am Esstisch gegenüber saßen. Die blonde Frau identifizierte sie als Lieutenant Sito Jaxa von der Stationssicherheit, der Mann war …

Um ein Haar hätte Benteen die Stimme erhoben, um ihrer Verwunderung Ausdruck zu geben, was dieser Mann auf Deep Space Nine zu suchen hatte. Doch rechtzeitig erinnerte sie sich daran, dass sie sich nicht als zeitverschoben erkennen geben durfte – auch wenn sie sich ziemlich sicher war in keiner Szene aus der Vergangenheit gelandet zu sein.

Der Mann trug schulterlanges, braunes Haar, der Vollbart war ordentlich gestutzt und die grauen Augen besaßen diesen Ausdruck von treuem Hund, den sie so sehr mit ihm in Verbindung brachte. Automatisch suchte Benteens Blick nach einem Schwert auf dem Rücken des Mannes, doch er saß waffenlos in ein blaugraues Wams über einer hellgrauen Tunika gekleidet da.

„Ich halte die Idee für keineswegs blödsinnig“, bemerkte er soeben mit der Ruhe, die Benteen an ihm kannte, und die seine Gesprächspartnerin offensichtlich wütend machte. Bei dem Mann handelte es sich um Elgin von Rossa, einem Angehörigen des Planeten Abriachan, dessen Volk sie und Colonel Kira mehrfach besucht hatten und sich dabei wesentlich tiefer als von den Sternenflottenvorschriften zugelassen in die Interna verstrickt hatten. Vor allem Benteens Verstrickung mit ebendiesem Mann vor ihr war weit über professionelle Zusammenarbeit hinausgegangen. Er war ihr näher gekommen als irgendein Mann das in den letzten zehn Jahren getan hatte. Sie hatte es nur zugelassen, weil sie sich sicher war, dass sie sich nicht regelmäßig sehen würden. Was also machte er hier? Abriachan lag auf der anderen Seite des Wurmlochs im Gamma-Quadranten, die Bevölkerung hatte bislang wenig Neigung gezeigt, in die Weiten des Universums hinauszuziehen.

Benteen musste sich zusammenreißen, um nicht eine laute Anfrage nach dem Datum zu stellen. Sie wüsste zu gerne, wann sie war, und was diese beiden Personen streitend in ihrem Quartier zu suchen hatten. Eine leichte Gänsehaut zog sich über ihre Unterarme, als ihr klar wurde, worum der Streit höchstwahrscheinlich ging, oder genauer gesagt: um wen.

„Sowas kann nur so ein … so ein hochgezüchteter Komfortmann vorschlagen“, ereiferte sich Sito soeben. „Bei euch ist immer alles so einfach.“

Elgin wirkte betroffen und auch Benteen fand, dass die Bajoranerin zu weit gegangen war. Da Elgin nie laut gegen Frauen wurde, war es an ihr die andere zu maßregeln. Wie sollte sie sie ansprechen? Angesichts der Tatsache, dass die Bajoranerin hier an ihrem Esstisch saß, ging Benteen davon aus, dass sie in dieser Zeit bereits bei den Vornamen angelangt waren.

„Jaxa! Das war überflüssig!”

Beide Gesichter wandten sich ihr zu, so als ob die Streitenden Benteens Gegenwart bisher nicht bemerkt hätten. Kurzzeitig flammte Panik in ihr auf. Sollte es sein, dass der temporale Sprung sie an einen Ort gebracht hatte, an dem sich ihr Pendant dieser Zeit zuvor gar nicht befand? Bei den bisherigen Berichten hatte es so geklungen, als hätten die Springenden sich selbst in der jeweiligen Zeit ersetzt. Doch ihre Befürchtung war nur von kurzer Dauer, als sie kein Erschrecken auf den Gesichtern der beiden anderen feststellen konnte. Da war eher ein wenig Verlegenheit zu lesen, dass sie die Bewohnerin dieses Quartiers über ihren Streit völlig vergessen hatten.

„Erika, es geht ja um dich“, bestätigten Elgins Worte ihre Befürchtungen, „was hältst du von der Idee?“

„Ich … „ Benteen lächelte unsicher. Sie hatte überhaupt keine Ahnung, von was für einem Vorschlag die beiden sprachen, das durfte sie jedoch unter keinen Umständen zugeben. Schließlich hatte ihr Alter Ego die gesamte Zeit über hier gestanden.

* * *


Dieses Mal verschwendete Kira keine Sekunde, sondern steuerte augenblicklich auf das nächste Informationsterminal zu. Während der paar raschen Schritte dorthin, fragte sie sich, ob es bei ihr wohl eine Konstante war, dass sie in Situationen auf der Promenade geriet. Der unleugbare Vorteil daran war jedenfalls, dass sie erst einmal Zeit hatte, sich alleine einen Überblick zu verschaffen, bevor sie mit Personen aus dieser temporalen Ebene interagierte. Auf jeden Fall wussten sie jetzt, dass es sich bei ihrem ersten Sprung um kein Einzelereignis gehandelt hatte. Wenn sie noch öfters während der Lösungsfindung sprangen, würde das eine extrem zähe Aufgabe für ihre Mannschaft werden.

‚02. November 2374‘, blinkte ihr das Terminal auf Anfrage entgegen. Sie überschlug rasch im Kopf, welche Ereignisse, welche Personen … Odo! In dieser Zeit war sie mit dem Gestaltwandler zusammen. Ihre Beziehung war noch frisch, Odos Aufregung noch enorm gewesen. Unwillkürlich glitt ihr Blick über ihre Vorderseite hinunter. Es war zwar noch nichts zu sehen, doch das Wissen alleine genügte. Wie sollte sie Odo erklären, dass sie von einem anderen Mann schwanger war? Es würde ihn am Boden zerstören.

Die Handfläche ihrer rechten Hand schlug ihr fast ohne bewusstes Zutun gegen die Stirn. Was für ein idiotischer Gedanke! Sie war hier und jetzt nicht schwanger, hier und jetzt gab es keinen Bareil Antos. Kurzzeitig fragte sie sich, was denn mit dem Embryo war, wenn sie – in welcher Energieform auch immer – durch die Zeit sprang. Wo existierte er? Ging es ihm gut? Oder wurde er durch diese Sprünge geschädigt?

Temporale Phänomene waren in der Tat das effektivste Mittel für langanhaltende Kopfschmerzen. Nicht zum ersten Mal nahm sich Colonel Kira vor, einen der Fernkurse zu belegen, welche die bajoranische Akademie der Wissenschaften in Ashalla mit Unterstützung von Föderationsexperten anbot. Dadurch, dass sie im Widerstand aufgewachsen war, waren ihre Kenntnisse in allem, was nicht der Taktik, Verteidigung und dem direkten Überleben dienlich war, bestenfalls rudimentär. Shakaar hatte immer darauf bestanden, dass seine Leute in den Wartezeiten viel lasen und lernten, doch dabei war es um wesentlich bodenständigere Themen als temporale Physik oder Weltraumphänomene jeder Art gegangen.

Wenn sie wieder zurück in ihrer Zeit war, dann würde sie sofort Julian nach dem Baby sehen lassen. Kira trat vom Informationsterminal zurück und ließ ihren Blick über die Promenade schweifen. Sie ging automatisch davon aus, dass auch dieser Sprung wieder nur von kurzer Dauer wäre. Sie hoffte inbrünstig, dass ihr Optimismus gerechtfertigt war. Es war nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn sie hier strandete, mit dem Wissen was sein würde, in einer Zeit, die noch nicht war. Sie schauderte. Nie im Leben würde sie sich heraushalten. Das hatte sie ihr gesamtes Leben noch nicht gekonnt. Sie würde versuchen, das, von dem sie wusste, dass es passieren würde, zu ändern. Nein, im Namen der temporalen Direktive der Sternenflotte musste es sich hierbei um einen zeitlich begrenzten Sprung handeln.

Was also tun? Sollte sie sich unauffällig auf der Promenade bewegen und darauf hoffen, dass sie bald wieder in ihre Zeit zurückkehrte? Oder sollte sie sich aktiv umsehen, versuchen, aus dieser Zeit heraus die Ursache des temporalen Ungleichgewichts zu erkunden? Alles in ihr schrie nach der zweiten Option. Sie war kein Typ für überlegtes Abwarten.

Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als eine vertraute Stimme „Nerys!“ rief. Sie blieb stehen und reckte den Hals, innerlich versuchte sie die Gefühle wieder hervorzukramen, die sie zu diesem Stadium ihrer Beziehung gehabt hatte. Es gelang ihr im momentanen Aufruhr ihrer Gedanken nicht. Also setzte sie einfach ihr strahlendstes Lächeln auf, das würde passen.

„Nerys!“ Odo hatte sie nun erreicht. Der Gestaltwandler versuchte so zu wirken, als wäre er keinesfalls gerannt, um zu ihr zu gelangen.

Kiras aufgesetztes Lächeln verwandelte sich in ein echtes. Die unsicheren Bemühungen Odos zu Beginn ihrer Beziehung waren einfach ausgesprochen süß gewesen.

„Odo“, schenkte sie ihm ein Lächeln, welches augenblicklich seine Nachahmung in dem so seltsam unfertigen Gesicht des Gestaltwandlers fand. Sie griff nach seiner Hand.

„Wolltest du dich noch umziehen?“ Ein unausgesprochenes bevor hing in der Luft.

Kira konnte schlecht danach fragen, wozu sie sich umziehen sollte, doch ihre Miene schien sie bereits zu verraten.

„Das Abendessen bei Lieutenant Dax und Lieutenant Worf. Hast du es vergessen?“

„Ich …“ Jadzia war also noch am Leben. „Nein, ich hab es natürlich nicht vergessen“, beeilte sie sich zu versichern, „wann waren wir nochmal verabredet?“

Odo schenkte ihr einen fragenden Blick, ob alles in Ordnung sei, den sie so gut wie möglich fortlächelte. „In einer Viertelstunde.“

„Ah, ja, natürlich.“ Sie hakte sich bei dem Gestaltwandler unter, um dessen Gedanken von ihrem seltsamen Verhalten abzulenken. „Dann lass uns gehen, wir wollen doch nicht zu spät kommen.“ Als Nachgedanke fiel ihr noch Odos Frage ein. „Uniform ist okay.“

„Dann behalte ich meine auch an“, erklärte er bestimmt.



Als sie kurze Zeit später gemeinsam mit Dax und Worf beim Essen saßen – wobei Odo der Form halber ebenfalls etwas zu sich nahm – war Kira bereits wieder dabei, mit der temporalen Direktive zu hadern. Hatte sie mit dieser Jadzia Dax vor einigen Jahren bereits als ihr zukünftiges Ich gesprochen? War das die gleiche Person, die dementsprechend die Erinnerung an diese Gegebenheit besaß? Oder trafen die wirren Theorien von unendlichen Realitäten zu, so dass sie bei Veränderung der einen in eine andere sprang, die keine Kenntnis von der Änderung hatte? Richtete sich die Zeit selbst wieder her und war wesentlich stabiler als ihr das Zeittheoretiker im Allgemeinen zugestanden?

So sehr war sie in diese wirren Gedanken versunken, dass Dax sie zwei Mal ansprechen musste: „Deep Space Nine an Nerys, hallo! Bist du noch bei uns?“

„Oh, ich …“, Kira lächelte zaghaft, betrachtete das Stück Essen auf ihrer Gabel, welches dort ein völlig unbeachtetes Dasein fristete, und blickte dann in die drei Gesichter, die offensichtlich auf eine Reaktion ihrerseits warteten. Natürlich hatte sie nicht auf ein Wort des laufenden Gesprächs gehört. Sie beschloss die Flucht nach vorne anzutreten, anstatt die Zeit mit Herumgestakse zu vertrödeln.

„Jadzia, kann ich dich für einen Moment alleine sprechen?“, wandte sie sich völlig zusammenhanglos an die Trill.

Die beiden Männer blickten überrascht, doch Kira fabrizierte ein beruhigendes Lächeln. „Frauenangelegenheiten.“

Dax hob die Augenbrauen, doch die inhärente Neugierde der Trill übernahm augenblicklich die Führung. „Aber immer, Nerys.“ Sie erhob sich und ging Kira voran ins Schlafzimmer hinüber.

Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen und Dax zu einem amüsiert-interessierten „Also, raus mit der Sprache …“ angesetzt, sprudelte Kira los: „Jadzia, denk scharf nach. Hat es in den letzten Jahren einen Augenblick gegeben, wo du mit mir gesprochen hast und ich nicht diejenige war, die ich sein sollte?“

Der Ausdruck auf dem Gesicht der Trill verwandelte sich nun in ein Fragezeichen. Kira seufzte. „Hast du schon einmal die Bekanntschaft mit einer … ach, Mist! Temporaler Schnickschnack!“ Die Bajoranerin stemmte die Hände in die Hüfte. Diplomatisches Vorgehen war in ihren Augen meist überbewertet. „Bist du schon einmal einer Kira Nerys aus der Zukunft begegnet, die dich danach gefragt hat, was sie in deine Zeit versetzt haben könnte?“

Für einen Augenblick blieben die attraktiven Züge der Trill verwirrt, dann begann sich ihre Miene zu erhellen. „Mehrfach sogar …“

Kira verzog das Gesicht, die Sprünge würden sich also noch einige Male wiederholen.

„…Du bist wieder die Nerys aus der Zukunft? Du hättest mir das letzte Mal ruhig sagen können, dass ich einen Klingonen heiraten werde. Wie kannst du so etwas nur vor mir geheim halten?“, grinste Dax.

„Wo wäre denn dann der ganze Spaß geblieben“, erwiderte Kira mit einem schiefen Lächeln. Wenn ihre Freundin wüsste, was sie noch Gravierenderes vor ihr geheim hielt … Erneut verspürte die Bajoranerin den Drang danach Dax zu warnen, ihr Zeit und Ort zu nennen, damit sie sich vom Schrein an diesem Tag fort hielt. Doch während andere Veränderungen in der Vergangenheit theoretische Konsequenzen nach sich ziehen könnten, erschien ihr in diesem Fall die praktische Konsequenz in Form von Ezri Dax‘ Gesicht vor Augen. Die Propheten hatten Jadzia zu sich gerufen, sie musste einen Grund dafür gehabt haben. Auch wenn die Zurückgebliebenen ihn niemals verstehen würden.

Sie wechselte das Thema: „Jadzia, das letzte Mal bin ich in meine Zeit zurückgesprungen, als du die Ergebnisse der Messungen überprüfen wolltest. Was kam dabei heraus? Wir sind noch nicht weit genug, weil der nächste Sprung eingesetzt hat, bevor wir Ergebnisse diskutieren konnten.“

„Das habe ich dir doch das letzte Mal schon gesagt“, wunderte Dax sich.

Kira hob reumütig die Schultern. „Das letzte Mal, als du mich gesehen hast, ist bei mir noch nicht geschehen.“

„Ah!“ Dax hatte weit weniger Probleme mit dem Chaos der temporalen Theorie als Kira. „Okay, dann rasch, bevor du dich wieder verabschiedest und ich dein jetziges Ich mit Informationen beglücke, mit denen du gar nichts anfangen kannst.“ Sie grinste. „Ist mir das letzte Mal nämlich passiert. Mitten im Gespräch warst du wann anders und hast mich nur ungläubig angestarrt, von was ich es denn plötzlich hätte.“

„Das kann ich mir gut vorstellen“, gestand Kira. „Es gibt wahrlich interessantere Themen, mit denen ich mir vorstellen könnte mich zu befassen, Springball zum Beispiel.“ Sie gab sich einen Ruck. „Jetzt aber los, was ergaben die Messungen?“

„Chronitonpartikel.“

„Chronitonpartikel?“ Der Klang stieß Kira noch ein wenig säuerlich auf, seit sie wegen der Generierung eben dieser Partikel mit ihrem Ersten Offizier aneinander geraten war.
„Ja, an dem räumlichen Bereich, den du als dein Auftauchen in meiner Zeit angegeben hattest, wurde eine schwache Konzentration an Chronitonpartikeln verzeichnet. Sie bauten sich rasch ab, aber sie waren definitiv vorhanden.“

„Was erzeugt denn Chronitonpartikel?“

„Hier auf der Station? In unserer Zeit nichts. Sie müssen künstlich hergestellt werden. Wir haben das nur einmal gemacht, als du und Jake besessen wart.“

„Könnte ein …“ Der Raum begann sich zu verändern. Das gemütlich mit Felldecken ausgestattete Schlafzimmer von Jadzia und Worf machte wieder dem weit spartanischer eingerichteten Besprechungsraum Platz. Am Kopfende vor dem Wandmonitor standen Bashir und Nog mit dem Rücken zu ihr und diskutierten heiß über irgendwelche Exponentialgleichungen fünften Grades im multielliptischen Raum. Kira beschloss augenblicklich, dass sie nicht wissen wollte, um was es dabei ging. Bevor sie den Mund aufmachen konnte, glitt die Tür zur Messehalle auf, nicht rasch genug für den Chefingenieur, der sich atemlos hindurch quetschte, dicht gefolgt von Lieutenant Dax.

„Entschuldigt bitte“, bemerkte die Trill, „wir wurden aufgehalten. Es gab einen erneuten …“

„…Zeitsprung, ja das haben wir bemerkt.“

Bashir und Nog fuhren herum, als sie die Stimme ihrer Kommandantin vernahmen.

„Colonel! Sie sind zurück!“ Die Miene des Sicherheitschefs zeigte deutliche Erleichterung.

„Wie lange war ich fort?“

Bashir konsultierte die Zeitanzeige. „Kaum eine Minute.“ Dann wandte er sich an Dax und O’Brien. „Ihr wart länger fort, wir haben euch bei der Besprechung vermisst. Habt ihr etwas Schönes erlebt?“

„Wenn ich das so sagen darf ohne die temporale Direktive zu verletzen: Wenn wir hier auf der Station ein Springball-Turnier veranstalten, sieht es so aus, als ob unsere ehrenwerte Kommandantin gewinnt“, lächelte die Trill Kira zu.

„Ihr wart in der Zukunft?“

O’Brien und Dax nickten. „Nur für ein paar Minuten jedoch, hier ist derweil anscheinend mehr Zeit vergangen.“

Kira runzelte die Stirn. „Sie sind gemeinsam versetzt worden?“ Es fiel ihr immer noch schwer, das unpersönliche „Sie“ in Besprechungen bei Personen zu verwenden, mit denen sie im normalen Leben bereits Bruderschaft getrunken hatte. Doch die Sternenflottenregularien sahen es vor und sie hatte sich daran zu halten.

„Ja, Colonel“, bestätigte O’Brien. „Dax und ich fanden uns nebeneinander im Publikum beim Springball-Turnier wieder. An unseren verwirrten Gesichtern haben wir sofort festgestellt, dass wir beide nicht in die Zeit gehörten.“

„Das ergibt überhaupt kein vernünftiges Muster“, stöhnte Lieutenant Nog, während er die neuen Informationen in sein Padd eingab. „Jeder Sprung scheint in eine beliebige Zeit zu gehen, wobei es gleichgültig scheint, ob es sich um die Vergangenheit oder die Zukunft handelt. Einmal alleine, einmal zu mehreren …“ Er strich sich gedankenverloren über seinen linken Ohrrand. „Und warum …“

„Chronitonen!“

Kira und O’Brien sahen sich verwundert an, als beide mehr oder weniger gleichzeitig das Stichwort in die Runde warfen. Die Kommandantin gestikulierte dem Chief, dass er fortfahren solle.

O’Brien warf Kira noch einen irritierten Blick zu, dann begann er: „Die Überprüfung der internen Sensorlogbücher hat ergeben, dass zum Zeitpunkt des ersten Sprungs an manchen Bereichen der Station eine Chronitonkonzentration geherrscht hat, die alles bisher Dagewesene überstieg. Zum Zeitpunkt unserer Überprüfung waren keine Spuren dieser Partikel auszumachen. Ich wette, dass die Konzentration in der letzten Viertelstunde wieder angestiegen ist.“ Er deutete auf seinen Kommunikator, um klar zu machen, dass er mit seiner Abteilung Kontakt aufnehmen wollte. Kira nickte, woraufhin O’Brien in den hinteren Bereich des Raums trat und mit seinen Leuten sprach.

„Diese Partikel könnten die temporale Verschiebungen auslösen?“, fragte Nog skeptisch, während er auch diese Information in sein Protokoll eingab.

„Es wäre nicht das erste Mal“, bemerkte Bashir.

„Das würde auch die Reaktion des Drehkörpers erklären“, murmelte Kira, lauter fügte sie hinzu: „Korrigieren Sie mich, doch ich glaube mich daran zu erinnern, dass die Tarnvorrichtungen auf romulanischen Schiffen diese Partikel erzeugen.“

„Das ist korrekt“, bestätigte O’Brien, der sein Gespräch beendet hatte. „Daher besteht auch striktes Tarnfeldverbot in und um das Wurmloch, um die Struktur nicht zu schädigen. Eine solche Konzentration wie wir sie jetzt beide Male an Bord von Deep Space Nine gemessen haben, übersteigt jedoch bei weitem den Ausstoß eines Tarnfeldgenerators.“

„Derjenigen, die uns bekannt sind“, gab Kira zu bedenken. „Wenn die Nachwirkungen eines Krieges zu einem führen, dann zu einer Aufrüstung im Offensiv- und Defensivbereich. Können Sie feststellen, ob Informationen über einen neuen Prototyp bekannt sind?“

„Ich übernehme das“, erbot sich Dax.

„In Ordnung. Was haben die externen Sensoren ergeben?“

Die Offiziere blickten sich in der Runde um. Der Stuhl von Commander Benteen war immer noch leer. Im Eifer der neuen Erkenntnisse hatten sie die Terranerin völlig vergessen.

„Kira an Ops“, aktivierte die Kommandantin ihren Kommunikator, „ich benötige einen feinmaschigen, dreidimensionalen Scan im Bereich von fünftausend Kilometern um die Station herum. Suchen Sie nach Spuren von Chronitonpartikeln.“ Sie wartete auf die Bestätigung, dann beendete sie die Verbindung.

„Kann man dieser verdammten Krake nicht irgendwie ansehen, wo die Partikelquelle liegt?“, deutete sie frustriert auf die Graphik an der Kopfseite des Besprechungsraums, wo sich die Sprungereignisse tentakelgleich durch die Station zogen.

„Wir verfeinern das Modell“, erklärt Nog. „Meine Abteilung übersendet minütlich neue Informationen über den Standort betroffener Personen. Je mehr Daten wir haben, desto klarer wird das Bild.“

Kira, Dax und O’Brien legten in einer synchronen Bewegung ihre Köpfe schief, während sie die Graphik betrachteten. Von einem klaren Bild konnten alle drei noch nicht sprechen.

„Ich nähere mich mit der Modellanpassung“, ließ sich Bashir vernehmen, welcher weitere Parameter in ellenlang erscheinenden Gleichungen veränderte und die Ergebnisse über die roten Punkte auf der Graphik überlagerte.

„Puh, das war gerade rechtzeitig!“ Der von Herzen kommende, völlig untypische Ausruf lenkte sämtliche Aufmerksamkeit von dem mehrdimensionalen Modell an der Kopfseite ab. Commander Benteen fand sich als Mittelpunkt der interessierten Blicke ihrer Offizierskollegen wieder. Sie räusperte sich, zog ihr Uniformoberteil gerade und setzte ihre übliche unnahbare Miene auf.

Dax lächelte. „Na, was haben Sie erlebt, Commander? Vergangenheit oder Zukunft?“

„Zukunft“, erklärte Benteen kurz angebunden. „Privat.“

„Ah“, hatte sie nun auch die Aufmerksamkeit Bashirs. „Wer denn?“

Benteens Blick wanderte von Dax zu Bashir und zurück. Mit den beiden hatten sich unbestreitbar die neugierigsten Offiziere gesucht und gefunden. „Privat!“, betonte sie noch einmal und machte klar, dass das Thema für sie damit beendet war.

Kira bat O’Brien ihr einen kurzen Abriss über die bisherigen Anhaltspunkte zu geben. Benteen nickte, bestätigte jedoch, dass die externen Sensoren nichts in der näheren Umgebung der Station ausgemacht hatten.

Je mehr Daten dem Modell hinzugefügt wurden, desto deutlicher veränderte sich der Knotenpunkt mit dem häufigsten Auftreten der temporalen Verschiebung.

„Die Quelle liegt nicht außerhalb der Station …“, hört Kira O’Brien noch ausrufen, dann änderte sich ihre Umgebung erneut.
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