TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Fünf Abschiede und ein Neubeginn

von VGer

MCKENZIE

MCKENZIE

Ich sehe Yael zum letzten Mal, als sie in den Dienst geht. Ich bin zu verschlafen um ihr zu sagen, dass ich sie liebe (hätte ich gewusst, dass es das letzte Mal sein wird, hätte ich etwas gesagt; ich hoffe inständig, dass ich es zumindest gedacht habe und sie es gefühlt hat, doch ich weiß es nicht mehr). Alles um uns herum ist neu, wir sind noch keine zehn Tage auf dem neuen Schiff und haben beide schlecht geschlafen.

Yael weckt mich als sie aufsteht (ich habe erst später Dienst, bin genervt), Yael schlürft eilig viel zu heißen Tee (sie trinkt ihn trotzdem, wie immer, ich lache sie aus als sie schmerzverzerrt die Nase rümpft), Yael steckt sich die Rangabzeichen an den Kragen und das Haar in einen viel zu strengen Knoten (ich hasse diese biedere Frisur, sie bemerkt es und grinst seufzend), Yael verwechselt meine Seite des Schranks mit ihrer und will irrtümlich meine Schuhe anziehen (wir kennen uns noch nicht wirklich aus in unserem neuen Quartier, sie passen natürlich nicht, meine Füße sind größer als ihre), Yael spricht mit mir während die Zahnbürste in ihrem Mund surrt (ich verstehe sie nicht, sie ist wie immer genervt weil sie sprechen muss). Ich will, dass sie weggeht, damit ich weiterschlafen kann.

„Ich muss mit Commander Cavit reden, dass er unsere Dienstpläne angleicht. Wir haben uns doch nicht auf dasselbe Schiff versetzen lassen, um uns dann erst recht kaum zu sehen.“

Ich brumme nur, bin müde und trotzdem zu wach um Yael einfach ignorieren zu können. Sie hat Recht, wenn das so weitergeht, und mein Biorhythmus sich daran gewöhnt immer dann zu schlafen wenn sie wach ist und umgekehrt, dann stehen die nächsten drei Jahre unter keinem guten Stern. Yael redet viel zu früh viel zu viel, unzusammenhängend außerdem, ich liebe sie trotzdem oder gerade deswegen und zwinge mich dazu, ihr und nicht meinem Kopfpolster meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken.

Wir waren Partnerinnen, in meinem ersten Jahr an der Akademie, denn in der Flugausbildung bekommt jeder Frischling zuerst einen Kadetten mit etwas mehr Erfahrung als Copiloten zugeteilt. Yael war im dritten Jahr, eine der besten ihrer Klasse, ihre tiefschwarzen Augen blitzen unternehmungslustig, als sie mich zum ersten Mal angrinst und meine Hand schüttelt, meine Finger kribbeln und werden ganz kalt. Ich habe keine Ahnung, dass sie mich vom ersten Moment an durchschaut, und auch nicht, dass sie meine Gefühle ebenso spontan erwidert. Sie ergötzt sich daran, dass ich mich noch mindestens ein Semester lang benehme wie ein hormongesteuerter Vollidiot. Erst als ich die erste Qualifikationsprüfung bestehe, als Beste meiner Klasse, küsst mich dieses wunderbare Wesen zum ersten Mal. Wir sind Partnerinnen geblieben, auch abseits von Shuttlecockpits, vor allem abseits von Shuttlecockpits. Es war nicht immer leicht, aber hier sind wir, sieben Jahre später, an Bord des Raumschiffs Voyager, ich übellaunig im Bett und Yael immer noch nur halb bekleidet aber trotzdem überall gleichzeitig. Ihre Augen funkeln unternehmungslustig, ihr Tee ist weiterhin zu heiß. Ich weiß, dass sie so früh am Morgen lieber denken würde als zu reden, doch sie redet trotzdem, denn ich bin keine Telepathin wie sie und meine Psi-Fähigkeiten haben sich leider als recht eingeschränkt herausgestellt, also redet sie mit mir ohne zu denken, während ich denke ohne zu reden. Ich grabe meinen Kopf in den Polster, das ist einer der Vorteile, mit einer Telepathin zusammen zu sein, sie hört mich auch so.

„Hast du mir überhaupt zugehört, Mac?“
„Hmmm?“
„Jedenfalls, Ich werde mich konzentrieren und sein Gehirn rösten, bis es nur mehr nutzloses slimou ist, wenn er das noch einmal denkt … du weißt, von wem ich rede, ich habe es dir doch erzählt! Dieser Beobachter, den Captain Janeway an Bord gebracht hat ... ja, genau der, den ich letztens zum Schiff geflogen habe, als wir noch auf dem Mars waren, der mich so ekelhaft angemacht hat. ‚Und ich dachte immer, Betazoiden wären warm und einfühlsam, Lieutenant Staadi‘ … und als ob das noch nicht alles wäre, ich konnte ja auch hören was er nicht ausgesprochen hat, brrr pfui! So schwer kann es doch nicht sein, etwas Rücksicht zu nehmen und seine Gedanken unter Kontrolle zu halten! … sei nicht dumm, Mac, wenn du das denkst ist es was anderes … wenn ich nicht in zehn Minuten zum Dienst erscheinen müsste, würde ich jetzt genau das tun, woran du gerade gedacht hast …“

Yael sieht auf ihr Chronometer, dann sieht sie mich an, meine Augen sind nur halb geöffnet. Sie beugt sich grinsend zu mir hinunter und küsst meine Nasenspitze, ich wedle unkoordiniert mit der Hand durch die Luft und erwische eher zufällig eine Backe ihres Hinterns.

„Schlaf weiter, Imzadi, schlaf gut, aber komm bloß nicht zu spät zum Dienst. Ich hasse es, wenn ich auf meine Ablöse warten muss. Ich bin ranghöher als du, vergiss das nicht …“

Yael grinst amüsiert, küsst nochmal meine Nasenspitze. Ich brumme etwas, das ‚bis nachher‘ heißen könnte oder auch nicht. Dann ist sie weg und ich bin wieder eingeschlafen, doch ein ‚bis nachher‘ gibt es nicht.

Als ich wieder aufwache, wünschte ich mir, es wäre nur ein Traum. Der schlimmste Traum aller Zeiten ist die Realität.

„Sie ist tot.“

Drei Worte, die ich nicht verstehe, dann werde ich beiseite geschubst, dann bin ich allein. Ich habe diesen Posten angenommen, um nicht allein zu sein, um bei ihr zu sein, und jetzt bin ich allein. Ich sehe mich um, ich sehe sie nicht mehr, irgendjemand hat ihren Körper schon weggebracht um Platz zu machen für mehr Blut und mehr Schmerzen. Ich stehe mitten in der Krankenstation, ich weiß dass ich im Weg stehe, und ich kann mich doch nicht bewegen, nicht einmal atmen, nicht einmal weinen.

„Imzadi.“

Sie hört mich nicht mehr, sie fühlt mich nicht mehr. Oder doch? Die Betazoiden glauben, dass verstorbene Seelen ihre telepathischen Fähigkeiten und Verbindungen behalten, dass sie die Hinterbliebenen dadurch trösten können. Ich bin kein Betazoid, ich bin kein Telepath, ich wünsche es mir trotzdem. Ich habe sie nie fühlen können, jetzt fühle ich sie noch weniger als sonst. Eigentlich fühle ich gar nichts mehr.

Irgendjemand hat mir erzählt, was passiert ist während ich geschlafen habe, und auch, dass wir unsere Heimat und alle unsere Lieben vielleicht nie wiedersehen werden. Es ist mir egal. Es wäre mir egal gewesen, denn ich wäre nicht allein gewesen, wir waren zusammen hier. Jetzt bin ich allein, und es ist mir erst recht egal. Alle anderen werden ihre Lieben nie wiedersehen, weil sie weit weg sind, ich werde meine Liebe nie wiedersehen, weil ihr schöner, kalter, toter Körper in Kürze in einer Torpedohülle in den Weltraum geschossen wird. Ich kann mich nicht mehr mit dem Gedanken an den Alphaquadranten trösten. Ich beneide die anderen.

Ich weiß nicht einmal, wie ich auf die Krankenstation gekommen bin. Ich war vor Yael hier.

Wir sind zu jung zum Sterben. Wir sind Sternenflottenoffiziere, wir wussten immer, dass wir einen potentiell gefährlichen Beruf ausüben, und es hat uns nicht abgeschreckt, es war zu hypothetisch. Wir fallen in Ausübung unserer Pflicht, für die Föderation und den Frieden und den Fortschritt, wir sind Sternenflottenoffiziere, das ist es was wir tun, und trotzdem, wir sind zu jung zum Sterben. Yael ist ungefähr siebenundzwanzig, umgerechnet in terrane Standardjahre, zu jung zum Sterben. Ich bin fünfundzwanzig, zu jung um Witwe zu sein. ‚Witwe‘ ist außerdem ein hässliches Wort, in Yaels Muttersprache klingt es nicht besser als in meiner, ‚udowxana‘ sagen die Betazoiden zu einer Frau die ihren Gefährten verloren hat, doch ich will das nicht sein. Ich will jung und glücklich sein, ich will Yael, jung und glücklich und vor allem lebendig. Yael lebt nicht mehr, Yael ist tot. Ich weiß nicht mehr, ob ich lebe oder tot bin.

Irgendjemand packt mich bei den Schultern und zieht mich beiseite.

Ich weiß, laut irgendwelcher Romane heißt Lt. Staadi mit Vornamen angeblich „Veronica“. Ich habe diese Romane allerdings nicht gelesen und beachte ihren Inhalt deshalb nicht, und „Veronica“ ist ein saublöder Name für einen Betazoiden. Und falls sich jemand nicht an Fähnrich Jenkins erinnert, hier ein Link: http://en.memory-alpha.wikia.com/wiki/Jenkins_%28Ensign%29 :-)
Rezensionen