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Löwenmut

von Emony

Prolog

»Mut ist nicht Freisein von Angst, sondern ihre Überwindung.«


Leonard McCoy hasste das Fliegen, ganz besonders in diesen winzigen Shuttles. Er hatte sich nie sicher darin gefühlt. Außerdem machte ihn die Enge in diesen verflixten kleinen Fluggeräten klaustrophobisch. Schon die bloße Vorstellung in einem dieser Dinger reisen zu müssen, und sei es nur für kurze Zeit, hatte stets Schweißausbrüche in Kombination mit Herzrasen bei ihm ausgelöst.

Jim hatte ihn während der Akademiezeit gerne für seine irrationale Angst aufgezogen und trotzdem geduldig versucht, ihm die Grundlagen der Navigation in einem Simulator beizubringen. Aber es hatte Jahre gedauert bis Leonard endlich zumindest im Simulator gelernt hatte sich zu entspannen.

„Die Sternenflotte operiert nun mal im Weltall“, hatte Jim zu ihm gesagt, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, nachdem Leonard ihn vorgewarnt hatte, dass er ihn womöglich vollkotzen würde.

Jahre später fand sich Leonard auf der Enterprise als Chefarzt wieder und fragte sich immer wieder, wie zum Henker es Jim gelungen war, ihn dazu zu überreden! Leonard hatte auf der Erde bleiben und im Medizinischen Zentrum arbeiten wollen. Alternativ wäre eine Raumstation für ihn in Frage gekommen, aber ein Raumschiff war nicht in seiner Zukunftsplanung enthalten gewesen.

Ebenso wenig hatte er geplant gehabt, dass ausgerechnet Jim sein bester Freund und später auch sein Captain werden würde. Jim kannte ihn viel zu gut. Er kannte Leonards Belastungsgrenze und er wusste, dass dieser Befehle befolgen würde, auch wenn sie ihm nicht gefielen.

Ihre Mission hatte sich dermaßen simpel angehört, dass sogar Leonard darauf hereingefallen war. Pharmazeutische Güter zu einer Kolonie bringen, einen Routinecheckup bei den Einwohnern durchführen – wofür eine paar Tage eingeplant waren – und einen möglichst guten Eindruck machen. Die Welt, die sie besuchen sollten, galt als ein wichtiger Deuteriumlieferant für die Sternenflotte.

Soweit hatte für Leonard auch noch alles Sinn ergeben. Die Enterprise würde sie in einer knappen Woche wieder einsammeln und indessen einen halbwegs nahegelegenen Nebel erforschen. Dass die Welt jedoch eine recht unwirtliche Atmosphäre besaß, davon hatte Jim ihm kein Wort gesagt. Natürlich nicht, weil Jim genau gewusst hatte, dass Leonard sich ansonsten nie bereit erklärt hätte, ihn auf dieser verfluchten Mission zu begleiten und stattdessen M’Benga mitgeschickt hätte.

Das Letzte woran Leonard sich erinnern konnte war, dass Jim versucht hatte, das Shuttle kontrolliert durch den Ionensturm zu fliegen, der über dem Hauptkontinent tobte. Die Turbulenzen im Shuttle waren für Leonard unerträglich geworden und er hatte sich mehrfach in eine Papiertüte übergeben. „Halte dich irgendwo fest!“, hatte Jim ihm über die Schulter vom Cockpit aus zugerufen, aber es war bereits zu spät gewesen.

Als Leonard zu sich kam, heulte der Alarm des Shuttles und warnte vor einer Hydrazingasvergiftung. Hinter seiner Stirn hämmerte ein zorniger Schmerz, der ihm weitere Übelkeit bescherte. Als Arzt wusste er, dass er sich vermutlich irgendwo den Kopf angeschlagen hatte und infolgedessen unter einer Gehirnerschütterung litt. Allerdings scherte ihn seine eigene Gesundheit im Moment recht wenig. Er blinzelte gegen den Rauch im hinteren Teil des Shuttles an, der ihm Tränen in die Augen trieb.

„Jim?“ Leonard hustete. Der Rauch im Shuttle kratzte fürchterlich in seinem Hals. „Jim, melde dich!“

Ein höchst ungutes Gefühl überschattete Leonards Angst, an einer Rauchvergiftung zu sterben, als Jim ihm eine Antwort schuldig blieb. Daher stemmte er sich aus seiner unbequemen Position, schob einen Teil der Wandverkleidung des Shuttles von sich und versuchte sich zu orientieren. „Jim?!“, versuchte er abermals seinen Freund zu rufen. Auch diesmal blieb eine Reaktion aus. „Tu mir das nicht an …“

Irgendwie war es Jim gelungen, das Shuttle notzulanden. Allerdings hatte es eine starke Schräglage, sodass Leonard sich an lose hängenden Kabeln und Sitzen hochziehen musste, um das Cockpit überhaupt zu erreichen.

„Computer“, keuchte Leonard, „Ventilation aktivieren.“

Befehl nicht ausführbar.

„War ja klar. Das wäre auch zu einfach gewesen“, raunte er zu sich selbst, verdrehte die Augen und hangelte sich weiter nach vorn.

Bitte Frage neu formulieren.

„Du mich auch“, maulte Leonard weiter. Der Computer gab ein Piepen von sich, das vom anhaltenden Alarm jedoch übertönt wurde. „Computer, schalte den verdammten Alarm ab! Davon bekommt man ja Tinnitus!“

„Warnung!“, meldete sich der Computer erneut, nachdem er den Befehl ausgeführt hatte. „Hydrazingasniveau erreicht kritischen Wert. Sofortige Evakuierungsmaßnahmen einleiten.“

„Bin ja dabei!“, erwiderte Leonard, als spräche er zu einer anderen Person. „Aber ohne Jim gehe ich nicht von Bord.“ Der Arzt erreichte das Cockpit schließlich und fand dort Kirk, der bewusstlos auf dem Pilotensitz hing. Wenigstens war er geistesgegenwärtig genug gewesen, sich anzuschnallen, dachte Leonard. „Jim, hörst du mich?“ Er wartete erst gar nicht die Reaktion ab, welche letztlich ohnehin ausblieb, und tastete nach dem Puls seines Freundes. Er war schwach, aber fühlbar und Leonard atmete erleichtert durch, was ihm prompt einen Hustenanfall einbrachte.

Die Alarmsirene war zwar inzwischen deaktiviert, trotzdem warnte der Computer im Dreißigsekundentakt vor einer Hydrazingasvergiftung und mahnte wiederholt zur Evakuierung.

Leonard war redlich bemüht, sich davon nicht unter Druck setzen zu lassen und versuchte sich krampfhaft an seine Ausbildung an der Sternenflottenakademie zu erinnern, die ihn grundsätzlich auf derartige Situationen vorbereitet hatte.

Er versuchte als erstes die Lebenserhaltung manuell wiederherzustellen, doch diese war komplett ausgefallen. Als nächstes, so hatte er gelernt, war es entscheidend ein Notsignal abzusetzen, was er dann auch tat. Die Enterprise konnte jedoch schon einige Lichtjahre entfernt sein und der Ionensturm, der außerhalb des Shuttles tobte, störte das Signal womöglich. Leonard stellte den Notruf daher so ein, dass er sich automatisch alle zehn Minuten wiederholte.

Scotty wäre es sicher gelungen, das Signal so zu verändern, dass es trotzdem durchkäme. Er war jedoch kein Ingenieur, sondern Arzt. Nachdem er den Notruf abgesetzt hatte, galt seine ganze Aufmerksamkeit wieder Jim Kirk.

„Ich hole dich hier raus, keine Sorge“, versprach er Jim, auch wenn dieser ihn wohl nicht hören konnte. Er löste den Sicherheitsgurt und schaffte es, Jim aufzufangen, ehe dieser, der Schwerkraft folgend, vom Pilotensessel fallen konnte. „Ich hab dich. Ich hab dich“, wiederholte Leonard und schulterte seinen Freund so gut es eben ging, um ihn in Sicherheit zu bringen.
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