TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Die Berechnung der Unendlichkeit

von Enem, Melui

2 - Schlechte Nachrichten

2
Schlechte Nachrichten


„Spock?“

Er wusste, was sie sagen wollte, noch bevor sie begann, dafür reichte ein Blick in ihr Gesicht. So war es von Anfang an gewesen, er hatte immer gewusst was Nyota dachte und viel zu oft war es nicht das, was sie wirklich aussprach.

„Ich möchte nicht, dass du das falsch verstehst.“ Ihre Finger spielten nervös mit dem Anhänger, den er ihr geschenkt hatte, und spätestens jetzt hätte er ihre Worte vorwegnehmen können. An einem anderen Ort, zu einer passenderen Gelegenheit, hätte er das vielleicht auch getan. So berührte er ihre Finger, als sie die Hand wieder sinken ließ, und spürte, wie Nyota sich anspannte. Ihr Lächeln wirkte unsicher und fast schon erzwungen.

„Das tue ich nicht“, antwortete endlich und sah, wie sie irritiert die Stirn runzelte, bevor sie den Zusammenhang herstellte und knapp nickte.

„Gut“, murmelte sie, aber auch das war nicht die Wahrheit. Nichts war gut, sie war unzufrieden und er wusste nicht warum, hatte er doch nur auf ihre Haltung reagiert, auf die leicht distanzierte Färbung in ihrer Stimme. Offensichtlich war das ein Fehler gewesen.

Nyota nippte rasch an ihrem Glas, die Finger schlangen sich etwas zu fest um den filigranen Stiel und erst nach einer ganzen Weile sah sie ihn wieder an. Sie atmete tief ein. „Das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich, es ist nur…“

Es änderte einfach alles, aber Spock glaubte ihr, wenn sie das Gegenteil sagte. Vielleicht wusste sie es einfach noch nicht und glaubte tatsächlich, es gäbe ein Zurück für sie beide.

„…ich brauche etwas Zeit, verstehst du?“

„Natürlich“, antwortete er, registrierte ihr Stirnrunzeln und sah weg. Es war davon auszugehen, dass er auch jetzt zu schnell reagiert hatte und dass sie das als Desinteresse missverstand, andererseits hatte Nyota während all der gemeinsamen Zeit erstaunliches Einfühlungsvermögen bewiesen, gerade was seine Unfähigkeit betraf, ein wenig… menschlicher zu sein.

Sie sprach weiter, aber er war abgelenkt und hörte nicht mehr richtig zu. Es ging um Freundschaft, um… Spock atmete zitternd aus und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er den Atem angehalten hatte. Nyota berührte seinen Arm und er hob erschrocken den Kopf.

„Spock!“ Nyota klang alarmiert. „Um Himmelswillen, was ist mit dir?“

„Ich…“, stammelte er und brach wieder ab, denn gerade fühlte er sich, als habe man ihn mitten aus der Realität gerissen. Alles um ihn herum schien sich verlangsamt zu haben und schließlich stand das Universum still. Mit einem bebenden Atemzug fuhr Spock herum, doch nichts rührte sich. Alle Geräusche waren verstummt und die Leute die ihn umgaben wirkten wie eingefroren, für die Ewigkeit festgehalten in einem Bild.

Was ging hier vor?

Als Spock wieder herumwirbelte, kam langsam wieder Bewegung in das Bild. Das fröhliche Plappern rundherum, die Musik setzte wieder ein und immer noch lag Nyotas Hand auf seinem Arm.

„Geht es dir gut? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“

Die Erwiderung, dass das unlogisch sei, weil es nun mal keine Gespenster gab, lag ihm bereits auf der Zunge, aber er sprach es nicht aus, vor allem, weil er sich fühlte, als wäre er immer noch in einem gläsernen Kokon gefangen. Nichts war mehr wie zuvor. Das Licht schwächer, die Geräusche dumpfer, selbst Nyotas Berührung fühlte sich nur wie eine Erinnerung an, obwohl ihre Wärme den Stoff seiner Jacke durchdrang.

„Es geht mir gut“, murmelte er schließlich doch noch, stellte das Glas, das er in der Hand gehalten hatte, neben sich auf einem Tisch ab und entschuldige sich bei Nyota für einen Moment.

Die Terrasse umlief das Gebäude fast komplett und als Spock in die Nach hinaustrat, war er dort allein. Die Glastüren schlossen sich hinter ihm, sperrten beinahe jedes Geräusch aus und verstärkten den Eindruck zusätzlich. Spock fröstelte.

Er war allein, das war die einzige Empfindung, die er genau benennen konnte, der Rest verschwamm in einer dumpfen Gefühllosigkeit. Langsam trat Spock an das Geländer der Terrasse heran und blickte auf den Teil der Raumstation hinab, der sich unter ihm ausbreitete. Überall pulsierte das Leben, aber er war allein.

Wie lange er nun wirklich dort draußen auf der Terrasse gestanden hatte, wusste Spock hinterher nicht zu sagen, doch als sich hinter ihm die Tür öffnete, wusste er, dass es gerade erst begonnen hatte.

„Spock?“, flüsterte Nyota. „Ich wollte dich nicht stören, aber…“ Sie wies in einer undeutlichen Geste auf den Sicherheitsmann, der hinter ihr stand und Spocks Blick schwenkte zu ihm.

„Commander Spock?“

„Ja?“

„Da ist eine vulkanische Delegation, die nach Ihnen gefragt hat.“

Spock war irritiert, aber das was nichts, was er gezeigt hätte. Allein die Art wie er den Kopf leicht neigte, schien sein Gegenüber trotzdem nervös zu machen. Warum?

„Worum geht es?“, fragte er also und der junge Sicherheitsmann sah unruhig zu Nyota hin, bevor sein Blick zurückkehrte.

„Das weiß ich nicht, Sir. Wenn Sie mich begleiten würden?“

Er hatte gelogen, aber das nahm Spock hin. Irgendwas war passiert, auch Nyota schien das zu spüren. Sie legte kurz die Hand in seinen Rücken, als er ging, folgte ihm aber nicht.

Also war er wieder allein, wie er hinter dem Sicherheitsmann herlief, der raschen Schrittes durch den Raum eilte, durch die Tür lief und den Aufzug holte. Sie sprachen kein Wort, bis Spock im Foyer aus dem Lift trat. Er bedankte sich, der Mann nickte und die Türen schlossen sich wieder.

Allein.

Er drehte sich um und wartete, während die beiden Vulkanier auf ihn zukamen Er kannte keinen von beiden.

„Commander“, begann der Ältere von beiden und reichte ihm einen mobilen Datenspeicher. „Die Nachricht traf vor 30 Minuten über einen privaten Kanal ein. Wir konnten Sie über Ihren Kommunikator nicht erreichen.“

Nein, konnten sie tatsächlich nicht, weil er ihn zum heutigen Anlass ausgeschaltet hatte. Er tastete mit der linken Hand danach und tippte mit der rechten auf das Tablet. Ein Bild erschien, Daten und während Spock langsam ausatmete schien erneut das Universum stillzustehen.

„Sie werden gebeten, sich morgen 0900 Yorktown-Zeit mit dem Führungsstab auf Neu-Vulkan in Verbindung zu setzen.“

Spock sah auf, starrte in die unbekannten Gesichter, die ihn reglos betrachteten und nickte knapp.

„Ich habe verstanden“, murmelte er endlich, beide Delegierten verneigten sich höflich und verschwanden so schnell wie sie aufgetaucht waren.

Unterdessen starrte Spock wieder auf das Gerät.

Allein.

„Spock!“

„Spock, was…?“

Erst beim zweiten Mal reagierte er wirklich, hob den Kopf und sah Jim auf sich zukommen. Er wirkte atemlos – war er gerannt? Die Absurdität der Situation hätte ihn unter anderen Umständen vielleicht schneller reagieren lassen, aber gerade fühlte er sich dazu nicht in der Lage.

Spock richtete sich etwas auf, ließ das Tablet sinken und schaltete es dabei aus.

„Captain?“

Gerade schmunzelte Jim vage, strich sich mit einer Hand durch die Haare und sah kurz weg. Er war offenbar tatsächlich gerannt. Drei Stockwerke über das Treppenhaus, warum?

„Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass Sie nicht so schrecklich förmlich sein sollen, Spock? Schon gar nicht auf… meiner Party.“ Irgendwie wirkte es, als würde er über seine eigenen Worte stolpern. Er lächelte, aber auch das war eher erzwungen und jetzt kam er noch einen Schritt näher.

„Spielt gerade keine Rolle, oder?“ Jim leckte sich die Lippen. „Hören Sie, ich wollte nur… Ist alles in Ordnung? Ich habe gesehen…“ Seine Geste ging in Richtung der Räumlichkeiten, aus denen sie gerade gekommen waren. „... ist alles okay?“

„Alles in Ordnung, Jim“, murmelte Spock, doch so leicht war Jim nicht abzuwimmeln, das hatte er auch nicht erwartet. Gerade fuhr er sich wieder durch die Haare, versuchte damit wohl eine Nervosität zu überspielen die absolut unerklärbar war und dann streifte sein Blick auch noch das PADD.

„Irgendwas von… Dringlichkeit?“ Er deutet auf das Gerät in Spocks Hand, doch Spock reagierte nicht darauf.

„Nein“, erklärte er schlicht und wandte sich halb ab. Dann besann er sich anders. „Mit Ihrer Erlaubnis, Captain, werde ich jetzt gehen.“

Leidlich überrascht sah Jim ihn an, nickte dabei und kniff die Augen ein wenig zusammen. „Klar“, murmelte er, hob in einer hilflosen Geste die Arme und ließ sie wieder sinken. „Was auch immer.“

Tatsächlich wandte sich Spock um und eilte jetzt auf den Ausgang zu, doch weit kam er nicht, denn schon hörte er Schritte hinter sich und wieder hielt Jim ihn auf.

„Spock, Sie…“, er blieb stehen, als Spock sich zu ihm umdrehte und ihn stumm ansah. „Sie… würden mir doch sagen, wenn etwas nicht stimmt?“

Das war nun wirklich bemerkenswert und für einen Moment legte Spock den Kopf schief, sah Jim an und dachte darüber nach. Die ganze Zeit hatte er sich alleine gefühlt und jetzt, wo eben diese Einsamkeit sein einziges Bedürfnis gewesen wäre, ließ man ihn nicht? In gewisser Weise war das faszinierend.

Da war ein Sturm unter seiner gelassenen Fassade. Einer, den Jim nicht sehen konnte und den er selbst scheute, weil er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Wie hätte er das in Worte fassen sollen?

„Ich kann Ihnen nicht folgen, Captain“, erwiderte Spock und genau wie zuvor schlenderte Jim langsam näher.

„Na, ich meinte nur, weil… Kennen Sie das? Manchmal, da… Ich kann es nicht beschreiben, vergessen Sie es gleich wieder.“ Jim seufzte und auf seiner Miene erschien eine Ernsthaftigkeit, die Spock jedes Mal, wenn er sie erkannte, tief beeindruckte.

„Ich möchte nur, dass es meiner Familie gut geht“, flüsterte Jim. „Und… ich hoffe Sie verzeihen mir diese Vermessenheit – ich betrachte meine Crew als meine Familie, Sie eingeschlossen.“

Mit einem kaum sichtbaren Nicken nahm Spock diese Erklärung hin. „Es geht mir gut“, sagt er nach einer kurzen Pause. „Wenn das Ihre Frage war.“

„War sie, ja.“

Sekundenlang starrte sie sich an, dann erschien ein Stirnrunzeln auf Jims Miene.

Spock wurde unruhig. Je länger diese Unterredung dauerte, desto weiter näherten sie sich dem Kern. Dazu war er nicht bereit, nicht jetzt. „Captain…“, verabschiedete er sich ein weiteres Mal und wollte erneut kehrtmachen.

„Jim“, berichtigte dieser in seinem Rücken.

Spock atmete tief durch und schloss sekundenlang die Augen. Er drehte sich nicht mehr um, wandte nur ein wenig den Kopf.

„Jim“, murmelte er und schritt nun endgültig zur Tür.

Jims verschwommenes Abbild spiegelte sich in dem Glas, aber immerhin, stellte Spock fest, folgte er ihm nicht mehr. Kaum durch die Tür atmete er auf und wurde langsamer. Das merkwürdige Gefühl in seinem Inneren blieb jedoch und er musste an sich halten, um sich nicht umzudrehen.

~*~
Rezensionen