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The pirate's gospel

von Janora

Der Gehängte

Willkommen zum letzten Kapitel. Damit ist die Geschichte jetzt Schluss, aus fertig.
Vielen Dank für die lieben Kommentare. Ich habe mich sehr darüber gefreut.
Leonard dachte, er träumte. Er musste es. Denn das Ganze konnte nicht wahr sein.
Doch es war wahr, es war die Wirklichkeit und als ihm das bewusst wurde, krampfte sich in seinem Inneren alles zusammen.
Hängen.
Schwer schluckend blickte er zu einem Stück Seil, das jemanden um einen Balken eines Ladenschildes in der Nähe gebunden und dort vergessen hatte. Im Wind baumelte es hin und her. Leonard stellte sich vor, wie ein lebloser Körper daran hing. Er bildete sich ein, das Seil regelrecht zu spüren, wie es sich kratzend um seine Kehle schlang und ihm den Atem raubte. Schnell versuchte er, den Gedanken von sich zu schütteln.
Trotz allem konnte er seine Hirngespinste nicht loswerden und er musste unweigerlich an etwas denken, das ihm ein Lehrer während seines Studiums der Medizin erzählt hatte:
„Haben Sie schon einmal eine Hinrichtung gesehen? Es ist nicht schön, aber noch schlimmer ist der Zustand, in dem die meisten Leichen hängen bleiben. Stolze Männer, die einst alle sieben Meere besegelt haben, bleiben nun zurück, tot, am Galgen hängend und in ihren eigenen Exkrementen gebadet. Man kann dort herrlich den organischen Zerfall beobachten. Ich habe heute ein solches Beispiel für Sie hier. Natürlich gewaschen ...“
Leonard konnte nicht anders, als sich vorzustellen, wie er auf Jims gehängten, verrottenden Körper schaute. Er war gesucht. Es gab keinen Zweifel daran, dass man seinen Leichnam zur Schau stellen würde, um andere damit zu warnen.
Ohne es bemerkt zu haben, hatte sein Körper angefangen zu zittern.
Nein, das durfte er nicht zulassen!

Zeit blieb Leonard nicht. Die Hinrichtung war für die zweite Stunde nach Mittag angesetzt und laut der Schläge der Kirchturmuhr waren die letzten Vorbereitungen bereits angelaufen.
Er wurde angerempelt und bemerkte, dass er noch immer am selben Fleck stand. Also setzte er sich in Bewegung.

Eine Hinrichtung war ein Spektakel für die ganze Familie. Zumindest war sie so aufgemacht.
Reden wurden gehalten, das Publikum in Laune versetzt. Doch an Leonard ging das meiste einfach vorbei. Er konnte sich nicht darauf konzentrieren. Erst als die Trommeln ertönten und sich der allgemeine Blick dem Galgen zuwandte, riss er sich aus seinen Gedanken.
Sie waren auf einem großen Platz, auf dem eine Tribüne mit Galgen und Falltür stand. Das war dieser Tage die beliebteste Hinrichtungsmethode für Verbrecher. In anderen Zeiten stand dort aber auch ein Pranger, an dem man Verurteilte mit faulen Obst, und anderen unschönen und vor allem stinkenden Dingen bewerfen konnte. Und manchmal holte der Scharfrichter auch sein Beil hervor, um es für eine Vollstreckung zu schärfen.
Dieser Platz lag in der Nähe des Marktes und erhöht. Von zwei Seiten war er von einer niedrigen Mauer umgeben, hinter der es gute zehn Meter in die Tiefe ging, wo das Meer begann. Doch das Tosen der Wellen, die sich an den spitzen Felsen und der steinernen Wand brach, war heute über den Stimmen der Menschenmenge nicht zu hören, die sich oben um das Galgenpodest versammelt hatten.

Nahe Tore öffneten sich und Jim wurde herausgeführt. Gut ein halbes Dutzend Wachen begleiteten ihn und noch mehr standen an der Seite des Weges zum Galgen wache. Doch das war eher eine Vorsichtsmaßnahme, dass dem Pirat nichts geschah, bevor sein Schicksal ihm ereignete.
Er war so gefesselt, dass er keinesfalls entkommen konnte. Aber obwohl man ihm offensichtlich stark zugesetzt hatte, seine Lippe war aufgeplatzt und sein Auge blau-lila, ging er erhobenen Hauptes.
Leonard konnte ihn aber erst sehen, als Jim auf die Holztribüne trat und dort wartete, dass sein Urteil für das Publikum verlesen wurde. Ein junger Mann trat neben ihn, entrollte ein Pergament und kam seiner Pflicht auch sogleich nach.
„Der hier anwesende James Tiber- ...“
„Captain“, unterbrach der Pirat ihn.
Der junge Mann hielt verwirrt inne.
"Wie meinen?"
"Captain James T. Kirk"
Eine kurze Pause entstand, bevor der Ausrufer beschloss, den Kommentar einfach zu ignorieren und fortzufahren.
"... wird angeklagt auf Piraterie, Mord und Plünderung. Das Urteil wurde gefällt durch seine Lordschaft ..."
So ging es noch ein wenig weiter, doch der Angeklagte hörte gar nicht richtig zu. Jims Blick schweifte durch die Menge an Soldaten, die um den Richtplatz standen. Die meisten von ihnen trugen die leichtere und feierliche Musketierkleidung. Dann wanderte sein Blick ins Publikum und blieb an einem Gesicht hängen.
Bones starrte entsetzt zurück. Er musste etwas tun. Sein Herz machte einen Sprung, als Jim ihm deutlich zulächelte, und schüttelte selbst den Kopf.
"... daher wird er hiermit zum Tode verurteilt. Mit dem Strick wird er aus dem Leben scheiden", sprach der junge Mann zu ende und rollte das Pergament zusammen.
Dann trat der Henker vor und legte Jim den Strick um den Hals.
In Leonard brach Panik aus. Jim war ein Pirat, aber er wollte nicht, dass er starb. Und schon gar nicht auf diese Weise. Direkt vor seinen Augen. Fieberhaft überlegte er, welche Möglichkeiten er hatte, und machte ein paar Schritte vorwärts, auf das Podium zu. Er war waffenlos, noch dazu alleine, während dort noch immer eine ganze Reihe der Garde stand.
Während er sich durch die schaulustige Menge nach vorne schob, blieb sein Blick weiterhin auf den Piraten geheftet.
Der Scharfrichter ging ohne große Umschweife zum Hebel, um diesen zu betätigen. Aber bevor er dort ankam, sprang plötzlich eine zweite Person hoch zu dem Angeklagten. Diese trug die typische Wächteruniform, doch wenn man einen Blick unter den Hut erhaschte, konnte man die spitzen Ohren erkennen.
Spock reagierte schnell. Er durchschnitt Jims Strick mit einem Hieb, mit dem nächsten seine Fesseln, und warf ihm dann seinen Säbel zu, bevor er seinen eigenen zückte.

Einen kurzen Moment hielten alle inne, doch dann brach ein Tumult aus. Die Frauen schrien entsetzt auf, Soldaten griffen zu ihren Waffen und das Publikum kam in Bewegung. Nur Leonard ließ sich davon nicht beirren, selbst als Jim den Henker mit einem Hieb in die Hüfte zu Fall brachte. Schüsse fielen, doch anstatt sich in Sicherheit zu bringen, wie es einige jetzt taten, hielt er auf das Podium zu.

"Wurde auch Zeit. Ich dachte wirklich schon, ich muss dran glauben", grinste Jim seinem schwarzhaarigen Freund zu.
Die beiden hatten nicht vor, sich hier lange aufzuhalten und irgendwelche heroischen Aktionen durchzuziehen. Sie sprangen von dem Podium hinab und hielten auf die Mauer zu, die sie von der Klippe über dem Meer trennte. Auf der anderen Seite ging es gut und gerne zehn Meter hinab in kaltes Wasser und spitze Felsen. Doch der einzig andere Weg wäre durch die komplette Stadt hindurch, und das wäre nun wirklich Wahnsinn.
Jim sah sich im Laufen um, doch er konnte in der ganzen Aufregung keine einzelne Gestalt ausmachen, sah nur, dass man hinter ihnen her war, und legte einen Zahn zu.
Er ahnte nicht, dass einer seiner Verfolger Bones war.
Dieser handelte rein instinktiv. Später würde er sich wohl fragen, was ihn da wohl geritten hatte, dass er sich mitten in die Gefahr warf.
Leonard war unbewaffnet, doch er bevorzugte sowieso, wenn es darauf ankam, mit bloßen Fäusten zu kämpfen.
Die beiden Piraten standen jetzt mit dem Rücken zur Wand und wurden von drei Wachen eingekreist. Und diese hätten es wohl auch geschafft die beiden Verbrecher niederzustrecken, denn Jim war eindeutig geschwächt und Spock war zwar ein guter Kämpfer, konnte sich aber alleine auch kaum gegen eine Übermacht behaupten. Niemand hatte aber mit dem Arzt gerechnet, der einen der Wächter zu Boden brachte, indem er sich mit seinem ganzen Gewicht von hinten auf ihn warf und mit dem Kopf auf den Stein aufprallen ließ.
Diese Ablenkung machten Jim und Spock sich zu nutze, um die anderen beiden auszuschalten.
Allerdings kam die Verstärkung in dem Chaos bereits gefährlich nahe, weswegen keine Zeit für große Worte waren. Jim tauschte bloß einen kurzen Blick mit Bones aus, dann war er auch schon auf die Mauer gesprungen. Und ehe der Arzt wusste, wie ihm geschah, wurde er auch nach oben gezogen. Spock kletterte als letztes hinterher.

"Was hast du vor?", fragte Leonard, der sich nicht sicher war, wie sie aus dieser Lage wieder Heil herauskommen sollten.
"Ich improvisiere", erwiderte Jim.
Das war nun wirklich nicht aufmunternd. Leonard wollte etwas dazu sagen, aber Jim holte mit dem Säbel aus, um einen weiteren Verfolger auf Abstand zu halten. Aus den Augenwinkeln, bemerkte er, dass Schusswaffen geladen wurden. So weit wollte er es nicht kommen lassen.
„Vertraust du mir?“, fragte er und ergriff Leonard an der Hand.
„Was meinst d- ...“
Weiter kam er nicht, denn Jim hatte ihn mit in die Tiefe hinter sich gezogen.
Der Arzt konnte gerade noch rechtzeitig Luft holen, bevor sie in das eiskalte Wasser eintauchten. Sein erster Reflex war, erschrocken nach Luft zu schnappen, doch er unterdrückte ihn gerade noch rechtzeitig. Rauschen, dumpfes Rauschen, war alles, was er wahrnahm. Das und sein eigener Herzschlag, der ihm aufgeregt in den Ohren pochte.
Erst als Jim ihn bestimmend am Handgelenk packte, löste er sich aus seiner Schockstarre und tauchte mit ihm weiter in die Tiefe des Meeres, das er so verabscheute. Weg von den Mauern der Stadt.
Erst als seine Lunge nach Sauerstoff ächzte und anfing zu Brennen, durchbrachen sie die Oberfläche und rangen keuchend und prustend nach Luft.
Leonard hatte nicht mitbekommen, dass Spock ihnen gefolgt war, doch auch diesem klebte das Haar im Gesicht, als er neben ihnen auftauchte. Er und der Captain tauschten einen kurzen Blick aus, bevor sie los schwammen.
Die Enterprise war nirgends zu sehen, aber weit konnte sie nicht entfernt sein. Spock hatte dafür gesorgt, dass man sie holen würde und während sie langsam auf das Ufer zuhielten, löste sich aus dem Schatten einer Böschung ein kleines Beiboot, das ihnen entgegen kam.
Es waren Scotty und Chekov, die sie aufsammelten und einen Schluck Rum reichten, bevor sie wieder nach den Rudern griffen.
Keiner der drei nassen Männer sprach ein Wort, sie mussten erst richtig zu Atem kommen und außerdem klebten ihre nasse Kleidung kalt an ihren Körpern, dass sie wohl gezittert hätten, wenn ihre Körper nicht noch mit Adrenalin gefüllt wären.

Kurz darauf kletterten sie über eine Strickleiter an Bord der Enterprise. Frohe Gesichter blickten ihnen entgegen, erleichtert darüber, dass der Captain unversehrt zurückgekehrt war. Allerdings gab es keine große Begrüßungsszene, und Spock bemerkte zurecht: „Wir sollten so schnell wie möglich von hier weg. Wenn der erste Schock sich gelegt hat, wird man ganz erpicht darauf sein, uns zu jagen.“
Jim nickte und blickte hinauf zum Steuerrad, an dem, wie sollte es auch anders sein, Sulu stand.
„Welcher Kurs, Captain?“, rief dieser fragend hinunter.
„In die unendlichen Weiten“, erwiderte Kirk, rang sich jetzt zum ersten Mal ein schwaches Grinsen ab. Es war der Übermut darüber, so waghalsig entkommen zu sein.
Doch Leonard, der bisher nur dagestanden hatte, zog die Brauen zusammen. „Auf keinen Fall!“, erwiderte er vehement und sprach zum ersten Mal, seit er diesen unglaublich wahnsinnigen Todessprung von der Mauer gemacht hatte. Alle Köpfe drehten sich zu ihm. „Du glaubst doch nicht, dass ich einfach so von hier abhaue? Ohne mich von Joanna zu verabschieden! Und ohne meine Ausrüstung schippere ich sowieso nirgends mit dir hin!“
Jim, dessen Miene sich bei den ersten Worten verfinstert hatte, lachte auf und er klopfte Bones auf die Schulter. „Aye, dein Wunsch ist mir Befehl. Aber trotzdem sollten wir erst einmal der Marine aus dem Weg gehen.“ Jetzt, wo er wieder auf seinem Schiff war und seine Muskeln sich langsam wieder entspannten, hielt er sich seine schmerzende Seite. Leonard bemerkte das und während Spock für's erste das Kommando übernahm und die Mannschaft an die Segel scheuchte, packte Leonard Jim und zog ihn mit in Richtung Kajüte.
„Komm mit, du Held. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, dich schnappen und so zurichten zu lassen?“, knurrte er. „Und du solltest aus den nassen Sachen raus, bevor du dir noch den Tod holst.“
Der Pirat ließ sich mitziehen und musste schmunzeln. Er ließ ihn meckern und fluchen, wusste er doch, dass der Arzt so am besten mit der Situation umgehen konnte.

Als sie sich in der Kajüte umzogen und Jim seinen Oberkörper entblößte, bemerkte Leonard drei blutig verkratzte Striemen, die der Grund für Jims Schmerzen an seiner Seite waren. Entgeistert blickte er den Blonden an.
„Jim ...“
"Es sieht schlimmer aus, als es ist. Wirklich", unterbrach der Pirat ihn, um ihn zu beruhigen, doch Leonard schüttelte den Kopf.
„Hinsetzen“, befahl er Jim und schnappte sich einen Lappen und eine Flasche Rum, mit denen er die Wunde reinigte. Jim zischte scharf auf, als der Alkohol in seinen Wunden brannte, aber Leonard zeigte kein Mitleid. Ganz im Gegenteil. „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, Jim? Du solltest es doch eigentlich besser wissen, als dich kopflos in die Hände der Marine zu stürzen. Du wirst gesucht! Hast du wirklich geglaubt, du könntest seelenruhig an der englischen Küste entlang spazieren und man würde dir noch zuwinken und dich freudig grüßen?“
Als Antwort zuckte Jim bloß mit den Schultern und unterdrückte weitere Schmerzensregungen unter der Behandlung.
Bones schien sich jedoch durch seine Schimpftirade ein wenig abgeregt zu haben, denn er wurde ruhiger. „Niemand scheint überrascht, dass ich hier bin“, stellte er betont beiläufig fest.
„Möglicherweise waren wir nur hier, um dich zu besuchen.“
Leonard schaute ihn mit einem Blick an, als wäre er sich sicher, dass sein Gegenüber geistesgestört war. „Wie bitte?“
Doch Jim hob eine Hand und stoppte ihn, bevor er erneut laut werden konnte.
„Ich konnte dich nicht einfach vergessen“, gab er zu „Aber ich zwinge dich nicht, mitzukommen. Wenn du lieber hier ... bei deiner Tochter bleiben willst, dann verstehe ich das. Und ich kann dir für die Zukunft auch nichts großes versprechen. Außer, dass du deine Entscheidung nicht bereuen wirst“, sagte Jim.
Leonard beugte sich vor und gab ihm einen sanften Kuss. „Ich werde wahrscheinlich vieles bereuen“, entgegnete er. „Aber das hier such ich mir selbst aus, okay?“ Jim nickte zufrieden, Leonard war aber noch nicht fertig. Er hatte hier in England über vieles nachgedacht. Vieles, das er vermisst hatte. „Weißt du, mir ist eines klar geworden ...“, fuhr er fort und blickte in die blauen Augen des Anderen. „Ich glaube .. .das alles hier, ist genau das, wo ich hingehöre.“
Jim konnte nicht anders als mitzulächeln. Er zog ihn in seine Arme und küsste ihn leidenschaftlich.

Und so kam es, dass in der Nacht genau eine Woche nach diesem Vorfall, ein Schiff heimlich vor der Küste ankerte, und einige dunkle Gestalten von Bord an Land übersetzten.
Niemand glaubte mehr daran, dass die gefährliche Enterprise mit ihren blutrünstigen Piraten so schnell geschnappt werden würde, denn sie war wie von der Meeresoberfläche verschluckt. Man hatte zwei Schiffe der Marine ausgesandt, doch bisher waren diese nicht zurückgekehrt, was für gewöhnlich ein erfolgloses Zeichen war. Und nachdem die erste Aufregung sich gelegt hatte, gingen die Leute wieder ihrem normalen Alltag nach. Nur die Kinder erzählten sich aufgeregt die Geschichte des furchtlosen Captains, und spielten sie nach.
Ein Arzt wurde vermisst, doch außer einer neuen Klatschgeschichte, die man über ihn dichtete, gab es nichts interessantes daran. Denn es gab keine Familienangehörige, die darüber klagten.
Nur ein Nachbarn wunderte sich und der Besitzer des Hauses wartete auf seine Miete. Doch wenn er die nicht bekam, würde das Zimmer des Mannes eben an den nächsten Interessenten gehen.

Genau in diesem Zimmern hörte man in dieser Nacht Schritte. Leise und hastig. Denn es galt keine Zeit zu verlieren.

Am nächsten Morgen fand man die Wohnung unverschlossen. Einige Sachen fehlten. Eben so viel, wie in einen kleinen Koffer und eine Arzttasche passte. Aber da sich niemand über verloren gegangenen Besitz beschwerte, würde man diesen Vorfall bald vergessen.
Als ein zehnjähriges Mädchen in einem Dorf ein paar Meilen außerhalb der Stadt aufwachte, fand es sein Fenster offen vor. Das war zunächst nicht weiter verwunderlich, da es in den warmen Sommermonaten nachts gerne frische Luft genoss. Auf seinem Nachtschränkchen fand es aber auch zwei Briefe. Einer davon war an sie es gerichtet und es riss ihn auch sogleich auf, um ihn zu lesen. Er war von seinem Vater, der ihr mitteilte, dass er für unbestimmte Zeit verreiste, es aber fraglos besuchen kommen würde, und es bis dahin schrecklich vermisste.
Der andere Brief war an seine Mutter gerichtet, die ihn beim Frühstück las. Vor Überraschung verschluckte sie sich glatt, denn sie hatte durchaus von den Ereignissen der letzten Woche gehört, und auch wenn kein Name genannt worden war, so hatte sie doch ihren Verdacht gehabt, und sah diesen nun bestätigt.
In dem Brief würde der Vater sie bitten, ihrer beider Tochter, sofern möglich, die Details seines Verschwindens zurückzuhalten, bis er es ihr selbst erklären konnte und sie alt genug war, um es zu verstehen. Nach den weiteren Anweisungen des Briefes stand die Mutter auf und ging in das Zimmer ihrer Tochter, öffnete deren Nachtschränkchen. Dort fand sie den gesamten Lohn des Arztes, den er für seine Tochter in den letzten Wochen zurückgelegt hatte.

Und ebenso leise, wie das Schiff angelegt hatte, straffte es seine Segeln wieder in den frühen Morgenstunden und war kurz darauf schon nicht mehr am Horizont zu sehen.
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