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The pirate's gospel

von Janora

Allein unter Piraten

Leonard blickte zur Sonne, die gerade hinter dem Horizont verschwand. Und obwohl er jetzt auf einem anderen Schiff war, hatte sich die Aussicht nicht verändert. Um sie herum war nur das Meer. Überall bloß verdammtes Wasser.
Auch auf dem Handelsschiff war er nur Passagier gewesen, ohne größere Aufgaben zu haben, außer hin und wieder jemanden zu verarzten, wenn es einen Unfall gegeben hatte. Aber hier fühlte er sich einfach nur überflüssig.
Den restlichen Tag hatte er damit verbracht, den meisten aus dem Weg zu gehen. Was wohlgemerkt gar nicht so einfach war, denn ein Schiff bot nicht unendlich viel Platz. Vor allem, wenn man sich nicht auskannte. So war er die meiste Zeit auf den Decks gewesen und hatte die Piraten beobachtet, wie sie Segel einholten, Taue ausrichteten oder einfach die neue Ladung verstauten. Handgriffe, die er bereits gewohnt war zu sehen.
Die Männer an Bord begegneten ihm mit stummer Akzeptanz. Er bekam neugierige Blicke, mehr aber auch nicht.

Der Kerl mit den spitzen Ohren, Spock, wie sich Leonard in Erinnerung rief, trat zu ihm. Er überlegte, ob man ihm ein Messer in die Brust rammen würde, wenn er nachfragte, ob diese Deformation angeboren oder später verschuldet war.
Spock sprach ihn an, bevor er zu einer Entscheidung kommen konnte.
„Es gab die Anweisung, für Euch einen Schlafplatz in der Mannschaftsunterkunft einzurichten. Eine Pritsche ist frei“, unterrichtete er Leonard.
„Ich werde ganz bestimmt nicht in diesem Drecksloch da unten schlafen.“
Auf dem Handelsschiff war er schon ganz froh gewesen, dass er einen eigenen Raum zum Schlafen gehabt hatte. Es war zwar nicht groß gewesen, aber es hatte ihm gereicht. In seinen eigenen vier Wänden musste er kein Schnarchen oder andere Geräusche der Mannschaft ertragen. Nicht den Gestank von Männern, die sich wochenlang nicht wuschen. Das Ganze war ein Herd an Bakterien. Und wer wusste schon, ob nicht die eine oder andere Ratte zu Besuch kam. Der größte Krankheitsüberträger an Bord überhaupt. Nein, danke. Da schlief er hier lieber an Deck.
„Wenn Ihr ein Problem mit der Sauberkeit unseres Schiffes habt, steht es Euch frei, es zu putzen. Ich empfehle eine Mischung aus Sand, Wasser und Bims“, erwiderte Spock kühl.
Leonard starrte ihn an.
„Bims?“
„Ein Vulkangestein. Eignet sich sehr gut als Schleifmittel von Holz.“
Der Arzt öffnete den Mund, wusste aber nicht, was er sagen sollte. Er machte eine abwehrende Geste.
„Ich passe.“ Damit wandte er sich ab.
Spock zog eine Augenbraue hoch, was bei ihm wie ein desinteressiertes Schulterzucken aussah und ließ den anderen wieder alleine.

Die Sonne versank endgültig und es wurde dunkel. Am Bug des Schiffes wurde eine Laterne entzündet, damit man nicht vollkommen blind segelte. Die ersten Sterne waren zwar schon zu sehen, aber noch spendeten sie nicht genug Licht.
Leonard machte es sich auf einer festgetauten Kiste auf Deck bequem. An Bord war es ruhig geworden, doch von unter Deck hörte er einige laute Stimmen. Wahrscheinlich die Männer von der Nachtschicht, die sich ihre Zeit mit Würfelspiel und Wein vertrieben. Zumindest hatte er den Alltag auf dem Handelsschiff so kennengelernt.

McCoy konnte nicht schlafen, obwohl er es wirklich versuchte. Vielleicht lag es auch ein wenig daran, dass er sich nicht sicher war, ob er nicht vielleicht doch umgebracht wurde, wenn er die Augen schloss.
Das Wasser schlug leise gegen den Rumpf, während das Schiff scheinbar gute Fahrt machte. Immerhin lag es dabei ruhiger auf, als das letzte. Dort hatte er die ersten Tage damit verbracht, seine Seekrankheit auszukurieren. Das war kein schönes Erlebnis gewesen.

Die Tür des hinteren, erhöhten Hüttendecks ging auf und der Captain trat in die kühle Nachtluft. Sein Weg führte ihn erst die Treppe hinauf zum Steuermann, mit dem er sich eine Weile unterhielt. Es ging um die Route und dass sie jetzt fürs erste genug Vorräte hatten, sodass sie anderen Schiffen aus dem Weg gehen konnten.
Der Himmel hatte sich in ein Funkelmeer verwandelt, als sich seine Stiefelschritte dem Arzt näherten, den er an Deck entdeckt hatte.
„Na, so spät noch auf den Beinen, Bones?“
Dieser blickte auf, sagte nichts zu dem Spitznamen, den er vom Captain bekommen hatte. Der Blonde hatte sich seinen Mantel gegen die kühle Luft übergezogen und blickte ihn lässig an, die Hände in den Taschen vergraben.
„Das kann ich auch von dir behaupten“, brummte er bloß als Antwort.
Jim schmunzelte. Es gefiel ihm, dass der Dunkelhaarige keine Scheu vor ihm hatte und auch kein Problem damit, ihm seine schlechte Laune zu zeigen. Natürlich konnte er es verstehen, dass Bones nicht gut auf ihn zu sprechen war, nachdem er ihn heute einfach so mitgenommen hatte. Aber das würde er schon noch ändern, nahm er sich vor. Dafür fand er diesen kernigen Burschen viel zu interessant.
„Wohin segelt ihr?“, wurde er von diesem dann gefragt.
„Komm mit. Ich zeig's dir“, forderte er ihn auf und führte ihn ins Innere des Schiffes. Nach ein paar engen Fluren kamen sie durch eine weitere Tür und standen dann in dem Raum, den Leonard als Kapitänskajüte identifizierte.
Er wusste nicht ganz, was er davon halten sollte und warf dem anderen einen misstrauischen Blick zu. Jim fing ihn auf und wackelte grinsend mit den Augenbrauen. Dann winkte er ihn jedoch zu einem Tisch unter den Fenstern - Leonard erkannte, dass sie am Heck des Schiffes waren – auf dem eine große Karte und verschiedene Navigationswerkzeuge lagen. Jim beugte sich darüber und auch Leonard riskierte einen Blick.
Ein kleines Modell eines Segelschiffs markierte ihren Standpunkt. Es stand in der Nähe einer Inselgruppe auf dem Atlantik. Jims Hand deutete zwischen die amerikanischen Kontinente.
„Das ist unser nächstes Ziel“, erklärte er.
Es war genau die entgegengesetzte Richtung von Leonards Ziel.
„Ach ja? Und wann werde ich von Bord geworfen?“
Es waren mehrere Wochen bis dort runter. Leonard warf Jim einen kurzen Blick zu und bemerkte, dass dieser entspannt zurück starrte.
„Mal sehen“, erwiderte dieser. „Kommt darauf an, wie angenehm die Begleitung ist.“
Das war so dreist zweideutig in Kombination mit dem Grinsen und den funkelnden Augen, dass Leonard regelrecht die Spucke weg blieb. Der Kerl machte ihn sprachlos. Und das passierte ihm nicht oft. Glücklicherweise konnte er es überspielen, indem er wieder die Karte betrachtete. Von dem, was als ihr momentaner Standpunkt eingetragen war, war England, sein Reiseziel, so nah.
Toll, jetzt war er deprimiert. Mit einem Seufzen wandte er sich ab und lehnte sich rücklings gegen den Tisch. Dabei bemerkte er, dass Kirk ihn immer noch anstarrte. Er runzelte die Stirn, doch den Blonden schien es nicht zu stören.
„Also, du warst ein Passagier. Ich bin neugierig: was bringt einen Doktor aus den Südstaaten dazu, den Ozean zu überqueren?“, fragte er stattdessen. Offensichtlich konnte Leonard einem Gespräch nicht entkommen. Immerhin überraschte es ihn, dass der Blonde seinen leichten Akzent aus Georgia erkannt hatte.
„Eine Frau“, erwiderte er knapp.
„Eine Frau?“ Für einen Moment klang Jim erstaunt, dann schnaubte er. „Was auch sonst.“
Leonard brummte zustimmend. Es war nicht unbedingt sein Lieblingsthema. Doch entgegen seiner Erwartung bohrte der Blonde nicht weiter nach.

Noch wusste Leonard nicht, wie er seine momentane Situation einschätzen sollte. Kirk war ein verdammter Pirat, der ihn, so gesehen, entführt hatte. Dennoch pflegte er einen Umgang mit ihm, als wäre er ein alter Bekannter, der gerade zu Besuch war.
Sein Blick glitt zum Tisch in der anderen Ecke der Kajüte, auf dem noch die unterschiedlichsten Speisen von Jims Abendmahl standen. In der Mitte thronte ein halbes, gebratenes Huhn, dessen fette Bratensoße im Kerzenschein nur so schimmerte. Jetzt erst bemerkte er, wie der Hunger ihn quälte. Hinzu kam seine ausgetrocknete Kehle. Er hatte den ganzen Tag nichts gegessen und beinahe noch weniger getrunken.
Jim schwang sich lässig auf einen hohen Stuhl am Ende der Tafel, als er den hungrigen Blick des Doktors bemerkte.
„Warum setzt du dich nicht zu mir und greifst zu? Es ist genug Essen da“, lud er ihn mit einer Geste ein.
Leonard blieb vorsichtig.
„Willst du mich vergiften?“
Der Captain seufzte und griff nach einem Apfel, in den er biss.
„Was hätte ich davon?“, fragte er schmatzend, was den Dunkelhaarigen sein Gesicht verziehen ließ.
„Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man mit vollem Mund nicht spricht?“, erwiderte er mit einer Gegenfrage und setzte sich jetzt doch, da sein Hunger siegte. Er griff nach etwas Obst und Brot. Zuerst goss er sich jedoch etwas zu trinken in einen Becher. Nach einem Schluck stellte er fest, dass es verdünnter Wein war.
„Nicht wirklich“, erwiderte der Blonde. „Sie war meistens auf See unterwegs und hat mich allein an Land gelassen.“
Das war ungewöhnlich offenherzig und Leonard sah ihm forsch ins Gesicht, ob er es ernst meinte. Jim verzog keine Miene, aber der Arzt konnte ihn auch nicht richtig deuten. Also beschloss er einfach, es dabei zu belassen und nichts dazu zu sagen.
Jim schwenkte seinen Weinkelch und musterte die rote Flüssigkeit, die im Kerzenschein munter funkelte.
„Ich schätze, dir gefällt dein Bett unten bei den anderen nicht. Deswegen warst du doch an Deck, oder?“, stellte er dann das Thema wechselnd fest und fügte breit grinsend hinzu: „Ich habe nichts dagegen, dass du hier bei mir nächtigst.“ Er nickte mit dem Kopf zur Wand und der Ältere entdeckte eine Nische, die mit Kissen, Decken und verschiedenen Fellen ausgelegt war. Ganz offensichtlich war es Jims Bett.
Leonard zog seine Augenbrauen zusammen. Halt Stopp. Hier lief irgendetwas falsch. Er blickte zu dem Blonden, doch dieser zeigte immer noch keine Anzeichen, dass er scherzte.
„Ich habe aber etwas dagegen“, erwiderte er daher.
Jim sah ihn an und schien kein Wort zu glauben. Aber er beließ es dabei. Für heute.
Ein kurzes Schweigen entstand und Leonard schluckte nervös. Er fühlte sich unangenehm unter dem Blick, der ihm viel zu intensiv war. Daher war er froh, als Jim seinen Kelch abstellte und aufstand.
„Wie du meinst.“ Der Blonde ging an ihm vorbei, klopfte ihm dabei auf die Schulter und ließ seine Hand möglicherweise länger darauf ruhen als nötig. Leonard wollte nicht darüber nachdenken. Er griff nach etwas Obst, um sich abzulenken.
Jim ging zurück zu seinem Arbeitstisch mit den Seekarten und schien Koordinaten abzugleichen. Er arbeitete, ohne sich weiter um den Arzt zu kümmern. Immerhin hatte er einen Job als Captain, dem er nachkommen musste.
Leonard war recht froh darum. Er wollte noch nicht gehen, denn obwohl ihm der Pirat nicht ganz geheuer war, war es hier drin fast schon gemütlich. Und warm. Draußen an Deck dagegen war es windig und er kam nicht umhin, ständig die gefühlt unendlichen Weiten des Wassers wahrzunehmen. Und da Jim ihn nicht rauswarf, hatte er es nicht eilig, wegzukommen.
Trotz der Sorge um seine ungewisse Zukunft und seinen Vorsatz, nur mal kurz die Augen zu schließen, nickte McCoy bald ein. Zu nervenaufreibend war sein Tag gewesen.

~

Lange hielt Leonards Schlaf jedoch nicht, denn schon vor Sonnenaufgang hörte man erstes Gebrüll der Piraten an Deck.
Und auch Jims Kajüte näherten sich Stiefel. Dann wurde die Tür geöffnet und Spock erschien.
„Wir nähern uns einer kleinen Hafenstadt, Captain. Sollen wir anlegen?“
Er hob verwundert eine Augenbraue, als er die Anwesenheit des noch nicht ganz wachen Doktors bemerkte. Doch dann ignorierte er ihn einfach, als wäre er Luft.
Kirk war aus seinem Schlafplatz geklettert und setzte sich seinen Hut auf.
"Wir haben genug Vorräte, oder? Sag Sulu, er soll Kurs auf die See halten."
"Sicher?", fragte Spock nach. "Es wäre logisch, der Mannschaft etwas Abwechslung zu bieten, damit sie auf keine dummen Gedanken kommen."
Jim seufzte.
"Als hätten wir auf See nicht genug Abwechslung. Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich mit Landratten unterwegs bin. Gut, du kannst ihnen sagen, dass wir als nächstes Tortuga ansegeln ."
"Aye."
Spock verschwand wieder und Jim genehmigte sich zum Frühstück erst mal einen Schluck Rum und biss in ein Stück trockenes Brot. Dann bemerkte auch er, dass Leonard wach war.
„Guten Morgen, Bones“, begrüßte er ihn.
Dieser murmelte eine Erwiderung und setzte sich gerade auf, streckte seine Glieder. Sein Nacken und der gesamte Rücken taten ihm weh von seiner unmöglichen Schlafposition. Damit würde er zurechtkommen müssen und bestimmt würde er sich keine Blöße geben und jammern.
Er griff nach einer Flasche Alkohol auf dem Tisch und genehmigte sich erst mal einen Schluck. Wenn er auf seiner Schiffsreise eines gelernt hatte, dann dass ein Schluck Rum am Morgen den Magen beruhigte.
„Klar, bedien dich ruhig“, grinste Jim spöttisch und nahm ihm die Flasche aus der Hand, um auch davon zu trinken.
„Danke, mach ich“, erwiderte Leonard hörbar schlecht gelaunt. Ihm wurde wieder bewusst, dass er die nächsten Tage bis Wochen hier verbringen würde. Und wenn er Glück hatte, überlebte er das ganze sogar.
„Sind wir bald da?“, fragte er. Jim lachte nur kurz auf. Dann beugte er sich über seinen großen Schreibtisch und betrachtete die Seekarten. Eine Antwort gab er Leonard nicht.
Dieser war übrigens der Meinung, dass er nun eindeutig lange genug in dem Zimmer des Captains gewesen war und es Zeit war zu gehen. Außerdem hatte er einen Patienten, um den er sich kümmern musste. Wenn er auch keine Wahl hatte, auf diesem Schiff zu sein, so sollte ihm trotz allem keiner Nachsagen, dass er sein Handwerk nicht verstand. Mehr noch, es würde ihn in seiner Ehre kränken, wenn er gerade vor den Piraten einem Patienten nicht helfen könnte.

Auf seinem Weg durch das Schiff sah er sich heute ein wenig interessierter um.
Es gab eine interessante Mischung aus Nationalitäten an Bord. Der Steuermann war ein Asiat. Wann immer man an Deck war, sah man ihn oben am Ruder stehen, wie er gestern bereits gemerkt hatte. Die schwarze Lady, die Leonard schon beim Überfall aufgefallen war, war nicht die einzige Frau an Deck. Ein Rotschopf begegnete ihm und eine blonde Schönheit. Außerdem bemerkte er bei aufgeschnappten Worten verschiedene Akzente.
Wie gestern wurde er zwar weiterhin neugierig gemustert, aber sonst nicht weiter belästigt. Als wäre er nur ein vorübergehender Zuschauer an Bord, was quasi ja auch zutraf. Oder ein Gast.
Diese Vorstellung war so absurd, dass Leonard beinahe aufgelacht hätte. Ein Gast eines Piratenschiffes. Das wäre das richtige für ihn. Wahrscheinlich schaffte es niemand sonst, sich so zu fühlen. Wäre er mal in Georgia geblieben.
Er gehörte nicht hierher und obwohl er sich alleine und frei auf dem Schiff bewegen konnte, wusste er nicht, wo er vielleicht nicht gerne gesehen war. Bei diesem Gedanken straffte er seine Schultern. Wenn ihm jemand dumm kommen würde, würde er eben im gleichen Ton antworten. Normalerweise hatte er damit auch kein Problem.
Leonard mochte einfach keine neuen Umgebungen. Er war ein Gewohnheitsmensch. Der Schritt in die ungewisse Fremde hatte ihn schon genug Überwindung gekostet.

Nach einer Weile fand er die Mannschaftsunterkünfte. Es waren zwei große Räume nicht ganz im untersten Schiffsbauch. Würde Leonard noch eine Etage tiefer steigen, käme er wohl zu den Vorräten. Hier oben waren Pritschen an den Wänden und Boden und Hängematten an der Decke übereinander angeordnet, um möglichst viele Menschen unterzubekommen.
Doch alle Schlafplätze waren leer. Von Chekov war keine Spur.
„So viel zur Bettruhe“, knurrte Leonard und schloss die Hand enger um den Griff seiner Arzttasche. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging auf die Suche nach Chekov. Dem Jungen würde er ordentlich die Leviten lesen.

Es war erstaunlich, wie groß so ein verdammtes Schiff sein konnte, wenn man jemanden suchte. Irgendwann versuchte er sich durchzufragen, doch die Antworten waren so widersprüchlich, dass er damit auch nicht sonderlich weit kam. Vielleicht wurde er aber auch absichtlich immer an falsche Orte geschickt.
Als letzte beschloss er die dunkle Schönheit zu fragen, da sie ihm gerade über den Weg lief.
„Chekov? Ich glaube, der ist beim Zimmermann“, erwiderte Uhura. Sie erklärte ihm den Weg, er machte kehrt und ging dorthin zurück.

Die Enterprise war mit je einer Reihe Kanonen auf Back- und Steuerbord ausgerüstet und genau auf diese Ebene kam der Arzt jetzt. Einige Fässer und Truhen standen in den Ecken. Wahrscheinlich das Pulver und die schweren Kugeln, vermutete er. Auf einer der Truhen saß Chekov.
„Da bist du ja!“, rief Leonard und der Lockenkopf drehte sich zu ihm um.
„Doktor..“
„Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt“, schimpfte Leonard und ging zu ihm. Da tauchte hinter einer der Kanonen ein weiteres Gesicht auf. „Das ist also der neue Doktor, von dem man schon so viel gehört hat“, stellte dieses fest und musterte ihn neugierig.
Leonard blickte unverhohlen zurück.
„So? Über mich wird also viel erzählt?“, fragte er und zog eine Augenbraue hoch. Er war sich sicher, dass er diese Neuigkeit nicht gerade prickelnd fand.
„Auf der Enterprise verbreiten sich Dinge eben schnell“, wurde ihm erklärt und er war sich absolut sicher, dass dies auch für Läuse und die Pest galt.
„Und wer seid Ihr?“, fragte er den Mann.
„Scotty. Ich kümmer mich um dieses hübsche Schiff hier.“
Das war dann wohl der Zimmermann, zu dem man ihn geschickt hatte. Dieser verschwand wieder hinter der Kanone, um weiter zu arbeiten.
„Chekov, Junge, gib mir mal den Hammer“, gebot er dem Blonden, welcher nickte und aufstand.
„Tut mir Leid, aber das wird er nicht“, widersprach McCoy. „Es ist ein Wunder, dass der Junge überhaupt noch gerade stehen kann. Er ist schwer verletzt.“ Er schüttelte den Kopf über so viel Leichtsinnigkeit.
„Aber Mr. Scott-..“
„Mr. Scott wird bald nichts mehr von dir haben, wenn du hier weiter herum sitzt, weil du dann nur noch einen Arm haben wirst“, setzte Leonard mit Nachdruck hinzu. „Das will er bestimmt nicht, oder?“
„Aye“, kam es von hinter den Kanonen. „Übernehmt ihn in Eure Obhut, Doc.“
„Da hörst du es, Junge. Komm jetzt.“

Leonard brachte den Jungen zurück in die Mannschaftsräume und organisierte unterwegs einen Eimer samt Wasser und Lappen. Chekov setzte sich auf seine Pritsche und ließ sich untersuchen.
Der Arm zeigte nicht viel Veränderung zu gestern, aber seine gesamte Haut strahlte immer noch zu viel Wärme ab. Leonard legte ihm einen kühlen, feuchten Lappen auf die Stirn und war wieder vollkommen in seinem Arztmodus. Am liebsten hätte er den Jungen in ein Einzelzimmer mit Frischluft gesteckt, aber das war leider nicht drin. Dafür untersuchte er das Schiff nach der minimalistisch ausfallenden Küche und machte dem Smutje Feuer unterm Hintern, dass er eine ordentliche Kraftbrühe aufsetzte, die er seinem Patienten brachte.

So verbrachte er die erste Hälfte des Tages, ohne zu merken, wie die Zeit verging. Erst als ihm selbst der Magen grummelte, gönnte er sich eine Pause und besorgte sich etwas zu Essen. Immerhin wurde ihm das ohne Wenn und Aber gewährt. Genauer gesagt, sprach man gar nicht mit ihm.
Draußen an Deck verzog er sich in eine einsame Ecke und aß schweigend seine Suppe. Zumindest glaubte er, dass es das war, was er da aß, denn es war flüssig und er konnte verschiedene Zutaten wie zum Beispiel Kartoffeln und Fleisch ausmachen. Aber er beschwerte sich nicht. Nicht laut. Eigentlich wollte er nichts lieber als runter von diesem dreckigen Piratenschiff und wieder zurück aufs Festland. Gras sehen, Berge. Irgendetwas anderes als Wasser.
Seine Schale war viel zu schnell geleert und seufzend stand er auf. Er hatte beschlossen, zu Kirk zurückzukehren, da sein Patient gerade mit allem versorgt war und er nicht wusste wohin sonst.
Doch als er die Kajüte betrat, fand er sie leer vor. Auch gut. Dann musste er zumindest keine Unterhaltung führen.
Normalerweise war Leonard niemand, der in privaten Dingen anderer Leute herumschnüffelte, aber dennoch sah er sich neugierig um. Es war interessant, herauszufinden, wie ein Piratenkapitän so lebte. Alles in allem war der Raum sehr voll gestellt und auch nicht gerade ordentlich gehalten. Aber das wunderte den Amerikaner wenig. Neben der Schlafkoje stand ein Schrank, der bis zur Decke reichte und wahrscheinlich, wie die meisten schweren Möbelstücke auf Schiffen, am Boden befestigt war, damit bei einem Sturm oder hohem Wellengang nichts umfiel. Außerdem gab es mehrere Truhen in verschiedenen Ecken und McCoy entdeckte sogar ein kleines, einfaches Bücherregal. Es überraschte ihn ein wenig, darin einige Werke zu finden, die mehr als nur einfache Lektüre waren.
Er zog ein Buch heraus und blätterte gedankenverloren hindurch. Jim schien doch eine gewisse Bildung zu haben, wenn er so etwas las. Oder aber er hatte es einfach bei einem Raubüberfall mitgehen lassen. Wahrscheinlich wusste er noch nicht einmal etwas über den Wert dieses Buches. Vorsichtig stellte er es wieder zurück, nahm sich aber vor, beizeiten mal in einige Bücher reinzulesen, falls er hier wirklich noch länger festsitzen sollte.
Als nächstes fiel ihm ein Schachbrett ins Auge. Die Figuren schienen mitten in einem Spiel aufgestellt zu sein und er wagte es nicht, ihre Position zu verändern. Das war sowieso nicht sein Spiel, aber er betrachtete die Figuren interessiert. Sie waren zwar abgenutzt und vom Seewasser gezeichnet, mussten aber einst sehr kunstvoll geschnitzt worden sein. Leonard fragte sich, welchem armen Kerl Kirk es wohl abgenommen hatte. Derjenige schwamm wahrscheinlich längst auf dem Meeresgrund oder hatte eine Kugel im Kopf.
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