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The pirate's gospel

von Janora

Arzt im Einsatz

Die Zeit verging ohne besondere Vorkommnisse. Leonard kümmerte sich um Chekov und ging den Piraten so gut es ging aus dem Weg. Nur beim Captain schaute er hin und wieder vorbei, da dieser, bis auf Chekov, der einzige war, der wirklich zu ihm sprach. Alle anderen begegneten ihm mit Schweigen oder so wenig Worten wie möglich. Nicht, dass er sich darüber beschwerte.
Zum Schlafen suchte er sich, sobald es dunkel geworden war, eine abgelegene Ecke auf dem Schiffsdeck.
Er würde hier so schnell nicht wieder wegkommen und irgendwann gegen Abend des dritten Tages, hatte Leonard sich damit abgefunden. Kaum hatte er diesen Schritt gemacht, wurde die ganze Situation deutlich erträglicher. Auch wenn er nicht genau wusste, ob er sich allmählich an die neue Gesellschaft, vor allem die von Jim, gewöhnte oder ob dieser wirklich aufhörte, ihn ständig merkwürdig anzugrinsen.

Die Crew schien sich generell nahe zu stehen. Es überraschte Leonard, immerhin war er trotz allem noch immer auf einem Piratenschiff. Und von Seeräubern hatte er bisher ganz andere Geschichten gehört. Brutale, beängstigende, geradezu haarsträubende Geschichten. Vor allem der Captain schien so gar nicht in seine Rolle passen zu wollen. Es lag an seiner Ausstrahlung, die ewig gute Laune.

An jenem dritten Abend verkroch sich Leonard nicht, um für sich alleine zu sein. Wenn er hier fest saß, konnte er auch versuchen, das beste daraus zu machen. In einer Ecke der frischen, nach Fisch stinkenden Seeluft, saßen einige Piraten zusammen und spielten Karten. Unter anderem kannte er Scotty darunter und ohne groß darüber nachzudenken, ging er zu ihnen.
„'n Abend“, begrüßte er die Runde. „Ist hier noch ein Platz frei?“
Alle Köpfe drehten sich zu ihm und er wurde aufmerksam gemustert. Sofort bereute er seine Entscheidung, aber für einen Rückzieher war es jetzt zu spät.
Entgegen seiner Erwartung rückten die Seeräuber zusammen und räumten ihm einen Platz ein. Er ließ sich nieder und bekam auch ein paar Karten ausgeteilt. Allerdings entging ihm nicht, dass das eben noch so ausgelassene Gespräch der anderen nicht wieder aufgenommen wurde. Leonard war ihn ebenso fremd, wie die Piraten ihm. Er gehörte nicht hierher. Wahrscheinlich hielten sie von seinem ungefragten Aufenthalt hier auf dem Schiff ebenso viel wie er selbst. Herrgott, es waren Piraten. Was hatte er sich nur dabei gedacht, sich dazu zu gesellen? Er schaute in seine Karten und hatte nicht mal Ahnung was hier gespielt wurde.
Plötzlich ertönte ein Ruf hinter ihnen.
„Doktor!“
Ein Seeräuber war an Deck erschienen und sah sich suchend um und als er Leonard entdeckte, kam er mit schnellen Schritten zu ihm. „Doktor, es geht um Chekov. Wir glauben, er stirbt!“
Sofort sprang McCoy auf. „Was habt ihr angestellt?“
„Na, was wohl? Nichts...“
Doch Leonard hörte schon gar nicht mehr zu, sondern eilte unter Deck, wo er den jungen Russen wusste.

Chekov hatte hohes Fieber. Er murmelte wirres Zeug vor sich hin und drehte sich von einer Seite auf die andere. Dabei stöhnte er jedes Mal schmerzhaft auf, wenn er seinen verletzten Arm irgendwie bewegte. Das hatte den größten Teil der Mannschaft geweckt.
Leonard unterdrückte einen Fluch und atmete durch. „Ich brauche einen großen Eimer Wasser und alle Tücher, die aufzutreiben sind. Je sauberer, desto besser“, befahl er dem erstbesten, der neben ihm stand. Als dieser nicht sofort reagierte, sorgte er dafür. „Na los, du siehst doch, dass es dringend ist!“
Einen andere fragte er, ob es etwas Nicht-Alkoholisches zu trinken an Bord gab. Doch er bekam bloß ein Kopfschütteln. Flüssigkeiten, die nicht mit ein wenig Wein oder Rum gestreckt wurden, verdarben schnell. Leonard zog die Brauen zusammen. „Okay, dann hör mir zu: verdünn mir das am wenigsten alkoholische Gesöff, das der Karren hier zu bieten hat und bring es her. Ich brauche keine Schnapsleiche als Patient.“ Alle anderen, die ihn beobachteten, ignorierte er. Schließlich war er Arzt, kein Unterhaltungsprogramm. Und er hatte zu tun. Chekovs Fieber musste so schnell wie möglich gesenkt werden.
Ein Eimer, aus dem kaltes Meerwasser schwappte, wurde neben ihn gestellt und daneben ein Stapel an unterschiedlichen Stoffstücken, deren ursprünglichen Farben meist kaum noch auszumachen war. Etwas besseres würde er wohl nicht bekommen und es eilte, also beschwerte er sich nicht, sondern tauchte die Lappen nacheinander ins Wasser.
Einen bekam Chekov auf die Stirn, aus den anderen machte Leonard ihm Wadenwickel. Der Junge war im Fiebertraum und seine Glieder zuckten, als sie mit der Nässe in Berührung kamen, aber der Arzt hielt ihn eisern fest und wickelte über die feuchten Tücher je noch eine trockene Lage. Dann lehnte er den Kopf des Blonden etwas nach oben und versuchte, ihm ein wenig von dem Trinken, das man ihm mittlerweile gebracht hatte, zu geben. Die Hälfte ging daneben und er beschloss zu warten, bis der Junge etwas wacher war. Gerne hätte er ihm einen Sud mit Holunderbeere oder Weidenrinde zu trinken gemacht. Aber das gab es auf diesem gottverdammten Schiff ja nicht.

Es wurde eine lange Nacht für McCoy. Während die anderen nach und nach wieder schlafen gingen, blieb er auf und sorgte dafür, dass die Wickel stündlich erneuert wurden, auch auch die Stirn immer feucht gehalten wurde. Außerdem zwang er ihn hin und wieder, etwas zu trinken, um ihn ansatzweise hydriert zu halten. Dieses Schiff war ein Höllenort und er wünschte, er könnte mehr für den Jungen tun.
Irgendwann mitten in de Nacht ging er an Deck und frischte das Wasser im Eimer auf, welches zur Neige gegangen war. Ansonsten blieb er bei Chekov.

Am frühen Morgen erwachte Leonard, als einige Stiefelpaare an ihm vorbei liefen und er bemerkte, dass er an die Holzwand gelehnt im Sitzen gedöst hatte. Der Aufenthalt hier war eindeutig Gift für seinen Rücken.
Mit einem kurzen Ächzen kam er wieder auf die Beine und sah direkt nach seinem Schützling. Chekov war die letzten Stunden ruhiger geworden und er hielt dies für ein gutes Zeichen. Der Blonde schlief noch immer und er ließ ihn in Ruhe kurieren. Außerdem knurrte sein Magen und er beschloss zu schauen, ob er irgendwo ein Frühstück bekam.
Gerade als er aufs Deck kam, trat jedoch Spock zu ihm.
„Doktor, der Captain möchte Euch sehen.“
Leonard nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Er würde gleich, nachdem er Essen im Magen hatte, zu Kirk gehen. Doch das Spitzohr machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Als er sich nämlich nicht sofort bewegte, hob Spock eine Braue. „Ich werde Euch dorthin begleiten“, verkündete er.
„Wozu?“, fragte Leonard und sah ihm ins Gesicht. „Angst, dass ich mich verlaufe?“
„Nein.“
Das war alles, was er als Antwort bekam. Spock bedeutete ihm mit einer Geste den Weg und nach einem kurzen Moment des Abwägens, setzte er sich tatsächlich in Bewegung. Er war noch zu gerädert, um sich in eine Diskussion zu stürzen. Außerdem ging er so vor dem Schwarzhaarigen her und musste nicht sein Gesicht sehen.
An der Tür der Kapitänskajüte angekommen, klopfte Spock und ließ Leonard dann eintreten, bevor er wieder verschwand. Der Arzt verdrehte die Augen.

Jim war gerade dabei, sich ein frisches Hemd anzuziehen und Leonard räusperte sich, als er die Tür hinter sich schloss. Der Blonde drehte den Kopf zu ihm.
„Ah, Bones, wie war deine Nacht?“, fragte er ihn.
„Kurz“, war die einfach Erwiderung.
„Ich hab davon gehört. Wie geht es dem Jungen?“
Ernsthafte Sorge schwang in seiner Stimme mit, wie Leonard auffiel. Jim mussten seine Männer wichtig sein. Er sah dabei zu, wie der Captain sein Hemd zuknöpfte. Dann blinzelte er, weil er bemerkte, dass er ihn anstarrte, anstatt auf die Frage zu antworten.
„Nicht besonders gut“, brachte er hervor und räusperte sich erneut. Dieses Mal, um seine Stimme zu zu ordnen, die ungewöhnlich heiser klang. Das musste der Schlafmangel sein, redete er sich ein und ignorierte Jims Grinsen, da diesem das ganze natürlich nicht entgangen war. „Es wäre sehr viel besser, wenn ich ihn irgendwo behandeln könnte, wo es weniger schwankend und … schiffig ist.“
„Weißt du, für jemanden, der mit dem Schiff den Atlantik überquert, klingst du erstaunlich wenig begeistert von Schifffahrt.“
„Natürlich nicht. Wer begibt sich schon freiwillig auf diese endlosen Weiten des Todes? Skorbut, Pest, Seeungeheuer und eine verdammte, schwarze Tiefe, die alles verschlingt“, schimpfte Leonard. Wahrscheinlich hätte er noch weiter gemacht, aber Jim gab ein unterdrücktes Lachen von sich, worauf der Dunkelhaarige ihn mit zusammengezogenen Brauen anblickte. „Hältst du das für Spaß?“
„Du glaubst an Seeungeheuer?“, fragte Jim zurück.
Leonard machte den Mund auf, wusste aber zunächst nicht, was er daraufhin sagen sollte.
„Das ist nicht der Punkt“, brachte er schließlich hervor. „Hast du mir eigentlich zugehört?“
„Jedes einzelne Wort deiner hübschen Stimme.“
„Ich meine es ernst. Niemand bei klaren Verstand begibt sich von selbst auf diese Hölle.“
Ihre Blicke trafen sich.
„Das macht wohl zwei Verrückte aus uns“, erwiderte Jim in einer tiefen Tonlage, ohne seine blauen Augen abzuwenden. Eine Sekunde später blinzelte er jedoch und hatte wieder sein typisches Lächeln auf den Lippen. „Hast du eigentlich schon etwas gegessen?“
Der plötzliche Umschwung verwirrte Leonard, aber wie auf Kommando knurrte sein Magen leise.
Jim nickte zu seinem Tisch, auf dem für den Captain immer etwas zu Essen zu stehen schien. Und zwar mehr, als er eigentlich brauchte. „Bedien dich.“
Heute ließ sich der Arzt nicht zweimal bitten. Es ersparte ihm den Weg in die Bordküche, wenn er hier aß. Und außerdem war ihm Obst und Fleisch lieber als die Suppe, die es sonst wahrscheinlich wieder für ihn geben würde. Vielleicht gab es doch den einen oder anderen Vorteil, den er aus der Gesellschaft mit dem Captain ziehen konnte. Er setzte sich also auf seinen Stuhl vom letzten Mal und langte zu.
Der Blonde beobachtete ihn dabei.
„Woher kannst du eigentlich Schach spielen?“, fragte Leonard nebenbei und deutete auf das Spielbrett.
„Warum sollte ich es nicht spielen können?“, lachte Jim über die Frage. Nach einem kurzen Zögern antwortete er ihm aber doch. „Spock hat es mir beigebracht.“
Das Wiederrum überraschte McCoy nur wenig. Den spitzohrigen Piraten fand er ohnehin seltsam.
„Wo liest man überhaupt so einen Kerl auf?“
Jim bedachte mit ihm einen Blick, der ihm sagte, dass er gefälligst einen anderen Ton anschlagen sollte, wenn er von Spock sprach. „Ich habe ihn nicht aufgelesen, sondern er mich“, erklärte der Blonde. „Und ich wäre dir sehr verbunden, wenn du die Figuren nicht verrücken würdest. Wir sind nämlich mitten in einer Partie.“
Zumindest letzteres hatte sich Leonard ja bereits gedacht.
„Aha“, machte er nur und wechselte dann das Thema. „Gibt es noch Rum?“ Er hielt die letzte Flasche auf dem Tisch verkehrt herum hoch, um zu zeigen, dass sie leer war.
Jim trat zu einer Truhe und holte daraus eine neue, die er ihm zuwarf.
„Hilf dir selbst.“
Die Flasche war noch ungeöffnet und Leonard griff nach einem alten Messer, das auf dem Tisch lag, um das Wachssiegel zu entfernen. Anschließend drückte er die Spitze des angerosteten Metalls zwischen Glas und Korken und versuchte, letzteren herauszuhebeln. Leichter gesagt als getan. Er drückte das Messer tiefer und probierte einen anderen Winkel. Plötzlich gab die Klinge nach und zerbrach in der Mitte. Das Messer entglitt ihm und beide Teile fielen durch die Luft. Dann steckte ihm die abgebrochene Klinge auch schon im Arm.
Schmerzvoll keuchte Leonard auf und stieß einen Fluch aus, denn sofort färbte sich sein Hemd an der Stelle blutrot.
Jim drehte verwundert den Kopf zu ihm, wusste erst gar nicht so recht, was eigentlich passiert war. Dann sah er aber seinen Unterarm und kam zu ihm herüber.
„Heilige Seemöwe, ich dachte du wärst geschickter.“ Er streckte seine Hand nach der Klinge aus, wollte sie rausziehen, aber Leonard wich aus.
„Was soll das werden?“, knurrte er leise, konnte aber ein weiteres, schmerzhaftes Keuchen nicht verkneifen.
„Ich will dir helfen, verdammt“, schimpfte Jim zurück und griff wieder nach ihm.
„Das kann ich auch selbst. Ich bin Arzt.“
„Aye, das weiß ich mittlerweile.“
„Stimmt, ist ja der Grund, warum ich auf diesem verdammten Todesgefährt mitten in der Hölle bin!“
Jim sah ihn bissig an. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Dann drehte er sich jedoch weg.
„Ich hol Wasser zum Auswaschen“, informierte er den Dunkelhaarigen und verschwand, die Tür hinter sich zuschlagend. Leonard blickte ihm entgeistert nach. Dann legte er seinen Arm auf den Tisch und entfernte die Klinge selbst. Sie war voller Rost. Wenn das mal nicht eine hübsche Blutvergiftung gab, dachte er grimmig. Er hoffte, er konnte die Wunde ausbluten, dass es nicht so weit kommen würde, aber niemand konnte sagen, wo das Messer schon überall gewesen war. Er krempelte seinen nun kaputten Ärmel hoch.
Als er hörte, wie die Tür sich wieder öffnete, schaute er nicht auf. Aber Jim trat zu ihm, in den Händen eine Schüssel mit Wasser und einem Stofffetzen als Lappen.
Er wurde ihn wohl nicht los, überlegte der Arzt und fand sich tatsächlich damit ab, vielleicht weil er Kopfschmerzen verspürte, die gegen seine Schläfen pochten. Möglicherweise wurde er ja wieder Seekrank. Wundern würde ihn gar nichts mehr.
Jim tauchte den Lappen ein und war auf einmal viel zu nah, so wie er vor ihm hockte. Seine Hand hielt Leonards, während er mit konzentriertem Gesichtsausdruck die Wunde auswusch. Vielleicht eine halbe Minute später ertappte der Arzt sich dabei, ihn anzustarren. Im hellen Schein der Laterne fielen ihm zum ersten Mal die leuchtend blauen Augen auf, die ihn wirklich überraschten. Verdammt, die waren wirklich hypnotisierend.
Zu spät bemerkte er das feine triumphierende Lächeln auf Jims Lippen.
„Gefällt dir, was du siehst?“
Sofort zog Leonard die Augenbrauen zusammen. „Pah“, murmelte er „Hättest du wohl gerne.“
Aber er konnte den Blonden nicht täuschen. Dieser trat zu einer Truhe an der Wand und suchte einen Stoffstreifen daraus, mit dem er den Arm verbinden wollte. Bones jedoch hielt ihn auf.
„Lass. Das muss genäht werden“, meinte er auf den größten Schnitt deutend. Jim blickte ihn an.
„Willst du das etwa selbst machen?“
„Dich lass ich da bestimmt nicht dran. Ich brauche meine Tasche.“

Und die bekam er auch. Während er mit dem Lappen auf die Wunde drückte, um die Blutung unter Kontrolle zu halten, suchte er mit der anderen Hand in der Tasche nach einem kleineren Etui, aus dem er eine Sammlung an Nadeln und Faden zog.
„Gib mir mal die Kerze da drüben“, nickte er zu Jim und hielt dann eine schmale Nadel in die Flamme, um sie zu reinigen. Dann legte er seinen verletzten Arm auf dem Tisch ab, holte tief Luft und stach mit der Nadel in die Haut. Er biss die Zähne zusammen. Das tat echt verdammt weh.
Normalerweise betäubte er seine Patienten vorher mit Alkohol oder einem Schlag auf den Hinterkopf. Aber da musste er eben durch.
Jim sah ihn mit angehaltenem Atem zu.
"Das sieht ziemlich schmerzhaft auf", meinte er als der Ältere fertig war und den Faden abbiss.
„Mhm“, war bloß die Antwort, zusammen mit ein paar leisen Flüchen, als er sich erledigt zurücklehnte.
Der Blonde beließ es auch dabei, verband ihm stattdessen endlich die Wunde und wischte das letzte Blut weg. Anschließend bewegte Leonard vorsichtig seinen Arm. Es schmerzte.
„Gibt es jetzt endlich Schnaps?“, fragte er.
Wortlos öffnete Jim die Flasche, indem er den Korken einfach in die Flasche hinein drückte, und überreichte sie ihm.
„So hätte ich das auch hinbekommen“, erklärte Leonard.
„Klar.“
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