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SturmFrei

von BlueScullyZ

Der Captain verlässt die Brücke

Argwöhnisch ließ Kirk seinen Blick noch einmal durch die Runde schweifen, während er möglichst unauffällig den Kragen der grünen Wickeltunika geradezupfte.
Seine Mannschaft präsentierte sich von ihrer besten Seite. Jeder stand mit gerader Haltung an seiner Station und schaute erwartungsvoll in seine Richtung, fast so, als warteten sie noch auf letzte Instruktionen, obwohl sie ganz genau wussten, dass eben das nicht kommen würde. Es war absolutes Standardvorgehen und alles Nötige hatte er bereits gesagt. Er konnte nichts Schlechtes über seine Leute sagen und er wollte auch gar nicht nach einem Makel suchen. Aber manchmal war es fast schon gruselig, wie glatt doch alles lief. Dieses unbestimmte Gefühl ergriff ihn dann, dass er irgendwas verpasst hatte. Er hatte schon überlegt, ob er womöglich im Schlaf Lobeshymnen über die Lautsprecher verkündete oder irgendwelche Wetten im Hintergrund liefen, von denen er nichts wusste, die auf gutes Betragen abzielten. Aber einfach so konnte seine gesamte Crew doch nicht dieser Mischung aus hochmotiviertem Fleiß erlegen sein. Er wusste, er war ein guter Captain, aber das schrieb nicht einmal er seinen Führungsqualitäten zu - die waren durchgehend hervorragend und erklärten diese Enthusiasmus-Peaks damit nicht.
Er war sich inzwischen sicher, dass das Oberteil nicht besser zu bändigen war, aber die erwartungsvollen Blicke, die geradezu um eine vollständige Inventur zu betteln schienen, lagen immer noch auf ihm. "Gut, meine Herren", ließ er sich dann doch zu einer Verlautbarung überreden, "Mister Sulu hat das Kommando. Im Notfall erreichen Sie mich auch während der Verhandlungen über den Kommunikator, aber das wird wohl kaum notwendig sein. Sie kriegen das schon hin." Während er und sein Erster Offizier in Begleitung des leitenden Schiffsarztes die Verhandlungen um die Deuteriumlieferungen des Planeten, den sie umkreisten, führen würden, würde das Schiff nichts weiter tun, als den Standardorbit zu halten. Quasi so etwas wie Urlaub, denn Komplikationen waren keine in Sicht und die Verhandlungen würden im schlimmsten Fall für ihn einige Tage in Anspruch nehmen. Zugegebenermaßen konnte auch das ein Grund für die gute Laune seiner Mannschaft sein, die ihm, nachdem er den Aufbruch noch einmal verbal untermauert hatte, noch zufriedener aussah. "Dann mal los", meinte er an seine beiden Gefährten gewandt und ging zum Turbolift, nicht, ohne sich noch einmal umzusehen.
Im Turbolift konnte er nicht anders, als ratlos mit dem Kopf zu schütteln. "Man möchte meinen, dass sich die Leute anfangen zu langweilen, wenn sie stundenlang um einen Planeten kreisen." Als er aufsah entging ihm nicht das breite Grinsen auf McCoys Gesicht. "Hast du was dazu beizutragen, Pille?" Vielleicht wusste der ja mehr.
Die Tür des Lifts öffnete sich, sodass sie ihren Weg zum Transporterraum fortsetzen konnten.
McCoy, der neben ihm herlief und die Hände auf dem Rücken gefaltet hatte, übte sich in einer Miene aus Zurückhaltung, die nur schwerlich darüber hinwegtäuschte, dass ihn irgendwas sehr amüsierte. "Ich hatte den Eindruck, dass deine Brückenbesatzung ganz froh ist, dich mal wieder woanders zu wissen."
Von einem Chefarzt eines Constellation-Schiffs hatte Kirk in diesem Moment tatsächlich mehr Ernsthaftigkeit erwartet. "Das halte ich für unwahrscheinlich. Welchen Grund sollten sie dazu haben?"
"Jim, es mag schlimmere Befehlshaber als dich geben, aber Captain bleibt Captain. Ab und zu brauchen deine Leute mal etwas Freiraum. Und auch wenn es dein Selbstvertrauen vielleicht erschüttern wird ..."
"Keine Sorge, Pille, ich werd es schon ertragen", giftete Kirk unerbittlich dazwischen, was McCoy dazu veranlasste, sein diabolisches Grinsen noch weniger zu kaschieren.
"Ok, ich formuliere es anders. Vielleicht wird das dein Selbstvertrauen auf ein erträgliches Maß dezimieren, aber du hast deine schwierigen Momente."
Das hatte der Captain nicht kommen sehen. "Schwierige Momente?", echote er ungläubig.
"Wenn ich mir Spock so ansehe", fuhr der Schiffsarzt fort und sah sich nach dem Vulkanier um, der schweigend hinter ihnen herlief, "sieht der das ganz ähnlich."
"Woran wollen Sie das festmachen, Doktor?", meldete der Angesprochene sich nun auch endlich mal zu Wort. "Mein Auftreten unterscheidet sich nicht zu meiner sonstigen Erscheinung. Und die Anwesenheit von Captain Kirk hat darauf nicht den geringsten Einfluss."
"Siehst du?", fragte McCoy an ihn gewandt, doch Kirk verstand die Frage nicht wirklich.
"Sehe ich was?", hielt er deshalb dagegen, als er in den Transporterraum trat.
Er sah Scotty hinter der Transporterkonsole, der ihm mit erhobenem Daumen klarmachte, dass alles vorbereitet war. Aber das wollte er noch klären.
Mit gewichtiger Miene führte Pille seine Deutung weiter aus. "Wenn deine Anwesenheit Einfluss auf Spock hätte, sähe er jetzt anders aus."
Kirk war sich nicht sicher, ob diese Aussage wohl auch Spocks Gehirn gerade auslastete, oder ob nur er daran zu knabbern hatte. "Wenn meine ... Pille, wenn Kirschen grün wären, dann wären Kirschen eben grün, aber was willst du mir damit sagen? Spock, fühlen Sie ..." Falsche Wortwahl. Aber wie formulierte man das anders? "Hat meine Autorität als Captain einen negativen Einfluss auf die Atmosphäre?"
Die linke Augenbraue des Vulkaniers wanderte in schwindelnde Höhen. "Ich denke kaum, dass das für die bevorstehenden Verhandlungen von Belang sein wird, Captain", wich er ihm aus und trat an ihm vorbei auf die Transporterplattform.
Von ihm konnte Kirk also zum jetzigen Zeitpunkt keine Schützenhilfe erwarten, wie er enttäuscht feststellen musste.
McCoys Lippen zierte ein latentes erschreckendes rechthaberisches Grinsen, als er ihm folgte. Als wollte er sagen, keine Antwort sei auch eine Antwort.
Wunderbar. Und mit diesem Wissen sollte er sich nun auf eine diplomatische Mission vorbereiten. Dabei stellte er sich zum ersten Mal die Frage, was seine Crew wohl neben ihrem Dienst noch so alles auf dem Schiff anstellte, wenn er nicht da war ...

Sulus Grinsen wurde noch breiter, als die Tür sich hinter dem Captain schloss, und er war damit nicht allein.
"Ruhe und Frieden", entwich es Chekov als Erstem, der einen Gesichtsausdruck trug, der von einem ganz besonderen Maß Erleichterung kündete, jedoch vom Schreck verbannt wurde, als ihm gewahr wurde, dass er das gerade laut gesagt hatte und er schreckhaft von einem Anwesenden zum anderen sah, die ihre Belustigung darüber nicht im Zaum halten konnten. Vermutlich hielt er sich für den Grund von Spott, denn seine Ohren liefen bemerkenswert rot an.
Sulu legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Keine Sorge, das ist normal", versuchte er ihn zu beruhigen. "Wir mögen unseren Captain alle, aber manchmal ist man froh um eine Pause und etwas entspannte Zeit mit den Kollegen. Ganz unter sich." Zuversichtlich zwinkerte er dem jungen Navigator zu.
"Manchmal beneide ich die anderen Mannschaftsmitglieder drum", bekräftigte Uhura Sulus Ausführungen mit einem schelmischen Lächeln. "Aber natürlich bleibt es eine Ehre, direkt auf der Brücke Dienst tun zu dürfen." Es hätte Sulu schwer gewundert, wenn die Kommunikationsoffizierin das hätte so stehen gelassen.
"Nur die ganze Zeit den Captain im Nacken sitzen zu haben, schlaucht irgendwann", fügte Sulu nickend an. Immerhin war er ein netter Kerl und ließ sie die permanente Überwachung durch seine Anwesenheit nicht auch noch verstärkt spüren, sondern pflegte einen recht lockeren Umgang, der über seinen Rang jedoch nie hinwegtäuschen würde.
Der junge Navigator schien sich nicht sicher, ob er die Ausführungen der beiden ernstnehmen sollte. Noch überwogen wohl die Zweifel die Erleichterung.
Um ihm noch etwas Zeit zu geben, diese erste Abwesenheit des Befehlshabers in vollkommener friedlicher Umgebung zu verwinden, wandte Sulu sich direkt an Uhura. "Und, wie vertreiben wir uns die Zeit bis der Captain zurück ist?"
"Wir müssen das Schiff im Orbit halten!", interventierte Chekov.
"Ja." Sulu wusste, dass sie diese Aufgabe hatten. "Aber davon abgesehen. Oder wollten Sie bis zum Schichtwechsel nur die Instrumente anstarren?"
Verwirrt blinzelte der Navigator ihm entgegen. Offenbar hatte er sich die nächsten Stunden genau so vorgestellt. Wie sonst doch auch. Aber sonst gab es Kraftfelder oder fremde Wesen, die sie auf Trab hielten. Diesmal schwebte keines dieser Damokles-Schwerter über ihnen.
"Keine Sorge", beschwichtigte er Chekov, "das Schiff hält den Orbit selbstständig und wir bleiben ja hier und haben ein Auge drauf. Was soll dabei schon schiefgehen?"
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