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Das Fest der Liebe

von Emony

Prolog - Autumn Finds Winter (Yiruma)

Es war einer jener ausgelassenen Abende unter Freunden, die Julian Bashir inzwischen in vollen Zügen genoss. Keiko und Miles hatten Elim und ihn zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen. Diese Abende unter Freunden lockerten ganz wunderbar die ansonsten ernste Stimmung an Bord der Station auf. Die wachsende Bedrohung durch das Dominion hing für gewöhnlich wie eine dunkle Wolke über den Gemütern sämtlicher Stationsbewohner. Umso wichtiger war es daher, wenn es zumindest hin und wieder gelang, einen Ausgleich und etwas Ablenkung zu finden.

„Das Essen war wie immer ausgezeichnet, meine Liebe“, ließ sich Elim Garak vernehmen, der sich mit den Händen wohlig über seinen vollen Bauch strich. „Ich muss gestehen, dass die japanische Küche inzwischen zu meinen Favoriten gehört.“

Miles O’Brien konnte dem zwar nicht zustimmen, vermied es jedoch, seine Meinung dazu zu äußern. Zwischen seiner Frau und ihm war es in der Vergangenheit mehr als einmal bezüglich des Essens zu Streitigkeiten gekommen. Er wollte an diesem Abend keinen weiteren Konflikt vom Zaun brechen.

Allerdings kannte Julian Bashir seinen Freund sehr gut und wusste um dessen wahre Meinung. Er wollte Miles keineswegs in den Rücken fallen, doch er teilte Elims Ansicht und stimmte ihm daher zu. „Dein Tempura ist einfach das Beste.“

„Oh, vielen Dank ihr beiden“, erwiderte sie mit einem strahlenden Lächeln und warf ihrem Mann, der rechts von ihr am Tisch saß, einen Blick zu, der für Außenstehende nur schwer zu deuten war. Miles‘ Lächeln fiel etwas dünner aus, dennoch ergriff er die Hand seiner Frau und platzierte einen versöhnlich anmutenden Kuss auf ihren Handrücken.

Zu Miles‘ Verdruss bereitete Keiko vornehmlich japanische Gerichte zu, insbesondere wenn sie Gäste zum Essen bei sich einluden. Damit war sie schlichtweg aufgewachsen und vertraut. Sie begründete die bevorzugte japanische Küche auch stets damit, dass sie sehr viel bekömmlicher und gesünder als die irische sei. Womöglich hatte sie recht damit, dennoch vermisste er die deutlich deftigere Küche seiner eigenen Heimat und wusste, dass sie beide vermutlich niemals einen gemeinsamen Nenner in dieser Hinsicht finden würden.

Als Keiko sich erhob, um ihren Gästen Sake nachzureichen, konnte Julian einen kurzen Blick mit Miles austauschen. Manchmal tat ihm sein Freund leid. Natürlich liebte Miles seine Frau und Julian fand Keiko auch nett, dennoch war er froh, dass er nicht mit ihr leben musste. Die andauernden kleinen Konflikte zwischen dem Ehepaar wären nichts für ihn gewesen. Julian genoss die harmonische Beziehung, die er mit Elim hatte. Trotz aller Vertrautheit machten die kleinen Mysterien im Leben das Miteinander so spannend. Und Elim wusste, dass Julian es die meiste Zeit genoss, seinem Liebsten immer mal wieder ein kleines Geheimnis aus dessen Vergangenheit zu entlocken.

Die vier stießen auf den gemütlichen Abend an. Molly, die kleine Tochter der O’Briens, saß derweil malend am Couchtisch, unweit der Erwachsenen, und war vollkommen vertieft in ihrem künstlerischen Schaffen. Nach einigen Minuten kam sie jedoch wieder an den großen Esstisch und zeigte ihren Eltern mit einem stolzen Lächeln das Kunstwerk.

„Das hast du wundervoll gemacht, mein Schatz“, lobte Keiko ihre Zeichnung und betrachtete mit mütterlicher Liebe die mit Wachsmalstiften gemalte Landschaft. „Ist das Omas und Opas Haus?“

„Ja“, nickte die Kleine bestätigend. „Und das ist ein Schneemann, den Papa mit mir gebaut hat.“

„Ein Schneemann?“ Elim lehnte sich vor, um einen Blick darauf erhaschen zu können.

Schnee, erinnerte sich Julian mit einem kleinen Lächeln, war seinem Liebsten vollkommen fremd. Er kannte ihn bestenfalls aus Holoromanen. Auf Cardassia schneite es nie. Womöglich sollten sie über die Weihnachtszeit einen Ausflug nach Bajor machen, in die Berge, wo es zu dieser Jahreszeit viel Schnee geben würde.

„Zeig doch Dr. Bashir und Mr. Garak dein Bild“, schlug Miles vor und gab seiner Tochter einen sanften Kuss auf das schwarze Haar.

Daraufhin umrundete Molly ein wenig verlegen den Tisch und legte ihr Bild zwischen den beiden Männern darauf ab.

Julian erkannte die typisch japanische Bauweise des Hauses, das offenbar Keikos Elternhaus darstellte, auch wenn es selbstverständlich nicht perfekt war. Molly war nun mal noch sehr jung und unerfahren, aber dafür war die Zeichnung tatsächlich gelungen. Das Bild zeigte das japanische Haus und den Garten drum herum in einer Winterlandschaft. Vor dem Haus, viel zu groß im Verhältnis zum Rest der Landschaft, hatte Molly einen Schneemann gemalt.

Es folgte eine ausführliche Lobeshymne beider Männer auf das Werk der kleinen Künstlerin, die sich daraufhin stolz und ausgesprochen zufrieden mit der Reaktion der Erwachsenen bei ihnen bedankte.

„Hast du denn mit deinem Papa schon mal einen solchen Schneemann gebaut?“, erkundigte sich Elim mit ehrlichem Interesse. Obwohl Molly erst knapp acht Jahre alt war, wies sie bereits ein nicht zu leugnendes Talent auf. Vielleicht, überlegte der Cardassianer, würde sie tatsächlich einmal Künstlerin werden.

Molly schüttelte schüchtern den Kopf.

„Wir haben es vor“, erklärte Miles.

„Wir werden über Weihnachten zur Erde fliegen, um meine Eltern zu besuchen“, verkündete Keiko freudestrahlend. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich schon sehr darauf freute, ihre Familie wiederzusehen.

Julian beneidete sie ein wenig um das gute Verhältnis zu ihren Eltern, da das zu seinen eigenen Eltern weitaus weniger harmonisch war. Er konnte sich schon gar nicht mehr recht erinnern, wann er zuletzt Weihnachten im Kreis der Familie verbracht hatte.

„Kommt doch einfach mit!“, schlug da plötzlich Miles vor und sprach die Einladung aus, noch ehe er mit Keiko darüber gesprochen hatte. Sicherlich würde sie ihm das verübeln, aber wenn Julian und Elim mitkämen, würde er sich im Kreis von Keikos Familie weniger verloren fühlen. Er beachtete Keikos konsternierten Blick absichtlich nicht, den sie ihm von der Seite zuwarf. „Was meinst du, Molly? Dann kannst du Mr. Garak zeigen, wie man einen Schneemann baut.“

Auch wenn Keiko die Idee vielleicht nicht gut fand und ihren Mann lieber mal ein paar Wochen ganz für sich allein gehabt hätte, war sie viel zu höflich, um die bereits ausgesprochene Einladung rückgängig zu machen. „Warum nicht? Das Haus meiner Familie ist groß genug.“

„Weihnachten in Japan“, sinnierte Julian, „wäre mal was ganz anderes. Was meinst du?“ Seine Frage galt selbstverständlich Elim.

Der Cardassianer sah sämtlichen Anwesenden abwechselnd ins Gesicht und studierte die Ausdrücke, die sich darin fanden. Miles sah fast ein wenig flehend aus. Keiko versuchte sich an einem höflichen Lächeln, das den Schneider keineswegs überzeugte und Molly wiederum schien es vollkommen egal zu sein. Als sein Blick schließlich Julians fand, entdeckte er einen Glanz in den vertrauten braunen Augen, den er auf diese Weise nie zuvor darin gesehen hatte. Eine Art unschuldige Erwartung, gepaart mit einem Übermaß an fast schon kindlicher Vorfreude. Weihnachten war allerdings ein Brauch, dem er bislang nichts abgewinnen konnte. Er wusste selbstverständlich, dass ihn einige der menschlichen Bewohner auf DS9 jährlich zelebrierten, aber er selbst hatte sich noch nicht dafür begeistern können.

Da die Entscheidung offenbar ihm oblag, war er bemüht, sie objektiv anzugehen. Zwei Personen waren eindeutig für den gemeinsamen Urlaub, eine dagegen, eine enthielt sich und er selbst war zunächst unentschlossen. Wie könnte er allerdings dem Mann, den er so sehr liebte, einen derart offensichtlich großen Wunsch abschlagen? Schließlich lächelte er warm in die Runde und nickte, ehe er sich Julian zuwandte. „Solange du versprichst, dass ich nicht erfrieren werde, mein Liebster, folge ich dir auch ins verschneite Japan.“

Das Versprechen gab Julian nur allzu gern. Da die beiden Männer ihr Vorhaben mit einem zärtlichen Kuss besiegelten und Molly sich gerade noch rechtzeitig verdünnisieren konnte, sah keiner von ihnen den Blick, den Keiko ihrem Mann zuwarf und der Wiedergutmachung verlangte.
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