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Qhel Karanat

von Racussa

Kapitel 8

Elim Garak und Julian Bashir sprechen vor dem Zubettgehen über angemessene und unangemessene Opfer für die Liebe und die Ausbildung.
„Wann kommst Du ins Bett?“ raunzte Julian in das Halbdunkel des Zimmers.

„Mein Lieber, dein Verlangen ehrt und rührt mich, aber ich habe morgen wirklich einen heftigen Tag. Wir werden – weil es unsere Station und unser Raumbereich ist – den ersten Test mit der Indagator durchführen. Und das ist hochkomplex.“

Julian wickelte sich in die Decke aus cardassianischer Rübenwolle, die wohlig weich seine Haut umhüllte und kam zu dem kleinen Schreibtisch, an dem Elim noch immer in der Galauniform vom Abendessen saß, nur ohne den klobigen Ehrenrahmen, den er als Legat über dem Nacken trug. Dieses dekorative Ungetüm lag auf einem Sessel neben dem Tisch. So konnte Julian nicht anders, als sich hinter Elim zu stellen, sanft seine Halsverknöcherungen zu streicheln und neckisch über die Schulter zu schauen.

„Seit einer Stunde schaust du dir diese Pläne an, die Gul Rasall ausgearbeitet hat, langweilige Angriffsmuster, und ich sehe beim ersten Blick, dass sich da ein Fehler eingeschlichen hat.“

Elim dimmte den Bildschirm, wandte sich zu Julian um und blickte neugierig zu dem hinter ihm Stehenden auf. „Ein Fehler, Zuckerechse? Mein lieber Doktor, du bist Arzt, kein Stratege.“

Julian ließ der treuherzige Blick völlig kalt. Er erhöhte die Beleuchtung des Bildschirms wieder. „Siehst du da!“, er deutete mit dem Finger auf die Zeitangabe direkt oberhalb des ersten Angriffsmusters. „Da habt ihr einen Zeitfehler von zwei Stunden. Mir ist schon klar, dass es hier echt kompliziert wird, mit cardassianischer Zeit, Föderationszeit, romulanischer Imperialzeit und keine Ahnung worin Breen ihre Zeit messen. Aber diese Angabe hier ist in Indagatoreigenzeit, sehr nützlich für die Manöverwoche.“

Elim nickte und dimmte den Bildschirm wieder. „Ja, das ist in Indagatoreigenzeit. Wie freundlich, dass du inzwischen so sehr cardassianisch denkst, dass du hier unsere Zeit haben möchtest.“

Julian trat nun endgültig hinter Elim hervor und beugte sich zu dem Bildschirm. Er erhöhte erneut die Helligkeit. „So weit, lieber Freund, dachte ich eigentlich nicht. Aber wie du hier siehst, plant dein Gul Rasall den ersten Angriff um 2:15 IEZ. Das ist viel zu früh. So weit ich das heute Abend mitbekommen habe, beginnt der Dienst auf der Indagator morgen mit 0:00 IEZ. Es folgen Eröffnungsapell, ein romulanisches Zwölfgötteropferritual, dann muss erst der Singularitätskern gestartet werden. Soweit ich das verstanden habe, gehen alle von einem Manöverbeginn um 12:00 IEZ aus. Du hast doch heute auch freundlich genickt, als man beim Essen darauf zu sprechen kam. Dieser kleine Flüchtigkeitsfehler könnte zu gewisser Verwirrung führen, vor allem, wenn die Besatzung dieses Schiffes Indagatoreigenzeit und Cardassianerzeit parallel oder vermischt verwendet.“

Elim klappte den Bildschirm zu und stand auf. Er begann, seine Uniformjacke aufzuknöpfen. „Du hattest recht, es ist spät und ich sollte ins Bett gehen. Möchtest du mitkommen? Oder über Zeit spekulieren.“

„Elim, ich kenne dich inzwischen gut genug, dass ich deine abrupten Themenwechsel nicht für eine echsische Eigenheit halte. Sage mir bitte, dass du den Fehler korrigieren lässt. Oder besser, gib Gul Rasall gleich den Befehl, nicht dass wir morgen verschlafen und ein Unglück geschieht.“

Elim hatte inzwischen die Jacke abgelegt und die Infrarotlampen oberhalb des Bettes aktiviert, die eine seltsam rötliche Stimmung in das Zimmer warf. „Ich werde keinen solchen Befehl an den Captain dieses Schiffes geben, weil die Anzeige kein Irrtum ist. Wir werden den ersten Angriff bei dieser Zeiteinstellung fliegen. Im Krieg kann man nie genug Vorbereitungszeit haben. Es wäre unrealistisch, ein Angriffsszenario zu einer vorhergesagten Zeit zu fliegen. Kein Feind der Galaxis würde warten, bis ein Schiff alle Systeme hochgefahren und allen Göttern geopfert hätte. Es würde im Gegenteil genau diese vermeintliche Schwäche ausnützen. Weißt du, auf Cardassia gibt es Quaulkappen genannte Riesenechsen, die bis zu zwölf Meter lang werden können. Sie sind mit giftigen Klauen bewährt und haben Stielaugen, die ihnen fast ein Rundumbild ihrer Umgebung liefern können. Es scheint für so bewährte Tiere keine natürlichen Feinde zu geben; und doch, kleine, mangustenähnliche Tierchen schaffen es immer wieder, eine Quaulkappe zu töten.“

„Warum erzählt du mir das. Du musst den Plan ändern. Ein verfrühter Angriff wäre höchst gefährlich. Es könnte sogar Todesopfer geben, wenn der Sanitätsbereich noch nicht voll aktiviert ist. Und sei es nur aus Schock.“

„Die Stoletteti genannten Kleinmangusten überfallen die Quaulkappen im Morgengrauen, in der kältesten Stunde des Tages, wenn das Reptil starr und langsam ist. Durch geschickte Bisse zerstören sie die unter der Haut gelegen Adern, bevor das Tier mit seinen giftigen Klauen überhaupt zum Gegenschlag ausholen kann. Und so verblutet es innerlich und wird zur Mittagszeit verendet ein Festschmaus für die kleinen Säuger.“

Julian schüttelte angewidert den Kopf. „Das ist eine interessante Biologiegeschichte, aber morgen geht es um ein gemeinsames Manöver. Du bist nicht im Krieg mit der Indagator. Was sollen die Breen und die Föderation sagen? Die Sheliak oder die Tholianern, die Selay oder die Caitianer? Selbst wenn die an Bord Befindlichen mit der Abwehr der Angriffe so beschäftigt sein werden, dass sie nicht auf die Chronometer achten, die Stationsbewohner tun es sicher. Und auch die Beobachterschiffe.“

„Cardassia ist für den morgigen Prüfungstag zuständig. Ich mische mich nicht in Captain Picards Szenario ein oder in das von Colonel Kira, ich verantworte unseren Teil. Und Beobachter müssen genauso auf der Hut sein wie die Indagator. Es wäre ja sonst Manipulation, wenn die Beobachter schon vorher wüssten, was sie sehen sollten. Aber jetzt lass doch diese Sache und komm ins Bett.“

Elim entledigte sich auch noch der Uniformhose und kroch unter eine weitere Rübenwolldecke. Er schloss die Augen und gurgelte genüsslich, als ihn die roten Strahlen der Wärmelampe trafen.

„Elim, bei aller Liebe, aber ich werde jetzt nicht einfach schlafen gehen, wenn ich soeben Mitwisser eines unverantwortlichen Planes geworden bin. Als Arzt bin ich verpflichtet, auf den geringstmöglichen Schaden von Operationen und Mission zu achten. Ich werde Captain Picard informieren und ihn bitten, mit der cardassianischen Vertretung auf der Station eine Änderung zu erwirken.“

Für einen Moment herrschte Stille. Fast schien es, als schliefe Elim Garak bereits. Julian ließ verärgert seine Decke fallen, klappte den Computer auf und sagte: „Computer, stelle eine Verbindung zum Raumschiff Enterprise her. Julian Bashir an Captain Jean-Luc-Picard.“

„Unrichtige Anfrage, Zugriff verweigert. Wenden Sie sich an Juniorlegat Garak oder Gul Rasall um Freigabe der Kommunikation!“

Verblüfft stand Julians Mund offen. Er öffnete das allgemeine Startinterface und klickte seinen persönlichen Account an. Medizinische Dateien erschienen, die Videodaten der letzten Urlaube auf Cardassia Prima, einige Zeitschriften und das Kommunikationssymbol. Julian klickte es holographisch an und wiederholte seine Verbindungsanfrage. „Computer, stelle eine Verbindung zum Raumschiff Enterprise her. Julian Bashir an Captain Jean-Luc-Picard.“

„Unrichtige Anfrage, Zugriff verweigert. Wenden Sie sich an Juniorlegat Garak oder Gul Rasall um Freigabe der Kommunikation!“ war die monotone Antwort der cardassianischen Computerstimme.

Wütend ging Julian zum Bett und fasste Elim mit seinen kalten Händen ins Gesicht. Der schlug verärgert die Augen auf. „Zuckerechse, was soll denn das? Möchtest du mir einen Herzinfarkt verursachen?“

„Nichts da mit ‚Zuckerechse‘! Hast Du meine Kommunikationserlaubnis gesperrt. Der Computer verweist mich auf dich oder Gul Rasall.“

Elim richtete sich auf, zog aber die Decke bis unter das Kinn. „Gul Rasall ist der Captain dieses Schiffes. Deshalb ist auch er berechtigt, die Kommunikation einzuschränken.“

„Heute werde ich nicht zum Opfer deiner Ausredeversuche. Elim, ich bin es Julian! Der Mann, mit dem du verheiratet bist. Du kannst doch nicht einfach meinen Account sperren. Ich habe Rechte!“

Elim nickte betont. „Alles, was mir persönlich gehört, gehört auch dir. Aber du weißt, dass wir Berufliches und Privates immer streng trennen. Ich bin ein Juniorlegat der Cardassianischen Union. Der Botschafter auf der Station könnte keinen meiner Befehle revidieren. Wenn du an Bord dieses Schiffes mit mir reist, kannst du nicht alle Privilegien eines Schiffsarztes der Föderation erwarten. Hier begegnen dir alle mit Respekt und Gastfreundschaft, weil du mein Mann bist. Das war dir klar und umgekehrt ist es, wenn ich Zeit mit dir in der Föderation verbringe. Dann bin ich unscheinbar und unbedeutend wie ein kleiner Schneider auf DS9. Jener Schneider, der mit dir durch die schrecklichsten Stunden des Krieges gegangen ist. Julian, es wird niemandem etwas geschehen. Die Spiralwellendisruptorenangriffe morgen sind Simulationen, die von Computersensoren registriert und in Schadensfälle umgerechnet werden. Es kann zu keinem Zeitpunkt jemand ernsthaft verletzt werden. Auch nicht, wenn wir früher beginnen.“

Julian schüttelte verärgert den Kopf. „Verlange nicht von mir, mein medizinisches Gewissen unserer Ehe zu opfern. Es kann immer etwas passieren. Und bei ungeübten Crews auf neuen Schiffen umso mehr. Sogar der Singularitätsantrieb könnte Probleme machen. Wir haben Berichte darüber. Wenn du mir nicht sofort die Kommunikation mit Captain Picard ermöglichst oder selbst den Zeitplan korrigierst, gehe ich zu Gul Rasall!“

Nun lachte Elim hell auf. „Julian, bitte, mach dich doch nicht lächerlich. Genügt denn mein Wort nicht?“

„Du hast es so gewollt.“ Wütend stapfte Julian zur Türe, öffnete sie und verließ den Raum.

Elim schloss die Augen. Er murmelte einschlafend: „Ich liebe dich, aber gib mir nicht die Schuld, wenn du ab morgen zum Opfer von Spott und Gespött wirst, weil du nackt durch ein Cardassianerschiff zu seinem Gul läufst. Wir wissen, was wir tun; wir haben es immer gewusst. Und Lernen braucht die Bereitschaft, etwas zu riskieren.“
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