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In space nobody hears you scream

von Janora

Mirror Mirror on the wall

„CMO Logbuch – Sternzeit 2259.65. Tag 358 meiner Gefangenschaft auf diesem Schiff. Jim meint, ich sollte aufhören zu sagen, ich sei eine Geisel, das sei nicht lustig. Natürlich ist es nicht lustig, weil es wahr ist. Die Wahrheit ist niemals lustig. Nachdem ich ihm das sagte, hat er mich auf eine verdammte Eiswüste von einem Planeten gebeamt und mich dort mit einigen anderen zwei Tage lang schmoren lassen. Ich wäre beinahe von einem Yeti gefressen worden. Spock sagt, Yeti seien nur fiktionale Charaktere und sie würden weder auf der Erde noch auf Beta Taurus IV existieren. Aber dann hat er das verfluchte Teil auch gesehen und seitdem nichts mehr zu dem Thema gesagt. Das verbuche ich als Sieg. Was gibt es sonst noch? ... Achja, der Krankenstation gehen langsam die Einweghyposprays aus. Der Yeti hat den halben Vorrat gefressen. Ich habe einen Antrag gestellt, dass wir uns bei der sich nächst bietenden Gelegenheit wieder damit eindecken. McCoy Ende.“

~~

358 Tage zuvor

Der Planet Hopi III lag zwar nicht gerade am Rande des Empire, aber weit genug außerhalb, dass er kaum beachtet wurde. Außer ein paar Kolonien gab es hier sowieso nichts nennenswertes. Keine Rohstoffe, die auszubeuten wären, keine fremde Einwohner, die man hätte unterdrücken können.
Nur ein paar Überbleibsel aus jener Zeit, als dieser Planet tatsächlich einmal ein wichtiger Außenposten gewesen war. Bevor sich das Empire in diese Richtung weiter ausgedehnt und einen neuen gebaut hatte.
Es legten nur gerade genug Raumschiffe mit Besuchern an, dass es nicht langweilig wurde. Und, dass es nicht auffiel, wenn hin und wieder mal eine Person verschwand.

Leonard McCoy mochte die Ruhe. Sie machte es ihm leichter, sich bedeckt zu halten. Nicht, dass er es großartig nötig gehabt hätte. Er war Arzt; die Leute hatten eine gesunde Skepsis ihm gegenüber. Dennoch kamen sie zu ihm, wenn ihre kleinen Wehwehchen anfingen problematisch zu werden.
McCoy war nicht dumm; er kümmerte sich um diese Leute, denn das war sein verdammter Job. Und er kümmerte sich gut um sie, denn er war einer der besten auf seinem Gebiet.
Trotzdem kam es durchaus vor, dass jemand einer unbekannten Krankheit erlag. Unbekannt vor allem deshalb, weil sie McCoys eigenem Forschungslabor entstammte und er sie testen wollte. Und woran konnte man etwas besser testen, als an einem lebenden Objekt?

Ja, Leonard schätzte die Ruhe dieses abgelegenen Planeten wirklich. Hier war niemand, der ihn in Diskussionen verwickeln wollte, ob dieses oder jenes nicht ethisch bedenklich sei. Es gab keine Vorgesetzten oder sogenannte Professoren, die sich seine Arbeit unter den Nagel reißen wollten und denen jedes Mittel dazu recht wäre.
Wenn es nach Leonard ging, so konnte er es noch eine ganze Weile auf diesem hübschen Fleck hier aushalten.

Seine Tage liefen nach einer mehr oder weniger gleichmäßigen Routine ab. Wie so gerne saß er auch heute am frühen Abend in einer Bar, in der er garantiert nicht so schnell vergiftet werden würde, weil er dem Wirt noch den einen oder anderen Gefallen schuldete und dieser erst einen Grund hatte ihn umzubringen, nachdem er diese eingefordert hatte. Ansonsten wäre es eine Verschwendung.
Vor ihm stand ein Glas Bourbon. Leider kein besonders guter – wahrscheinlich ein selbstgebrannter in irgendeiner dreckigen Anlage – aber auf diesem Planeten war der Vorrat rar und McCoy war niemand, der sich über Alkohol beschwerte, solange er überhaupt vorhanden war.
Der Laden war mittelmäßig gefüllt mit Menschen, die entweder nichts besseres heute zu tun hatten, als hier zu sein, oder die gerade ihre Schicht auf ihrer armseligen Arbeit beendet hatten und noch keinen Grund sahen, nach Hause zu gehen.
Die wenigen Aliens, die sich hier vor aggressiveren Exemplaren der Terraner versteckten, waren nicht weiter nennenswert.
So oder so fiel es auf, als die Tür aufschwang und eine Gruppe von drei selbstbewussten jungen Personen eintrat. Zufälligerweise hatte der Arzt gerade in die Richtung geschaut und erkannte gleich auf den ersten Blick, dass der Blonde, der Asiat und die schwarze Lady hier Ärger bereiten würden. Vor allem deshalb, weil ersterer sich kurz im Raum umsah und ihn dann sehr interessiert anstarrte.
Sie trugen allesamt zivile Kleidung, doch Leonard war sich sicher, dass sie ihm aufgefallen wären, wenn er ihnen bereits einmal begegnet wären.
Der Arzt hob missmutig eine Augenbraue, wandte sich dann jedoch wieder seinem Getränk zu. Aus Erfahrung wusste er, dass es besser war, nur dann Blickkontakt zu halten, wenn man das schnellere Messer hatte.
Dennoch blieb er aufmerksam, als die Neuankömmlinge sich an einen Tisch in der Mitte setzten und dann leise mit dem Wirt sprachen.

Kurz darauf stellte dieser ein neues Getränk vor McCoy.
„Das habe ich nicht bestellte“, brummte dieser.
„Ein Geschenk, mit Grüßen.“ Der Wirt nickte zu den Neuankömmlingen.

Leonards Miene verfinsterte sich. Er leerte sein altes Glas mit einem Zug und nahm dann das neue, mit dem er aufstand und zu seinem Gastgeber schritt. Dabei fiel ihm auf, dass er sich geirrt hatte. Nur der Blonde hatte sich gesetzt. Die anderen beiden flankierten seine Seiten.
Für gewöhnlich war das kein gutes Zeichen, doch wenn sie Leonard damit einschüchtern wollten, mussten sie sich etwas besseres einfallen lassen. In der Tasche an seinem Gürtel hatte er immer ein paar vorpräperierte Hypos für den Fall, dass es ungemütlich wurde. Und waren seine Gegner erst einmal betäubt, ließen sich ihre Organe wunderbar für den Schwarzmarkt entnehmen.

Der Blonde, offensichtlich der Anführer der illustren kleinen Gruppe, beobachtete ihn mit raubtierhaften Blick, bis er vor dem Tisch angekommen war, und machte dann eine einladende Geste zu dem Stuhl ihm gegenüber.
„Ich hatte gehofft, dass Sie meiner Einladung Folge leisten würden, Doktor McCoy.“
„Ich war gerade im Begriff zu gehen.“
„Ach wirklich?“ Der Blonde zog einen Phaser hervor und legte ihn so auf den Tisch, dass er auf den Arzt zeigte. „Kann ich Sie wirklich nicht zum Bleiben überreden?“
McCoy zögerte. Er wusste, dass wenn er sich setzte, würde er früher oder später sterben. Andererseits, wenn er diesen Männern den Rücken zudrehte, wäre er garantiert sofort tot. Also rückte er sich den Stuhl zurecht.
„Also schön. Was wollen Sie?“

Selbstzufrieden lehnte sich sein Gegenüber zurück.
„Wir haben von einem Planeten gehört, der ausgerottet wurde. Mit einer Seuche, die in den Tiefen eines Labors erschaffen wurde.“

„So so, eine Seuche?“ Ohne eine Miene zu verziehen, nahm McCoy einen Schluck seines Alkohols. „Auf einem Planeten, der eine potentielle Gefahr für das Empire darstellte? Das wäre natürlich sehr passend. Aber was wollen Sie von mir? Glauben Sie etwa, ich hätte diese Primaten bis auf ihre blutige Knochen aufgelöst, um sie davon abzuhalten das Empire zu übernehmen?“

„Haben Sie?“, fragte der Blonde neugierig.

„Sie werden keine Beweise finden, die dafür sprechen.“

Der Blonde nickte zufrieden. Er schien sich seiner Sache sicher .
„Ich bin mal ganz direkt, Bones“, kam er dann zur eigentlichen Sache „Wir haben einen Patienten für Sie.“

„So? Gibt es auf ihrem flohverseuchten Raumschiff keinen Arzt?“

„Ehrlich gesagt, nein.“ Falsch lächelnd zuckte der Blonde mit den Schultern. „Er hatte einen kleinen Unfall mit- ...“

„Danke, kein Interesse“, unterbrach McCoy ihn. Er wollte gar nicht wissen, was dem armen Mann passiert war und noch weniger wollte er der nächste sein, dem es so erging.
Sein Gegenüber verzog den Mund. Offenbar war er es Widerworte nicht gewohnt und seine Hand zuckte kurz zum Phaser auf dem Tisch. Doch er beherrschte sich, beugte sich stattdessen verschwörerisch zu ihm vor.
„Sicher? Ich wäre zu einer angemessenen Gegenleistung bereit. Und ich denke, dass ein Gefallen von Jim Kirk nicht zu verachten ist.“
Er erwiderte Leonards Blick, der ihn nun etwas genauer musterte.

James T. Kirk war ein Name, den er kannte.
Es war ein Name, den wohl beinahe jeder im Imperium kannte, den man aber nur leise im Schatten aussprach und sich dann schnell umblickte, ob nicht der Besitzer des Namens hinter der nächsten Ecke stand. Denn wo sein Name auftauchte, dort floss Blut.
Der Captain des Flugschiffs des Terranischen Imperiums war niemand, mit dem McCoy in Verbindung gebracht werden wollte.
Kurzerhand stand er also einfach auf.
„Wenn das dann alles wäre ...?“

„Schade“, erwiderte Kirk, klang aber mehr gelangweilt als wirklich betrübt. „Ich hatte wirklich gehofft, dass Sie freiwillig mitkommen würden.“

McCoy hob den Kopf und beobachtete ihn scharf. Aber keiner der drei machte Anstalten einen Angriff zu starten. Sie blickte ihn bloß abwartend an. Der Arzt schaute dumpf zurück und blinzelte, als seine Sicht für einen Moment verschwamm.
Als er die Augen wieder öffnete, sah er allerdings immer noch nicht klar. Sein Blick wanderte von Kirk zu seinem eigenen, leeren Glas und während sich ein Grinsen auf die Lippen des Captains stahl, hätte sich McCoy am liebsten selbst geohrfeigt.
„Du dreckiger ...“
Weiter kam der gute Doktor nicht, denn als hätte man einen Schalter gedrückt, fiel er einfach um.

~°~°~

Dass die Biobetten in Krankenstationen alles andere als gemütlich waren, hatte Leonard schon in seiner Ausbildung erfahren. Als er wieder zu sich kam, konnte er es aber noch einmal am eigenen Leibe spüren, denn er fand sich in eben so einem wieder.
Trotz leichter Kopfschmerzen erinnerte er sich, was ihm zugestoßen war und so war es nicht schwer, eins und eins zusammenzuzählen, um zu wissen, auf welcher Krankenstation er sich hier befand. Und warum er mit elektromagnetischen Handschellen gefesselt war.
Sein Erwachen hatte eine leichte Veränderung seiner Vitaldaten, die der Bildschirm des Bettes anzeigte, verursacht, was eine Schwester herbei rief. Die blonde Dame sah alles andere als freundlich drein. Sie schenkte ihm nur einen kurzen Blick, der medizinisch gesehen niemals dafür ausreichte zu checken, ob er wirklich bei Gesundheit war und verschwand dann direkt wieder.
McCoy machte den Versuch, ob er sich bewegen konnte.
Seine Glieder taten ein wenig weh, als er sich aufsetzte, aber sonst schien das Betäubungsmittel keine bleibenden Schäden hinterlassen zu haben. Bevor er aber das Bett verlassen und vielleicht einen waghalsigen Fluchtversuch starten konnte, tauchte die Schwester wieder auf. Diesmal in Begleitung des Captains, der in seine goldene Uniform mit dem Abzeichen des Terranischen Imperiums gewechselt hatte.
„Gut geschlafen, Bones?“ fragte er ihn frech, worauf er nur einen Fluch als Antwort bekam. „Selbst Schuld“, fuhr der Blonde unbeeindruckt fort. „Ich habe dich freundlich gebeten, meinem Angebot Folge zu leisten. Dass du abgelehnt hast … nun ja. Ich sagte ja bereits, dass ich einen guten Arzt brauche. Nicht nur einen guten, sondern den besten. Und wie es der Zufall will, bist du hier.“
„Wie soll ich hiermit arbeiten?“, fragte McCoy und hielt seine gefesselten Hände demonstrativ in die Höhe.
Kirk zog seinen Kommunikator hervor und drückte ein paar Tasten. Das Magnetfeld verschwand und er konnte seine Arme wieder frei bewegen, wenn ihm auch die metallenen Fesseln um die Handgelenke blieben.
„Damit dürfte es kein Problem mehr sein.“

Leonard verdrehte die Augen. „Schön“, entschied er. „Ich mache es. Wo ist dieser Patient?“
Es war ja nicht so, als hätte er groß eine Wahl, wenn er den heutigen Tag überleben wollte. Es wäre schön dumm von ihm, sich hier in mitten der feindlichen Reihen weiter quer zu stellen. Damit hatte Kirk wahrscheinlich auch gerechnet. Zufrieden winkte dieser ihm zu folgen.
McCoy kletterte vom Bett und wurde zum hinteren Teil der Station gebracht, wo ein Vorhang den etwas abseits gelegenen Patienten vom restlichen Raum trennte.

„Christine hier wird dir bei deiner Arbeit gerne assistieren“, unterrichtete Kirk ihn unterwegs.
Der gezwungen neutrale Gesichtsausdruck der Schwester, die stumm gefolgt war, sprach nicht gerade für freudigen Zuspruch. Bevor McCoy sich aber weiter darüber Gedanken machen konnte, wurde der Vorhang geöffnet und er konnte einen ersten Blick auf den Kranken werfen.
„Wegen dieses grünblütigen Spitzohrs wurde ich hergeholt?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.

Der Captain zeigte seine Zähne. „Das ist, wie ich bereits erwähnte, mein erster Offizier“, erwiderte er im scharfen Ton. „Falls es dir aber plötzlich an Motivation fehlen sollte, hilft es vielleicht, wenn du weißt, dass deinen K.O. Tropfen Nervengift beigemischt war. Solltest du Commander Spock helfen können, bekommst du das Gegenmittel. Falls nicht … na, das wirst du ja schon bald merken.“

Oh, wie McCoy Kirk hasste. Und diesen verdammten Vulkanier hier ebenfalls. Wenn er könnte, würde er sie beide hier und jetzt erwürgen.
Der Arzt machte einen Schritt auf Kirk zu.
„Jim“, sagte er und machte keinen Hehl aus seinen Gefühlen. „Wo wir doch schon beim ‘Du‘ sind, darf ich doch sicher Jim sagen. Ich werde dich töten. Ich werde dich töten und es wird auf die langsamste und qualvollste Art und Weise sein, die du dir nur vorstellen kannst. Dann werde ich deinen leblosen Körper auf einen abgeschiedenen Planeten abwerfen, wo deine Überreste über mehrere Gebiete verteilt den Tieren dort ein Festmahl sein werden. Ich werde dich als vermisst melden, aber niemand wird dich finden. Das Ganze wird eine sehr tragische Geschichte.“

Wider Erwartung fing der Captain an zu lachen.
„Ach Bones, du machst mich ganz verlegen mit deinen Schmeicheleien. Wir beide werden uns ganz prächtig verstehen.“ Er klopfte dem Arzt freundschaftlich, allerdings nicht gerade zimperlich auf die Schulter. Dann beugte er sich etwas näher an sein Ohr. „Nur, damit wir uns richtig verstehen: sollte meinem ersten Offizier etwas zustoßen, bist du es, der von uns beiden als erstes ins Gras beißt. Versprochen.“
Damit wandte er sich endgültig ab und verließ die Krankenstation.

McCoy warf der Schwester einen Blick zu. Sie schien sich noch nicht ganz sicher zu sein, ob sie einfach gehen sollte oder nicht doch lieber Lust hatte, jemanden ein Messer in die Brust zu rammen.
„Also Christine …“
„Miss Chapel“, unterbrach sie ihn direkt.
Der Arzt nickte bloß. „Doktor McCoy“, stellte er sich vor. „Also, wo sind denn hier die verdammten Hyposprays?“

~°~°~

Eine Stunde später hatte Leonard schon einiges herausgefunden:
Erstens war er zwar nicht mehr gefesselt, aber wenn er versuchte den Raum durch die Tür zu verlassen, fühlte es sich an, als würde er mit den Handgelenken gegen eine Wand laufen.
Zweitens war sein neuer Patient, Commander Spock, bewusstlos und hatte hohes Fieber.
McCoy hatte den kurzen aber informativen Bericht über ihn gelesen. Offenbar war sein Zustand Folge eines Anschlags auf ihn. Jemand hatte seinen Replikator manipuliert und das Essen vergiftet.
Leider hatte niemand die laue vulkanische Suppe hinterher untersucht, sodass darüber keine Analyse vorlag, die hätte weiterhelfen können. Und auch der Verantwortliche war noch nicht gefunden worden.
Dass Spock nicht tot war, hieß entweder, dass der Angreifer einen sinnlos langsamen Tod für ihn wollte, oder dass er einfach selten dämlich war und es vermasselt hatte.

McCoy hatte dem Commander Blut abgenommen und es untersucht, zusammen mit einigen Vergleichsproben, wie seiner eigenen.
Das Gift griff das Autoimmunsystem des Vulkaniers an, weswegen dessen Körper langsam den Geist aufgab. Er konnte aber nicht herausfinden, wie das Gift dabei genau vorging, und wusste daher auch nicht, wie ein entsprechendes Heilmittel aussehen musste.
Der Arzt zog die Brauen zusammen, während er den Bildschirm des Computers betrachtete. Das hieß, dass er eine Menge Tests machen müsste, die eine Menge Zeit benötigten. Zeit, die er nicht hatte.

Er blickte zu dem Vulkanier.
Es wäre viel einfacher, diesen spitzohrigen Kerl einfach sterben zu lassen. Warum das Leben von jemanden retten, der nicht in der Lage war, auf sich selbst acht zu geben? Er könnte ihn einfach an seiner Krankheit erliegen lassen und derweil an seiner Flucht arbeiten. Er musste es nur schaffen eine hübsche, kleine Sache aus seinem Labor zu rekonstruieren.
„Der Captain fragt, wann Sie Ergebnisse haben“, tauchte Chapel plötzlich an seiner Seite auf.
„Wenn der Captain Fragen an mich hat, kann er mir die auch selbst stellen.“
Die Schwester nickte, als wäre das auch ihre Meinung.

Kurz darauf hörte man Kirk über Intercom.
„Captain an Krankenstation. Bones, hörst du mich?“
Genervt stand Leonard auf und drückte auf den Knopf an der Wand, um zu antworten.
„Was gibt‘s?“, fragte er.
„Wann kann ich mit Ergebnissen rechnen?“
„Wenn ich welche habe.“ Damit beendete der Arzt dieses kurze Gespräch und setzte sich wieder an seine Arbeit.


Irgendwann gab Schwester Chapel es auf ihn zu beobachten. Es gab genug auf der Station zu tun, um das sie sich kümmern musste. So behielt sie ihn zwar im Auge, widmete sich aber sonst ihren eigenen Aufgaben.
Nicht, dass McCoy einen Aufpasser gebraucht hätte. Ganz im Gegenteil: gerade wenn er sich in einer Sackgasse eines Projektes befand, mochte er es gar nicht, wenn man ihm auf den Pelz rückte.
Und in einer Sackgasse befand er sich definitiv, denn egal, welches Antiserum er entwickelte, der Computer spuckte ihm in der theoretischen Durchführung ein negatives Resultat aus.
Immerhin kannte er jetzt 27 neue Wege, um einen kranken Vulkanier zu töten.

~~

Leonard hatte keine Ahnung, wie viele Stunden er hier bereits saß. Wach war er sogar noch viel länger. Schließlich war Kirk und seine Crew aufgetaucht, als er längst Feierabend gemacht hatte.
Gegen die aufkommende Müdigkeit hatte er sich einige Koffeinshots injiziert. Das war er bereits seit seinem Studium gewöhnt und bereitete ihm keine Probleme. Aber so langsam fingen seine Glieder an zu schmerzen. Und auch wenn seine Gedanken noch klar waren, sein Blick war es nicht mehr.
Er erinnerte sich an das Nervengift, das Kirk ihm gegenüber erwähnt hatte und seine Symptome bekamen eine ganz neue Bedeutung.
Es wäre ein langsamer Krankheitsverlauf, aber bald würden ihm seine Hände und Füße nicht mehr gehorchen. Danach könnte er sich nicht mehr aufrecht halten und irgendwann würden seine Organe eines nach dem anderen ausfallen.

McCoy schüttelte den Kopf. Das war nicht richtig, er würde nicht sterben.
Er zwang sich, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Krankheiten begannen im Kopf. Symptome ebenfalls. Er durfte nicht nachlassen, sondern musste eine Lösung finden.
Spocks Attentat. Das Attentat auf Spock. Jemand gibt Gift in eine Suppe. Gift, das nur eine geringe Wirkung hat und sich außerdem auflöst. Zumindest in reinem Wasser. Nicht im Blut.

Was wäre, wenn das Gift nur deswegen so unwirksam war, weil es mit der Suppe verwässert worden war? McCoy wusste, dass vulkanische Gerichte so lau und fad wie selten etwas war. Ohne einen weiteren Träger wie Gewürze, hätte es sich in der Schale verdünnen können. Der erste Offizier war nach einigen Löffeln bereits ohnmächtig geworden und hatte daher auch eine geringere Menge als geplant zu sich genommen. Daher war er nicht gestorben. Zumindest nicht direkt.
Das hieße aber auch, dass die Giftkonzentration anfänglich eine ganz andere gewesen sein musste und dass eine ganz andere Zusammensetzung möglich wäre.

Leonard wandte sich wieder dem Computer zu und fütterte ihn mit neuen Daten.
Die Maschine brauchte ein paar Momente bevor sie die Simulation durchspielte. Anschließend gab sie mit einem Piepen ihr Okay.
McCoy atmete durch und verdrängte seine Kopfschmerzen. Er war erfolgreich gewesen. Er hatte ein Heilmittel entwickelt, dass helfen würde.
Schnell veranlasste er alles wichtige und füllte kurz darauf die Antidote in ein Hypospray, das er gegen das Licht hielt, um die Flüssigkeit darin zu betrachten.
Dies war seine Möglichkeit das Ganze hier doch noch zum Besseren zu wenden. Sein einziger Versuch. Wenn er einen Fehler gemacht hatte, wäre Spock nicht der einzige Tote heute.

Mit Mühe unterdrückte er ein Gähnen und stand auf. Es war nicht seine Art, an sich zu zweifeln. Sein Verstand spielte ihm wohl schon Streiche, weswegen er die Angelegenheit schnell hinter sich bringen wollte.
Von nebenan hörte er das Rascheln eines Vorhanges und horchte auf.
„Chapel?“, fragte er in den Raum, bekam aber keine Antwort von der Blonden. Also ging er seufzend zu dem abseits gelegenen Bett des Commanders.
„Schwester Chapel.“
Als er missmutig den Vorhang zurück zog, sah sich der Arzt jedoch nicht der gesuchten Dame, sondern einem überraschten Blauhemd mit erhobenen Messer gegenüber.
McCoy war der erste, der reagierte, und ergriff die bewaffnete Hand des Kerls, schlug ihn mit seiner anderen in den Nacken, genau in die weiche Stelle zwischen Schädel und Wirbelsäule. Der Körper erschlaffte und da Leonard ihn losließ, fiel er einfach zu Boden.
„Verdammt, Chapel!“, rief der Arzt. „Holen Sie jemanden, der sich um den da kümmert.“

Endlich erschien die Blonde in seinem Blickfeld und nickte, als sie den bewusstlosen Angreifer sah.
McCoy verlor derweil nicht noch mehr Zeit, sondern verabreichte dem Vulkanier sein Mittel. Dieser kollabierte nicht sofort, was er für ein gutes Zeichen hielt. Und er hielt ihn die nächsten Minuten unter Beobachtung, damit nicht noch irgendein Trottel kam, um diesen spitzohrigen Glückspilz zu töten.
Zumindest so lange, bis sich die Türen zur Krankenstation öffneten und tatsächlich der Captain persönlich herein marschiert kam, flankiert von insgesamt drei Wachleuten, die die Lage, also den außer Gefecht Gesetzten, erfassten und diesen mitnahmen.
Ein Rothemd blieb jedoch bei Kirk zurück und betrachtete McCoy misstrauisch, als würde er noch überlegen, ob er nicht gleich mit weggeschleppt werden sollte.
McCoy blickte unfreundlich zurück.

„Schon gut, Cupcake. Er kümmert sich um unseren Patienten. Wir brauchen ihn also noch eine Weile.“ Der Blick, den der Captain dem Arzt zuwarf, bedeutete ihm unmissverständlich, dass das kein dauerhafter Zustand sein musste, wenn er sich nicht benahm. Offensichtlich nahm er ihm die vorangegangene Frechheit am Intercom und dass er einfach das Gespräch beendet hatte, übel.

McCoy checkte die Vitalwerte seines Patienten und stellte erleichtert fest, dass diese sich bereits langsam in den positiven Bereich bewegten.
„Er kommt über den Berg“, verkündete er, worauf sich die Miene des Captains ein wenig erhellte.
„Gut.“ Das war aber auch schon alles, was er als Antwort bekam.
Es entstand eine kurze Pause.

„Was das mir verabreichte Nervengift angeht“, fing Leonard schließlich neu an.
„Ja?“, fragte Kirk gelangweilt, als wäre ihm das Thema vollkommen egal.
„Wäre es jetzt nicht an der Zeit zuzugeben, dass das eine verdammte Lüge war?“ Leonard verschränkte die Arme. Er pokerte. Denn ganz sicher war er sich seiner Sache nicht. Zwar war sein Blut sauber gewesen, aber wer wusste schon, was dieser Bastard von einem Captain nicht noch alles in der Hinterhand hatte.
Auf dessen Lippen schlich sich ein breites Grinsen und er klopfte dem Arzt auf die Schulter.
„Wusste ich doch, dass du nicht dumm bist, Bones.“ Der Angesprochene knurrte leise, da er weder den Namen noch diese Berührung besonders leiden konnte. Selbstverständlich interessierte den Blonden das wenig. „Ich will informiert werden, wenn Spock wieder bei Bewusstsein ist.“ Kirk wandte sich der Tür zu, doch Leonard ergriff noch einmal das Wort.
„Ich hab getan, was verlangt worden ist. Ich hab ein verdammtes Gegenmittel gefunden und jetzt will ich zurück in mein Labor!“

Kirk drehte sich zu ihm um.
„Bones“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Dein kleines Loch von einem Labor und dieser dreckige Planet liegt etwa ein Lichtjahr hinter uns. Aber gibt das hier nicht ein viel besseres zu Hause ab? Das wird lustig, du wirst schon sehen.“
Damit verließ er nun wirklich die Krankenstation und hörte so nicht mehr den Fluch, den McCoy ihm hinterher schickte.

Leider konnte der Arzt nicht behaupten, dass ihn diese Wendung überraschte.
Sein Blick fiel auf den Vulkanier und er checkte noch mal seine sämtlichen Werte. Sie standen gut.
Dann gab er Schwester Chapel Anweisungen, was sie in den nächsten paar Stunden mit dem Patienten zu beachten hatte.
Er selbst würde sich erst mal eine Mütze voll Schlaf gönnen, denn die hatte er bitter nötig. Zum Glück waren noch einige freie Betten übrig.

Später würde McCoy dann erfahren, dass dieser blauröckige Wissenschaftler ein sehr ambitionierter junger Mann war, der sich gedacht hatte, dass es langsam für ihn an der Zeit wäre, ein paar Ränge aufzusteigen.
Der erste Anschlag war ihm ja leider misslungen, also war er noch einmal aufgetaucht, um es zu Ende zu bringen.
McCoy fand, dass dieser Kerl sein Schicksal, das ihn nun erwartete, verdient hatte, so blöd, wie er sich bei beiden Attentaten angestellte hatte.
Ihm selbst würde sich nun aber auch nichts anderes übrig bleiben, als sich seinem eigenen Schicksal und seinem neuen Leben an Bord der ISS Enterprise zu fügen und sehen, was es noch für ihn bereit hielt.
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