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STD 03 - Hinter des Maske (2)

von Adriana

Kapitel 4 - Machtlos

Captain Lairis verfiel in Lethargie. Sie hatte versprochen, ihren Ersten Offizier zu befreien – aber keine Idee, wie sie das bewerkstelligen sollte. Die Situation war aussichtslos und sie hasste aussichtslose Situationen. Auch Lieutenant van de Kamp und Raymond, die sie gegen Mittag besucht hatten, wussten keinen Rat. Ebenso nicht Julianna, die gerade mit Raymond spazieren ging. Die Ausgangssperre galt nämlich nur noch von 21.00 Uhr abends bis 5.00 Uhr morgens.
Mehr oder weniger desinteressiert schaltete Lairis von einem Nachrichtenkanal zum anderen und nippte dabei an einem Glas Cognac aus der Hotelbar. Die scharfe Flüssigkeit geriet ihr beinahe in den falschen Hals, als die Kamera plötzlich auf Laytons Gesicht zoomte.
„… liegt der Verdacht nahe, dass Wechselbälger in die höchsten Führungsebenen der Sternen-flotte eingedrungen sind“, verkündete der Admiral soeben mit Beerdigungsmiene. „Ich möchte gewiss keine Hiobsbotschaften verbreiten, doch wie lässt es sich sonst erklären, dass zwei Ster-nenflottenoffiziere von bisher tadellosem Ruf in mein Büro eingebrochen sind und versucht ha-ben, wichtige Unterlagen zu stehlen? Wer immer diese ruchlose Tat befohlen hat, ist keiner von uns, und die Sternenflotte wird alles daran setzen, ihn unschädlich zu machen! Dass das Ener-gienetz wieder funktioniert, sollte uns nicht in trügerischer Sicherheit wiegen! Die Unannehmlich-keiten, die durch die 24-stündige Ausgangssperre entstanden sind, bedauere ich aufrichtig. Aller-dings sah ich keinen anderen Weg, um die Bevölkerung der Erde vor dieser unkalkulierbaren Bedrohung zu schützen.“ Für ein oder zwei Sekunden blickte er einfach nur ernst in die Kamera. „Ich habe gesehen, wozu die Wechselbälger fähig sind – und damit meine ich nicht nur die Sabo-tage unserer Energieversorgung! Kurz zuvor haben sie zwei Angehörige der Sternenflotte in ihr geheimes Versteck verschleppt und auf grausamste Weise gefoltert: Captain Lairis Ilana, die Kommandantin der USS CASABLANCA, und den gerade siebzehnjährigen Kadetten Raymond Kitamura. Wenn sie wissen wollen, wie gefährlich diese Formwandler wirklich sind, fragen Kadett Kitamura, der in Antwerpen seinen Vater verloren hat, oder Captain Lairis, die noch immer an den Folgen dessen leidet, was ihre Entführer ihr angetan haben …“
Lairis war für eine Schocksekunde erstarrt. Ihr eigenes Foto wurde im Hintergrund eingeblen-det. Da trank sie ihr Glas in einem Zug leer.
Sie schenkte sich prompt das nächste ein, als die Com-Anlage sie unterbrach.
Es war Major Kira Nerys.
Lairis zog sich ihren Morgenmantel über und trat an den Bildschirm. Dabei schwankte sie leicht, was sie daran erinnerte, dass sie nicht viel Alkohol vertrug.
„Du siehst müde aus. Hast du Schmerzen?“ fragte Kira besorgt.
„Nicht der Rede wert“, winkte Lairis ab.
„Ich habe dich doch nicht etwa geweckt? Auf der Erde müsste es 14.00 Uhr sein …“ bemerkte sie mit Blick auf Ilanas Morgenmantel.
„15.20“, korrigierte Lairis mit einem schiefen Lächeln. „Ich habe heute Ruhetag. Befehl vom Sternenflottenkommando.
„Den hast du dir aber auch verdient“, meinte Kira ehrlichen Herzens. „Wie ich gehört habe, hat die Erde wieder Strom …“
„Bedauerlicher Weise, ja“, rutschte es Lairis heraus.
„Aber das ist doch gut!“ wunderte sich Kira.
„Sicher. Nur muss ich mir jetzt ein T-Shirt anfertigen lassen, mit dem Aufdruck ‚Zweibeiniges Propagandainstrument’.“
Kira runzelte verständnislos die Stirn.
„Erkläre ich dir später.“
Da bemerkte Kira das Cognacglas in Ilanas Hand. „Das ist doch nicht etwa Alkohol, was du da trinkst …“
„Ja, und? Ich bin nicht im Dienst.“
„Aber die bajoranische Zeit der Körperreinigung …“
Lairis machte ein schuldbewusstes Gesicht. „Hat die etwa schon angefangen?“
„Vor zwei Tagen.“
„Tut mir Leid, mit der Verschiebung zwischen 24- und 26-Stunden-Tagen komme ich leicht durcheinander“, erwiderte sich unschuldig lächelnd. „Mein Mathematikprofessor auf der Akade-mie hat mal gesagt, ich könne zwar denken, aber nicht rechnen. Und ich fürchte, er hat Recht. Was soll’s … Umgekehrt wäre es schlimmer.“
„Mir scheint, du nimmst den Glauben unseres Volkes nicht sehr ernst“, erkannte Kira ent-täuscht.
„Ehrlich, ich habe versucht, streng nach dem bajoranischen Glauben zu leben – aber irgendwie wollen die Propheten nicht, dass ich das tue.“ Lairis beschloss, das Thema zu wechseln. „Du hast mich sicher nicht auf einem Highspeed-Subraum-Kanal angerufen, nur um mir meinen Alkohol-konsum auszureden ...“
„Nein, ich wollte wissen, wie es dir geht“, erwiderte Kira leicht gekränkt. „Und dich fragen, ob du noch Crewmitglieder umzuverteilen hast. Bei uns wird demnächst eine Stelle für einen Kommu-nikationsoffizier frei …“
Lairis zeigte sich in der Tat interessiert. „Fähnrich Vixpan würde bestimmt nicht nein sagen. Zumal er sich nur für zwanzig Minuten ins Shuttle setzen müsste, um auf Bajor grasen zu gehen.“
Kira lachte. „Lieutenant Arreyaga wird auf die DEFENDER versetzt, er hat gestern seinen Aus-stand gegeben.“
„Defender?“ hakte Lairis nach. Ihr Instinkt schlug sofort Alarm – nur ihr Verstand brauchte eine Minute, um zu begreifen, wieso. „Admiral Layton muss große Stücke auf ihn halten“, bemerkte sie so beiläufig, wie möglich.
„Er ist gut, das muss man ihm lassen. Wir hätten alle zu gern gewusst, weshalb sich das Wurm-loch ohne Grund öffnet und schließt, aber er ist als Erster auf das Nahe liegende gekommen …“
„Und nun öffnet sich das Wurmloch nicht mehr willkürlich?“
„Nein, tut es nicht. Das cardassianische Kommunikationsrelais, das wir dort voriges Jahr einge-setzt haben, war wohl defekt und hat irgendwelche Störsignale ausgesendet. Aber Lieutenant Arreyaga hat es wieder in Ordnung gebracht.“ Kira sah Lairis mit einer Mischung aus Nachdenk-lichkeit und kaum verhohlener Sorge in die Augen. „Glaubst du, dass eine getarnte Dominion-Flotte hindurch gekommen ist?“
Lairis überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf. „Nein, dann hätte sie die Erde längst erreicht.“
„Du meinst, die Erde war ihr Ziel?“
„Wahrscheinlich. Layton vermutet, dass die Wechselbälger die Energieversorgung lahm gelegt haben, damit eine Jem’Hadar-Flotte, die getarnt durch’s Wurmloch kommt, die Erde ungehindert
angreifen kann.“ Zumindest sollten wir alle das glauben, fügte sie in Gedanken hinzu, und fragte: „Hat Lieutenant Arreyaga allein gearbeitet?“
„Ja, warum?“
„Er ist nicht gerade ein Experte für cardassianische Technik, oder?“
„Das ist hier niemand, Ilana.“ Kira musterte ihre Freundin skeptisch. „Was ist los? Du machst ein Gesicht, als wäre dein Mann gerade als Mörder entlarvt worden!“
„Nur als Tresorknacker.“
„Du sprichst heute wirklich in Rätseln, weißt du das?“
„Das liegt wohl daran, dass mein Leben zur Zeit ein einziges Rätsel ist“, sagte Lairis mehr zu sich selbst – und unvermittelt blickte sie Kira in die Augen. „Ich würde es sehr schön finden, wenn wir uns bald wieder treffen, Nerys. Von Angesicht zu Angesicht. Ich habe dir so viel zu erzählen – aber das kann ich nicht über Subraum.“ Sie hätte beinahe gesagt: „Nicht über einen offenen Ka-nal“.
„Natürlich. Sehr gern, Ilana.“
„Also, danke für den Tipp mit der freien Stelle! Ich melde mich auf jeden Fall.“
Dann beendeten sie das Gespräch.
Lairis starrte lange in ihr Cognacglas, ohne einen Schluck zu trinken. Schließlich griff sie nach einem Datenpad und schrieb:

„Nerys, du musst unbedingt überprüfen, zu welchem Zeitpunkt Arreyaga am Com-Relais ge-arbeitet hat! Hier verdichten sich die Hinweise, dass Layton eine Machtübernahme plant. Ar-reyaga gehört offensichtlich zum Dunstkreis des Admirals und es ist nicht ausgeschlossen, dass das seltsame Verhalten des Wurmlochs künstlich herbeigeführt wurde. Captain Sisko teilt meine Befürchtungen – aber vermeide es, eine Sternenflottenfrequenz zu benutzen, wenn du ihn kontaktierst! Die Erde verwandelt sich in einen Polizeistaat. Vertrau mir bitte! Ilana.“

Sie verschlüsselte die Botschaft in einem Code, den nur der bajoranische Widerstand kannte, und schickte sie über die schnellste Subraumverbindung nach DEEP SPACE NINE.
Zum ersten Mal an diesem Tag lächelte sie voller Zufriedenheit.
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