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Ausgebrannt

von Janora

Frühmorgens

SoMa ist ein Stadtteil von San Fransisco. Kurz für 'South of Market Street, Mission Bay'. Liegt im Osten der Stadt.

Southeast ist ebenfalls ein Stadtteil und liegt im, oh Wunder, Südosten.
Seufzend ließ Jim die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Es war ein langer Tag gewesen, wie die meisten wenn er arbeitete. Und ein Ermittler arbeitete quasi immer.
Er warf seine Jacke über einen Stuhl und dann einen Blick zum Nahrungsverteiler, woraufhin er sich erinnerte, dass er diesen hatte noch reparieren wollen, da in letzter Zeit sämtliches Essen eine komische Konsistenz aufwies. Vielleicht sollte er auch einfach mal wieder frisch einkaufen gehen. Aber das würde bis morgen warten müssen, heute setzte er bestimmt keinen Fuß mehr vor die Tür.
Stattdessen ließ er sich auf der Couch nieder und bestellte sich etwas bei einem der vielen Lieferdienste von San Francisco. Wozu hatten die schließlich ihre flotten kleinen Drohnen?
Während er wartete, machte er einen Film an und versuchte sich ein wenig zu entspannen. Doch das war gar nicht so einfach, denn bei der Arbeit heute hatte es eine Menge Reibereien gegeben. Einige waren wohl der Ansicht, dass Jim Kirk einige Gesetze und Regelungen zu stark nach seinem Belieben ausdehnte. Für gewöhnlich sah man darüber hinweg, weil er wirklich gute Arbeit leistete und das meiste es noch nicht mal Wert war, im digitalen Papierkram aufzutauchen. Aber in letzter Zeit war es nicht mehr ganz rund gelaufen und nachdem er sich dann heute diesen Fauxpas mit dem Bürgermeister geleistet hatte, hatte man ihm deutlich gemacht, dass ihm beim nächsten Fehltritt eine saftige Suspendierung drohte. Und das wollte Jim keinesfalls riskieren. Es reichte schon, dass er vorerst wahrscheinlich nicht im Außendienst eingesetzt wurde. Er seufzte bei dem Gedanken. Es gab nichts langweiligeres, als in der Verwaltung der Sternenflotte tätig zu sein.
Müde rieb sich Jim seine Schläfen. Vielleicht brauchte er Urlaub, irgendwo auf einem Planeten weit weg von Mord, Totschlag und Drogendealern.
Gerade fragte er sich, wo sein Essen blieb, als er das vertraute Blinken am Fenster bemerkte.
Wie aufs Stichwort.

Er stand auf und öffnete die Glastür zu dem kleinen Balkon seiner Wohnung, der mit seinen 1,2m² mehr einen zierenden als einen praktischen Nutzen hatte.
Eine Drohne begegnete ihm auf Brusthöhe und nachdem sie seinen Ausweis gescannt hatte, öffnete sich ein Fach, das die Kiste mit seiner Bestellung freigab.
Jim nahm sie heraus und schloss das Fenster wieder, da ein elektrisches Gerät keinerlei Trinkgeld oder freundliche Worte forderte. Ein Hoch auf die Technik.
Während die Drohne zu ihrem nächsten Auftrag flog, bemerkte Jim, dass gegenüber ein Umzugswagen geparkt war. Offensichtlich zog endlich jemand in die leere Wohnung ein. Hungrig biss der Blonde in seinen Tacco und überlegte, dass es sich entweder um einen Rentner oder einen Studenten handeln musste, der die Hälfte seiner bunt zusammengewürfelten Möbel von Verwandten geschenkt bekommen hatte, die sie loswerden wollten. Eine andere Erklärung hatte er nicht für eine lindgrüne Couch, die dort drüben gerade aus dem Laster gehoben wurde, gefolgt von einem runden Plastiktisch in weiß und drei Stühlen aus gleichen Material aber in verschiedenen Farben.
Kopfschüttelnd ging er zurück zu seinem pausierten Film.

~~

Am nächsten Morgen schreckte Jim aus dem Schlaf, als sein Kommunikator sich lautstark meldete. Nur zur Hälfte wach, drückte er den leuchtenden Knopf des Gerätes, das auf seinem Nachttisch lag.
„Kirk hier.“
„Morgen Kirk, hier ist Rand.“ Sofort wurde Jim etwas munterer. Pikes rechte Hand würde ihn nicht ohne Grund um diese Uhrzeit, welche auch immer das war, belästigen. Und tatsächlich kam sie sofort zur Sache. „Es gab einen Vorfall in SoMa: Brand mit Leiche. Wahrscheinlich nichts ungewöhnliches, aber es wurde angeordnet, jemand von uns vorbeizuschicken.“
Während ihrer Erklärung war Jim aus dem Bett gesprungen und zog sich gerade ein frisches Hemd an. „Danke, ich bin quasi schon unterwegs.“
„Du weißt ja, wie es läuft“, erinnerte ihn Janice „Wer zuerst kommt, malt zuerst. Der nächste ist in zwei Minuten wach und unterwegs, also nutz die Zeit.“
„Mach ich, Rand. Du hast was gut bei mir.“
„Schreib‘s auf die Liste.“ Damit verabschiedete sie sich und legte auf.

Jim beeilte sich aus dem Haus zu kommen. Die Chance wollte er sich nicht entgehen lassen.
Als er in seinen Wagen stieg, hatte er bereits die Adresse zugeschickt bekommen und schaltete die Navigation anstatt den Autopiloten an. So wäre er schneller in dem anderen Viertel von San Francisco.
Ehrlich gesagt überraschte es ihn ein wenig, dass er nach gestern so schnell schon wieder losgeschickt wurde, obwohl er nicht mal Bereitschaft hatte. Aber Janice war eine gute Seele und gab ihm öfters mal einen inoffiziellen Tipp. Dafür revanchierte er sich auch immer, wenn er etwas für sie tun konnte. Es half wahrscheinlich auch, dass der Captain, Pike, auf diesem Auge hin und wieder ein wenig blind schien.

Obwohl San Francisco eine Stadt war, die rund um die Uhr am Leben war, gab es nicht viel Verkehr und Jim gelangte schnell von Southeast nach SoMa.
Bereits beim Einbiegen in die Straße sah Jim, wo es gebrannt hatte, denn zwei große Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und ein zusätzlicher Streifenwagen flankierten ein Haus auf der linken Seite und tauchten mit ihren Blinklichtern die gesamte Umgebung in eine vertraute Atmosphäre des Verbrechens.

Der Blonde parkte und überschritt mit Hilfe seiner Marke die elektrische Absperrung.
Die Feuerwehr, ohne Zweifel die Nachtschicht, die froh war, wenn sie nach diesem Einsatz in den Feierabend gehen konnte, war gerade dabei ihr Equipment wieder einzuräumen. Aus einem Fenster seitlich im Erdgeschoss drang noch Rauch, aber das kam wohl eher durch die Überreste des Löschmittels.
Vielleicht ein bisschen zu zufrieden mit sich selbst, bemerkte Jim, dass noch niemand sonst von seinen Kollegen anwesend war. Doch gerade als er diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, bog ein weiteres Fahrzeug – ein modernes Modell der neueren Hover-Technik – in die Straße und Jim sah einige bekannte Gesichter aussteigen. Alle mit diesem genervten, leicht stumpfen Ausdruck, den man hatte, wenn man in Allerhergottsfrüh geweckt wurde und eine knappe Viertelstunde Zeit hat, um vorzeigbar bei der Arbeit zu erscheinen.
Voran schritt eine blonde Dame, die klug genug gewesen war, unterwegs irgendwo einen Kaffee einzusammeln. Ohne Zweifel einer dieser Instant Fast Drinks, die aus allen Maschinen dieser Galaxie gleich schlecht schmeckte; egal, wie sehr man versuchte, die Geräte, die sie ausspuckten, zu modifizieren.
Jim trat ihr entgegen.
„Morgen, Christine.“
„Morgen, Jim.“ Sie lächelte schwach, mehr aus Höflichkeit und schickte ihr Team schon einmal vor, um herauszufinden, wann das Haus für die Spurensicherung freigegeben war. „Was machst du hier? Ich dachte, das sei ein gewöhnlicher Wohnungsbrand“, fragte sie ihn anschließend und nahm einen Schluck ihres Kaffees, wobei sie keine Miene verzog. Dafür hatte sie Jims vollsten Respekt.
„Du weißt doch, wie es ist: wenn es eine Leiche gibt, soll sich das mal jemand von uns anschauen.“
Nickend stimmte die Blondine zu. „Der neue Boss sollte übrigens auch gleich da sein“, erwähnte sie, wobei Jim aufhorchte.
„Was ist mit Doktor Puri?“
„Ist in den Ruhestand gegangen und hat jetzt das 4D-Golfen für sich entdeckt.“
„Wie nett“, erwiderte Jim höflich.

Die beiden verabschiedeten sich fürs erste und während Chapel zu ihren Kollegen hing, war Jim vom Einsatzleiter der Feuerwehr entdeckt worden und bekam einen genaueren Überblick der Gesamtsituation.
Nachbarn hatten den Notruf gewählt, als sie am frühen Morgen durch Brandgeruch und einen lauten Krach geweckt worden waren. Im Schlafzimmer der Erdgeschosswohnung, aus der es noch qualmte, war aus bisher noch unbekannten Gründen ein Feuer ausgebrochen mit mindesten einem Toten. Das meiste der Einrichtung in dem Raum war verbrannt und das Fenster zerbrochen.
Glücklicherweise waren Gebäude heutzutage mit feuerhemmenden Materialien gebaut, sodass die Flammen nicht auf die anderen Räume oder gar Stockwerke übergreifen konnten.
Bisher sah alles nach einem Unfall aus und wenn man den Brandherd festgestellt hatte, wäre es nur ein kurzer Routineeinsatz.

Jims Kommunikator klingelte und er sah an der Erkennung, dass es Pike war.
„Captain“, meldete er sich betont gut gelaunt. „Was gibt es?“
„Ich hab gehört, dass du trotz des gestrigen Debakels schon wieder an einem Tatort zugegen bist.“ Pike schien um diese Uhrzeit tatsächlich die wachste Person zu sein, mit der er bisher gesprochen hatte. Er war schwer beeindruckt von dem alten Mann.
„Sie kennen mich, Captain. Stets bereit und mit vollem Einsatz.“
Er konnte Pike stumm seufzen hören. „Wenn du dort fertig bist, will ich dich hier in der Zentrale sehen, Jim.“
„Aye, Captain.“ Der Blonde grinste breit, denn das hieß, dass er den Fall behalten durfte. Also doch kein Schreibtischarrest für ihn! „Einen erholsamen Morgen noch.“ Bevor Pike es sich anders überlegen konnte, beendete er das Gespräch und begab sich endlich ins Innere des Hauses.
Die betroffene Wohnung begann mit einem großzügigen Wohnzimmer. Rechts sah er die Küche durch eine früher mal sehr beliebte Retro-Durchreiche, die mit einer elektrisch betriebenen Scheibe versehen war. Weiter hinten führte ein kurzer Eckflur zu den restlichen Zimmer.
Natürlich war alles durcheinander. Allein durch das Equipment der Feuerwehr und der Dutzend Leute, die hier teilweise mit großer Hast hindurchgestürmt waren, waren Möbel und Ausstattung umgeworfen und teilweise sogar zu Bruch gegangen. Außerdem führten mehrere Dreckspuren über den hellen Boden.
Es würde ein Spaß werden, herauszufinden, wie die Wohnung vorher ausgesehen hatte.

Ein paar Schritte weiter fiel Jim eine dünne Blutspur auf. Sein PADD, das er jetzt gezückt hatte, zeigte ihm eine Notiz, dass Christines Team bereits eine Probe eingesammelt hatte.
Er folgte dem Blut in die Küche, wo sie sich am Waschbecken verlor. Vermutlich hatte sich jemand sauber waschen wollen. Eigentlich war das genug, um Jims Verdacht zu erregen, aber erst musste geklärt werden, von wem das Blut stammte. Und da es keine alarmierende Menge war, beschloss er sich erst nach dem Brand umzusehen.

Außer den offensichtlichen Verwüstungen wies das Wohnzimmer keinerlei sonstige Anzeichen von dem Geschehen vor. Im Schlafzimmer änderte sich das Bild dann schlagartig: der Großteil der Wände war schwarz verrußt und sämtliche Möbel verkohlt. Überall in den Ecken waren noch Löschmittelreste, die sich nur langsam auflösten.
Vom Bett war nur noch ein dunkler Kasten übrig, in dessen Mitte die Leiche rücklings lag. Bei dem Anblick, verzog Jim das Gesicht. Er konnte nicht mal mehr sagen, welches Geschlecht der Tote hatte, dermaßen stark hatte es ihn erwischt. Übrigens war die gesamte Wohnung dermaßen neutral und spärlich eingerichtet, dass sie kein Indiz darauf hergab.
Da von dem Raum bereits ein Scann gemacht worden war und nur noch einer von Christines Leuten irgendwelche letzte Proben von den Brandresten nahm, trat Jim etwas näher an den Leichnam und beugte sich hinab.
Nach dessen Lage auf dem Bett sah es ganz so aus, als wäre er oder sie im Schlaf von den Flammen überrascht worden. Vielleicht ein Raucher. Oder der Kurzschluss eines Gerätes.

Plötzlich hörte der Blonde eine laute Stimme hinter sich.
„Du hast nicht wirklich gerade die Leiche angehaucht?!“
Auch wenn sie Jim gänzlich unbekannt war, konnte er sich doch alleine durch den Ton die zusammengezogenen Augenbrauen und das vorwurfsvolle Stirnrunzeln dazu vorstellen.
„Was?“, fragte er, indem er sich aufrichtete und umdrehte. Tatsächlich enttäuschte ihn der Ausdruck seines Gegenübers kein bisschen. „Ist es mir nicht mehr erlaubt zu atmen?“
Augenbraue rollte mit den Augen, die Jim und dessen Marke, die stets an seinem Gürtel hin, studierten. „Ich mag es nicht, wenn man meine Beweise kontaminiert“, war die einfach Antwort.
Jetzt war es an Jim eine Augenbraue zu heben. „Deine Beweise?“, hakte er nach und ignorierte dabei ebenso wie sein Gegenüber die Höflichkeitsform „Das letzte Mal, als ich mit dem Captain gesprochen habe, und das ist acht Minuten her, war das hier noch mein Tatort.“
„Leonard McCoy, der neuer Rechtsmediziner“, stellte sich Augenbraue vor und streckte ihm die Hand entgegen, die Jim ergriff.
„Jim Kirk, leitender Ermittler.“
Beide tauschten noch einen prüfenden Blick aus, bevor sie wieder losließen. In diesem Moment tauchte Christine wieder auf, die einen Leichensack geholt hatte.
„Ah, wie ich sehe, habt ihr euch schon kennengelernt“, meinte sie zufrieden. „Wie schön.“
Die beiden Herren schienen das ein wenig differenzierter zu sehen, erwiderten jedoch nichts.
„Passt bloß auf, dass du nicht noch mehr Beweise kontaminierst“, warnte McCoy den Blonden stattdessen. „Sonst seh ich mich gezwungen, dir ein Sedativ zu verpassen.“
„Haha, sehr lustig“, meinte Jim trocken.
„Das war kein Witz.“

Jim hätte wohl noch einiges dazu zu sagen gehabt und vielleicht hätte diese kurze Begegnung in einer lautstarken Diskussion geendet, aber einerseits rief er sich in Erinnerung, dass er sich keinen Ärger einhandeln durfte. Andererseits war Christine zu ihm getreten und blickte ihn neugierig an.
„Was hältst du von der Sache?“, wollte sie von ihm wissen.
Sie war eine gute Medizinerin, aber manchmal steckte sie ihre Nase zu sehr in die Ermittlungen. Jim konnte es ihr nicht verübeln; er teilte ihre Art von ungefragter Neugierde.
„Ich bin mir nicht sicher.“ Jim sah dabei zu, wie der Leichnam für den Abtransport in die Pathologie vorbereitet wurde. „Es deutet alles auf einen Unfall hin. Allerdings ...“ Sein Kopf drehte sich zu dem zerstörten Fenster. Irgendetwas, das er hier gesehen hatte, störte ihn. Aber er konnte nicht genau den Finger darauf legen.
Christine nickte. „Ich weiß, was du denkst: wenn er wach war, warum lag er bei einem Brand friedlich auf dem Bett. Aber wenn er geschlafen hat, wer hat dann den Stuhl aus dem Fenster geworfen?“
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