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Ausgebrannt

von Janora

Affenschädel

Drive-in heißt in den Staaten Drive-through, verkürzt Drive-thru. Schließlich fährt man mit seinem Auto nicht in den Laden hinein...
„Uff“, machte Jim, als er mit Spock wieder im Wagen saß. „Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich könnte etwas im Magen vertragen.“
Mittag war immerhin schon vorüber und er hatte nichts gefrühstückt außer seinem Kaffee.
„Kommen Sie, wir sammeln auf dem Weg zurück was ein. Worauf haben Sie Lust?“, fragte er daher.

Doch Spock neigte den Kopf.
„Ich bevorzuge das Essen in der Messe.“

„Das Zeug aus den Nahrungsverteilern?“ Er zog eine Grimasse, während er den Autopiloten des Wagens startete und ein neues Zwischenziel eingab. „Das ist nicht gerade lecker vorprogrammiert.“

Der Vulkanier antwortete nichts mehr daraufhin, hatte aber auch keine Einwände gegen den kleinen Umweg, und so verlief die Fahrt schweigend.
Jim nutzte die Zeit, um gedanklich noch mal alle Fakten zu dem Brand durchzugehen.
Als er einen kurzen Blick zwischendurch zu seinem Partner warf, bemerkte er, dass dieser gelangweilt aus dem Fenster blickte. Selbst als Jim seine Bestellung beim Drive-Thru einer kleinen Fast-Food-Kette entgegen nahm, regte er sich nicht.

Da er keine Hand für das Steuer brauchte, machte sich Jim direkt über sein Essen her.
„Hier, sicher, dass Sie nicht doch etwas wollen?“, fragte er.

„Ich esse keinerlei Fleischburger“, erwiderte der Vulkanier und drehte endlich den Kopf zu ihm, nur um überrascht festzustellen, dass Jim ihm die Salatbox entgegen hielt. Doch auch die lehnte er ab.
Schulterzuckend nahm der Blonde den Salat zurück und einen weiteren Bissen seines Essens, las eine Nachricht auf dem Frontdisplay aufsprang.
Sie war von der Pathologie und von Christine, die sie bat, vorbeizukommen. Es gäbe wichtige neue Informationen.

„Sieht nach einer Planänderung aus.“
Jim packte sein Essen wieder ein und warf die Tüte auf den Rücksitz, bevor er den Autopiloten ausschaltete und selbst nach dem Steuer griff. Sie waren schneller, wenn sie selbst lenkten, als wenn sie erst die Navigation umprogrammieren würden.


Jim war in seiner Laufzeit als Ermittler schon öfters in der Pathologie gewesen. Bei seinem Job gehörte es einfach dazu.
Bisher hatte er immer gedacht, dass die etwas makabere Dekoration – eine Sammlung an verschiedenen, eingelegten Organen – zum Inventar gehörte. Aber als er die Räume jetzt betrat, bemerkte er, dass die Augen und Herzen verschwunden waren und stattdessen ein einzelnes, menschliches Skelett in einer Ecke aufgebaut stand.
Offenbar hatte jeder Mediziner seine eigenen Vorlieben.

„Ah, prima, dass ihr so schnell kommen konntet“, begrüßte Chapel die beiden, musterte Spock dabei interessiert.
„Wenn du rufst, Christine, komme ich doch sofort“, scherzte Jim. „Das ist mein Partner Spock. Spock, das ist Christine Chapel, die beste Medizinerin im Haus.“
„Sehr erfreut“, nickte der Vulkanier. Und das war auch schon alles, was er von sich gab.
Sie erwiderte die Geste und brachte die beiden in den eigentlichen Untersuchungsraum.
Obwohl Jim schon einige Male hier gewesen war, hatte er dabei nicht immer eine Leiche gesehen. Zumindest nicht live.
Denn die Pathologen arbeiteten zwar an den toten Körpern, doch wurde von diesen dann ein vollständiges Hologramm erstellt, das zum einen jeglichen Besuchern anstelle des Originals gezeigt wurde, zum anderen aber auch benutzt werden konnte, falls der Tote schon freigegeben war, es sich aber neue Fragen aufgeworfen hatte. Es ersparte somit eine Exhumierung.

McCoy hatte sie kommen hören und trat aus seinem Büro.

„Schön, dich wiederzusehen“, grinste Jim. „Hab deinen neuen Sekretär draußen gesehen.“ Er deutete mit dem Daumen über die Schulter zu dem vorherigen Raum. „Hast dich ja schon nett hier eingerichtet.“

„Wart nur ab, bis ich die Affenschädel ausgepackt habe.“
Ohne mit der Wimper zu zucken, bedeutete Leonard ihnen zu einem der Tische zu folgen. Jim konnte beim besten Wille nicht sagen, ob der Mann es ernst meinte, oder einen Scherz gemacht hatte.
„Wer sind Sie?“, fragte der Arzt den Vulkanier.
„Spock.“
„McCoy.“
Damit war diese umfangreiche Vorstellungsrunde beendet und Leonard kam zu dem Grund ihres Besuchs.

„Wow, die Hologramme werden immer besser. Gab‘s ein Update?“, fragte Jim, als er die bis zur Hälfte mit einem Tuch bedeckte Leiche auf dem Tisch betrachtete. Es war keinerlei Flackern oder Verpixelung zu bemerken. Um zu prüfen, ob das anhielt, wenn er seine Hand hindurch bewegte, streckte er diese aus, stieß jedoch gegen Fleisch und Knochen.
„Shit, Bones, das ist ja die echte Leiche!“, entfuhr es ihm und auch Spocks Augenbraue wanderte verwundert nach oben.

Leonard, der sich mittlerweile sicher war, dass Jim eine ungesunde Affinität zu toten Körpern hatte und nicht ganz so sicher, ob Jim ihn mit „Bones“ gemeint hatte,
, winkte unwirsch ab. „Am Original sieht man die Sachen viel besser als mit dieser unzuverlässigen Technologie. Und wenn ich bei meiner Arbeit den Anblick ertragen kann, könnt ihr Ermittler das auch. Also, was an Mrs. Smith hier interessant ist ...“ Der Pathologe beugte sich über die verkohlten Überreste und deutete mit der Rückseite eines Laserskalpells auf deren Herzseite „ ...ist der Brustkorb. Es ist nicht mehr viel vom Fleisch übrig, dafür wurde aber das Herz freigelegt. Ich habe es hier herausgenommen.“
Er griff nach einer metallenen Wanne, die in einem Fach unter der Tischplatte stand, und zeigte eben genanntes Organ, das ebenfalls stark vom Brand geschädigt worden war.
Jim war nur froh, dass das alles nach frisch desinfiziert anstatt nach verkohlten Fleisch roch und traute sich etwas näher.
„Seht ihr diese drei Löcher hier?“ Leonard deutete mit dem Skalpellstiel auf einige Verletzungen des Organs, die unter den anderen eigentlich gar nicht weiter auffielen. „Die sind definitiv nicht vom Feuer verursacht. Passend dazu haben zwei Rippen hier Einkerbungen.“ Er deutete auf die Knochen, die das Herz im Brustkorb hielten.

„Könnte ein Messer gewesen sein“, schlussfolgerte Spock. Der Vulkanier stand als einziger noch einen knappen Meter entfernt und verfolgte die Indizienvorführung von dort.
Leonard blickte auf und nickte zustimmend. Bevor er jedoch weitermachen konnte, führte Spock die Sache weiter aus.
„In diesem Fall läge natürlich ein anderer Tatverdacht vor. Es müsste ein Blutbild der Lunge gemacht werden, um festzustellen, ob der Tod durch Blutverlust und Herzversagen oder durch eine Rauchgasvergiftung an Kohlenmonoxid verursacht wurde.“
Er hatte die Hände hinterm Rücken verschränkt und erklärte diese Vorgehensweise ebenso ruhig wie selbstverständlich.

Der Arzt starrte ihn an.
„Wenn Sie das alles selbst können, frag ich mich, warum man mich eingestellt hat.“

Jim hob beschwichtigend die Hände.
„Er meint es nicht so“, erklärte er an McCoy gewandt „Ich bin mir sicher, dass du das auch ohne unsere Besserwisserei gewusst hättest.“
Es entstand eine kurze Pause, in der die beiden Ermittler den Arzt abwartend anblickten. Der arme McCoy sah zu einem Drittel müde und zu zwei Drittel genervt aus.
„Natürlich“, grummelte er schließlich. „Ich hab euch nicht herbestellt, um mit euch Cluedo zu spielen, sondern weil ich meinen Job gemacht und handfeste Fakten für euch habe. Die drei Stiche in die Brust töteten Mrs. Smith, bevor ihr Körper verbrannte. Den Schnittkanten nach wurde ein glattes Küchenmesser oder ähnliches verwendet.“
Er verschränkte die Arme, während die anderen beiden diese neuen Informationen verarbeiteten.
Jims Miene wurde nachdenklich und er überlegte, ob er am Tatort eine entsprechende Waffe gesehen hatte. Aber die Spurensicherung hätte ein offen herumliegendes, blutverschmiertes Messer definitiv eingetütet. Die Mordwaffe musste also erst noch gefunden werden. Immerhin war die Blutspur auf dem Boden damit geklärt, wenn die DNA denn überein stimmte.
Er nickte langsam.
„Gut, kannst du uns noch etwas dazu sagen?“, fragte er McCoy.

„Wenig. Mögliche fremde DNA wurde durch das Feuer vernichtet. Der Angreifer muss aber einiges an Kraft besessen haben, um das Messer mehrmals einzustechen und herauszuziehen, obwohl sie sich sicher wehrte. Gefesselt war sie jedenfalls nicht und im Magen fanden sich keine Sedativ-Reste.“

„Okay, danke.“

Spock hatte sich derweil zurückgehalten und alle relevanten Informationen gespeichert. Er hatte bemerkt, dass der Mediziner sich durch seine vorherigen Worte angegriffen gefühlt hatte und auch wenn er nicht verstand warum, da er bloß einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung des Mordes geleistet hatte, so beschloss er abzuwarten und das Geschehene erst einmal zu analysieren.
Da sie hier so weit fertig waren, verabschiedeten sich die beiden von Doktor McCoy und gingen zurück zum Wagen.

„Ich wusste gar nicht, dass der neue Rechtsmediziner ein Freund von Ihnen ist“, bemerkte Spock, woraufhin Jim einen amüsierten Laut von sich gab.

„Ich habe ihn heute Morgen zum ersten Mal in meinem Leben gesehen“, gab er zu.

„Wirklich?“

„Ich informiere Pike über die Neuigkeiten“, wechselte Jim das Thema, während er den Autopiloten startete.

„Das habe ich bereits erledigt.“ Spock machte eine vage Geste zu seinem PADD, woraufhin sein Partner die Stirn runzelte.
„Wann? Das hätten Sie ruhig erwähnen können.“

„Warum hätte ich das tun sollen?“

„Weil wir nun mal, ob wir wollen oder nicht, Partner sind, Spock, und Partner teilen sich eben solche Sachen mit!“, entfuhr es Jim genervt, schalt sich aber direkt selbst, dass er so ruppig geworden war.
Spock zog über dieses menschliche Verhalten bloß die Augenbraue hinauf.
„Wissen Sie, gegen wie viele Auflagen Sie regelmäßig bei Einsätzen verstoßen?“, fragte er im ruhigen Ton.

Jim war ein wenig verwirrt über diese Frage und gab ein skeptisches „Eine?“ von sich. Spock schüttelte den Kopf, weswegen er es erneut versuchte. „Zwei?“

„Nein.“

„Ist es weniger als eine?“

Es entstand eine kurze Pause, in der Spock einen Ton von sich gab, als würde er resigniert durchatmen.
„Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ich als Ihr neuer Partner vor allem deswegen ausgewählt wurde, damit das Protokoll eingehalten wird.“
Er formulierte es zwar neutral, aber das Wort ‘Aufpasser‘ schwebte mit ihnen im Wagen, der sich einen Weg durch den Stadtverkehr bahnte.
Jim passte das überhaupt nicht.

„Da nun offiziell ein Mord bestätigt wurde, hat sich die Sachlage verändert“, fuhr der Vulkanier dann sachlich fort „Während wir auf den Bericht der Spurensicherung warten, sollten wir möglichen Indizien nachgehen.“

Jim konnte mittlerweile Bones‘ Ausbruch vorhin Spock gegenüber durchaus nachvollziehen. Er kannte das Prozedere, er arbeitete nicht erst seit gestern als Ermittler. Aber der Vulkanier schlug einen Ton an, dass er sich selbst wie ein blutiger Lehrling fühlte.
Das musste er Spock unbedingt abgewöhnen.

„Mrs. Smith‘ Arbeit könnte eine Spur sein. Fusionsberater haben ein hohes Ansehen und wirtschaftliche Interessen stehen dahinter“, warf er ein und Spock nickte.
„Das werde ich übernehmen“, beschloss letzterer. „Außerdem muss das soziale Umfeld von Mrs. Smith überprüft werden.“

„Wir sollten zusammen gehen.“

„Mord ist eine Zeitsache. Fünfundsechzig Prozent aller Mordfälle werden innerhalb der ersten fünf Tagen aufgeklärt. Es ist effektiver wenn wir parallel zwei verschiedenen Spuren nachgehen.“

Jim verdrehte darüber die Augen.
„Ich kenne die Statistiken. Schön, ich übernehme Freunde und Verwandte.“
Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Spock diesen Bereich einfach vermeiden wollte. Aber diese Annahme war natürlich Blödsinn, denn darunter hätte die Effektivität des Falles gelitten.


Die beiden trennten sich also, als sie am Revier ankamen und gingen getrennte Wege. Jim begab sich zunächst an seinen Schreibtisch und griff von dort auf die Kontakte von Margaret Smith‘ Kommunikator zu, die mittlerweile in die große Datenbank eingegeben waren. Zusammen mit sämtlichen Protokollen ihrer eingehenden und ausgehenden Nachrichten.
Er sortierte sie nach Häufigkeit der Kommunikation und erstellte eine Liste mit relevanten Personen aus Margarets Umfeld. Minus all denen, die mit ihrer Arbeit zu tun hatten, denn die würde sich Spock vornehmen.

Den restlichen Tag verbrachte er dann damit diese Liste abzuarbeiten und sämtlichen Personen darauf einen Besuch abzustatten.
Mrs. Smith schien die typische Mittvierzigerin zu sein: sie hatte mit ihrem Mann zwei Kinder großgezogen – Söhne, die mittlerweile das College besuchten -, nebenbei viel gearbeitet und leitete einen digitalen Buchclub mit Freundinnen aus der Nachbarschaft. Außerdem besaß sie einen Kater namens Vakkos.
Für die Zweitwohnung hatte sie sich entschieden, weil sie den Luxus des Hauses nicht aufgeben, aber dennoch eine Wohnstätte in Arbeitsnähe haben wollte, wenn es wieder einmal spät wurde.

Sie und ihr Mann besaßen einige wenige wertvolle Kunstgegenstände, doch die waren alle im Haus untergebracht; ein Raubüberfall schied also aus.
Generell wusste niemand einen triftigen Grund, weswegen jemand Margaret ermorden wollen würde und das auch noch auf diese grausige Weise. Alles in ihrem Leben schien verdächtig unauffällig.
Nur eine Freundin aus Jugendtagen, Sara Millfort, die mit der Toten zusammen regelmäßig einen ostheopatischen Yogakurs besucht hatte, wusste von einem aufdringlichen, jungen Mann dort zu erzählen, der Margaret öfters belästigt hatte.
Jim ließ sich einen Namen – Theo – und eine Beschreibung geben.

Am Ende seiner Liste angekommen, schickte er Spock, der ihm bereits mehrere Dateien hatte zukommen lassen, ein kurzes Update und machte sich dann auf den Heimweg, da es bereits dunkel wurde.

Er parkte seinen Wagen gegenüber von seiner Wohnung und überlegte beim Aussteigen gerade, was er sich zu essen bestellen sollte, als ihm ein bekanntes Gesicht auffiel und er winkte ihm grüßend zu.
Leonard McCoy blieb stehen und blickte ihn skeptisch an.
„Was zum …? Verfolgst du mich, oder was?“

„Nicht ganz“, lachte Jim abwehrend und deutete zu dem Gebäude hinter ihm. „Ich wohne dort.“

Der Pathologe seufzte, schien damit aber vor allem nur sein Image wahren zu wollen. „Na toll. Eine riesige Stadt und ich such mit eine Wohnung gleich neben einem neugierigen Ermittler aus.“ Er machte eine vage Geste zu dem Haus, vor dem sie standen und das Jim an etwas erinnerte.

„Bist du zufällig gestern erst dort eingezogen?“

„Letztes Wochenende“, erwiderte Leonard „Gestern kamen bloß die Möbel. Aber warum weißt du das überhaupt?“

„Glaub es oder nicht, aber mir ist zufällig der Umzugswagen aufgefallen.“
Leonard verdrehte die Augen, als wäre das etwas, das nur jemand aus Jims Berufsmetier sagen würde.
„Hey, sollen wir demnächst mit einem Sixpack Bier deinen Einzug feiern?“, fuhr Jim unbeirrt fragend in kollegialer Art fort. Doch McCoy grummelte daraufhin bloß etwas unverständliches und drehte sich zum gehen.

„War das ein Ja?“, rief Jim fragend hinterher, bekam jedoch keine Antwort.
Na, es war immerhin kein eindeutiges Nein gewesen.
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