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Künstliche Intelligenzen

von Harald Latus

Kapitel 2

Der Holodoc der Voyager war eigentlich nicht ohne Grund auf die Enterprise gekommen. Im Laufe seiner Tätigkeit hatte er viel über die Flotte erfahren und auch darüber, dass er einzigartig war. Warum er sich auf der Voyager zu einem holografischen Individuum entwickelt hatte, war ihm nie ganz klar geworden, aber er betrachtete sich nicht ohne Stolz als künstliche Intelligenz mit eigenem Bewusstsein. Eine Eigenschaft, die in der Sternenflotte selten war, sehr selten sogar. Heute endlich war er am richtigen Ort, um einen Gleichgesinnten zu treffen, auch wenn es sich in diesem Fall nicht um ein komplexes holografisches Programm handelte, sondern eher um eine kybernetische Lebensform. Aber zumindest die künstliche Intelligenz hatten sie gemeinsam.
Doktor Crusher hatte sich noch mit dem MHN der Voyager ausgetauscht und dabei einige sehr interessante Dinge erfahren. Sie hatte den direkten Vergleich und konnte somit zwischen dem MHN der Enterprise und demjenigen der Voyager sehr gut die Entwicklung sehen, die er durchgemacht hatte. Sie war sehr beeindruckt von den vielfältigen Fähigkeiten, die er angesprochen hatte.
Nach Dienstschluss hatten sich Ihre Wege getrennt, der Doktor der Voyager wollte Lieutenant Commander Data besuchen, der bereits den nächtlichen Brückendienst angetreten hatte.
Er war sehr gespannt auf diesen Androiden in Menschengestalt, der seit vielen Jahren auf der Enterprise unter Captain Picard diente.

Die Türen des Turbolifts öffneten sich und der Doktor trat auf die Brücke.
Er genoss immer noch das Gefühl, sich frei bewegen zu können, was ihm sein mobiler Emitter ermöglichte, auch wenn es auf der Enterprise E die Möglichkeit gab, in vielen Räumen ein holografisches Bild aufrecht zu erhalten.
Data saß im zentralen Stuhl und beaufsichtigte die Schiffsfunktionen. In dieser Nacht, wie so oft, eine ruhige Aufgabe, die nur selten Abwechslung versprach, deshalb lief in seinem positronischen Gehirn ein Abgleich aller erfolgreichen Kapitäne der Sternenflotte, bei dem er zu ergründen versuchte, was es war, das diese Personen zu solch herausragenden Kommandanten machte. Die Enterprise hatte an einem Planeten einen Stopp eingelegt und Waren ausgetauscht. Den Abflug hatte der Captain für die nächsten beiden Tage eingeplant.
Der Doktor trat zu Data und sah ihn an. „Ich möchte mich vorstellen, ich bin, oder besser gesagt war, der diensthabende Arzt auf der Voyager und in gewisser Weise fühle ich mich mit Ihnen verbunden, da ich ebenso wie Sie über ein künstliches Bewusstsein verfüge, welches mich wie Sie in die Lage versetzt, mehr zu sein als nur die Summe meiner Programmierung.“
Mit einem breiten Lächeln streckte er Data seine Hand entgegen, die dieser annahm und mit kräftigem Druck erwiderte.
Für einige der Brückencrew ein skurriler Anblick, da es sich rein faktisch nicht um Lebewesen im herkömmlichen Sinne handelte. Aber die Crew der Enterprise hatte sich daran gewöhnt, Data aufgrund seines Aussehens auch als Mensch zu akzeptieren.

Doch noch bevor Data den Gruß erwidern konnte, meldete sich der Fähnrich an der OPS: „Captain, mir wird gerade gemeldet, dass ein Shuttle fehlt. Es konnte an seinem Stellplatz nicht gefunden werden, eine Startgenehmigung ist nicht verzeichnet.“
Damit hatte er sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit des Androiden, der die Hand seines Gegenübers losließ, aufstand und einige Schritte zur Konsole der OPS ging, seinen Gast ein wenig konsterniert zurückließ, aber auch der Doktor hatte in seiner Laufbahn gelernt, dass Schiffsoperationen grundsätzlich vorgingen.
„Fähnrich, ich habe die Erfahrung gemacht, dass es so etwas wie unerklärliche Phänomene nicht gibt, lediglich jene, die sich unserer Wissensbasis entziehen, aber im vorliegenden Fall muss es auch eine einfache Erklärung geben.“
Der junge Fähnrich hatte sich zum Androiden umgedreht und sagte: „Bitte Sir, Sie können es gerne überprüfen, ich sehe hier in den Unterlagen keine Eintragungen, die einen Shuttlestart autorisieren, noch eine Information zum Startvorgang.“
Data hatte direkt einige Anweisungen in das Display der Station eingegeben und mit schnellen Prüfungen erfasst, dass es auf den ersten Blick so aussah, dass der Fähnrich Recht hatte. Ein solches Ereignis im Rahmen seiner Wache war für ihn nicht hinnehmbar und er beschloss, sich selbst um diese Angelegenheit zu kümmern.
„Überwachen Sie den Flug weiter Fähnrich, ich werde mich dieser Sache annehmen!“, erklärte er dem jungen Mann und ging wieder nach oben zum zentralen Stuhl, wo noch immer der Doktor stand. Ihm kam eine Idee.

„Doktor, Sie werden sicher verstehen, wenn ich mich vorrangig um die Belange des Schiffes kümmern muss, aber ich bin in der Lage, auch gleichzeitig mit Ihnen zu kommunizieren. Wenn Sie möchten können Sie gerne bleiben und selbstverständlich berücksichtige ich auch gerne Ihre Hypothese bei meinen Studien dieses Vorfalls.“
An die Wissenschaftsstation gewandt wies er den diensthabenden Offizier an: „Prüfen Sie bitte wer auf der Mannschaftsliste fehlt. Jemand muss das Shuttle gesteuert haben. Checken Sie auch, wann der Vorgang genau stattgefunden hat und wie der Pilot das Schiff verlassen hat.“ Dann ging er gemeinsam mit dem MHN zu einer der freien Stationen und begann mit zusätzlichen Auswertungen.

„Captain“, kam die Stimme des Wissenschaftsoffiziers, „alle Mannschaftsmitglieder sind anwesend.“ Data drehte sich von der Station herum und sah den Offizier direkt an. „Dann muss ein Zivilist an Bord für den Zwischenfall verantwortlich sein, prüfen Sie das ebenfalls nach.“
Sofort ertönte die Stimme des Offiziers wieder: „Das habe ich bereits getan, aber auf dem gesamten Schiff fehlt keine einzige Person.“ Jetzt wurde Data hellhörig. Sein Spürsinn war geweckt und sein Erfahrungsprogramm erinnerte sich an seine Vorliebe, kriminalistische Rätsel zu lösen.
„Das kann unmöglich korrekt sein. Ein Shuttle benötigt einen Steuermann, die einzig mögliche andere Option wäre ein ferngesteuerter Flug, der aber zahlreicher Genehmigungen bedarf und nur von gewählten Offizieren ausgeführt werden darf. Ich bin nicht der Ansicht, dass es auf der Enterprise Verfehlungen dieser Art gibt. Lassen Sie eine umfassende Diagnose zu diesem Fall durchführen, einschließlich einer Umgebungssuche zwischen dem Schiff und dem Planeten. Legen Sie mir den Bericht umgehend vor.“ Zum MHN gewandt sagte er: „Doktor, wollen Sie mich auf der Spurensuche begleiten, ich möchte mir den Shuttlestellplatz ansehen, vielleicht ergeben sich daraus hilfreiche Hinweise.“
Eigentlich hatte das MHN einen ganz anderen Grund, um den Androiden aufzusuchen, denn er erhoffte sich einen Austausch seiner Erfahrungen, fand jedoch, dass auch eine solche Suchoperation einen Teil dieser Erwartungen abdeckte. Deshalb stimmte er zu und verließ gemeinsam mit Data die Brücke.

Nur wenige Minuten später erreichten Data und das MHN den Hauptshuttlehangar und wurden vom diensthabenden Offizier zu dem Platz geführt, an dem das Shuttle vermisst wurde. Data stutzte, sah auf sein Datenpadd, das Aufschluss über die bisherigen Ergebnisse lieferte, und legte den Kopf leicht zur Seite. Dabei machte er eine nachdenkliche Miene. Da sich die Sache immer ominöser darstellte schien Data auf andere Subroutinen zurückzugreifen. Der freie Abstellplatz für das vermisste Shuttle lag in der zweiten Reihe. Obwohl es nicht unmöglich war, ein Shuttle aus dieser Position heraus abfliegen zu lassen, war es ungewöhnlich, dass sich der mutmaßliche Täter so verhalten hatte. Ein Dieb hätte doch sicher die einfachste und schnellste Möglichkeit bevorzugt und ein Gefährt aus der ersten Reihe verwendet.
„Wann wurden all diese Shuttles zuletzt verwendet?“, fragte er den Offizier an seiner Seite. „Die meisten Fluggeräte auf dieser Seite wurden vor zwei Tagen das letzte Mal verwendet, um Transporte zum Planeten und zurück zu fliegen. Das fehlende Shuttle, die „Einstein“, wurde jedoch für diesen Zweck nicht genutzt. Sie verblieb in ihrer Parkbucht und wurde von den Technikern der Wartungscrew vor vier Tagen das letzte Mal geprüft.“
Das MHN schaltete sich erstmals in die Unterhaltung ein. „Könnte es sein, dass irgendjemand vom Planeten auf dieses Schiff gekommen ist und sich verborgen hat, um das Shuttle zu stehlen, um somit zum Beispiel die Technologie auf dem Planeten voranzubringen?“
Datas kriminalistischer Spürsinn prüfte das kurz. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass er ihn einmal außerhalb des Holodecks würde einsetzen können.
„Das ist zwar möglich, aber höchst unwahrscheinlich. Der Planet hat einen guten technologischen Stand erreicht und ist nicht auf unsere Hardware angewiesen“, erklärte er, doch der Doktor wollte sich nicht so schnell geschlagen geben. „Dann wird es vielleicht verwendet, um eine Straftat zu begehen und um damit die Spuren des Täters zu verwischen. Die Folgen würden dann die Enterprise treffen und vom wahren Schuldigen ablenken.“

Data nahm dieses Argument auf und verarbeitete es in seinem internen Speicher, er zog Vergleiche heran und prüfte wohl die Wahrscheinlichkeit, während er sich langsam dem freien Stellplatz näherte und das Kontrollpult dahinter aktivierte.
Auf dem Display erschien nicht das gewohnte Bedienpanel, sondern in großen Lettern ein Text, der alle in Erstaunen versetzte:
"Erwartet mein Kommen in drei Tagen! Bereitet euch vor!"
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