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Stufen des Lebens

von Emony

Retrospektive

Spock drehte seinen Teller, bis der sich darauf befindliche gemischte Salat in der für ihn akzeptablen Richtung zu ihm lag. Die etwas größeren grünen Salatblätter hinten, Möhrenstreifen, Mais und Salatgurken ihm zugewandt. Jim sah ihm einigermaßen interessiert dabei zu, wie Spock von jedem Gemüse auf seinem Teller ein klein wenig auf seine Gabel tat und zunächst daran roch, bevor er sich entschloss zu probieren. Für einen Moment vergaß Jim vollkommen, dass sein eigener Teller duftend vor ihm stand. Sein Magen nahm jedoch sehr wohl Notiz davon und knurrte entsprechend, um Jim an die Nahrungsaufnahme zu erinnern. Dieser schüttelte nur wundernd den Kopf und beobachtete Spock einen weiteren Augenblick, bis dieser Jims Blick bemerkte und mit einer erhobenen Augenbraue und fragendem Ausdruck darauf reagierte.

„Stimmt etwas nicht mit Ihrem Essen, Captain?“

Jim winkte ab. Er hatte seinen Teller noch nicht angerührt. „Wie ist der Salat?“

„Harmonisch, obwohl süß und ein wenig säuerlich zugleich. Ich denke, dass diesmal eine andere Kräutermischung im Dressing ist, aber ich sehe mich noch nicht in der Lage, die einzelnen Komponenten klar zu definieren. Der Dill ist jedoch recht markant.“

Ein kleines Lächeln zupfte an Jims Mundwinkeln. Schließlich erinnerte ihn ein weiteres Magenknurren daran, dass er recht hungrig war. Er sah sich seinen bunten Reisteller an und fragte sich, wie er von einer so kleinen Portion satt werden sollte. Auf dem Reisbett lagen gedünstete Zucchini, Tomaten und Paprika. Da Jim keine Gewürze sehen konnte, ging er davon aus, dass kaum mehr als eine Prise Salz an seinem Essen war. Das hatte er nun davon, dass er eine Diät machen wollte und Schwester Chapel um Rat gefragt hatte. ‚Sie sollten nicht jeden Tag zwei warme Mahlzeiten einnehmen und grundsätzlich deutlich weniger Fleisch essen‘, hatte sie zu ihm gesagt. ‚Reduzieren Sie Ihre Mahlzeiten um die Hälfte. Sie sind keine Zwanzig mehr, Captain.‘ Als ob er das nicht wüsste. Jim seufzte und schob sich eine Gabel mit Reis und Gemüse in den Mund. Gemüse … Er hatte Gemüse schon als Kind nicht allzu sehr gemocht. Von gekochtem Mais mit viel Butter und Salz und Kartoffeln, am liebsten in Form von Pommes, abgesehen.

„Es scheint Ihnen nicht besonders zu schmecken“, stellte Spock sachlich fest, bevor er sich erneut eine bunte Salatgabel in den Mund schob.

Jims Schultern zuckten wie von selbst. „Es ist fad. Langweilig. Und mir fehlt das Steak dazu.“

Spock nickte. „Mir ist aufgefallen, dass Sie in letzter Zeit unzufrieden mit Ihren körperlichen Leistungen sind, Captain.“

Sein Gegenüber verdrehte genervt die Augen. „Spock, wir sind hier privat zum Essen, meine Güte. Hören Sie endlich auf, mich privat mit Captain anzusprechen. Das machen Freunde nicht.“ Spock legte daraufhin nur den Kopf schief und musterte Jim einen kurzen Moment. „Aber Sie haben recht. Ich bin unzufrieden mit meiner Leistung.“ Noch während er mit Spock sprach, wanderte sein Blick einige Tische weiter, wo Leonard und Christine beisammensaßen und sich angeregt unterhielten, während sie gemeinsam aßen.

Spocks Blick folgte Jims, doch er kam nicht dazu seinen nächsten Gedanken auszusprechen, da sich Uhura zu ihnen an den Tisch begab. Anstatt sich jedoch zu den beiden an den Tisch zu setzen, behielt sie ihr Essenstablett in den Händen und lehnte sich lediglich zu ihrem Mann, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu geben. „Ich setze mich heute zu Leonard und Christine, wenn das okay ist?“

Spock nickte emotionslos, doch Jim sah ihr verwirrt nach, als sie ihnen auch schon den Rücken zuwandte und einige Tische weiter ging.

„Seit wann essen wir nicht mehr zu dritt?“ Jims Frage hing unbeantwortet in der Luft.

§§§

„Darf ich?“ Uhura nickte fragend auf den freien Platz neben Christine. Diese rückte sofort ein paar Zentimeter mit ihrem Stuhl beiseite, um ihrer Kollegin Platz zu machen.

„Selbstverständlich“, erwiderte schließlich auch Leonard, sobald er den Mund leer hatte. Er wagte es kaum hinüber zu Jim und Spock zu sehen, spürte er doch zumindest Jims Blick sehr deutlich auf sich ruhen. „Ich hoffe, dass zwischen Ihnen und Spock alles okay ist?“

„Bestens“, bestätigte Uhura. „Aber ich brenne darauf zu erfahren wie es Ihnen geht, Leonard. Mit unserem neuen Reiseziel, meine ich.“

Er spürte sehr wohl ein gewisses Flattern in der Bauchregion, versuchte es jedoch zu ignorieren. „Wir haben auf dieser Mission nicht viel zu tun. Natürlich könnte es interessant werden, mehr über die medizinischen Standards auf Trill zu erfahren und …“

„Leonard!“ Uhura sah ihn eindringlich an. „Sie könnten versuchen herauszufinden, wo sie wohnt und sie besuchen.“

Daraufhin schüttelte der Arzt nur den Kopf. „Das ist absurd. Es ist ewig her. Wahrscheinlich hat sie mich längst vergessen.“

Christine verschluckte sich beinahe an ihrem Essen. „Habe ich irgendwas verpasst?“

Noch bevor Leonard ihr Einhalt gebieten konnte, sprudelte Uhura begeistert los: „Leonards erste Jugendliebe war eine Trill.“

„Ist das wahr? Ich dachte immer, Sie hielten nicht viel von Interspezieskopulation, Doktor. Sie überraschen mich immer wieder.“

McCoy seufzte ergeben und schloss für einen Moment die Augen. „Ewig her“, wiederholte er und nuschelte dabei so, dass selbst Uhura Schwierigkeiten hatte ihn zu verstehen, obwohl sie am selben Tisch saßen.

„Erzählen Sie uns von ihr?“ Christine sprach den Wunsch aus, der beiden Frauen auf der Zunge lag. Offenbar wusste Uhura schon ein klein wenig von dieser Frau, sonst hätte sie Leonard nicht so direkt aus der Reserve locken können, trotzdem nickte sie eifrig und grinste dabei so breit wie es selten der Fall war.

Das hatte er nun davon, dass er Christine und Nyota als Freundinnen gewonnen hatte. Von romantischen Geschichten konnten Frauen selten genug bekommen und besonders diese beiden. Vielleicht, überlegte Leonard, lag es daran, dass sie selbst nur wenig Romantik in ihrem Leben hatten. Uhura, die mit einem Vulkanier verheiratet war und Christine, die – sofern er wusste – gar niemanden in ihrem Leben hatte. „Also gut“, gab er sich geschlagen und fand sich zwei neugierigen Augenpaaren ausgeliefert, die ihn voller Begeisterung und Erwartung anlächelten.



Erde, Sommer 2245

Leonard hetzte seinem Vater hinterher durch die Menge, den engen Korridor entlang. Er hatte sich von diesem Sommerpraktikum unter anderem erhofft, das internationale Gymnastik-Turnier verfolgen zu können. Hinter den Kulissen allerdings bekam er nichts weiter als Verstauchungen, Prellungen, Knochenbrüche und allerhand andere Verletzungen zu sehen. Sein Vater, der als einer der Notärzte an diesem Turnier verpflichtet worden war, hatte ihm ein Praktikum angeboten. Mit seinen achtzehn Lebensjahren war sich Leonard nämlich noch nicht wirklich sicher, was für einen Beruf er einmal ergreifen wollte.

Selbstverständlich wäre sein Vater glücklich, wenn Leonard sich ebenfalls für ein Medizinstudium entscheiden würde. Und so hatte sich der Heranwachsende zu diesem Praktikum breitschlagen lassen. Unter anderem in der Hoffnung, ein paar sehr beweglichen Mädchen beim Turnen zusehen zu können. Daraus war bisher jedoch nichts geworden.

„Hier entlang!“, rief ihnen jemand entgegen.

Leonard, der inzwischen ein paar Zentimeter größer als sein Vater war, spähte über dessen Schulter und konnte nur einen besorgten Mann sehen, der ihnen den Weg wies. Kaum, dass Leonard das Gesicht des Mannes sah, bemerkte er, dass er kein Mensch war. Markante braune Flecken, die über seinen Augenbrauen begannen, zogen sich über seine Schläfen am Haaransatz entlang bis hinab zum Hals. Der Ausdruck im Gesicht des Mannes war überaus besorgt, woraus Leonard schloss, dass ihm die Person, zu der sie gerade unterwegs waren, nahestand.

Kaum, dass sie ihr Ziel erreichten – eine Umkleidekabine für Mädchen, wie Leonard augenblicklich und nicht wenig erfreut feststellte – blieb er hinter seinem Vater stehen und öffnete bereits das Medkit.

„Hey, Kleines“, grüßte David McCoy das weinende Mädchen, das derselben Spezies wie der Mann angehörte, der sie hierher geführt hatte. „Wie ist dein Name?“

„Neela“, schniefte sie und hielt sich das linke Handgelenk fest.

Leonard brauchte kein Arzt zu sein, um den ziemlich offensichtlichen Bruch zu bemerken. David ließ sich von ihm dennoch einen Scanner reichen.

„Das ist ein sehr schöner Name, Neela. Von welcher Welt kommst du?“, erkundigte sich David weiter. Leonard hatte im Verlauf des Tages bemerkt, dass sein Vater dazu neigte, seine Patienten – allesamt Kinder und Jugendliche – zur Ablenkung auszufragen, während er sie behandelte.

„Trill.“ Das Mädchen beobachtete den Arzt bei seiner Untersuchung. Er tastete behutsam ihr Handgelenk ab, bewegte es vorsichtig durch und nahm die verletzte Hand in seine eigene, die viel größer war. „Au!“

„Entschuldige, Neela. Ich muss mir die Fraktur genau ansehen, ehe ich dich behandeln kann.“

„Wird sie weiter am Turnier teilnehmen können?“, erkundigte sich der andere Mann.

„Sind Sie ihr Trainer?“, wollte David von dem Trill wissen.

Der schüttelte den Kopf. „Ihr Vater. Ihre Trainerin ist momentan in der Jury für die C-Gruppe.“

David nickte nachdenklich. „Leonard, reich mir bitte den Osteo-Regenerator.“

Leonard hatte ihm das Gerät heute schon zum dritten Mal reichen dürfen und wusste daher, wie es aussah. Beim ersten Mal hatte er versehentlich den Dermal-Regenerator in der Hand gehabt. Er reichte seinem Vater das Gerät.

„Danke, Junge.“ David wandte sich wieder an seine Patientin. „Neela, das wird jetzt einen Moment unangenehm. Beiß mal ganz fest die Zähne zusammen. Ich muss das Handgelenk erst wieder korrekt ausrichten, bevor ich die Knochenheilung ansetzen kann. Das wird wehtun.“

Ihr Kinn zitterte, dennoch gehorchte sie.

„Bereit?“

Die Hände des Vaters legten sich auf die zierlichen Schultern seiner Tochter und der Arzt reponierte den gebrochenen Knochen mit einer raschen Bewegung. Das Mädchen gab einen erstickten Aufschrei von sich. Leonard schenkte ihr einen mitfühlenden Blick, als ihr Tränen in die Augen schossen.

„Das hast du prima gemacht, Neela. Du bist ein sehr tapferes Mädchen. Wie alt bist du?“

„Dreizehn“, brachte sie gerade so zustande.

Das Mädchen wurde dem Arzt ein wenig zu blass. Die dunklen Flecken, die offenbar ihre Spezies auszeichneten, wurden dunkelbraun. „Kleines, ist dir schlecht?“ Sie nickte benommen. „Leonard, besorg ihr eine Schale oder einen Mülleimer. Irgendwas.“

Leonard zögerte nicht, sah sich um und schnappte sich den erst besten Papiereimer, den er bei den Waschbecken fand. Damit bezog er Position neben dem Mädchen.

Sein Vater wandte sich wieder dem Mädchen zu. „Neela, ich möchte, dass du dich hinlegst. Wir werden deine Beine ein wenig hochlagern, damit dein Kreislauf sich wieder fängt. Außerdem gebe ich dir was gegen die Schmerzen und die Übelkeit. Davon wirst du etwas müde werden.“

„Was ist nun mit dem Turnier?“, wandte sich der Vater des Mädchens abermals an Doktor McCoy.

Leonard konnte seinem Vater ansehen, dass er die Frage missbilligte. Es schien, als wäre dem Vater die Gesundheit seiner Tochter weniger wichtig, als die Frage, ob sie weiterhin am Turnier teilnehmen konnte oder nicht.

„Ihr Handgelenk war an zwei Stellen gebrochen“, erklärte David sachlich. „Ich kann die Fraktur reparieren. Aber die vollständige Heilung, bis sie ihr Gelenk wieder richtig belasten kann, wird dennoch eine Woche dauern. Vorausgesetzt, sie bekommt täglich eine Behandlung zur Regeneration ihrer Knochen.“

David hatte gerade ausgesprochen, als eine weitere Trill in die verlassene Umkleide kam. Ihr Gesichtsausdruck war voller Kummer und Sorge. „Neela, Schätzchen! Ich bin gekommen so schnell ich konnte. Was ist passiert?“

„Ich bin abgerutscht und umgeknickt und …“, erzählte Neela und begann erneut zu weinen, während Doktor McCoy weiterhin ihr Handgelenk stützte und den Regenerator darüber schweben ließ.

„Oh, Schatz …“

„Gehören Sie zur Familie?“, erkundigte sich der Arzt wie beiläufig.

„Nicht direkt, nein. Ich bin die Trainerin. Emony.“

Emony, wiederholte Leonard ihren Namen in seinem Kopf und wurde sich erst in diesem Moment bewusst, dass er die junge Frau anstarrte. Sie hatte die schönsten braunen Augen, die er je gesehen hatte. Sie strahlten Wärme und Güte aus. Ihr kurzes braunes Haar war wild frisiert und stand ihr in allen Richtungen vom Kopf, was ihr ein freches Aussehen verlieh. Sie war klein, im Verhältnis zu Leonard. Er musste leicht nach unten sehen. Sie sah von seinem Vater zu Neela und dann plötzlich Leonard an, dem daraufhin kurzzeitig der Atem stockte. Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihre Züge, ehe sie sich neben Neela auf die Bank setzte. Leonard hielt immer noch den Papierkorb und kam sich reichlich dämlich dabei vor.

Sein Vater, Emony und Neelas Vater unterhielten sich über das weitere Vorgehen, doch Leonard bekam nicht viel von dem Gespräch mit. Er war viel zu fasziniert von Emony, deren Flecken etwas heller und kleiner als die des Mannes waren. Neelas stachen inzwischen fast schwarz von ihrer blassen Haut hervor. Leonards Blick streifte Neelas und dann wurden die Augen des Mädchens groß. Leonard reagierte geistesgegenwärtig und hielt ihr den Papierkorb hin, in den sie sich prompt übergab. Sein Vater machte einen Schritt zur Seite, doch Emony legte sofort sorgsam einen Arm um das Mädchen.

„Doktor McCoy, Sie werden gebraucht!“, rief da eine weitere Stimme in den Raum.

‚Noch nicht!‘, dachte Leonard. Er wollte noch nicht gehen. Er wollte doch noch … Er …

„Wir sind hier fertig“, nickte Doktor McCoy der Frau zu, die im Eingang zur Umkleide stand. „Leonard, pack alles ein.“ Widerwillig kam Leonard der Aufforderung nach. „Neela, dir eine schnelle Genesung. Tut mir leid, dass du so früh ausgeschieden bist.“

„Danke für alles.“ Emony stand auf und reichte zuerst Doktor McCoy und dann auch Leonard die Hand.

Leonard fand ihre Hand kühl, aber unglaublich zart. Er wollte sie gar nicht loslassen, verspürte das unbestimmte Bedürfnis, Emonys Hände wärmen zu wollen. Natürlich war der Gedanke lächerlich, Leonard wusste das. Er kannte die Frau gar nicht. Und älter war sie obendrein. Sicher war sie längst in festen Händen. Dennoch wollte er ihre Hand nicht loslassen.

Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln und Leonard blickte wie hypnotisiert auf ihre vollen Lippen. Die Mädchen in seinem Alter schminkten sich viel zu sehr, um älter auszusehen, wie Leonard fand. Emony trug kaum sichtbares Make-Up und trotzdem fand er sie unglaublich schön, oder vielleicht gerade deswegen …

„Leonard, kommst du?“ Doktor McCoy stand ungeduldig in der offenen Tür und wartete auf seinen halbwüchsigen Sohn.

Er nickte, zwang sich Emonys Hand loszulassen und strich Neela über das Haar. „Gute Besserung.“ Bevor er seinem Vater hinaus folgte, wandte Leonard sich nochmals um und schenkte Emony ein, wie er hoffte, sonniges Lächeln. Sie zwinkerte ihm zu und im nächsten Moment spürte Leonard den Griff der Hand seines Vaters an seinem Unterarm.

„Wir müssen weiter!“

Leonard gehorchte und ließ sich von seinem Vater fortziehen.

„Sie scheint dir gut zu gefallen.“

Leonard rollte die Augen. „Ist es so offensichtlich?“

Doktor McCoy lachte, während sie sich erneut durch die überfüllten Korridore drängten, in denen überall Kinder und Jugendliche mit ihren Trainern, Eltern oder sonst wem unterwegs zu oder von einer Teilnahme waren. „Oh ja, das ist es.“

„Ich habe sowas noch nie erlebt, Pa. Ist sie nicht unfassbar schön?“

„Glückwunsch; das nennt man Liebe auf den ersten Blick, Leonard“, zwinkerte sein Vater zu ihm hinüber.

„Unsinn, ich bin nicht verliebt“, winkte Leonard ab. Allerdings hatte er noch nicht besonders viel Erfahrung in diesen Dingen. War das Liebe? Wie konnte man sich in jemanden verlieben, den man gerade erst getroffen hatte? Das erschien ihm unrealistisch …

§§§

Es war bereits dunkel, als sie den Parkplatz erreichten, der zunehmend leerer wurde. Die Wettkämpfe für den heutigen Tag waren beendet, die Teilnehmer in ihre Hotels zurückgekehrt und die Ausscheider auf dem Weg nachhause.

Leonard stellte das Medkit seines Vaters auf dem Rücksitz des Wagens ab. Sein Blick glitt über das Wagendach hinüber zu dem riesigen Gebäudekomplex, in dem die Wettkämpfe stattfanden.

„Ich glaube, da will jemand zu dir“, hörte Leonard seinen Vater sagen. „Nicht mehr als fünf Minuten, Junge. Deine Mutter wartet mit dem Abendessen auf uns.“ Damit setzte er sich in den Wagen und zog die Tür zu.

Für einen Moment wusste Leonard gar nicht, wovon sein Vater sprach. Dann drehte er sich herum und sah sehr zu seiner Verblüffung, Emony auf sich zu kommen.

„Ich hatte schon Angst, dich verpasst zu haben. Einer von den anderen Sanitätern hat gesagt, dass ich dich eventuell noch auf dem Parkplatz erwische.“ Sie schmunzelte und blieb schließlich vor Leonard stehen.

Perplex, dass es ihm doch irgendwie gelungen war, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, erwiderte er ihr Lächeln, allerdings etwas verkrampfter als geplant. „Sie haben mich gesucht?“

„Du hast vorhin ziemlich deutliche Signale gesendet. Leonard, nicht wahr?“ Er nickte verlegen. „Ich bin noch ein paar Tage auf der Erde. Allerdings nicht jeden Tag in der Jury. Hast du vielleicht Lust mich ein bisschen herumzuführen? Ich bin zum ersten Mal hier und kenne mich nicht aus.“

„Sie wollen, dass ich …?“ Ein riesiger Kloß bildete sich in seinem Hals.

Emony zuckte die Schultern und sah ihn aus scheinbar unschuldigen, tiefbraunen Augen an. „Nur, wenn du möchtest und sofern dein Chef es zulässt.“

„Chef?“, fragte er irritiert.

Sie nickte zum Wagen.

„Oh, das ist nicht mein Chef. Er ist mein Vater. Ich mache im Sommer mein Praktikum bei ihm“, plapperte er in dem verzweifelten Versuch seine Nervosität zu überspielen, was ihm selbstverständlich misslang.

Erneut erschien ein Schmunzeln in Emonys Gesicht. „Ich wohne im Four Seasons Hotel. Kennst du das?“

Leonard nickte wortlos, auch wenn er keinen Schimmer hatte, wo das Hotel war. Er besaß schließlich ein Navi und würde sich notfalls durchfragen.

„Wenn du morgen Abend gegen acht noch nichts vorhast, würde ich mich freuen, wenn du mich abholst. Wir könnten zusammen was essen gehen, oder …“

„Okay“, krächzte Leonard und nickte erneut. „Ich werde da sein. Emony?“ Sie nickte und hielt ihm ihre Hand hin. „Kein Nachname?“

„Perim. Mein Familienname ist Perim.“

Leonard nahm ihre Hand in seine, die zu glühen schien. Natürlich konnte er sich das auch einbilden, da ihre Hand immer noch recht kühl war. Sie strich für einen Moment mit dem Daumen über seinen Handrücken und sandte damit einen wohlig prickelnden Schauer durch Leonards Nervenbahnen.

„Dann bis morgen, Leonard.“

„Bis morgen“, erwiderte er und sah ihr ungläubig nach. Er konnte nicht fassen, dass sie sich tatsächlich nach ihm erkundigt und sich mit ihm verabredet hatte. Wie hoch waren seine Chancen dafür gewesen? Eins zu einer Million?

„Romeo, kommst du jetzt, oder was?“ Sein Vater lehnte halb aus dem Fenster des Wagens.

Leonard zuckte zusammen, als die Stimme seines Vaters zu ihm durchdrang. Hastig stieg er in den Wagen und schüttelte ob der Situation den Kopf. Das war einfach zu unglaublich …


§§§

„Worüber reden die drei? Sieht aus, als hingen die beiden Frauen an Bones’ Lippen“, sprach Jim die Gedanken aus, die ihm durch den Kopf gingen.

Spock war seinem Blick gefolgt, zuckte jedoch nach einem Moment die Schultern und fuhr unbeirrt damit fort seinen Salat zu essen.

„Sind Sie nicht neugierig, Spock?“ Jim nickte seitwärts in Richtung des anderen Tisches.

Ein Kopfschütteln war die einzige Antwort, die Jim bekam. Sein Blick schweifte immer wieder an den anderen Tisch hinüber. Der Appetit war ihm aus irgendeinem Grund endgültig vergangen. Ob die drei irgendwas ausheckten?
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