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Verhandlungen

von Ena

Kapitel 3

"Ich rufe jetzt Commander Chakotay in den Zeugenstand." Die Stimme des elanischen Gesandten war kalt wie Eis geworden.

Chakotay hatte während der ganzen Verhandlung teilnahmslos neben Tuvok an dem linken Tisch gesessen. Sein Blick war die ganze Zeit zu Boden gerichtet. Er hatte keinerlei Reaktionen auf die Crew hinter ihm mehr gezeigt und er schaute die Zeugen nicht an. Verunsicherte, entschuldigende Blicke, die sie ihm zuwarfen, fanden seine dunklen, stillen Augen nicht, drangen nicht in seinen Geist vor. Er fühlte sich leer. Ausgelaugt. Zerbrochen. Auch Tuvok, der ihm mit seiner vulkanischen Logik seine Verteidigungsstrategie darlegte, redete wie gegen eine Wand. Jetzt wurde er von seinen zwei Bewachern zu dem Stuhl des Zeugen geführt.

Da durchbrach die Stimme des Captains die beklemmende Stille im Saal: "Die Verhandlung wird für 15 Minuten unterbrochen. Ich denke, wir brauchen alle eine Pause."

Die Zuschauer des Prozesses erhoben sich von ihren Stühlen. Wut, Verzweiflung, aber auch ein wenig Unsicherheit zeichnete sich in ihren Mienen ab. Die Ausführungen des Elani waren einfach nur spekulativ. Sie beruhten auf Indizien. Commander Chakotay war bei dem Verbrechen nicht gesehen worden, bis jetzt hatten keine direkten Belastungszeugen ausgesagt. Er konnte es einfach nicht gewesen sein. Und doch, die Beschreibung der Ereignisse, wie Preskit sie lieferte, hatte keinen offensichtlichen Fehler. Und der Commander schien sich in irgendeiner Weise schuldig zu fühlen.

Schweigend verließen alle Crewmitglieder den Raum. Auch die Elani-Delegation wollte sich ein wenig die Beine vertreten. Zurück blieben nur Preskit, der Captain, Commander Chakotay und seine Bewacher.

"Minister Preskit, würden Sie mir gestatten ein Gespräch mit dem Angeklagten unter vier Augen zu führen?"

Preskits Stimme war wieder in die ursprüngliche, ausdruckslose Tonlage zurückgekehrt: "Ich vertraue Ihnen, Captain. Sie werden den Prozess nicht manipulieren. Sie scheinen eine Person zu sein, die ihr Urteil auf der Basis von Fakten und nicht von Emotionen fällt. Deshalb ließ unsere Regierung es überhaupt zu, dass Sie den Vorsitz über diese Verhandlung bekamen. Sie werden unser Vertrauen nicht enttäuschen!" Mit diesen Worten verließ der Minister mit den bewaffneten Wachen die Offiziersmesse.

Chakotay wurde hin- und her gerissen. Die Aussicht mit Kathryn allein zu sein, ihr alles zu erzählen, gab ihm Hoffnung. Doch auf der anderen Seite wagte er es kaum ihr in die Augen zu sehen, um es ihr mitzuteilen. Langsam hob er den Blick, voll Angst, was er in ihren Augen erkennen würde. Zu seiner Überraschung sah er Tränen.

"Chakotay", flüsterte Kathryn seinen Namen. Normalerweise hätte er sie jetzt getröstet, ihr mit einem Lächeln oder einer Berührung Kraft gegeben, doch da war eine Distanz zwischen ihnen, die er nicht überbrücken konnte. Er schwieg, sah ihr einfach nur in die Augen, als Bitte, ihm noch eine Chance zu geben.

Captain Janeway nahm wieder Überhand über die Person Kathryn. "Commander, Sie können doch nicht einfach hier sitzen und sich Preskits Version der Geschichte anhören, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Sie sitzen da, als wären Sie schuldig!"

Er hörte es an ihrer Stimme. Sie wollte ihm eine Chance geben, ihn verstehen. Sie wollte ihn bitten, seine Unschuld zu beteuern, ihr Vertrauen zu rechtfertigen, dass sie all die Jahre in ihn gesetzt hatte und welches sie nun beinahe verloren hatte. Sie wollte ihn nicht verlieren. Und er hatte schon gedacht, alles wäre verloren! Neue Kraft durchströmte seinen Körper. Er richtete sich auf, erhob sich von dem Stuhl. Er wollte ihr letztes Vertrauen nicht enttäuschen. "Ich war es nicht. Ich weiß nicht, wer den Obersten Minister ermordete, aber ich versichere Ihnen, ich habe es nicht getan."

Er konnte sehen, wie ihre Anspannung ein wenig nachließ.

*Sie glaubt dir, erzähl ihr jetzt die ganze Wahrheit! Keine Enttäuschungen mehr*, dachte er, ebenfalls ein wenig erleichtert.

"All das, was die Zeugen gesagt haben, entspricht der Wahrheit. Ich war an diesem Tag nervös, freudig erregt. Ich hatte meine Replikatorrationen gespart und ich hatte den Unfall erfunden, um das Mittel vom Doktor zu bekommen. Doch es gibt eine plausible Erklärung für diese Dinge. Ich ...", er zögerte, zwang sich dann aber weiter zu sprechen, "Ich wollte Sie an diesem Abend nach dem Empfang zu mir einladen." Er sprach jetzt hastig und ohne sie anzusehen. "Es ist mir bewusst, wie sehr Sie offizielle Veranstaltungen hassen und wie sehr Sie sich dabei verspannen. Und da Sie niemals selbst zum Doktor gegangen wären, habe ich Ihnen das Mittel zur Entspannung Ihrer Nackenmuskulatur besorgt. Die Replikatorrationen habe ich mit verschiedenen Crewmitgliedern gegen Holodeckstunden getauscht. Ich dachte, es würde Sie entspannen ..." Chakotay stockte. Er wusste nicht, wie sie seine Version der Geschehnisse aufnehmen würde. Nun fühlte er eine Hand auf seiner Schulter. "Es tut mir so leid, Captain. Diese ganze Angelegenheit, ich wollte Sie nicht enttäuschen."

Er blickte auf. Tränen liefen über ihr Gesicht und diesmal versuchte sie nicht sie zurückzuhalten. Ihre Stimme zitterte. "Chakotay, du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen! Es ist alles meine Schuld! Für einen Moment hatte ich doch tatsächlich an dir gezweifelt!"

Sie hatte ihn geduzt! Sie vertraute ihm wieder. Freude durchströmte Chakotay. Kathryn war wieder da, die Mauer zwischen ihnen war zerbrochen. Vorsichtig näherte er sich ihr, immer noch ein wenig unsicher. Doch sie wich nicht zurück. "Kathryn, schon gut! Shhh. Es ist gut", flüsterte er ihr zu.

Kathryn spürte seine Wange an ihrer. Ein Prickeln breitete sich von dort durch ihren ganzen Körper aus und füllte die Leere in ihr mit unbeschreiblicher Dankbarkeit. Dankbarkeit, dass sie diesen einzigartigen Mann hatte kennenlernen können, der ihr so viel bedeutete. Einen Mann mit unbezahlbaren Charaktereigenschaften. Sie fragte sich selbst, wie sie an seiner Loyalität und seiner Hingabe nur einen Moment hatte zweifeln können. Wie sie an seiner ungebrochenen Liebe hatte zweifeln können - und an ihrer eigenen Liebe zu ihm.

"Chakotay", hauchte sie ihm ins Ohr und legte ihren Kopf an seine Schulter. "Ich liebe dich!"

Was hätte er in diesem Moment dafür gegeben, um seine Hände frei zu haben! Er wollte sie in den Arm nehmen und sie ganz fest an sich drücken. Sie sollte sehen, dass er immer für sie da sein würde. Er war dankbar. Kathryn hatte ihm seine Kraft und seinen Willen wiedergegeben. Und sie hatte seinen geheimsten Wunsch erfüllt: Sie hatte ihm ihre Liebe gestanden.

"Ich liebe dich doch auch. Ich habe dich schon die ganze Zeit geliebt und werde es immer tun. Du wirst nie wieder einsam sein! Ich verspreche es dir." Daraufhin suchten seine Lippen die ihren und berührten sie flüchtig und sanft. Er wollte sie nicht drängen.

Kathryn blickte verzaubert in seine Augen und jetzt konnte sie darin lesen. Sie sah seine Leidenschaft, die er all die Jahre hatte zügeln müssen, da er auf sie warten musste. Er überließ ihr die Entscheidung, machte ihr immer wieder klar, dass er da sein würde, wenn sie mit ihm zusammen sein wollte. Und sie hatte Angst gehabt, dass es ein Fehler sein könne. Wie lächerlich kam ihr das jetzt vor. Seine dunklen Augen zeugten von der Traurigkeit, immer wieder in seiner Liebe enttäuscht worden zu sein. Sie wollte diese Traurigkeit nicht wieder sehen, wollte ihn so glücklich machen, wie sie sich in diesem Augenblick fühlte. Ihre Hände lösten sich von seinen Schultern und sie strich sanft über sein Gesicht. Mit einem Finger fuhr sie die Linien seines Tatoos nach, wie sie es sich manchmal heimlich gewünscht hatte. Dann näherte sie sich ihm, wollte ihn mit dem ganzen Körper spüren. Ihre Lippen berührten einander und ihr Kuss sagte mehr als tausend Worte. Sie verstanden einander, konnten fühlen was der andere fühlte. Nach scheinbar unendlich langer Zeit lösten sie sich ein wenig atemlos voneinander.

Chakotay lächelte sie an. Endlich konnte er wieder lächeln. Doch die Handschellen auf seinem Rücken erinnerten ihn schmerzhaft daran, dass die ganze Sache noch nicht vorbei war. "Der Prozess ist noch nicht vorüber!", erinnerte er Kathryn vorsichtig. "Keine Sorge, ich werde nicht zulassen, dass man dich verurteilt. Du musst ihnen einfach die Wahrheit erzählen und alles ist vorbei. Wir werden das hier schon schaffen - gemeinsam." Mit diesen Worten schmiegte sie ihren Kopf wieder an seine Schulter.

Chakotay blieb skeptisch. "Auch wenn ich vor Gericht aussage, was wirklich geschehen ist, wird meine Aussage gegen die Aussage der elanischen Regierung stehen. Man wird mir nicht glauben, denn schließlich beschuldigt man mich des Mordes. Und wenn du dich in deiner Entscheidung gegen den Willen der Elani richten wirst, wird ein bewaffneter Konflikt die Folge sein. Dies hier ist doch nur ein Schauprozess. Es geht ihnen darum ein Exempel an den Rebellen zu statuieren und um ihre Macht und Stärke gegenüber fremden Eindringlingen zu demonstrieren. Bei einem Krieg wären wir ihnen unterlegen. Auch wenn sie auf anderen Gebieten in der Entwicklung hinter uns stehen mögen, so ist doch ihre Waffentechnologie der unseren überlegen. Hinzu kommt noch, dass unsere Phaser durch die Umstellung auf die neuen Systeme nicht einsatzbereit sind. Bei einem Angriff wären wir eine leichte Beute. Es scheint fast so, als wäre diese Entwicklung von ihnen geplant. Aber wie dem auch sei. Ich bin der Erste Offizier dieses Schiffes und ich kann es nicht zulassen, dass diese Crew für mein Leben geopfert wird. Es tut mir leid Kathryn, aber wir müssen entweder einen anderen Ausweg finden, oder du musst mich schuldigsprechen, um die Voyager zu retten."

Kathryn blickte ihrem Ersten Offizier entsetzt in die Augen. Hatte er eben tatsächlich von ihr verlangt, ihn in den Tod zu schicken? Wissend, dass er unschuldig war und wissend, dass sie einander liebten. "Dann werden wir einen anderen Ausweg finden müssen!", sagte sie fest. "Ich bin nicht bereit, dich zu opfern! Ich habe dir gerade versprochen, dich nie wieder allein zu lassen und wenn es sein muss, werde ich für dich kämpfen!"

Dankbar, dass sie einander hatten, schlossen sie sich erneut in die Arme.

"Ich werde den Prozess weiter aufschieben", flüsterte sie ihm ins Ohr, während ihre Hände über seinen Rücken strichen und seine gefesselten Hände suchten. "Wir werden sie hinhalten. Ich bin mir sicher Tuvok wird etwas finden, um dich zu entlasten. Vertrau mir!"

"Das tue ich!", raunte er zurück und drückte ihre Hand ganz fest.
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