TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

1.06 - Dafür sind Freunde da

von Emony

Kapitel 1

Jim Kirk war auf dem Weg zu seinem besten Freund, nachdem er durch Gary Mitchell erfuhr, dass Ben Finney seine Ausbildung an der Academy von heute auf morgen abgebrochen hatte. Garys Aussage zufolge, war es Finney wohl vor den Zwischenprüfungen zu viel geworden. Immerhin hatte er eine schwangere Frau, die kurz vor der Entbindung stand und vermutlich einfach nicht mehr die Nerven, eine zweite Ausbildung zu absolvieren. Jim hätte sich nur gewünscht, dass Ben zu ihm gekommen wäre. Sicher hätten sie eine Lösung gefunden, die weniger drastisch gewesen wäre. Nun schien es zu spät zu sein.

Finneys Situation hatte ihn jedoch sofort an seinen Freund Bones erinnert, der hier ebenfalls seine zweite Ausbildung absolvierte und neben der normalen Academy-Ausbildung auch noch als Arzt im medizinischen Zentrum tätig war. Er verstand nun besser, warum Bones in den letzten Wochen zunehmend überfordert gewirkt hatte. Leonard war unglaublich klug und ein begabter Arzt, aber er war nun mal auch nur ein Mensch und stand unter enormem Druck. Vielleicht sogar unter größerem Druck als die anderen Kadetten, da bei ihm hinzu kam, dass er bereits eine Familie hatte – oder zumindest eine Tochter -, um die er sich nicht so kümmern konnte, wie er es sich zweifellos wünschte.

Nach einem knappen Jahr, das sie nun gemeinsam an die Academy gingen, konnte Jim sich jedoch nicht vorstellen, wie er die Zeit ohne Bones überstanden hätte. Sie waren sich nicht immer einig in allen Dingen, aber sie ergänzten sich sehr gut. Und es machte Spaß Zeit mit Bones zu verbringen, selbst wenn dieser oft mürrisch und chronisch übermüdet war.

Als er sein Ziel erreichte und den Türmelder aktivierte, dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis Leonard ihm öffnete. Und als die Tür endlich mit einem ‚Zusch‘ beiseite glitt und den Blick auf seinen Freund freigab, erschrak Jim sichtlich bei dessen Anblick. Sein Gesicht war aschfahl, die Augen gerötet, die Haut schweißnass und das Haar klebte ihm feucht am Kopf. „Bones, was …? Bist du krank?“

Leonard schüttelte schwach den Kopf und trat beiseite, so dass Jim ins Apartment hineintreten konnte. Hinter ihm ‚zuschte‘ die Tür wieder leise zu. Die Fenster waren verdunkelt, so dass Jim erst mal kaum etwas sehen konnte. Es dauerte einige Momente, bis er sich an die Verdunkelung angepasst hatte und zumindest grobe Umrisse der Möbel erkennen konnte. „Was hast du?“, fragte er besorgt und folgte Leonard, der zum Schlafbereich hinüber ging. Die Luft in seinem Apartment war abgestanden und muffig. „Soll ich die Fenster aufmachen und etwas lüften?“

„Kannst du gern machen, nur lass bloß kein Sonnenlicht rein“, brummte Leonard und ließ sich im selben Moment bäuchlings auf sein Bett fallen. Jim konnte weiterhin nur schwach seine Umrisse sehen und wie er sich in der Bettmitte zusammenrollte.

„Was fehlt dir?“, fragte Jim über seine Schulter, ging zum Fenster im Wohnraum und klappte es auf, damit etwas Luft hereinkommen konnte. „Kann ich dir eine Suppe oder einen Tee machen?“

„Bloß nicht, mir ist schon kotzübel.“

Jim sah sich langsam um. Überall lagen getragene Kleidungsstücke herum, Datenpadds und Bücher, benutztes Geschirr mit Essensresten und schmutzige Gläser. „Warum hast du mich nicht gerufen, als du krank wurdest?“, fragte Jim weiter und sammelte im Halbdunkel das Geschirr ein, das herumstand, um sie in die Spüle zu stellen. „Du weißt, dass ich sofort gekommen wäre.“ Leonards Apartment war für gewöhnlich sehr ordentlich. Der aktuelle Zustand der Räume zeigte deutlich, wie schlecht seinem Freund ihm ging.

„Du brauchst deine Ruhe zum Lernen“, hörte er Leonards gedämpfte Stimme. „Ich wollte dich nicht belästigen.“

Er sah ganz automatisch in die Richtung, aus der Bones‘ Stimme kam, und sah, dass sein Freund das Gesicht halb in einem Kissen vergraben hatte. „Du belästigst mich doch nicht. Du bist krank und geschwächt, Bones. Du brauchst mich. Weiß jemand Bescheid?“

„Mhm“, stimmte Leonard brummend zu. „Hab mich für diese Woche mit Magen-Darm-Infekt abgemeldet.“

„Das ist doch kein Magen-Darm-Infekt. Ich hatte das auch schon, ziemlich heftig sogar, aber so beschissen habe ich damals nicht ausgesehen. Also, was ist wirklich los?“ Jim hörte auf damit Leonards Quartier aufzuräumen und setzte sich zu seinem Freund ans Bett. „Mir kannst du es sagen.“

Leonard drehte sich kraftlos auf den Rücken. Seine Atmung ging stoßweise. „Entzugserscheinungen“, war seine simple Erklärung.

Es dauerte einen Moment, bis Jim begriff. „Ich dachte, dass du schon vor Wochen aufgehört hättest die Medikamente zu schlucken.“ Seine Stimme klang wohl etwas vorwurfsvoller als geplant, selbst in seinen Ohren.

Weshalb Leonard sich sofort rechtfertigte. „Habe ich versucht.“ Er schluckte kraftlos. „Aber die Unterrichtseinheiten im Flugsimulator … Ich brauchte was zur Entspannung.“ Die Beruhigungsmittel hatten ihn jedoch sehr müde gemacht, also hatte er als Gegenmaßnahme einen Muntermacher genommen. Er war in eine Abwärtsspirale geraten, wie sie in den Lehrbüchern standen, dabei hätte er es besser wissen müssen.

Jim riss die Augen auf. Er war so stolz darauf gewesen, dass Leonard diese Unterrichtsstunden scheinbar gelassen wahrgenommen hatte. Er war davon ausgegangen, dass sein Freund endlich kapiert hatte, dass ein Simulator kein echtes Shuttle war und er darin lediglich lernen würde, die Technik zu bedienen. Jeder Kadett musste lernen ein Shuttle zu handhaben, das war eben Teil des Standardprogramms. „Aber wir haben geübt und du warst gut. Du hattest die Medikamente nicht nötig.“

„Ich war gut, weil ich unter Medikamenten stand, Jim“, sagte er voller Scham, aber dennoch so fest es ihm möglich war.

Jim seufzte und sah seinen Freund einen sehr, sehr langen Moment schweigend an. Die Gedanken in seinem Kopf rasten. Er fragte sich vor allem, wie ihm das hatte entgehen können. War er selbst so sehr unter Stress gestanden, dass er die Bedürfnisse seines besten Freundes nicht wahrgenommen hatte? Er hatte auch nicht bemerkt, dass Finney zunehmend Probleme an der Academy hatte. Allerdings war Finney auch nicht in seinem Jahrgang, sondern in Garys, und kein so enger Freund wie Bones, aber dennoch … „Es tut mir so leid, Bones.“

„Was meinst du?“ Leonard versuchte sich auf die Ellbogen zu stützen, doch ihm fehlte augenscheinlich die Energie dazu.

Sie sahen einander im Halbdunkel in die Augen. „Dass ich so ein unsensibler Freund war. Finney hat die Academy gestern verlassen. Ich habe es vorhin von Gary erfahren. Deshalb wollte ich zu dir, um es dir zu erzählen.“ Jim seufzte bedeutungsschwanger. „Ich lasse nicht zu, dass du ebenfalls unter den Anforderungen einknickst. Hörst du? Ich werde dir helfen, Bones. Bei deinem Entzug und auch danach. Du wirst deine Fluglizenz bekommen und zwar ohne Beruhigungsmittel. Du wirst sehen, eines Tages fliegst du Shuttles mit derselben Sicherheit, wie du einen Patienten operierst.“

Leonard wollte lachen, doch daraus wurde nur ein kränkliches Husten. Jim stand von der Bettkante auf, ging zur Küchenzeile und holte seinem Freund unaufgefordert ein Glas Wasser. Dankbar nahm Leonard das Glas und trank ein paar Schlucke. Er nickte anschließend erkenntlich. „Und jetzt, Doktor McCoy, sagen Sie mir, wie es weitergehen wird. Was muss ich tun? Worauf muss ich achten?“

Das etwas hilflose Kopfschütteln, das Leonard ihm daraufhin schenkte, verunsicherte Jim kaum merklich. „Damit kenne ich mich auch nicht wirklich aus“, gestand er mit schwacher Stimme.

„Okay. Okay, wir kriegen das trotzdem irgendwie hin.“ Jim tätschelte behutsam den Arm seines Freundes. „Ich werde dir als erstes was zu Essen machen, deine Bude aufräumen und dann … sehen wir weiter. Aber du musst wieder zu Kräften kommen, damit du diese Tage überstehst. Wenn mich jemand fragen sollte, hast du – wie erwähnt – einen Magen-Darm-Infekt und ich kümmere mich um dich. Das sollte kein Problem sein. Zudem ist heute schon Freitag. Das heißt, dass ich dir nur den Lernstoff der letzten Tage besorgen muss. Dann ist eh erst mal Wochenende und danach schauen wir, wie du dich fühlst.“

Dass Leonard nichts essen wollte, ignorierte Jim schlichtweg. Er kochte ihm dennoch eine Gemüsebrühe mit Grießklößchen, wie er es von seiner Großmutter gelernt hatte. Mit der Schale dampfender Suppe kehrte er einige Zeit später an Leonards Bett zurück und stellte diese zunächst auf dem Nachtschränkchen ab. „Hier“, sagte er und riss Leonard unvermittelt aus dessen Dämmerzustand, ehe er ihm einige Kissen in den Rücken stopfte, damit er einigermaßen im Bett sitzen konnte. „So dürfte es gehen.“

„Ich möchte echt nichts essen, Jim. Mir ist wirklich schlecht.“

„Weil dein Magen leer ist. Weißt du überhaupt, wann du das letzte Mal etwas gegessen hast?“, fragte Jim ernst, aber dennoch sanft.

Leonard schüttelte darauf nur langsam den Kopf.

„Siehst du? Und jetzt sei ein guter Junge und lass mich dich füttern.“ Jim schenkte ihm ein kleines Lächeln und Leonard bemühte sich es zu erwidern, auch wenn es ihn sichtlich Kraft kostete und nur schwach war.

Und so kam es, dass Jim das Fieber seines Freundes auf traditionelle Weise bekämpfte. Er legte ihm immer wieder feuchte und kühle Tücher auf die Stirn und machte ihm Wadenwickel. Er kochte weitere leichtbekömmliche Suppen – vielmehr konnte er ohnehin nicht zubereiten – und Tees und sorgte dafür, dass Leonard grundsätzlich ausreichend Flüssigkeit zu sich nahm. Wenn Leonards Magen rebellierte und er sich übergeben musste, war Jim zur Stelle, um ihn ins Bad und wieder zurück zum Bett zu begleiten, da dieser fast zu schwach war, um allein zu gehen. Darüber hinaus las Jim seinem Freund das Material der versäumten Unterrichtsstunden vor und wich auch nicht von Leonards Seite, wenn dieser vor Erschöpfung einschlief. Die ersten achtundvierzig Stunden hatten es in sich und kosteten auch Jim sämtliche Energiereserven. Wenn er selbst müde wurde, legte er sich daher einfach zu seinem Freund ins Bett und schlief eine Weile.

Selbst diese anstrengenden Tage in Leonards Apartment waren Jim tausend Mal lieber, als immer wieder Finnegan zu begegnen. Der fand es nach wie vor lustig Jim zu ärgern, wann immer er Gelegenheit dazu bekam. Er spielte ihm Streiche, die anfangs vielleicht noch einigermaßen lustig gewesen waren, inzwischen jedoch einfach nur noch infantil wirkten und nervten. Alle Kadetten des ersten Jahres waren aufgrund der bevorstehenden Zwischenprüfung angespannt, Jim war da keine Ausnahme. Es wurde lediglich Theorie abgefragt, doch auch diese hatte es in sich. Da konnte Jim diese Art von Neckereien nun wirklich nicht gebrauchen.

Jim war fleißig, er hatte das ganze Jahr über gepaukt, bis ihm das Wissen beinahe aus den Ohren heraus gekommen war, daher musste er den meisten Lernstoff nur noch mal zur Wiederholung anschauen. Die meiste Zeit hatte er im vergangenen Jahr mit Leonard oder Gary gelernt. Gary war sehr gut in den technischen Fächern und konnte Jim vor allem auch insofern sehr gut helfen, als dass er ihm ein Jahr voraus war. Leonards Stärke waren Wissenschaft und Xenobiologie, in welchen er unschlagbar war. Jim selbst war vor allem ein Stratege und lernte überdies mühelos die Geschichte der Föderation auswendig. In Sachen Fremdsprachen und Diplomatie tat er sich allerdings etwas schwer. Ausgerechnet letzteres war vor allem für seine geplante Laufbahn durchaus wichtig.

Finnegans fortwährende Sticheleien waren deshalb wenig hilfreich und Jim spürte, dass sein Mitbewohner versuchte, ihn aus der Academy zu vergraulen. Jeden Streich und jede Stichelei zu melden, war jedoch nicht Jims Art. Er hoffte immer noch, dass Finnegan es irgendwann einfach aufgeben und ihn in Ruhe lassen würde, oder zumindest so sehr übertreiben, dass er selbst den Ausbildern negativ auffallen würde.

In vier Wochen fanden die Zwischenprüfungen statt, dann hatten sie endlich Semesterferien. Jim konnte es kaum erwarten. Er wusste zwar absolut nicht, wohin er in seinen Ferien gehen sollte, da eine Heimreise nach Riverside außer Frage stand, dennoch freute er sich auf einige Wochen Erholung abseits der Academy.

Als sich Leonards Zustand auch am Morgen des Montags nicht allzu sehr verbessert hatte, meldete sich dieser für eine weitere Woche krank. Jim ging zum Unterricht, kam aber anschließend sofort zu ihm, um sich zu kümmern. Leonard schlief sehr viel, was gut war. Dadurch konnte sich sein Körper am besten von den Entzugserscheinungen erholen.

=A=

Am Mittwoch dieser Woche erklang der Türmelder und Leonard fragte sich, warum Jim nicht einfach reinkam, wie sonst auch. Schließlich hatte Leonard ihm deshalb den Zugangscode verraten. Lediglich in T-Shirt und Boxershorts und einem allgemein ungepflegten Erscheinungsbild, öffnete er die Tür und fand sich ausgerechnet Christine Chapel gegenüber. Leonard erschrak sichtlich, war es ihm doch peinlich, dass ihn eine Schwesternschülerin in einem solch desolaten Zustand sah. Er sah sich flüchtig in seinem Wohnraum nach etwas um, das er sich in aller Eile überziehen konnte, um sich weniger entblößt zu fühlen, doch Jim hatte wirklich alles aufgeräumt – alles! „Christine“, grüßte Leonard sie beschämt und machte keinen Hehl aus seiner Überraschung.

Sie zauberte eine kleine Frischhaltebox hinter ihrem Rücken hervor und schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln. „Ich habe erst gestern erfahren, dass Sie krank sind. Warum kommen Sie nicht ins medizinische Zentrum, um sich etwas gegen die Symptome geben zu lassen?“

Leonard betrachtete die Frischhaltebox, zu der sie noch kein Wort verloren hatte. Er wich ihrem sorgenvollen Blick absichtlich aus. „Ich nehme ungern Medikamente“, schwindelte er und kratzte sich verlegen am Kopf.

Sie schenkte ihm daraufhin ein tadelndes Lächeln und schüttelte den Kopf über ihn. „Ärzte sind wahrhaft die schlimmsten Patienten.“ Sie seufzte leise und hielt ihm die Box hin. „Reis und Gemüse, schonend gegart. Damit kommen Sie wieder zu Kräften.“

Er nahm die Frischhaltebox entgegen und besah sich den Inhalt durch das halbtransparente Material. „Sehr aufmerksam, danke. Das war aber nicht nötig.“ Inzwischen würde er vielleicht sogar wieder feste Nahrung zu sich nehmen können. Die letzten Tage hatte er sich von diversen Suppen ernährt, die Jim zubereitet hatte. Allerdings waren es größtenteils Trockensuppen gewesen, die man nur mit etwas Wasser aufkochen musste und die entsprechend wenig Nährstoffe beinhalteten, was er Jim selbstverständlich nie auf die Nase binden würde.

„Ich muss Ihnen sicher nicht sagen, dass Sie reichlich Flüssigkeit zu sich nehmen müssen, um den Verlust auszugleichen“, gab sie schulmeisterlich von sich.

Leonard bekam mit Mühe ein Lächeln zustande. „Ich weiß, Christine. Es freut mich aber, dass Sie es auch wissen. Sie werden eine gute Krankenschwester werden.“ In der Tat war sie eine sehr empathisch veranlagte junge Frau, die recht viel Potential hatte. Sie war nicht so begriffsstutzig, wie manch andere Schülerin.

„Kann ich irgendwelche Besorgungen für Sie erledigen? Oder kann ich sonst etwas Gutes für Sie tun, Doktor?“, erkundigte sie sich.

Er schüttelte langsam den Kopf. „Ein guter Freund schaut regelmäßig nach mir, damit es mir an nichts fehlt. Danke, Christine. Sicher bin ich nächste Woche wieder voll einsatzfähig und kann Sie wieder herumkommandieren. Ich fühle mich schon wesentlich besser, wollte aber noch ein paar Tage daheimbleiben, um nicht die halbe Belegschaft anzustecken.“ Er fühlte sich grauenvoll, dass er sie dermaßen schamlos anschwindelte und das, wo sie sich so freundlich um ihn kümmerte.

„Ach, keine Sorge, Doktor Fischer kann auch sehr gut herumkommandieren“, feixte sie und entlockte Leonard damit ein kleines Lachen.

„Das kann ich mir denken.“ Seinen Vorgesetzten vermisste er absolut nicht. „Falls Sie Hilfe bei der Vorbereitung zur Prüfung brauchen“, sagte Leonard, „bin ich gerne für Sie da. Wenn Sie mir schon etwas gekocht haben, kann ich mich im Gegenzug erkenntlich zeigen.“

„Wir haben einen Lernkreis gebildet. Bisher kommen wir gut zurecht. Sollte ich aber Fragen haben, komme ich auf Ihr Angebot zurück. Danke, Doktor McCoy.“ Sie nickte und lächelte wieder.

Eine Frau ging hinter Christine vorbei den Gang entlang und warf einen skeptischen Blick auf Leonard. Da fiel ihm plötzlich wieder ein, dass er nach wie vor fast unbekleidet vor einer Schwesternschülerin stand, die sich diesbezüglich absolut nichts anmerken ließ. „Also, nochmals vielen Dank für das Essen. Ich freue mich schon darauf. Den Behälter bringe ich Ihnen dann nächste Woche in die Klinik mit, wenn das okay ist?“

„Absolut, Doktor. Kein Grund zur Eile“, bestätigte Chapel. „Weiterhin gute Besserung.“

Leonard verabschiedete sich und schloss die Tür. Anschließend hob er den Deckel des Behälters und nahm den süßlichen Duft von gedünsteten Möhren, Brokkoli und Mais auf. Er freute sich schon auf die Mahlzeit und stellte das Behältnis in die Mikrowelle. Während das Essen langsam erwärmt wurde, würde er endlich mal duschen gehen. Es war Tage her, dass er sich gewaschen hatte. Und es war ihm so unendlich peinlich, dass ausgerechnet Christine Chapel ihn in diesem Zustand gesehen hatte.

Als er im Badezimmer vor dem Spiegel stand, erkannte er sich für einen Moment selbst kaum wieder. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen, die Wangen wirkten eingefallen und er hatte ganz dringend eine Rasur nötig. Sein ungleichmäßiger Bartwuchs hatte ihm noch nie besonders gefallen.

Bis er im Badezimmer fertig war, war das Essen allerdings wieder erkaltet. Trotzdem aß er es und stellte fest, dass Chapel eine recht gute Köchin war. Leichte Gewürze, die Leonard gar nicht genau bestimmen konnte, verfeinerten den zarten Geschmack der unterschiedlichen Gemüsesorten. Allerdings hatte sie ihm eine so reichliche Portion zubereitet, dass er zweimal davon essen konnte. Jim, das wusste Leonard, würde eine so gesunde Mahlzeit ganz bestimmt verschmähen.

=A=

Jim kam am Donnerstag-Nachmittag direkt nach seiner letzten Unterrichtsstunde in Leonards Apartment. Er hatte sich bereits so sehr daran gewöhnt, dass ein Außenstehender sicher denken musste, er würde mit Leonard zusammenleben. Jim hätte nichts dagegen, sein Apartment mit seinem besten Freund zu teilen, im Gegenteil.

„Hey, Bones“, grüßte er und trat hinüber ans Sofa, wo sein Freund es sich bequem gemacht hatte. „Ich habe dir was zu Essen und Lernstoff mitgebracht.“ Nachdem er die Sachen auf dem Couchtisch ablegt und ein dankbares Lächeln von seinem Freund zum Lohn bekommen hatte. Er knuffte Leonard neckisch in den Großzehen, der ihm zugewandt war.

„Hey“, protestierte Leonard sofort und wackelte mit dem Fuß, um sich aus Jims Griff zu befreien. „Finger weg!“

Jim ließ von ihm ab und zwinkerte frech. „Schön zu sehen, dass es dir wieder besser geht. Ist es okay, wenn ich mich später mit Gary treffe? Er hat heute seine Kobayashi Maru Simulation und da Finney ausgestiegen ist, fehlt ihm ein Mann auf der Brücke. Ich habe ihm allerdings gesagt, dass ich zuerst nach dir schauen möchte.“

„Klar, geh ruhig hin. Ich komme zurecht. Du musst auch nicht jeden Abend hier schlafen. Das Sofa ist dir doch viel zu klein. Es geht mir schon wesentlich besser“, merkte Leonard an, ohne einen bösen Gedanken dabei zu hegen.

Er sah auch nicht, wie ein trauriger Blick über Jims Züge huschte, ehe dieser sein gewohntes Lächeln aufsetzte. „Okay, dann …“

„Was ist das für eine Simulation?“

Jim zuckte leicht die Schultern. „Weiß nicht so genau. Ein Test für Kadetten, die die Führungslaufbahn ins Auge gefasst haben. Da muss wohl jeder durch. Und da ich auch irgendwann mein eigenes Kommando haben will, kann es ja nicht schaden, wenn ich mir die Simulation vorab ansehe.“

Daraufhin holte Jim zwei Teller und Gläser und servierte das besorgte Essen. Asiatische Speisen liebten sie beide, daher hatte Jim reichlich davon geholt. Allerdings vertrug Leonards Magen die Schärfe nicht, die sie sonst gerne genossen, und so hatte Jim milde Gerichte einpacken lassen.

Sie aßen in trauter Zweisamkeit, anschließend gingen sie flüchtig die Unterrichtseinheiten der gemeinsamen Stunden durch, so dass Leonard den Stoff nachholen konnte und dann musste Jim auch schon zu seiner Verabredung mit Gary Mitchell los.
Rezensionen