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1.06 - Dafür sind Freunde da

von Emony

Kapitel 6

Als Jim am darauffolgenden Morgen allein in Leonards Bett erwachte, fühlte er sich ungewohnt allein. Er hätte es schöner gefunden, wenn sein Freund ebenfalls noch geschlafen hätte und sie noch etwas hätten kuscheln können. Ein Teil von Jim wusste, dass Leonard nicht unbedingt der Kuscheltyp war, aber ein anderer, naiverer, Teil von ihm hatte dennoch auf mehr Nähe und Geborgenheit gehofft. Er brauchte einige Minuten, bevor er sich aufraffte das warme Bett zu verlassen.

Im Wohnraum angekommen, erwartete Leonard ihn bereits mit einem ausgiebigen Frühstück, das aus Rührei mit Baconstreifen, Toast, Kaffee und Obstsalat bestand. Erst jetzt merkte Jim, dass er recht hungrig war und so schenkte er seinem Freund ein dankbares Lächeln. „Das duftet herrlich“, ließ er Leonard wissen.

„Ich dachte, dass uns nach den letzten Tagen ein schönes Frühstück gut tun würde.“

Jim nickte und setzte sich zu Leonard an den kleinen Esstisch, der gerade genug Platz für zwei Leute bot. „Ich weiß nicht, was ich ohne dich tun würde. Danke, dass du immer für mich da bist, Bones. Du bist der beste Freund, den ich mir vorstellen kann.“

Sie warfen sich über den gedeckten Tisch einen langen Blick zu. „Sind wir das? Nur Freunde, meine ich.“

Jim verschluckte sich beinahe an seinem Kaffee. „Beste Freunde“, sagte er dann und nickte. „Oder nicht?“

Leonard schwieg daraufhin nachdenklich.

Und auch Jim versank in Gedanken. Beste Freunde zu sein war doch eine gute Sache. Bones war mit Abstand das Beste, was Jim je im Leben hätte passieren können. Er fühlte sich geborgen und sicher, wenn Bones bei ihm war. Er konnte sich auf Bones verlassen und ihm blind vertrauen.

Leonard zeichnete mit dem Zeigefinger den Rand seiner Kaffeetasse nach, räusperte sich schließlich und sah dann Jim gedankenvoll an. „Und hinter dem Kuscheln steckt nicht mehr?“

Nun begriff Jim, woher der Wind wehte. „Ich will dir nicht an die Wäsche, falls du das meinst. Ich bin einfach nur einem Bedürfnis gefolgt. Jeder weiß, dass Mädchen und auch Frauen völlig platonisch miteinander kuscheln, sich umarmen und – ich habe mir nichts dabei gedacht, das schwöre ich. Ich würde nie etwas tun, das unsere Freundschaft gefährdet, Bones. Und wenn du dich dabei unwohl fühlst, dann musst du es mir nur sagen.“

So richtig wohl fühlte Leonard sich dabei tatsächlich nicht, aber das lag vielleicht auch nur daran, dass er eine solche Nähe zu einem Freund nicht gewohnt war. Eine vergleichbare Freundschaft hatte er nie zuvor erlebt. Womöglich war er auch einfach nur zu konservativ erzogen worden. „Ich hab nichts dagegen, wenn es dir gut tut. Aber wenn da doch mehr dahintersteckt … sollten wir darüber reden, Jim.“

„Ich schwöre dir, ich liebe dich rein platonisch, Bones.“ Ein befangenes Lächeln huschte über Jims Züge. „Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich in deiner Nähe besonders wohl fühle. Sicher. Geborgen. Ich kannte diese Gefühle vorher nicht. Ich musste immer alles allein bewältigen. Und dann kamst du und hast alles verändert.“ Jim machte eine Pause, um Bones die Gelegenheit zu geben etwas darauf zu erwidern, doch der schien einfach nur sprachlos zu sein. Sie sahen einander einen sehr langen Moment lang schweigend an, dann räusperte Jim sich. „Ist das – okay für dich? Hin und wieder mein Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit zu erfüllen?“

Leonard würde lügen, wenn er behauptete nicht auch immer wieder dieses Bedürfnis zu haben. Seit seine Ehe mit Jocelyn in die Brüche gegangen war, hatte er sich danach gesehnt einem anderen Menschen wieder näher zu kommen. Er hätte nur niemals erwartet, dass er dieses Bedürfnis ausgerechnet mit einem Freund – seinem besten Freund – ausgleichen würde. „Okay. Aber du musst es mir sagen, wenn sich irgendwann etwas ändert. Wenn du …“

Jim lachte leise. Es sollte ein heiteres Lachen sein, doch es klang selbst in seinen Ohren verlegen und vor allem unsicher. „Versprochen.“


=A=


Finnegans Anhörung fand in der letzten Woche vor den Prüfungen statt. Die Beweise und Aussagen fielen zu Jims Gunsten aus. Leonard hatte nichts anderes erwartet, trotzdem war er lieber vorsichtig optimistisch gewesen. Finnegan wurde daraufhin auf Lebzeit von der Academy ausgeschlossen und musste noch am selben Tag das Gelände verlassen.

Leonard fühlte sich unendlich erleichtert, dass Jim sich nie wieder mit Finnegan herumschlagen musste und sich von nun an ganz und gar auf seine Ausbildung konzentrieren konnte.

Die Zwischenprüfungen hatten es nämlich in sich. Am Ende des Semesters verließ deshalb beinahe ein Viertel der Kadetten ihres Jahrgangs die Academy. Aus ihrem kleinen Freundeskreis hatten jedoch alle bestanden, wenn auch nicht in allen Fächern mit Bestleistungen.

Allerdings wusste Leonard auch, dass er ohne Jim keine Chance gehabt hätte die Zwischenprüfungen zu schaffen. Für das zweite Jahr musste er sich etwas einfallen lassen, um nicht wieder rückfällig zu werden und trotzdem den Anforderungen nachzukommen. Die Bildung eines Lernkreises war wahrscheinlich die beste Option. Damit hatte er schon während des Medizinstudiums gute Erfahrungen gemacht.

Jetzt durften sie sich alle jedoch erstmal auf die Sommerferien freuen. Und Ferien bedeuteten für Leonard, dass er Joanna und seine Eltern endlich wiedersehen würde.

„Hey, da bist du ja!“, hörte er Jim rufen, als er gerade das medizinische Zentrum verließ, und dann sah er seinen Freund die Treppen zu sich heraufkommen. „Wir haben es geschafft! Unseren vorerst letzten Tag hier.“

„Wem sagst du das. Ich bin heilfroh endlich mal ausspannen zu können“, erwiderte Leonard.

Jim legte seinem Freund einen Arm um die Schultern, während sie gemeinsam die Stufen wieder hinabgingen, um Bones‘ Arbeitsstätte hinter sich zu lassen. „Ich wette du hast schon gepackt.“

„Du nicht?“

Jim grinste. „Ach, für meinen Urlaub auf Risa brauche ich nicht viel. Badehose und Zahnbürste sollten reichen.“

Leonard verdrehte die Augen. „Jim, du bist unverbesserlich.“

„Dafür liebst du mich doch“, feixte dieser und grinste schelmisch.

Leonard hatte Jim angeboten mit ihm nach Georgia zu seiner Familie zu reisen, doch der Jungspund hatte sich für einen gemeinsamen Urlaub mit Gary auf Risa entschieden und gemeint, dass ihnen der Abstand sicher mal gut tun würde. Er konnte ja nicht ahnen, dass Jim ihm vor allem keine Last in den Ferien sein wollte.

„Wann fliegst du?“, erkundigte sich Leonard.

„Ich treffe Gary in knapp einer Stunde an der Shuttlebucht.“

Schon in einer Stunde. Leonard hatte gehofft noch etwas mehr Zeit mit Jim verbringen zu können, ehe sie sich für zehn Wochen nicht sehen würden. „Versprich mir keine dummen Sachen auf Risa zu machen.“

„Ich werde versuchen mich zusammenzureißen“, zwinkerte Jim.

Und so ging ihr erstes turbulentes Jahr an der Starfleet Academy zu Ende. Der Abschied voneinander fiel den beiden Kadetten unerwartet schwer, aber sie versprachen einander, sich regelmäßig Nachrichten und Bilder zu schicken.


=A=


Captain Christopher Pike saß an diesem Nachmittag in seinem Büro und ging die letzten Neuzugänge für den kommenden Jahrgang durch. Manchmal hatte er das Gefühl, dass die Kadetten immer jünger wurden. Aber viel wahrscheinlich war, dass er schlichtweg wieder um ein Jahr älter geworden war.

Er scrollte gähnend durch die Bewerbungsakten auf seinem Computerterminal, bis ihm ein Name ins Auge stach, den er nicht erwartet hatte je wieder zu lesen; Kevin Riley. Sofort fiel jegliche Müdigkeit von ihm ab. Eine Flutwelle von Erinnerungen an eine Mission, die etliche Jahre zurücklag, schwappte über ihn hinweg und ließ ihn schaudern. Neben dem Namen stand ‚Tarsus IV Überlebender‘ in blinkend roten Lettern. Aus dem Knaben von einst, der ausgehungert und dehydriert geradeso überlebt hatte, war ein gesunder junger Mann geworden.

Pike ließ sich seufzend in seine Sessellehne zurückfallen und blickte kopfschüttelnd das Foto an, das neben dem Lebenslauf eingeblendet war. Er hegte keine Zweifel daran, dass es derselbe Kevin Riley war, den sie ebenso wie Jim Kirk und sieben andere Kinder vor dem sicheren Tod bewahrt hatten. Und damit versprach das nächste Jahr an der Academy nicht weniger aufregend wie das eben erst vergangene zu werden.



ENDE
Die nächsten Episoden werde ich erst dann veröffentlichen, wenn sie komplett geschrieben sind, damit ihr zwischen den Kapiteln nicht wieder so lange warten müsst.
Danke, dass ihr dabeigeblieben seid. Und ich hoffe, dass wir uns wieder lesen werden. :)
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