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1.06 - Dafür sind Freunde da

von Emony

Kapitel 5

Die Sicherheitsoffiziere Frell und Laforgia hatten an diesem Nachmittag Schwierigkeiten Kadett Hendorff, den sie bezüglich der Auseinandersetzung zwischen Finnegan und Kirk befragen wollten, ausfindig zu machen. Frell neigte sogar so weit zu gehen Hendorff vorzuwerfen, ihnen absichtlich aus dem Weg zu gehen. Laforgia allerdings wollte nicht so recht daran glauben.

Als sie Hendorff schließlich im Trainingszentrum fanden, wo er sich im Nahkampftraining befand und gerade einen Kameraden auf die Matte schickte, fühlte sich Laforgia bestätigt. Ihr Timing war einfach schlecht gewesen und so hatten sie den Kadetten bisher stets verpasst.

Die Italienerin ging hinüber zu Tanaka, dem Trainer der Einheit, und ließ ihn wissen, dass sie mit Hendorff sprechen wollten. Daraufhin blies Tanaka in die Trillerpfeife und winkte Hendorff heran, sobald er die Aufmerksamkeit sämtlicher Kadetten besaß.

Der recht bullig wirkende Kadett kam heran gejoggt, salutierte und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn, während er bemüht war wieder zu Atem zu kommen. Er nickte den Neuankömmlingen grüßend zu und vermied es, ihnen zum Gruß die verschwitzte Hand zu reichen.

„Sind Sie Baxter Hendorff?“, wollte Lieutenant Laforgia ohne Umschweife von dem Mann wissen, der sie um gut zwei Köpfe überragte.

Er nickte schlicht.

„Wir würden gerne mit Ihnen über die Kadetten Finnegan und Kirk sprechen“, meinte Frell, der beinahe eine Nackenstarre bekam, als er zu dem Riesen aufblickte. Als Tellarit war er sogar noch etwas kleiner als Laforgia.

Hendorff holte sich die Erlaubnis bei seinem Trainer und folgte den beiden Sicherheitsoffizieren anschließend vor die Tür. Draußen war es selbst im Schatten sehr viel wärmer und schwüler als in der klimatisierten Trainingshalle. Der Kadett wischte sich abermals den Schweiß von der Stirn. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, wollte er von den Offizieren wissen.

„Es kam zum Eklat zwischen den besagten Kadetten. Wissen Sie etwas darüber?“ Laforgia sah den Hünen aufmerksam an. Sie hatte gelernt auf die Körpersprache anderer Leute zu achten, wenn sie diese befragte, da diese in der Regel ehrlicher war als die Aussagen selbst.

Hendorff verschränkte die muskulösen Arme vor der breiten Brust. „Es ist nichts Neues, dass die zwei sich in den Haaren liegen. Allerdings weiß ich nichts von einem Eklat. Ich habe Finnegan vor einigen Tagen gesagt, dass ich sein Verhalten Kirk gegenüber missbillige und ihn gebeten, Kirk in Ruhe zu lassen.“

„Inwiefern in Ruhe lassen?“, wollte Ensign Frell wissen und spiegelte die Geste Hendorffs, indem auch er die Arme vor der Brust verschränkte.

„Sie wissen schon; die Streiche.“ Die Gesichtsausdrücke der Sicherheitsoffiziere blieben neutral, so dass Hendorff fortfuhr. „Ich bin sicher kein Freund von Kirk. Ehrlich gesagt ist mir der Kerl zuwider, aber er interessiert mich nicht genug, um mich auch nur annähernd mit ihm zu befassen. Finnegan schien schon zu Beginn des Ausbildungsjahres irgendwie eifersüchtig auf Kirk zu sein.“

„Eifersüchtig?“, hakte Laforgia nach und machte sich einige Notizen auf dem PADD, welches sie zwischenzeitlich gezückt hatte.

„Jim Kirk ist der Sohn von George Kirk. Und wer dieser war muss ich Ihnen bestimmt nicht erklären.“ Die Sicherheitsoffiziere schüttelten unisono den Kopf. „Deshalb war Finnegan der Ansicht, Jim Kirk hätte sich nur deswegen auf den letzten Drücker an der Academy einschreiben können. Captain Pike scheint … einen Narren an Jim Kirk gefressen zu haben und hat ihn von Beginn an unter seine Fittiche genommen.“ Hendorff seufzte. „Finnegan hält es für möglich, dass da etwas zwischen den beiden läuft.“

In Frells Gesicht zeigte sich vollkommene Verständnislosigkeit. „Inwiefern?“

„Sexuell natürlich“, erklärte Hendorff und zuckte die Schultern. „Kirk hat diesbezüglich keinen allzu guten Ruf an der Academy.“

„Denken Sie das auch?“, wollte Laforgia von ihm wissen.

Hendorff schüttelte den Kopf. „Kirk ist ein arroganter Kerl, keine Frage. Aber er ist wirklich gut. Ich habe im letzten Jahr ein paar Mal mit ihm arbeiten müssen und gesehen, dass er wirklich was auf dem Kasten hat. Ich mag ihn nicht, aber ich respektiere ihn. Ich glaube nicht, dass er diese Art von Beziehung zu Captain Pike führt. Das hat er schlicht nicht nötig.“ Der Kadett seufzte. „Darf ich fragen, was zwischen Finnegan und Kirk vorgefallen ist?“

„Darüber können wir keine nähere Auskunft geben“, erwiderte Frell und schüttelte daher den Kopf.

„Wären Sie bei einer Anhörung bereit, Ihre Aussage zu wiederholen?“, wandte sich Laforgia wieder an den Kadetten.

Hendorff nickte. „Absolut.“

„Danke, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben“, ließ sich Ensign Frell abschließend vernehmen.

Es war ja nicht so, als hätte Hendorff eine große Wahl gehabt. Dennoch nickte er den Sicherheitsoffizieren zu, bevor er sich zurück in die gut klimatisierte Trainingshalle begab.

„Der Fall scheint mir recht eindeutig.“ Laforgia sah von den Notizen in ihrem PADD in das schrumpelige Gesicht ihres Partners. „Wie siehst du das?“

Frell brummte sein Einverständnis. „Die Aussagen und Indizien bekräftigen Kirks Version der Ereignisse. Trotzdem würde ich gerne noch abschließend mit Finnegan sprechen, sobald der wieder ansprechbar ist.“

„Einverstanden“, nickte die Italienerin. Sie warf einen Blick auf die Uhrzeit, die am oberen Rand des PADDs eingeblendet wurde. „Morgen ist er hoffentlich bereit dafür. Für heute reicht es mir. Kommst du noch mit auf einen Absacker?“

Es kam nicht oft vor, dass Frell lächelte, doch dies war einer jener seltenen Gelegenheiten. „Sehr gerne, geschätzte Kollegin.“

=A=

Pike rieb sich die Stirn. Er konnte es sich aktuell nicht erlauben, Jim in der Arrestzelle zu besuchen. Er wollte keinen falschen Eindruck hinterlassen, auch wenn er allzu gerne gewusst hätte, wie es seinem Schützling ging.

Er zweifelte nicht daran, dass McCoy sich adäquat um seine körperlichen Verletzungen gekümmert hatte, aber Pike interessierte sich vor allem um das seelische Wohl des Jungen. Er hatte zwar damit gerechnet, dass Jim hier nicht nur Freunde finden würde, doch er hatte nicht erwartet, dass er auf solche Anfeindung stoßen würde.

Jim Kirk war jemand besonderes. Pike hatte sein halbes Leben damit verbracht, den Jungen im Auge zu behalten. Er hatte Winona versprochen, sich um ihn zu kümmern, nachdem er Jim in die Academy gelockt hatte, von wo aus er ihn besser im Blick hatte. Nach den neuesten Ereignissen zweifelte er jedoch ein wenig daran, dass er der Aufgabe tatsächlich gewachsen war.

Er seufzte und versuchte seine Sorgen um Jim vorerst beiseite zu schieben. Auf dem Schreibtisch lagen unzählige Bewerbungen junger Leute, die sich einen Platz an der Academy erhofften, und die er noch sichten musste.

Seine Sekretärin Holly betrat jedoch nach einigen Minuten sein Büro. Sie räusperte sich sanft, um Pike nicht zu erschrecken. Als er von den Unterlagen auf und sie anblickte, erklärte sie: „Doktor McCoy wünscht Sie zu sprechen, Captain.“

„Soll reinkommen“, wies Pike sie an und legte das Bewerbungspadd beiseite, das er zuletzt studiert hatte. Es waren bisher einige vielversprechende Kandidaten dabei, wenn auch letzterer nicht unbedingt dazu zählte.

=A=

Jim hatte sich auf der schmalen Pritsche in seiner Zelle zusammengekauert und versuchte einzuschlafen. Vergeblich. Was nicht nur daran lag, dass die Liege sehr unbequem war, sondern auch daran, dass er sich von dem wachhabenden Offizier beobachtet fühlte. Es half auch nicht, dass er mit dem Gesicht zur Wand lag.

Das Zischen der Haupttür zum Arrest ließ Jim aufhorchen. Als er Bones‘ Stimme hörte, drehte er sich sofort zu ihr herum, auch wenn sein Freund nicht ihn, sondern den Wachhabenden ansprach.

„Ich bin hier, um Kadett Kirk abzuholen.“ Jim konnte sehen, wie Bones dem anderen Mann ein PADD übergab. „Captain Pike überlässt mir die Aufsicht, bis der Fall geklärt ist.“

Jim konnte sein Glück kaum fassen. Er setzte sich unter Ächzen auf. Die Rippen schmerzten immer noch.

Der Wachhabende, inzwischen ein Andorianer, der alt genug war, um bald in den Ruhestand zu gehen, warf einen kritischen Blick auf das PADD. Schließlich nickte er, stand von seinem Platz auf und deaktivierte das Kraftfeld von Jims Zelle.

„Lass uns von hier verschwinden“, meinte Leonard an Jim gewandt und winkte seinen Freund heran.

Das ließ sich Jim nicht zweimal sagen. Er fühlte sich unsagbar erleichtert, dass es Bones gelungen war, ihn aus der Zelle zu befreien und er hegte nicht die Absicht dahin zurückzukehren.

Sie verließen den Arrest und traten hinaus ins letzte Licht des Tages. Die Sonne würde bald über San Fran untergehen. Eine sanfte Meeresbrise streichelte durch Jims Haar. Er atmete tief durch, zuckte jedoch kurz zusammen, als seine Rippen schmerzten, und sah schließlich seinen Freund an. „Ich weiß nicht, wie du das geschafft hast, Bones, aber ich danke dir von Herzen.“

Leonard legte behutsam einen Arm um Jims Schultern. „Dafür sind Freunde da, Jim. Hast du Hunger?“

„Und wie“, nickte Jim, lächelte und legte entspannt seinen Arm um Bones Hüfte.

Sie holten sich an einem der Street-Food-Stände am Pier je eine Poké Bowl und setzten sich auf eine nahegelegene Bank, wo sie sowohl das Abendessen als auch den Sonnenuntergang gemeinsam genossen.

Jim erzählte, dass Gaila und Gary ihn tagsüber in der Zelle besucht hatten. Wenigstens das, dachte Leonard, der ein wenig böse auf Gary war. Jim hätte schon viel eher etwas gegen Finnegan unternehmen sollen, bevor alles dermaßen eskalierte. Doch Jim hatte, auf Anraten Garys, abgewartet. Leonard konnte nicht nachvollziehen, was für einen Zweck das haben sollte. Nun war jedoch eine Untersuchung eingeleitet und Jim war Finnegan hoffentlich endgültig los geworden.

=A=

„Du musst mir dein Bett nicht überlassen, Bones.“ Jim stand vor dem Bett, in dem sie auch schon zu zweit übernachtet hatten, aber sein Freund zog es vor auf der Couch zu schlafen.

„Keine Widerrede, Jim. Du brauchst deinen Schlaf und ich muss noch ein bisschen lernen. Leg dich endlich hin und schlaf dich aus. Deine letzten Nächte waren nicht ohne ...“

„Deine auch nicht“, erinnerte Jim seinen Freund. Der Entzug war kaum eine Woche her. „Ich bin dir schon dankbar, dass ich hier pennen kann. Die Couch würde mir auch ausreichen.“

„Jim.“ Leonards Blick war eisern, als er mit den Händen in den Hüften dastand und Jim fixierte.

Daraufhin hob dieser beschwichtigend die Hände und gab sich geschlagen. „Einverstanden. Wenn du aber merkst, dass du auf dem Sofa nicht schlafen kannst, weck mich und wir tauschen.“

„Abgemacht“, stimmte Leonard zu, auch wenn er nicht die Absicht hatte, sich daran zu halten. Er wusste jedoch, dass Jim anderweitig keine Ruhe geben würde.

Keine halbe Stunde später konnte Leonard Jims sanftes Schnarchen hören. Er hatte es sich mit seinen Büchern und PADDs auf dem Sofa bequem gemacht und war bemüht noch ein wenig Lernstoff aufzunehmen. Durch den Entzug hatte er viel Unterricht versäumt, was vor den Prüfungen nicht unbedingt von Vorteil war.

Irgendwann fielen ihm dann aber doch die Augen vor Erschöpfung zu. Er bemerkte deshalb nicht, wie Jim nebenan zunehmend unruhiger im Schlaf wurde.

„Hier rein! Schnell! Und seid leise.“

„Was machen wir, wenn sie uns finden?“, fragte eine ängstliche Stimme, von der er wusste, dass sie Erin gehörte.

„Psst“, machte er nur und hielt den Atem an. Die übrigen Kinder verstummten. Auch sie wagten es nicht mehr zu atmen.

Es war so dunkel, dass sie kaum die eigenen Umrisse erkennen konnten. Die Höhle war nicht besonders tief. Er war sich nicht sicher, ob sie hier drin in Sicherheit waren.

Draußen konnten sie Schritte hören, unter denen sprödes Gehölz zerbrach und in der Stille der Nacht viel zu laut knackte.

„Sie müssen hier irgendwo sein. Ich kann fünf Lebenszeichen orten“, hörten sie eine Männerstimme sagen.

Hinter ihm schnappte jemand nach Luft. „Psst.“ Sie mussten absolut lautlos sein.

„Es ist arschkalt, Robert. Lass uns zurück zur Siedlung gehen. Wir suchen die Bengel morgen bei Tageslicht, wenn Kodos darauf besteht.“

„Nein. Wir sind ganz in ihrer Nähe. Die Lebenszeichen werden deutlicher ...“, beharrte dieser. „Ich verzichte nicht auf die Extrarationen, die wir uns durch den Fang verdienen können.“

„Mir ist kalt“, jammerte der vierjährige Mohinder.

„Psst“, machte er wieder und wandte sich zu dem Kind um, auch wenn er es im Dunkeln nicht sehen konnte.

„Hast du das gehört?“, drang die Stimme von außerhalb der Höhle zu ihnen.

Verdammt! Verdammt! „Lauft! Lauft um euer Leben!“

Eine kräftige Hand packte ihn an der Schulter und riss ihn herum. „Jim!“


Es dauerte einige Schrecksekunden, ehe Jim begriff, dass es die Hand seines Freundes war, der über ihn gebeugt war und ihn rüttelte. „Du hast nur geträumt, Jim.“

Sein Mund fühlte sich furchtbar trocken an. „Es war so real, Bones.“ Jim rang nach Atem und sah sich in dem schwach beleuchteten Schlafzimmer seines Freundes um. Nicht nur, dass die Träume sich zunehmend realer anfühlten, sie nahmen an Häufigkeit zu. Er wollte gerne glauben, dass es mit dem Stress der vergangenen Wochen zu tun hatte, aber er konnte nicht sicher sein.

„Du zitterst, Jim.“ Leonard fühlte besorgt nach Jims Radialispuls. „Wovon hast du nur geträumt? Dein Puls rast ja.“

Jim zuckte die Schultern und bemerkte dabei nicht, wie ihm eine Träne über die Wange lief. „Ich bin mir nicht sicher. Ich war nicht allein. Da waren Kinder, die ich – ich weiß nicht genau – beschützen wollte. Wir wurden gesucht. Aber ich weiß beim besten Willen nicht, wer uns suchte oder warum. Aber diese – Todesangst … das war so real.“ Er schüttelte den Kopf.

„Du bist bei mir in Sicherheit, Jim.“ Er drückte seinem Freund leicht die Schulter. „Versuch wieder einzuschlafen. Es ist erst halb vier.“

Jim schluckte schwer und nickte ein wenig beklommen, dann befeuchtete er seine Lippen. „Könntest du … hier bleiben?“

Leonards rechte Augenbraue schoss bei der Bitte in die Höhe. „Du meinst hier – im Bett?“ Jim nickte unsicher. „Rutsch rüber“, brummte er dann und Jim gehorchte sofort. Das wurde wohl langsam zur Gewohnheit, überlegte Leonard sich. Nur, wohin sollte das führen? So unbesiegbar Jim am Tag wirkte, so zerbrechlich und ängstlich schien er in der Nacht zu sein. Wie passte das zusammen?

Ehe Leonard sich versah, legte Jim sich mit dem Kopf auf seine Brust und schmiegte sich Schutz suchend an ihn. Jim war bei weitem der seltsamste Freund, den Leonard je gehabt hatte, und ganz sicher war er auch der anhänglichste ...
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