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Bring him back to life

von Laurie

Kapitel 2

Es brauchte mehr als eine Transfusion mit genetisch verändertem Blut, um einen Menschen wieder ins Leben zurückzuholen, das zeigte sich sehr bald.

„Etwas Derartiges wurde noch nie versucht, und es sollte auch nicht wieder versucht werden“, hatte der Leiter der medizinischen Abteilung der Sternenflotte, ein Vertrauter aus McCoys Studienzeit, bei Jim Kirks Einlieferung gesagt.
„Die Toten bleiben tot, das war schon immer so und, so wahr uns Gott helfe, soll das auch so bleiben. Es ist nicht natürlich, Tote wieder zum Leben zu erwecken, wenn Sie verstehen, was ich meine, Leonard. Gut, in diesem Fall ist es zu spät dafür, und wäre ich an Ihrer Stelle gewesen, hätte ich wahrscheinlich ähnlich gehandelt ... dennoch, es ist besser, wenn wir der Natur nicht ins Handwerk pfuschen. Obwohl dieser Mann mit seinem Superblut, den Sie weiß Gott wo aufgetrieben haben, natürlich der Traum eines jeden Forschers wäre ... alleine die medizinischen Möglichkeiten, die sich uns da auftun würden ...“

Abwesend vor sich hin murmelnd, hin- und hergerissen zwischen seiner ethischen Verantwortung und der Faszination für das seltsame Phänomen, dem er Eintritt in sein Haus gewährt hatte, hatte sich der Mann umgedreht und war davongegangen, einen irritierten McCoy zurücklassend.

Es waren nicht nur die Ärzte, die ungewöhnliches Interesse an James T. Kirk zeigten. Als das medizinische Wunder, als das er nun galt, seit sein Herz nach der Transfusion mit Khans Blut unglaublicherweise wieder zu schlagen begonnen hatte, zog er auch die Presse und sonstige Neugierige wie magisch an, sehr zum Leidwesen aller Beteiligten.
Man hatte sich gleich zu Beginn auf eine möglichst große Geheimhaltung geeinigt – man wollte keine Sorgen oder falschen Hoffnungen in der Bevölkerung wecken, indem man öffentlich bekannt werden ließ, dass man soeben einen toten Mann mit sehr dubiosen Mitteln wiederbelebt hatte –, aber das eine oder andere Gerücht sickerte natürlich doch durch das sorgfältig gewebte Netz der Vertuschung.

Die meisten dieser Gerüchte stellten sich als harmlose Fantasien aufmerksamkeitsheischender Journalisten heraus, aber manchmal steckte tatsächlich ein Fünkchen Wahrheit dahinter, und lästig waren sie allemal.

„Dem nächsten Reporter, der sich hier reinschleicht und wissen will, ob wir wirklich Superman in Behandlung haben, spritze ich höchstpersönlich den Erreger von Andorianischer Herpes“, knurrte der Aufseher der Station gereizt, nachdem er den vierten neugierigen Journalisten innerhalb eines Tages vom Sicherheitsdienst des Hauses hatte verweisen lassen.

McCoy schenkte ihm ein schiefes Lächeln, froh über das Verständnis, das sowohl ihm als auch Jim hier entgegengebracht wurde – und dazu gehörten auch die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen, die allerdings nicht nur unerwünschte Besucher trafen.

„Ich bin ein harmloser Ingenieur und kein Terrorist“, beklagte sich Scotty, als ihm der Besuch bei Jim erst nach dreifacher Überprüfung gestattet wurde. „Leiden die hier alle unter Verfolgungswahn?“

McCoy zuckte nur mit den Schultern, ohne den Blick von Jims blassem Gesicht abzuwenden. „Wir sollten froh sein, dass hier alle ihre Pflichten so ernst nehmen. Jeder tut für Jim, was er kann.“

„Das will ich verdammt noch mal hoffen“, erwiderte Scotty bissig, noch immer ein wenig pikiert über die groben Behandlung; doch seine Miene wurde weicher, als er seinen bewusstlosen Captain und Freund betrachtete.

„Irgendwelche Veränderungen?“

Matt schüttelte McCoy den Kopf, mit einer Müdigkeit, die anders war als alle Arten von Erschöpfung, die er jemals gefühlt hatte. Selbst damals, während des unschönen Scheidungsdramas, des Medienrummels um den Tod seines Vaters und den nervenaufreibenden Diskussionen mit seiner Frau in den Jahren zuvor, war er niemals so erschöpft gewesen, so resigniert.
Es war eine Resignation, die sich schleichend in ihm ausbreitete und seinen Körper wie unsichtbare Krebszellen überwucherte, und die beständig auffraß, was ihm noch an Hoffnung geblieben war. Von Tag zu Tag wurden diese Resignation und die mit ihr einhergehende Müdigkeit stärker, und proportional dazu verkleinerte sich der letzte Rest an Hoffnung.

Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen. Spocks Verzögerungstaktik hatte das Oberste Kommando lange genug hingehalten, um dem medizinischen Personal die Möglichkeit zu geben, die Untersuchung von Khans Blut zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu bringen und damit einen beträchtlichen Teil des Risikos zu eliminieren.
Noch während sich die Enterprise auf dem Weg zu einem sicheren Anlegeplatz befand, hatte McCoy die Theorie in die Praxis umgesetzt: Indem er ein Serum aus Khans Blut synthetisierte und es Kirk injizierte, hatte er all seine Hoffnung auf den Mann gelegt, der gefesselt und strengstens bewacht in einer abgegrenzten Ecke der Krankenstation gelegen hatte und dem trotz aller Versuche nicht mehr als ein höhnisches Lächeln zu entlocken gewesen war.

Zuerst hatte sich keine Veränderung gezeigt; doch dann, während das Schiff schon geräumt wurde, hatte der Biomonitor, der Kirks Werte aufzeichnete, plötzlich sein erstes Piepsen von sich gegeben – der Beginn eines jedem Arzt so vertrauten Herzrhythmus. Weiteres Piepsen folgte und mit ihm ein Moment unbeschreiblicher Erleichterung.

„Wenn ich mich nicht irre, Spock, hat es tatsächlich geklappt. Wir haben ihn wieder zurück“, hatte McCoy der Brücke durchgegeben, seine Stimme zittrig vor Erleichterung.

Äußerlich war Spock angesichts dieser weltbewegenden Neuigkeit keine Erregung anzumerken gewesen. Er hatte lediglich McCoys Vorschlag zugestimmt, Kirk so schnell wie möglich ins Medizinische Corps der Sternenflotte zu verlegen – nicht nur das nächstgelegene Krankenhaus, sondern auch das, wo man ihm die bestmögliche Pflege zukommen lassen könnte.

Und genau dort, in eben jener Einrichtung in San Francisco, befanden sie sich jetzt immer noch – sechs Tage, nachdem Jims Herz wieder zu schlagen begonnen hatte, zögerlich und unregelmäßig zwar, aber von da an hatte es wieder einen Weg nach vorne gegeben.

„Er wird schon wieder“, sagte Scotty hoffnungsvoll. „Wenn jemand von den Toten zurückkehren kann, dann ist es dieser Junge hier.“

McCoy machte eine unbestimmte Kopfbewegung, nicht in der Lage, Scottys vorsichtigen Optimismus zu zerstören. Es reichte, wenn einer von ihnen von düsteren Zweifeln und Ängsten geplagt wurde.

„Spätestens, wenn die Enterprise wieder einsatzfähig ist, muss er wieder auf den Beinen sein. Ich meine, was soll sie ohne ihren Captain anfangen?“, sprach Scotty unbeirrt weiter, und im Grunde war McCoy ihm dankbar dafür, dass zumindest er nicht am Ausgang der Schlacht zweifelte. Scottys Optimismus tat ihm gut, und auch Jim könnte ihn bestimmt gebrauchen.

„Wie lange werden die Reparaturen denn dauern?“, erkundigte er sich, nicht wirklich interessiert, aber bestrebt, das Gespräch in ungefährlichere Bahnen zu lenken.

Eigentlich war es ihm egal, wann und ob die Enterprise bereit für ihre nächste Reise wäre. Wen interessierten schon Forschungsreisen im Weltraum, wenn der beste Freund im Koma lag und man selbst ihm nicht einmal auf die kleinste Art und Weise helfen konnte, geschweige denn sicher sein konnte, dass er noch derselbe wäre, wenn er aufwachte?
Und außerdem – Missionen der Enterprise ohne Jim Kirk, das war einfach nicht mehr vorstellbar.

Scotty zuckte mit den Schultern. „Kann ich Ihnen nicht genau sagen. Ein paar Monate dürfte es schon dauern, vielleicht ein ganzes Jahr, zumindest, wenn die Arbeiten mit der gleichen Geschwindigkeit wie bisher weitergehen. Um genau zu sein, haben sie noch nicht mal richtig angefangen.“
Eine Spur von Verachtung mischte sich in seine Stimme. „Die wollen ihre unfähigsten Ingenieure auf unser armes Schiff loslassen, eine Horde ahnungsloser Kadetten, die gerade erst von der Akademie kamen ... Würde mich wundern, wenn die Enterprise überhaupt noch flugfähig ist, wenn diese Fachidioten mit ihr fertig sind. Ich werde mal schauen, ob ich hierbleiben und sie unauffällig überwachen kann – nicht, dass die sonst was mit unserem armen Schiff anstellen ...“

Empört gestikulierend fuhr er fort, sich über die Unfähigkeit dieser sogenannten Ingenieure auszulassen, und überschüttete McCoy danach mit einem Vortrag über die Technik moderner Raumschiffe, von dem sein Gegenüber nicht einmal die Hälfte verstand. Dennoch konnte McCoy sich ein schwaches Lächeln nicht verkneifen: Ja, Scotty war und blieb unbezahlbar, und zwar nicht nur, weil er wahre Wunder vollbracht hatte, um die Enterprise zu retten.

„Na ja, egal. Ich geh dann besser mal wieder“, sagte Scotty schließlich, als er das Thema ausreichend erörtert hatte und offensichtlich nicht wusste, was er nun mit sich anfangen sollte. Das sterile Krankenzimmer schien ihm, wie so vielen anderen Menschen auch, Unwohlsein einzuflößen. Ohnehin könnte er hier nichts mehr ausrichten, und viel mehr als die Dauer des Besuchs zählte der gute Wille, die Tatsache, dass er überhaupt hier gewesen war, dass er nicht bereit war, Jim einfach aufzugeben.

„Passen Sie gut auf den Captain auf, Junge.“

McCoy nickte nur. „Und Sie haben ein Auge auf die Enterprise. Wenn Jim aufwacht, will ich ihm sagen können, dass sein Schiff in besten Händen ist.“

Wenn Jim aufwacht ... Er hatte diese Konjunktion mit Bedacht gewählt. Nicht falls. Wenn. Ein verräterisches Wort, das sich beständig mit den düsteren Ängsten in seinem Herzen bekriegte. Als Arzt hatte er kein Problem damit, diesen Ängsten entgegenzutreten. Als Freund dagegen sah es anders aus.

„Darauf können Sie sich verlassen“, sagte Scotty.

Mit einem letzten Blick auf den reglosen Captain und einem kurzen, mitfühlenden Nicken in McCoys Richtung verließ er das Zimmer und ließ McCoy mit der Stille alleine, die nur vom regelmäßigen Piepsen der Maschine unterbrochen wurde, die Jims Herzfrequenz aufzeichnete.
Er hatte während der letzten sechs Tage den Großteil seiner Freizeit damit verbracht, neben Jims Bett zu sitzen und auf dieses vertraute Piepsen zu lauschen – wo sollte er sonst hin, er, der längst vergessen hatte, was das Wort Zuhause bedeutete?

Natürlich könnte er den Ton jederzeit dämpfen, doch auf diese Möglichkeit griff er kaum zurück, denn die Vorstellung, der kompletten Stille ausgesetzt zu sein, die er damit heraufbeschwören würde, gefiel ihm nicht. Nicht nur die Stille des Weltalls war gefährlich, sondern auch die, die man in der Nähe von Kranken fand, ganz besonders solchen, die im Koma lagen. Ihr Schweigen erinnerte einen zu sehr an die Leere, die jenseits von dieser Wortlosigkeit herrschte; und als McCoy seine medizinische Ausbildung begonnen hatte, hatte er sich vorgenommen, sie zu bekämpfen, wo immer es ging.

Und genau dort begann das Problem: Sie waren Menschen des dreiundzwanzigsten Jahrhunderts. Sie hatten die vormals auf der Erde herrschenden Probleme – soziale Ungleichheit, Rassismus, Intoleranz, Armut und Krieg – weitgehend überwunden. Sie hatten in technischen und medizinischen Bereichen enorme Fortschritte erzielt, sie waren bis an die letzte Grenze vorgedrungen und betraten Galaxien, die nie ein Mensch zuvor gesehen hatte. Und dennoch, trotz dieser bahnbrechenden Veränderungen, trotz dieses hohen Entwicklungsstandes, lag es nicht in ihrer Macht, einen Menschen von den Toten oder auch nur aus einem Koma aufzuwecken.

Jim Kirk lebte wieder, das schon; der erste Schritt war getan, doch auf die weiteren hatte niemand einen Einfluss. Nicht einmal Khans Superblut konnte ihnen garantieren, dass Jim aufwachen würde. Und an die unvorhersehbaren Nebenwirkungen, die diese Transfusion hervorrufen könnte, wollte niemand genau denken ...

Es war eine unbezwingbare Flut an Fragen und Zweifeln, mit der McCoy in den letzten sechs Tagen gekämpft hatte und die beständig stärker zu werden schien. Als er Jim das Blut injizierte, hätte er nie damit gerechnet, dass sich das Spiel auf diese Weise entwickeln würde. Tod oder Leben: Das waren die beiden Extreme, denen damals ihre gesamte Aufmerksamkeit gegolten hatte. Für die quälende Unsicherheit dazwischen hatte es keinen Platz gegeben.

Die modernen Maschinen verrieten ihnen zwar, dass Jim zweifelsohne lebte, und ja, auch Gehirnaktivität war vorhanden; doch wie es in seinem Inneren wirklich aussah, ob der alte Jim tatsächlich noch da war, wusste niemand. Was, wenn ... Es gab zu viele dieser Fragen.

McCoy war immer froh, wenn ihn jemand davon ablenkte, ob es sich dabei um andere Ärzte handelte, andere Patienten oder Besucher. Zumindest von letzteren gab es jede Menge; in den ersten paar Tagen ließ sich die gefühlt halbe Besatzung der Enterprise im Medizinischen Corps blicken.

Pavel Chekov kam vorbei und bereicherte das Krankenzimmer mit einer scheußlichen, recht krüppelig wirkenden Pflanze in einem Blumentopf („Das ist eine original russische Züchtung. Sie bringt Glück.“), Sulu schaute einmal kurz herein („Ich hasse Krankenhäuser, da herrscht immer so eine deprimierende Atmosphäre. Aber ich habe gehört, das Essen hier soll gar nicht schlecht sein.“) und auch Lieutenant Uhura besuchte den Captain, wann immer sie Zeit dazu fand. Keiner war jedoch so häufig an Jim Kirks Bett anzutreffen wie Spock.

Für ihn galt Ähnliches wie für McCoy und einen Großteil der Crew: Da ihr Schiff als nicht einsatzfähig galt, hatte man sie anderen Schiffen zugewiesen, ihnen andere Aufgaben übertragen oder sie vorläufig freigestellt.

Die freie Zeit, die sich aus letzterer Möglichkeit ergab, nutzten sie alle auf unterschiedliche Weise. In McCoys Fall hieß das, die Tage im Krankenhaus zu verbringen, Berichte zu überarbeiten und begierig auf das kleinste Zeichen einer Veränderung zu warten. Spock leistete ihm öfter als jeder andere Gesellschaft bei dieser einsamen Beschäftigung, bei dieser hoffnungslosen Wache.

So banal es klang: Das war alles, was sie jetzt noch tun konnten. Warten und hoffen und einander irgendwie Trost spenden.

Naturgemäß ließ sich von einem Vulkanier nicht viel Trost erwarten, aber McCoy war trotzdem dankbar für Spocks Anwesenheit. Noch vor einem Monat hätte er sich für diese Anwandlung ausgelacht: Ausgerechnet er, der Spock nie wirklich vollkommen toleriert hatte, sollte dankbar für dessen Gesellschaft sein?
Manchmal geschahen eben doch kleine Wunder, in so vielen verschiedenen Bereichen des Lebens.

Spocks Besuche wurden zu einem Grundstein der täglichen Routine, einem wichtigen Puzzleteilchen im Mosaik des Lebens, das man nicht mehr entfernen durfte; und, so unwahrscheinlich es auf den ersten Blick erschien, verlieh Spocks Gegenwart McCoy ein wenig mehr Sicherheit, nährte die schwach aufglimmende Flamme der Hoffnung. Denn wäre es nicht unlogisch von Spock, seine Zeit mit Krankenbesuchen zu verschwenden, wenn er nicht glaubte, dass Jim jemals wieder gesund werden könnte?

Als McCoy ihm irgendwann genau diese Frage stellte, wirkte Spock selbst für vulkanische Verhältnisse irritiert.
„Was genau wollen Sie damit andeuten, Doktor?“

McCoy zuckte mit den Schultern, nicht sicher, wohin dieses Gespräch ihn führen würde; doch selbst die Aussicht, sich auf eine Diskussion mit einem Vulkanier einzulassen, war besser als die Alternative: tatenlos zu warten, Stunde um Stunde, Tag für Tag.

„Ich meine nur, dass Sie sogar für einen Vulkanier ungewöhnlich viel Loyalität für Ihren Captain zeigen. Diese vielen Besuche – das gehört doch eigentlich gar nicht in ihren Aufgabenbereich, oder?“

Spock zeigte keine Regung, nicht einmal seine Augenbraue hob sich.
„Als Erster Offizier ist es sehr wohl meine Aufgabe, mich um das Wohlbefinden des Captains zu kümmern, Doktor. Es ist nur logisch, dass ich seine Fortschritte genau beobachte, schließlich hängt das Schicksal der gesamten Crew zu einem gewissen Grad von seiner Genesung ab.“

Fortschritte ... das war sehr optimistisch ausgedrückt. McCoy verdrehte die Augen, allerdings nicht nur wegen dieses Euphemismus. Er hatte sich in den letzten Tagen dazu durchgerungen, Spock zu respektieren, aber die gelegentlichen Sticheleien im Umgang mit ihm hatte er sich noch nie verkneifen können.

„Kommen Sie, Spock, Sie können es schon zugeben“, drängte er ihn, halb spielerisch, halb ernst, ohne sich ein Grinsen ganz verkneifen zu können, so unpassend es vor der Kulisse dieses Gesprächs wirkte.

„Worauf genau zielen Sie ab?“

„Was ich sagen will, ist, dass Sie doch bestimmt nicht nur so oft hier vorbeikommen, weil Sie sich um Jim als nur Ihren Captain sorgen, habe ich recht?“

Alleine Spocks Verwirrung war die Sache wert; doch selbst in dieser Verwirrung behielt die kühle Logik die Oberhand.
„Ich fürchte, Sie drücken sich nicht deutlich genug aus, Doktor. Ich bin mir nicht sicher, worauf Sie hinauswollen“, sagte er unbeeindruckt und McCoy verdrehte ein weiteres Mal die Augen.

„Gut, dann drücke ich mich eben deutlicher aus, wenn Sie es so wollen. Ich glaube, dass Sie Jim nicht so oft besuchen, weil er Ihr Captain ist, sondern weil er für Sie mehr als nur ein Vorgesetzter ist, dem Sie sich zu Loyalität verpflichtet fühlen.“

Er machte eine kurze Pause, den Blick fest auf Spock gerichtet.
„Weil Sie sein Freund sind.“

Wie von selbst wanderte Spocks Blick von McCoys Gesicht zu Jims, aber um die beherrschte Fassade zum Einsturz zu bringen, brauchte es mehr als halbherzige Andeutungen. Wahrscheinlich wäre Jim der Einzige, dem es gelingen könnte, diese Fassade wenigstens in Ansätzen, wenn nur für wenige Sekunden, verschwinden zu lassen.

„Ich bin mir nach wie vor nicht sicher, worauf Sie hinauswollen, Doktor.“

„Ach, kommen Sie schon. Geben Sie’s einfach zu. Es ist ja nichts Schlimmes und nichts, was Ihre Autorität untergräbt. Ist doch schön, wenn man Freunde hat, nicht wahr, Spock?“

Nun hatte er es doch geschafft, dass Spocks Augenbraue sich hob, ein vertrautes Bild in dieser irreal wirkenden Situation.

„Sollten Sie vorschlagen wollen, dass Freundschaften etwas anderes sind als zweckmäßig geschlossene Geschäftsbeziehungen, muss ich Sie leider enttäuschen. Aber es ist ja nicht neu, dass sich die Menschen in dieser Hinsicht erschreckend sentimental verhalten“, sagte Spock beinahe unbeteiligt, und McCoy starrte ihn ungläubig an.

„Wer hat Ihnen denn das beigebracht? Zweckmäßige Beziehungen ... wenn alle Vulkanier so denken, muss es bei euch ja recht trostlos zugehen“, erwiderte er, und erst, als er es aussprach, wurde ihm bewusst, dass sich irgendetwas verändert hatte: Nun herrschte nicht mehr nur das Unverständnis in seinem Inneren vor, das er Spock nach solchen und ähnlichen Bemerkungen oft entgegengebracht hatte, sondern ein anderes Gefühl, das er nicht genau bestimmen konnte.

Spock wandte den Blick von Jim ab und konzentrierte sich nun wieder vollständig auf McCoy.
„So sehr ich die Gespräche mit Ihnen schätze, Doktor, glaube ich, es wäre besser, wenn ich jetzt ginge.“

McCoy runzelte die Stirn. „War das gerade Sarkasmus? Ich dachte, das ist mein Vorrecht. – Und bleiben Sie ruhig noch länger. Sie stören nicht.“

Ich wollte Sie nicht verscheuchen, setzte er in Gedanken hinzu, aber laut ausgesprochen hätte er diesen Satz nie. Selbst in dieser Situation, mit all den dunklen Befürchtungen, die ihn seit sechs Tagen quälten, war er zu stolz, um zuzugeben, dass Spocks Anwesenheit ihm im Grunde guttat.

„Es ist nur logisch, wenn ich meine in anderen Bereichen liegenden Aufgaben weiterhin zur allgemeinen Zufriedenheit erfülle“, entgegnete Spock distanziert. „Ich bezweifele, dass meine Anwesenheit Ihnen hier von Nutzen sein kann.“

„Ja, aber das heißt nicht ...“

„Auf Wiedersehen, Doktor. Ich werde wiederkommen, wenn ich die Zeit dazu finde“, unterbrach Spock ihn, nickte ihm knapp zu und verließ nach einem letzten Blick auf Jims Gesicht das Zimmer, McCoy in dem Gefühl zurücklassend, komplett versagt zu haben. Mal wieder. Wenn das so weiterging, würde er noch irgendwann an der Flasche enden, wie immer, wenn eine Situation ihn dauerhaft zu überfordern drohte.

Seufzend machte er sich daran, die Unterlagen, an denen er gearbeitet hatte, zu ordnen; und erst, als er das Gespräch mit Spock zum zweiten Mal in seinem Geist abspielte, erkannte er, was das Gefühl war, das so plötzlich das Unverständnis Spock gegenüber ersetzt hatte.

Es war Mitleid.
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