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Bring him back to life

von Laurie

Kapitel 3

„Hier wäre ich wieder, Jim. Tut mir leid, dass ich nicht mehr Zeit bei dir verbringen kann, aber die letzten beiden Tage waren so stressig, dass ich abgesehen von den Routineuntersuchungen kaum dazu komme, bei dir vorbeizuschauen. Na ja, meine Abwesenheit wird dich wohl kaum stören. Außerdem ersetzt Spock mich mehr als zufriedenstellend, er besucht dich fast jeden Tag.
Ich habe nicht mehr versucht, mit ihm über so unlogische Themen wie Freundschaft zu sprechen, aber irgendwann wird er hoffentlich einsehen, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt als Logik und Rationalität und alles, woran diese sturen Vulkanier so hängen. Du würdest lachen ... doch langsam wächst er mir irgendwie ans Herz. Auf jeden Fall schaden seine Besuche sicherlich weder dir noch mir. Menschliche Zuwendung, und das von einem Vulkanier ... na ja.“

McCoy hielt inne, als ihm bewusst wurde, dass er langsam, aber sicher den Faden verlor. Nicht, dass es irgendjemanden außer ihn gestört hätte, wenn es ihm nicht gelang, das Wirrwarr in seinen Gedanken sinnvoll zu ordnen; niemand außer Jim konnte ihn hören, und Jim hatte sich nie groß um einen absolut korrekten Sprachgebrauch gekümmert. Ohnehin hatte sich sein Zustand auch am achten Tag nach der Transfusion nicht verändert, und niemand wusste, was und wie viel er von dem verstand, was in diesem Zimmer vor sich ging. Dennoch, einen Versuch war es wert.

Anfangs waren McCoy diese einseitigen Gespräche schwergefallen, diese Monologe für einen Bewusstlosen. Obwohl man Angehörigen meistens riet, mit Komapatienten zu sprechen („Manchmal bringt sie das zurück.“), hatte McCoy nie so unbefangen mit den Patienten reden können wie die Krankenschwestern, zumal das nie wirklich nötig gewesen war. Was half es einem Bewusstlosen schon, wenn sein Arzt ihm direkt mitteilte, dass sich nach wie vor keine Veränderung seines Zustands absehen ließ?

Nun allerdings sah es anders aus. Nun handelte es sich bei dem Mann dort im Bett nicht nur um einen Patienten, einen von vielen, sondern um einen Freund, dem McCoy mehr als nur medizinische Unterstützung schuldete, mehr jedenfalls als den anderen Patienten; und so begann er, anfangs eher zögerlich, mit Jim zu reden, wenn er sich alleine mit ihm im Zimmer befand. Meistens sprach er alles aus, was ihm in den Sinn kam, ob nun Tatsachenberichte oder persönliche Einschätzungen. In gewisser Weise half ihm das, die neuesten Ereignisse einzuordnen und zu verarbeiten.

„Wie gesagt, es war ziemlich viel los in letzter Zeit“, fuhr er fort, die Augen auf den Biomonitor neben Jims Bett gerichtet, über den seit Tagen unveränderte Werte flackerten. „Ich habe mich wieder als aushelfender Arzt auf der Krankenstation der Akademie gemeldet, die können immer Leute gebrauchen, die ihnen die Arbeit abnehmen und den Kadetten hinterherräumen. Ohne mich in Eigenlob ergehen zu wollen: Eigentlich bin ich für diesen Job überqualifiziert, das weiß ich und das wissen auch meine Vorgesetzten. Aber damit habe ich angefangen, als ich damals zur Akademie kam, und es ist die beste Möglichkeit, nach den Vorfällen von neulich wieder ins geregelte Leben zurückzufinden. Außerdem lenkt die Arbeit mich ab, und im Grunde fühle ich mich ganz wohl damit; so wohl es eben unter den gegebenen Umständen und mit einer Horde unfähiger Kadetten um mich herum möglich ist.
Vom Weltraum habe ich jedenfalls fürs Erste genug. Kann sein, dass ich mich von dir noch mal dazu überreden lasse, auf einem Schiff zu dienen, aber dazu bräuchten wir dich erst mal wieder zurück. Sieh es als Anreiz. Übrigens musst du nicht glauben, dass du mich dadurch losgeworden bist: Ich bin immer noch dein behandelnder Arzt und damit verantwortlich für dich, ganz wie in guten, alten Zeiten.“

Er räusperte sich und blätterte rasch durch einige Unterlagen, ehe er weitersprach. Es waren routinemäßige Beschäftigungen wie diese, vertraute Abläufe, beinahe automatisch erfolgende Handgriffe, an denen man sich festhalten konnte, wenn die heile Welt um einen herum in Stücke brach.

„Davon abgesehen gab es keine großen Veränderungen. Natürlich wird es eine Weile dauern, bis alles wieder seinen geregelten Gang geht, doch alle geben ihr Bestes. Sie haben angefangen, die zerstörten Gebäude hier in der Stadt wieder aufzubauen, und auch die Enterprise wird repariert. Scotty hat sich vorerst ebenfalls bei der Akademie stationieren lassen, um ein Auge auf die Ingenieure zu haben; und wie ich ihn kenne, wird es nicht lange dauern, bis er selbst kräftig mitmischt. Was unseren Freund Khan angeht ...“

Erneutes Zögern. Die Ängste, die hilflose Wut, das Leid und der Tod – all das baute auf der Basis dieser vier harmlosen Buchstaben auf. Khan.

„Mittlerweile redet keiner mehr davon, ihn vor ein Kriegsgericht zu stellen. Die neue Taktik lautet offensichtlich, Stillschweigen über die ganze Sache zu bewahren, was kompliziert werden dürfte, wenn man sich den Schaden anschaut, den dieser Irre angerichtet hat. Zum Wohl der Menschheit haben sie ihn eingesperrt, natürlich unter allerhöchsten Sicherheitsbedingungen. Den Schaden wird das auch nicht wieder ungeschehen machen ... aber ich schätze, es ist das Beste, was man tun kann.
Sie wollen ihn genau untersuchen, herausfinden, ob man irgendwelche Erkenntnisse aus einem Übermenschen wie ihm ziehen kann und was weiß ich noch alles. Man hat mich gefragt, ob ich mich an diesen Untersuchungen beteiligen möchte, weil ich schon auf der Enterprise mit ihm zu tun hatte, aber ich habe abgelehnt. Ich könnte es nicht ertragen, mich mit diesem ... Menschen in einem Raum aufzuhalten. Ich hoffe nur, dass sie ihn wieder einfrieren, wenn sie mit ihm fertig sind, oder ihn auf sonstige Weise unschädlich machen. Er hat genug angerichtet.“

McCoy stieß den Atem aus, nicht sicher, was er Jim sonst noch erzählen könnte. Alle Themen, die ihm im Moment einfielen, schienen geprägt zu sein von Pessimismus; Zerstörung, Wahnsinn und Tod waren nichts, was man am Krankenbett eines Komapatienten erörtern sollte, und dennoch alles, was seine derzeitige Welt auszumachen schien.

Manchmal überkam ihn der Drang, auch über Intimeres zu sprechen, über Dinge, die er seit Jahren sorgfältig in seinem Herzen verschossen hielt. Über seine Mutter, die die Familie im Stich gelassen hatte; seinen Vater, dem er beim Sterben geholfen hatte; seine Exfrau, die ihm fast alles genommen hatte, was ihm wichtig gewesen war; Joanna, seine Tochter, die er verloren hatte ...
Und er wollte Jim anflehten, verdammt noch mal wieder aufzuwachen, Ich hab schon so viel verloren, ich könnte es nicht ertragen, wenn auch noch du weg wärst ... Ich habe dir so viel zu verdanken ... Ohne dich hätte ich die Akademie nie überstanden und hätte es nie geschafft, meine Flugangst zu überwinden ... Ich brauche dich, Jim ...
Die Wörter waren da, drängten sich an die Oberfläche, doch er hielt sie mit der jahrelangen Übung zurück, mit der er alles zu verdrängen versuchte, was mit seinem alten Leben zusammenhing.

Ein vertrautes Geräusch riss ihn aus seinen Überlegungen: das leise Öffnen der Türe, das einen weiteren Besucher ankündigte.

„Hallo, Spock“, sagte McCoy, ohne sich umzublicken. Mittlerweile hatte er gelernt, die kaum hörbaren und dennoch entschlossenen Schritte des Vulkaniers von denen der anderen Ärzte oder Besucher zu unterscheiden, ein Wissen, für das er sich selbst noch vor wenigen Wochen ausgelacht hätte.

„Doktor McCoy.“ Spock klang wie immer, kühl und beherrscht.

„Keine Veränderungen“, teilte McCoy ihm mit, bevor Spock überhaupt Anstalten machen konnte, die Frage auszusprechen, die er jedes Mal stellte, wenn er den Raum betrat – aus rein geschäftlichem Interesse, wie er McCoy hatte wissen lassen.

Spock durchquerte das Zimmer und hielt vor Jims Bett inne, seinen Blick auf das Gesicht seines Captains gerichtet. McCoy trat zur Seite, um ihm Platz zu machen.

„Ich lasse Sie dann mal mit ihm alleine. Für heute bin ich hier fertig.“

Eigentlich lag noch mehr hinter seinem Aufbruch, doch das musste er dem Vulkanier nicht unter die Nase reiben. Wahrscheinlich hätte Spock nicht verstanden, dass McCoy das Zimmer vor allem aus Rücksicht auf ihn verließ, um ihm die Chance zu geben, auf seine Weise mit Jim zu reden, falls er das wünschte, ohne sich dabei beobachtet zu fühlen. McCoy selbst sprach nur ungerne mit Jim, wenn jemand anderes anwesend war; wer behauptete denn, dass es Spock nicht ähnlich ging?

Spock reagierte auf diese Ankündigung mit nicht mehr als einem flüchtigen Aufblicken. „Wie Sie meinen, Doktor.“

„Ich habe an der Akademie zu tun. Muss sein“, erwiderte McCoy und legte das PADD mit seinen Notizen beiseite. „Außerdem wollte ich mich noch bei Jims Mutter melden.“

Mit diesen Worten erreichte er Spocks volle Aufmerksamkeit.
„Die Mutter des Captains?“

McCoy zuckte mit den Schultern. „Ich habe sie nie persönlich kennengelernt, falls Sie das wissen wollen. Aber als Jim in diese Lage kam, habe ich Verbindung mit ihr aufgenommen; ich dachte, sie würde die Neuigkeiten lieber von einem Freund ihres Sohnes als von irgendeinem fremden Arzt erfahren. Ich habe mir ihr vereinbart, dass ich sie alle paar Tage über Jims Zustand informiere.“

Spock nickte, und auf einmal musste McCoy daran denken, dass Spocks Mutter tot war. Wie viel verstand er von der Sorge der Menschen um ihre Angehörigen? Was, wenn es andersherum wäre, wenn nicht Jim dort läge, sondern Spock, und wenn seine Mutter noch lebte – würde sie sich so um ihren Sohn sorgen, wie Jims Mutter es tat? Bestimmt würde sie das ... dennoch, es war nur schwer vorstellbar. Nutzlose Gedankenexperimente ... wie war er darauf gekommen?

„Jedenfalls ... schönen Tag noch, Spock“, sagte er rasch, um die ungewohnten Gedanken zu vertreiben. Es wäre wohl keine gute Idee, sich mit einem Vulkanier wie Spock über Familienbande zu unterhalten und dabei womöglich Narben aufzureißen, die seit Jahren geleugnet wurden.

„Ihnen ebenfalls, Doktor.“

Fast hätte McCoy ein viel Spaß noch hinzugesetzt, ganz reflexartig, doch glücklicherweise wurde ihm rechtzeitig bewusst, wie unangebracht eine derartige Bemerkung in dieser Situation wäre. Wahrscheinlich hätte nicht einmal Spock einen Fauxpas wie diesen ignoriert.

Als er an der Tür angekommen war, warf er über die Schulter einen letzten Blick auf den reglosen Mann in seinem Bett zurück und auf den nicht minder reglosen Commander, der hoch aufgerichtet dastand und den Kranken betrachtete; und er musste an Freundschaft denken, an Familie und an die tausend nicht definierbaren Schattierungen, die dazwischen lagen und manchmal ineinander übergingen.


***



Wie von selbst drängten sich ihm diese Gedanken erneut auf, als er am Tag darauf nach seiner Schicht in der Akademie im Medizinischen Corps ankam, erschöpft und abgehetzt. So gerne er sich mit der Arbeit in der Akademie ablenkte, auf Dauer wäre dieses ständige Pendeln zwischen zwei Fronten keine Lösung. Noch hielt er es durch, aber er wusste, dass es sich nur um eine Frage der Zeit handelte, bis ihn die Erschöpfung an einen ähnlichen Tiefpunkt treiben würde wie den, an dem er sich vor vier Jahren befunden hatte.
Damals hatte Jim ihm, wenn auch nur unbewusst, geholfen, diesen Tiefpunkt zu überwinden; nun wäre es eigentlich McCoys Aufgabe, Jim zu helfen ... wenn er nur wüsste, wie.

Während er durch die stillen Gänge zu Jims Zimmer hastete, ging er im Geiste die bisherigen Ereignisse des Tages durch. Der Kadett, der nach dem Nahkampftrainig mit einer Gehirnerschütterung und drei gebrochenen Rippen in die Krankenstation eingeliefert worden war, die hysterische Assistentin, der man sogar beibringen musste, wie herum sie ein Hypospray zu halten hatte ... Er wusste nicht, was schlimmer war: die geballte Unfähigkeit an der Akademie oder der im Koma liegende Freund im Medizinischen Corps.

Noch immer schlecht gelaunt erreichte McCoy sein Ziel und betrat das Krankenzimmer – und vergaß bei dem Anblick, der sich ihm bot, vorläufig seine Sorgen.

Spock stand neben Jims Bett, an sich keine große Überraschung. Ungewohnt allerdings war seine Haltung: Er hatte sich über den Patienten gebeugt, die Finger seiner rechten Hand seitlich an dessen Kopf platziert und schien so vertieft in seine Tätigkeit, dass er McCoys Eintreten nicht bemerkt hatte.

„Spock, was zur Hölle machen Sie da?“, frage McCoy, eher interessiert als verärgert.

Beim Klang seiner Stimme zuckte Spock zusammen, zog seine Hand zurück, drehte sich um und starrte McCoy an wie jemand, der unsanft aus einem Traum gerissen worden war.
„Doktor ... Ich habe Sie nicht erwartet.“

„Das habe ich gemerkt“, murmelte McCoy, amüsiert über diese Reaktion, die eher zu einem bei etwas Verbotenem erwischten menschlichen Übeltäter passte als zu einem Vulkanier.
Dennoch erschien Spock nicht im Geringsten schuldbewusst, im Gegenteil: Selbstsicher erwiderte er McCoys Blick.
„Sie wirken erschöpft, Doktor.“

Damit traf er einen wunden Punkt.
„Ist nun mal viel los an der Akademie, das müssten Sie doch wissen. Aber anderes Thema, Spock. Was haben Sie da eben gemacht? Sie können es mir schon verraten – solange es nichts Illegales war, das müsste ich nämlich in meinen Bericht aufnehmen, was ich wirklich nur ungerne täte.“

Spock zog die Augenbraue hoch. „Es wäre höchst unlogisch von mir, etwas Illegales unternehmen zu wollen, wenn ich weiß, dass dieser Raum unter strengster Bewachung steht, Doktor.“

Kopfschüttelnd trat McCoy neben ihn und blickte zuerst auf Jim hinab, dann auf den Monitor, der seine Werte anzeigte. Keine Veränderung.
„Das war nur ein Scherz, Spock. Es geht mich zwar nur begrenzt etwas an, aber als sein behandelnder Arzt möchte ich trotzdem gerne wissen, was Sie gemacht haben.“

Neugierde gehörte zu den notwendigen Charaktermerkmalen jedes Arztes, und Spock schaffte es meisterhaft, diese Neugierde zu verstärken. Auch wenn man sich laufend mit diesem sturen Vulkanier herumärgern musste – aus medizinischer und psychologischer Sicht eignete er sich hervorragend als Versuchsobjekt.

Spock zögerte kurz, doch dann gewann der Vulkanier in ihm die endgültige Oberhand, und Vulkanier konnten bekanntlich nicht lügen.
„Es handelte sich um eine vulkanische Geistestechnik, die zu unserer Privatsphäre gehört. Sie würden es wohl als Gedankenverschmelzung bezeichnen, dabei ist es natürlich viel komplexer als das.“

Stirnrunzelnd betrachtete McCoy ihn und versuchte, sich vorzustellen, welche unergründlichen Verzweigungen der Logik Spock dazu gebracht haben mochten, diese ominöse Art der Gedankenverschmelzung bei Jim anzuwenden, und was er damit hatte erreichen wollen.

„Und was genau wollten Sie damit bezwecken?“, fragte er, halb neugierig, halb skeptisch, sich wie ein unwissender Schüler vor seinem Lehrer vorkommend. Es war nichts Ungewöhnliches, sich in Spocks Gegenwart so zu fühlen.

Spock verschränkte die Hände hinter seinem Rücken. Ihm war ihm keine Regung anzumerken, als er mit gewohnt emotionsloser Stimme erklärte: „Ich empfand es als logisch, alle Mittel in Betracht zu ziehen, die dem Captain eventuell helfen könnten.“

Verwirrt zupfte McCoy am Saum seines Kittels herum, in dem sicheren Gefühl, etwas Wichtiges übersehen zu haben. Er erinnerte sich vage daran, schon einmal von einer solchen vulkanischen Methode gelesen zu haben, aber die spärlichen Puzzlestücke, die er bisher erhalten hatte, waren weit davon entfernt, sich zu einem schlüssigen Ganzen zusammenzusetzen. Wie könnte Spock Jim helfen, wenn eine ganze Armada hochqualifizierter Ärzte bislang daran gescheitet war? Und außerdem – wer redete von Logik, wenn es um Gedankenverschmelzung ging, um Emotionen, die sich alles andere als nach den Regeln der Logik verhielten?

„Ich bin mir nicht ganz sicher, was Sie meinen, Spock. Tun Sie mir den Gefallen und bescheren Sie mir eine Erleuchtung“, sagte er.

„Sehen Sie sich die Werte des Captains an.“

Irritiert gehorchte McCoy, doch natürlich verriet ihm der Monitor nichts, was er nicht schon längst gewusst hatte.
„Und? Immer noch keine Veränderung.“

„Wie Sie dank Ihrer Fachkenntnis sicher festgestellt haben, sind diese Werte ungewöhnlich für einen Komapatienten. Die tiefe und anhaltende Bewusstlosigkeit des Captains lässt sich dadurch nicht erklären“, erläuterte Spock, und McCoy breitete in einer abwehrenden Geste die Hände aus.

„Hören Sie, ich weiß, was Sie meinen, aber so leicht ist das nicht. Wir sprechen hier nicht über einen gewöhnlichen Fall, sondern über einen Mann, der eine Transfusion mit genetisch optimiertem Blut erhalten hat – daher die vergleichsweise guten Werte, aus keinem anderen Grund. Die Transfusion hat gut angeschlagen, die verstrahlten Zellen haben sich regeneriert ...“

„Und dennoch ist der Captain nicht aufgewacht.“

„Ja, weil sein Körper massiven Umbauarbeiten ausgesetzt ist, wenn Sie es so ausdrücken wollen! Khans Zellen sind wie Eindringlinge, mit denen er fertigwerden muss, auch wenn sie ihm helfen!“, sagte McCoy aufgebracht, denn ja, Spock hatte es geschafft, den Finger auf eine weitere Wunde zu legen.

Genau dort lag das Problem: Jims Werte waren stabil, theoretisch stünde seiner kompletten Genesung nichts im Weg. Wieso er dennoch nicht aufwachte, wusste niemand genau. Die Erklärung, die McCoy geliefert hatte, war nicht mehr als eine – wenn auch auf halbwegs solide Fakten und Erfahrungsberichte gestützte – Vermutung; aber es war das Beste, was sie hatten.

„Haben Sie etwa eine andere Theorie?“, wollte er wissen, obwohl es ihm widerstrebte, Spock zu diesem Thema um Rat zu fragen – immerhin war er der Mediziner unter ihnen.

Spock ließ sich ungewöhnlich viel Zeit, ehe er antwortete.
„So sehr ich Ihrer medizinischen Einschätzung vertraue, Doktor“, sagte er schließlich, „fände ich es doch ... logischer, nicht nur die physischen Aspekte eines Patienten zu betrachten, sondern die Einheit aus Körper und Geist, die jeder Mensch bildet. Ich bin der Meinung, dass dem Captain ein kleiner Impuls in letzterem Bereich nicht schaden könnte.“

McCoy starrte ihn an. Langsam und mühselig begann sich ein kleiner Teil seines Verstands unter dem Gemisch aus Fragen und Spekulationen hervorzukämpfen, einer Wahrheit entgegen, die ihnen die letzte Variable liefern könnte, die sie beim Aufstellen ihrer Gleichungen bisher vernachlässigt hatten.

„Sie meinen ... dass dieses Koma auch durch psychische Aspekte bedingt werden könnte und dass Jims Geist ... einen kleinen Schubs in die richtige Richtung braucht?“, sagte er langsam, die volle Bedeutung dieser Wort erst begreifend, als er sie aussprach.

Spock neigte abwägend den Kopf zur Seite.
„Etwas plump ausgedrückt, aber im Wesentlichen korrekt. Hier könnte zumindest ein möglicher Lösungsansatz liegen. Es geht um die vollkommene Einheit von Körper und Geist. Bisher allerdings hatte ich damit nicht den gewünschten Erfolg.“

„Bisher?“, wiederholte McCoy automatisch, ohne die Aussage dieses Wortes richtig zu erfassen, immer noch zu sehr damit beschäftigt, die Informationen, mit denen Spock ihn gerade versorgt hatte, in seine geistige Patientenakte einzuordnen.

„Ich habe auch in den vergangenen Tagen bereits versucht, eine Veränderung hervorzurufen“, erwiderte Spock, und erst dadurch kehrte McCoy vollständig in die Wirklichkeit zurück. Er ließ den Blick von Spock zu Jim schweifen und wieder zurück, und ein schwaches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Na, dann versuchen Sie es in Zukunft eben weiter. Ist ja nicht illegal ... und wenn es etwas nützt ...“
Viel Hoffnung hatte er nicht, aber was gab es schon zu verlieren? Auch hier ging es nicht primär um irgendwelche Erfolge, sondern vielmehr um den guten Willen: Komme, was wolle, sie würden den Patienten nicht aufgeben. Das Opfer, das Jim für sie alle gegeben hatte, verlangte danach, dass sie für ihn kämpften.

Spock nickte knapp, und damit schien sich das Gespräch erschöpft zu haben. McCoy griff nach seinem PADD, um die neuesten Erkenntnisse festzuhalten; er würde sich später genauer damit beschäftigen, sobald er wieder klarer denken könnte.
Daraufhin machte er sich an die alltägliche Routineuntersuchung, die ihm, wenn sie auch keine neuen Ergebnisse brachte, doch eine gewisse Sicherheit verlieh. Das hier war sein Spezialgebiet, hiermit kannte er sich aus. Jeder von ihnen hatte einen eigenen Bereich, in dem er sich wohlfühlte, in dem er Dinge bewegen konnte: McCoys war die Medizin, Jims waren die Aufgaben eines Captains und Spocks ... nun, Spocks Expertenbereich war wahrscheinlich zu umfassend, als dass McCoy ihn genau eingrenzen könnte.

Irgendwie lag etwas Tröstliches in dieser Feststellung; und als McCoy seine Instrumente schließlich wieder beiseite legte, kam ihm ein weiterer tröstlicher Gedanke: Wenn sie beide an einem Strang zögen, könnten sie es vielleicht, ganz vielleicht schaffen, Jim Kirk wieder zurückzubringen.
Denn so etwas tat man doch für seine Freunde, nicht wahr? Man überwand sämtliche Klippen, um sie aus der Dunkelheit wieder ans Licht zu zerren und all die anderen schönen Metaphern über Freundschaft und Zusammenhalt wahr werden zu lassen.

Als hätte Spock seine Gedanken gelesen, begann er auf einmal wieder zu sprechen.
„Sie hatten übrigens recht, Doktor.“

McCoy hielt mitten in der Bewegung inne, mit dem flüchtigen Gedanken, dass er sich diesen Tag fast rot im Kalender anstreichen müsste. Nicht nur, dass er und Spock endgültig und offiziell zu Verbündeten geworden waren; nun stimmte Spock ihm auch noch zu, wobei auch immer.
„Wobei denn?“
Dass Spock ihm tatsächlich recht gab, kam so gut wie nie vor, und er wusste nicht, ob diese Abweichung von der Routine ihm Unbehagen hervorrief oder Befriedigung verschaffte.

Spock zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, ehe er es aussprach, und er sah dabei nicht McCoy an, sondern Jim.
„Sie hatten recht dabei, dass der Captain für mich mehr ist als nur ein Vorgesetzter. Ich habe das nun begriffen, und es wäre unlogisch, die Wahrheit nicht zu akzeptieren. Jim ist nicht nur mein Captain, Doktor, sondern auch mein Freund.“
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