TrekNation

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Acht Charaktere und zwanzig besondere Begegnungen

von Seveny

Kapitel 3

ufgeblüht!Nr. 2 Neelix hat keinen grünen Daumen und will es nicht einsehen. Was tut Naomi, Nr. 7, um das zu vertuschen bzw. die Pflanzen zu retten?



Aufgeblüht!   / 3171 Worte

 

Auf der Krankenstation

 

 

 

„Mister Neelix!" Hektisch rannte das MHN zwischen den einzelnen Diagnose-Betten hin und her, auf denen ein halbes Dutzend Crewmen lagen und sich krümmten. „Ich weiß den Auslöser noch nicht! Laufen Sie mir gefälligst nicht im Weg herum!"

 

Betreten blieb der Talaxianer stehen und ließ den Doktor durch, dann rannte er wieder aufgeregt hinter dem MHN hinterher. „Glauben Sie mir, ich habe das nicht gewollt. Es ist mir ein Rätsel ... es kann doch unmöglich von  der Ailis-Pastete oder den Felada-Zwiebelchips kommen und von den gefüllten Cardaway-Blättern habe ich selbst gegessen."

 

„Verdammt!", keuchte Lieutenant Baxter und krümmte sich vor Schmerzen. „Hören Sie auf vom Essen zu reden."

 

Sorgenvoll ließ das MHN den Tricorder über ihn gleiten, dann hielt er das Gerät in Sichthöhe und schüttelte den Kopf. „Erzählen Sie mal lieber, was Sie dieses Mal in der Zubereitung anders gemacht haben. Seit Jahren härten Sie erfolgreich die Mägen der Crew ab. Haben Sie die Zutaten geändert oder noch exotischere Gewürze in Ihren Hexentopf gemengt, als Sie es normalerweise tun?"

 

 „Nein! Ich habe alles genau wie immer gemacht, obwohl ..." Neelix hielt kurz inne und rieb sich nachdenklich den Backenbart. „... ich fand die Ailis-Pastete heute etwas fad und da habe ich grüne Bohnen püriert ..."

 

„Roh?", schrie der Doktor gefühlt eine Oktave höher und starrte Neelix fassungslos an.

 

Der Talaxianer zog mit unsicherem Blick den Kopf ein. „Die Crew hat den Bohneneintopf letzte Woche so gelobt, da dachte ich ..."

 

„Sie unglückliche Kreatur! Wir können froh sein, wenn keine Todesfälle zu beklagen sind. Das Phasin in grünen Bohnen ist hoch giftig. Sie müssen Sie vorher kochen. Wenn Naomi davon gegessen hätte, würden wir jetzt einen letzten Blick in ihre Stasis-Einheit werfen."

 

Naomi!

Neelix schluckte. Wenn sie durch seine Schuld gestorben wäre ... er könnte nicht mehr weiterleben. Verstört drehte er sich um und verließ die Krankenstation, als ihm plötzlich Tuvok, gestützt von Lieutenant Paris, entgegenkam. Erschrocken riss der Talaxianer die Augen auf und hob die Hände als könne er das Bild der zwei Männer irgendwie wegwischen. „Tuvok?"

 

„Schauen Sie nicht so überrascht! Wieder einer, der Ihre Küche vielleicht nicht überlebt", presste Paris hervor und schob die verschwitzten blonden Haare aus dem Gesicht, während er den blassen Vulkanier stützte.

 

Entsetzt schlug Neelix die Hände vor den Mund und lief mit zitternden Knien in Richtung Holodeck.  Er musste daraus Konsequenzen ziehen!

 

 

 

Zwei Stunden später vor dem Holodeck

 

 

Neugierig betrat Naomi die Krankenstation und blieb überrascht am Eingang stehen. So viele Crewmen! Es musste eine Epidemie ausgebrochen sein, anderes war das nicht zu erklären.

 

Als der Doktor Naomi an der Tür stehen sah, reagierte er ungehalten. „Du siehst ja, was hier los ist! Dein Unterricht muss ausfallen. Du kannst dich bei deinem Patenonkel bedanken!"

 

Erschrocken riss Naomi die Augen auf. Was? Neelix sollte schuld sein?

 

Lieutenant Baxter rappelte sich hoch und kniff böse die Augen zusammen. „Und bestell ihm, dass ich ihn höchstpersönlich durch die Luftschleuse drücke, wenn ich ihn erst zwischen die Finger kriege."

 

Fassungslos machte Naomi auf dem Absatz kehrt und rannte auf den Gang hinaus. Wie konnte das sein, dass Neelix an so vielen kranken Crewmen schuld war? Er hatte doch nie etwas Böses getan! Angstvoll zog sich ihr kleines Herz zusammen. Vielleicht würde Captain Janeway ihn von Bord werfen? Dann müsste Neelix mit seinem Raumschiff weiterfliegen und sie würde ihren Patenonkel nie wiedersehen.

 

Sie rannte den Korridor bis zur Abzweigung, dann hatte sie das Holodeck erreicht. Neelix saß bestimmt im ‚großen Wald‘, ein Ort aus der talaxianischen Mythologie.

 

Auf Zehenspitzen streckte sich Naomi nach dem Zahlenfeld, um den richtigen Code einzugeben, dann öffneten sich die Türen und sie trat ein. Die knorrigen, alten Bäume mit ihren verdrehten Ästen gaben kaum die Sicht frei und das Blattwerk des Unterholzes war dicht wie eine grüne Blätterwand. Vorsichtig durchstreifte sie das Dickicht, schob einen Zweig nach dem anderen zur Seite und drehte dabei den Kopf in alle Richtungen. Nur allmählich wurde das Blattwerk lichter und auf einmal entdeckte sie zwischen den Ästen ein blässliches Farbmuster. Neelix!

 

Eilig lief sie auf ihn zu. Er saß auf einem Baumstamm, den Oberkörper nach vorne gebeugt, und stützte sich auf seinen Ellenbogen ab. Dabei zupfte er nachdenklich an einem Grashalm herum.

 

„Neelix! Was ist denn passiert? Die Anderen sind furchtbar böse auf dich."

 

„Ich weiß ...", sagte Neelix und ließ den Kopf hängen. „Ich werde nie wieder kochen!"

 

Naomi setzte sich neben ihn und legte unglücklich ihren Kopf an seinen Arm. „Aber Neelix! Was willst du denn sonst machen?"

 

„Ich weiß es nicht ... irgendetwas, mit dem ich niemandem schaden kann. Vielleicht wäre es das Beste, ich arbeite wieder als Schrotthändler."

 

Entsetzt sah Naomi ihren Patenonkel an und schluckte. Erste Tränen kullerten über die Wange und tropften auf Neelix´ farbenfrohes Jackett. „Ich will nicht, dass du gehst", schluchzte sie und schmiegte sich trostsuchend an ihn. „Wer erzählt mir dann Geschichten und wer verscheucht die Monster unter meinem Bett? Ich habe doch sonst niemanden."

 

„Meine Kleine!" Mit schmerzverzerrtem Gesicht umschlang er das Mädchen, drückte sie und grub sein Gesicht fest an ihren Hals. „Mein Apfelbäckchen ... ich will doch gar nicht gehen, aber als Koch kann ich auch nicht mehr arbeiten." 

 

„Dann machst du eben etwas anderes", sagte sie schnüffelnd und schmiegte sich wieder fest an Neelix´ Brust. „Warum übernimmst du nicht Kes´ Arbeit? Seit sie die Voyager verlassen hat, kümmert sich niemand mehr um den hydroponischen Garten und die Pflanzen brauchen Pflege."

 

 „Ich weiß nicht so recht, Naomi. Ich habe das noch nie gemacht."

 

„Kes hat sich am Anfang damit auch nicht ausgekannt, aber später hat es ihr richtig Spaß gemacht ... außerdem gibt es viele Fachartikel über Pflanzenpflege."

 

Neelix ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. Die Arbeit im hydroponischen Garten war sicher anspruchsvoll und damit könnte er niemandem mehr schaden. Er küsste Naomi zärtlich aufs Haar. „Vielleicht hast du recht ... ich kann ja mal mit Captain Janeway sprechen."

 

 

 

 

Zwei Tage später

 

 

Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht verbreitet und etliche verdutzte Gesichter hinterlassen: Neelix hatte wegen des Vorfalls in den hydroponischen Garten gewechselt! Auch wenn manche Crewmen froh über diese Nachricht waren - immerhin war die letzte Krankheitswelle nicht ganz ungefährlich gewesen - so bezweifelten die meisten doch, dass der Bolianer Chell, der jetzt in der Küche stand, eine dauerhafte Lösung war.

 

Naomi hingegen war stolz auf ihren Onkel. Er war jetzt, als Chef der botanischen Abteilung, zuständig für die Gesunderhaltung und Pflege aller Pflanzen an Bord. Gestern hatte er ihr erklärt, er werde seinen zukünftigen Arbeitsbereich ganz neu einrichten, und Naomi zu einer Besichtigungstour eingeladen.

 

Neugierig lugte Naomi durch die Tür und sah sich nach ihrem Patenonkel um. Neelix hatte an der Decke altmodische Lampen angebracht, die in allen Regenbogenfarben leuchteten und wie in einer Disco aus früheren Zeiten unregelmäßig blinkten. Dafür hatte er die Deckenverkleidung aufgeschlitzt, um die darunterliegenden Energieleitungen anzuzapfen. Meterweise hingen nun Kabel von Lampe zu Lampe, die bei jedem kleinen Stoß wie Schaukeln hin und her pendelten.

 

 „Neelix?"

 

„Naomi!" Freudestrahlend breitete der Talaxianer die Arme aus, dann wies er mit der Hand stolz durchs ganze Zimmer, als wolle er sagen und-das-ist-jetzt-mein-Reich.  „Na, was sagst du? Wunderbar, oder? Die technischen Installationen habe ich alle selbst gemacht! Ich hatte noch so viele 1A Schrottteile in meinem Frachter - da hätte ich die ganze Voyager neu beleuchten können."

 

Er klopfte wie zum Beweis an eine der Lampen, die daraufhin kleine Funken sprühte und scheppernd zu Boden krachte. Mit einem spitzen Schrei hüpfte Naomi zur Seite. Das ist ja lebensgefährlich!

 

„Manche sitzen noch nicht ganz fest, aber das wird noch!", beruhigte er Naomi und hob visionär die Hände als sähe er Großes vor sich. „Ich werde diesen sterilen hydroponischen Garten in ein florales Gesundheitszentrum verwandeln!" Er beugte sich vertraulich zu Naomi herunter. „Ich habe in der Datenbank Informationen über stressbedingte Erkrankungen raumfahrender Pflanzen entdeckt. Du glaubst gar nicht, wie sensibel meine neuen Freunde reagieren. Ihre Bedürfnisse sind höchst unterschiedlich. Ich werde ein ausgeklügeltes Wellness-Programm für jede Pflanzenart ausarbeiten!"

 

„Aber Neelix! Die Pflanzen waren doch bisher immer gesund ... auch ohne das alles." Sie zeigte unsicher einmal herum, doch Neelix´ Energie war nicht zu stoppen.

 

„Papperlapapp!", winkte er sorglos ab. „Die meisten wissen gar nicht, wie gesunde Pflanzen aussehen. Es geht ja auch um die Gesund-Erhaltung der Crew! Gesunde Lebensmittel", dozierte er im Ton eines Lehrmeisters, „sind da sehr wichtig!"

 

Er strahlte über das ganze ockergefleckte Gesicht und beugte sich wieder zu Naomi herunter. „Was glaubst du wohl, was da drin ist?" Er gab ihr einen Flüssigkeitsbehälter.

 

Kritisch beäugte Naomi die trübe Substanz, in der einige glitschige Brocken schwammen, dann roch sie daran. Instinktiv zog sie das Gesicht zusammen - ähhhh, das ist ja eklig!

 

„Das ist ein Stärkungssaft auf Leola-Basis. Den Sud dazu habe ich in einem aufwendigen Verfahren selbst hergestellt. Ich mische es dem Mineralcocktail, den die Pflanzen täglich aus der hydraulischen Vorrichtung erhalten, bei. Ich habe dafür genaueste Recherchen angestellt!"

 

Naomis angewidertes Gesicht blieb unbeweglich. War das wirklich Neelix oder doch eine unbekannte Lebensform, die sich Neelix´ Gestalt ausgeliehen hatte?

 

„Außerdem ist Musik ganz wichtig! Ich habe schon eine Musikdatei erstellt und jeweils zur vollen Stunde singe ich live ein klingonisches Trinklied." Ohne Vorwarnung aktivierte Neelix den Computer und sang lauthals drauflos. Entsetzt hielt sich Naomi die Hände vor die Ohren!

 

 

Ej IM-ta fey DE-ja i. - Und das Blut war knöcheltief.

 

Ejdahk-so-TAS ghos va Skral byteek. - Und der Fluss Skral färbte sich karmesinrot.

 

Empa jaj law-moch jaj-push - An dem Tag vor all´n Tagen.

 

Jaj Kayless-Molor-migh hohk-chew koo - Als Kahless schlug bösen Molor tot.

 

 

Völlig unabhängig von der Melodie schaffte es Neelix, die Worte gleich noch mit Übersetzung in die Welt zu schmettern.

 

Naomi war sich jetzt sicher: Musik konnte wehtun und wenn diese Pflanzen nicht schmerzfrei waren, würden sie wahrscheinlich in spätestens zwei Tagen ihm die Freundschaft kündigen und das Laufen lernen.

 

„Naomi, mein Apfelbäckchen! Hat es dir nicht gefallen? Ich finde", er ballte zur Bekräftigung die Faust und ließ sie durch die Luft zischen, „das Lied gibt so viel ... Kraft!" 

 

Langsam nahm Naomi die Hände wieder runter. „Ich fand es nur etwas laut", antwortete sie höflich.

 

„Aber jetzt kommt der Clou: Manche meiner Pflanzen werden mit Maschinenfett massiert! Ich habe gelesen, dass das die Photosynele anregt."

 

„Die Photosynthese!", korrigierte sie.

 

„Jaja ... sag ich doch ... Diese hier zum Beispiel!" Er zeigte auf ein Gewächs mit fleischig dicken Blättern. „Sie nennt sich Portulaca oleracea, oder auch Gemüse-Portulak. Ich habe es früher in der Küche als Wildgemüse verarbeitet. Jetzt habe ich in einem klingonischen Fachartikel gelesen, dass man diese Pflanzen mit Maschinenfett einreiben soll, damit sie nicht so salzig schmecken und besser wachsen. Interessant, nicht?"

 

Seine behaarten Finger strichen liebevoll eine schwarze Paste aufs Blatt und bewegte es dabei hoch und runter.

 

„Weißt du, das ist Massage und Gymnastik gleichzeitig! Außerdem zieht es nach einer Zeit ein und ist gar nicht mehr zu sehen", erklärte er. „Das habe ich in einem talaxianischen Gesundheitsbuch gelesen ... soll Wunder wirken!"

 

Naomi sah ihn unsicher an. „Bist du sicher, dass das den Pflanzen guttut? Kes hat ihnen nie vorgesungen oder sie massiert, aber sie waren trotzdem immer gesund."

 

„Keine Sorge, Naomi. Ich habe alles im Griff. Ich kenne mich jetzt aus!"

 

 

 

 

Eine Woche später, Mitternacht

 

 

Vorsichtig setzte sich Naomi auf. Ihre Mutter hatte gute Ohren und einen sechsten Sinn dafür, wenn ihre Tochter etwas im Schilde führte. Sie schwang leise die Beine aus dem Bett, schlüpfte in ihre Hausschuhe und schlich aus dem Zimmer. Auf Zehenspitzen durchquerte sie das Quartier, sah sich noch kurz um, ob die Luft rein war, dann trat sie auf den Gang hinaus. Eilig lief sie zum Turbolift. Sie musste Neelix helfen!

 

Bis gestern war er so glücklich gewesen und hatte über das ganze Gesicht gestrahlt. Pausenlos hatte er von seinen Pflanzen erzählt und Naomi immer wieder die einzelnen Arten gezeigt. Nach seinem Dienst hatten sie gemeinsam das Holodeck besucht, meistens um ein Flotter-Abenteuer zu erleben. Es war alles so wunderschön wie früher gewesen.

 

Doch dann hingen auf einmal einige Pflanzen schlaff in ihren Behältnissen. Anscheinend schätzten sie Neelix´ Pflege nicht besonders, welkten und bekamen gelbe Blätter. Mit entsetztem Blick hatte er vor den Pflanzbehältern gestanden und die Hände vors Gesicht geschlagen. Naomi seufzte. Wenn es ihr nicht gelang, Neelix davon zu überzeugen, dass er ein guter Gärtner war, würde er die Voyager sicher verlassen wollen. 

 

Kurze Zeit später stand sie im hydroponischen Garten. Die Pflanzen waren fettverschmiert und ließen schlaff die Köpfe hängen. Naomi seufzte. Sie liebte ihren selbsternannten Patenonkel, aber Pflanzenpflege war irgendwie nicht sein Ding. Er brauchte dringend Hilfe!

 

Sie wischte das Maschinenfett von den Blättern, füllte frisches Wasser in das System und entfernte die gelben Blätter. Nach einer Stunde sah das Ergebnis ganz ordentlich aus. Neelix würde bestimmt wieder gutgelaunt in den Tag starten und das war letztlich das Wichtigste!

 

Plötzlich hörte sie draußen Schritte. Ihr stockte der Atem. Wenn bloß niemand reinkam. Mit zittrigen Fingern drückte sie auf einen der neuen Schalter, die Neelix angebracht hatte und das Licht ging bis auf zwei kleine Lampen, die geräuschvoll zischten, aus.

 

Mit geschlossenen Augen presste sie sich an die Wand und wartete. Erst als sie minutenlang kein Geräusch mehr hörte, wagte sie sich vorsichtig aus dem hydroponischen Garten. Aufgeregt lief sie den Gang entlang in Richtung Turbo-Lift.

 

„Naomi Wildman!"

 

Naomi stoppte und hielt die Luft an. Mit steifem Oberkörper drehte sie sich langsam in die Richtung der Stimme.

 

„Naomi Wildman! Was machst du um diese Zeit hier auf dem Korridor? Wäre es für dich nicht Zeit zum Schlafen?"

 

  „Seven!" Sie blickte an ihrer Freundin hoch, die kritisch ihr Okkular-Implantat in die Höhe wandern ließ und sichtlich auf eine gute Erklärung wartete.

 

„Ich musste Neelix helfen! Seinen Pflanzen geht es so schlecht und das macht ihn unglücklich." Sie sah bittend hoch. „Verrat mich nicht! Ich will doch nur, dass Neelix wieder glücklich ist."

 

„Warum hängt sein Wohlbefinden vom Wachstum seiner Pflanzen ab?"

 

„Das verstehst du nicht!", schüttelte Naomi den Kopf. Sie wusste instinktiv, welche Themen man mit Seven diskutieren konnte und Mitgefühl, Angst und Liebe gehörten definitiv nicht dazu. „Er braucht eine Aufgabe, die er gut kann, sonst fühlt er sich nutzlos."

 

„Sein Umgang mit Pflanzen ist ineffizient und ohne wissenschaftliche Grundlage. Er wird scheitern."

 

„Das weiß ich, Seven, deshalb musste ich ihm ja helfen, verstehst du? Sag niemandem, dass du mich hier getroffen hast."

 

Im gleichen Augenblick gab es einen furchtbaren Knall und ein heller Schein erleuchtete kurzfristig den Gang. Erschrocken drehten sie sich um.

 

Der hydroponische Garten!

Rauchschwaden quollen in den Gang hinaus und ein beißender Geruch von verbrannten Pflanzen und schmorenden Kunststoffen kam ihnen entgegen. Entsetzt rannten sie zum Eingang. Naomi blieb mit einigem Abstand stehen, während die Borg hustend die Schotts ganz aufdrückte. Ein Bild der Verwüstung lag vor ihnen.

 

Die Wände waren von mehreren Stichflammen geschwärzt. Große Teile der Pflanzenbänke waren versengt, Massen von Kabeln und Drähten waren heruntergebrochen und ein beißender Geruch von verbrannter Leolawurzel erfüllte den Raum.

 

Naomi biss sich auf die Unterlippe. Das habe ich nicht gewollt! Neelix wird jetzt bestimmt das Schiff verlassen müssen. Das ist alles meine Schuld!

 

Fluchtartig verließ sie die Szene. Wenn das herauskommt ...

 

 

 

 

Nächster Tag im Bereitschaftsraum

 

 

Janeway saß an ihrem Schreibtisch und las den Schadensbericht, den ihr Tuvok gerade hereingegeben hatte. Neelix´ abenteuerliche Installation hatte einen Kurzschluss mit mehreren Stichflammen ausgelöst. Die Verwüstung war erheblich und die Aufräumarbeiten waren vom Reparatur-Team auf eine Woche angesetzt worden. Als der Türsummer sich meldete, sah sie überrascht hoch. Naomi stand mit geröteten Augen in der Tür und kam nur zögerlich näher.

 

„Es ist alles meine Schuld, Captain. Das Feuer ist wegen mir ausgebrochen. Ich habe das Licht nicht richtig ausgemacht und Neelix hat nichts damit zu tun!"

 

Janeway schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, Naomi, es war nicht deine Schuld. Neelix´ Installationen haben einen Kurzschluss verursacht und sein Pflanzenzusatz hat die komplette Hydraulik verstopft, die dann durchgebrannt ist. Aber warum warst du in der Nacht dort?"

 

„Ich musste doch Neelix´ Pflanzen retten, weil er sonst denkt, dass er alles falsch macht. Bitte! Sie dürfen ihn nicht fortschicken!"

 

„Aber Naomi, wer will denn Neelix fortschicken?"

 

Mit tränenverschleierten Augen sah Naomi sie an. „... weil die Mannschaft doch von seinem Essen krank geworden ist und dann ist auch noch der hydroponische Garten abgebrannt. Jetzt schicken Sie ihn bestimmt von Bord."

 

Janeway ging in die Hocke und nahm das Mädchen freundlich an den Schultern. „Naomi! Niemand ist auf Neelix böse und niemand wird ihn vom Schiff weisen. Ich habe dir doch neulich von den drei Dingen, die ein Captain jederzeit beachten muss, erzählt. Weißt du noch?  ... stecke immer dein Hemd in die Hose", fürsorglich steckte sie dem Mädchen das Hemd, das sich an der Seite selbstständig gemacht hatte, hinein, „geh mit deinem Schiff unter und gib nie ein Mitglied deiner Crew auf."  Sie tupfte mit dem Ärmel lächelnd Naomi die Tränen ab. „Wir wünschen uns alle, dass Neelix wieder die Küche übernimmt - ich habe heute eine Unterschriftensammlung der Mannschaft bekommen." Sie beugte sich verschwörerisch zu Naomi hin. „Was hältst du davon, dass ich ihm einfach befehle wieder zu kochen?"

 

„Ja, geht denn das so einfach?", schnüffelte die Kleine.

 

Sie tippte an den Kommunikator. „Janeway an Neelix. Ich möchte Sie unverzüglich im Bereitschaftsraum sehen."

 

Als der Türsummer sich meldete, setzte sie sich in Position. „Herein."

 

Neelix ging mit gesenktem Kopf bis zum Schreibtisch, dann blieb er stehen. Erstaunt sah er, dass Naomi an Janeways Stuhl stand und auf ihn zulief. Er lächelte und strich ihr zärtlich über den Kopf, dann wandte er sich Janeway zu.

 

„Ich weiß, was Sie mir sagen wollen, Captain, und Sie haben mit allem recht. Ich werde die Konsequenzen ziehen und meine Sachen packen."

 

Janeway stand auf. „Das könnte Ihnen so passen. Erst machen Sie mit Ihrem Essen meine Crew krank, dann sprengen Sie mit Ihren Installationen - die ich übrigens nicht genehmigt habe - ganze Abteilungen in die Luft und nun möchten Sie einfach abhauen.", fasste sie zusammen. „So läuft das hier nicht, Mister Neelix! Sie werden sich dafür verantworten müssen, so wie jeder andere an Bord." 

 

Sie stemmte die Hände in die Hüfte. „Als erstes werde ich Sie degradieren: vom ‚Chef der botanischen Abteilung‘ zurück zum ‚Küchenchef und Moraloffizier‘. Nein ...!", bremste sie Neelix mit einer herrischen Geste aus, als er gerade dabei war Luft zu holen.

 

„Sie werden den hydroponischen Garten vorerst nicht mehr betreten, sondern wieder im Casino kochen."

 

Neelix schüttelte den Kopf. „Aber Captain ..."

 

„Keine Widerrede, Neelix. Sie werden Kochen ... nach zwei Wochen mit Chell hat die Mannschaft ausdrücklich darum gebeten."

 

Ihr rechter Mundwinkel wanderte ein klein wenig in die Höhe, als sie das PADD übergab. Verdattert nahm er es und warf einen kurzen Blick darauf.

 

„Sogar Walter Baxter ...", las Neelix sprachlos vor und hob langsam den Kopf, als würde er die volle Bedeutung der Liste erst jetzt verstehen.

 

„Allerdings nur unter einer Bedingung." Janeway zog die Augenbrauen hoch und tippte ihm nachdrücklich jedes Wort auf die Brust. „Nie-wieder-rohe-Bohnen!"

 

 

 

 


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