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Familiäre Fesseln

von Harald Latus

Kapitel 3

Captain van Dyke hatte den ersten Offizier der Alexandria in seinen Bereitschaftsraum gerufen.
Ihm war klar, dass er nun Informationen geben musste, die diese besondere Handlungsweise rechtfertigten.
„Herein!“, rief er, als die junge Frau das Türsignal auslöste. Die Türhälften glitten auseinander und der erste Offizier trat ein. Captain van Dyke wies auf das Sofa an der Wand und stand hinter seinem Schreibtisch auf, um ebenfalls dorthin zu gelangen. Während Rebecca Carlisle auf dem breiten Sofa Platz nahm, setzte sich Roger in den seitlich stehenden Sessel.
„Es ist wohl an der Zeit, dass ich Ihnen erkläre, warum wir diesen Tausch vorgenommen haben.“ Die erste Offizierin nickte wissend.
„Ja, ich kann mir schon vorstellen, dass Sie mit Sicherheit eine gute Wahl sind, da Sie auf diesem Schiff bereits lange Zeit gedient haben und damit den größten Teil der Crew und das Schiff sicherlich in und auswendig kennen. Allerdings fehlt es mir an einem ersichtlichen Grund, denn der Auftrag hat sich scheinbar nicht verändert.
Captain van Dyke ließ einige Sekunden verstreichen, bis er antwortete. „Ja, das ist richtig. Es hat damit zu tun, dass ich einen unaufschiebbaren Termin auf der Erde habe, der sich erst kürzlich ergeben hat. Es wäre zwar ein leichtes gewesen mit meinem Schiff zur Erde zu reisen, aber wenn nur eine Person an einen anderen Ort gelangen muss, dann macht es wenig Sinn, ein kampfstarkes Schiff aus dem Verband zu lösen. Die Zeit bis ein Ersatz kommen würde, wäre eine Schwäche, die der Gegner ausnutzen kann. Daher die ungewöhnliche Lösung. Die Alexandria soll zur Sternenbasis eins und ich ebenfalls. Was lag da näher als das Schiff zu tauschen. Alle anderen Optionen wären nicht halb so effizient.
Zudem kann sich Captain Wikland ein Bild meiner Crew machen und mir später wertvolle Anregungen geben, was ich verbessern könnte. Ein Zugeständnis, welches ich nur einem Freund entgegenbringe.“
Rebecca Carlisle war aber mit dieser vorgeschobenen Erklärung nicht zufrieden, scheinbar wollte sie genauer wissen, worin denn diese besondere Order bestand, denn es war in der Tat ungewöhnlich, dass ein Captain mit einem andern einfach mal sein Schiff tauschte.
„Captain, ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber ich würde gerne erfahren, ob das hier eine ebensolche Bewertung werden soll, wie Sie diese eben im Bezug auf Captain Wikland angedeutet haben.“ Roger brauchte nur einen Augenblick, um zu erkennen, worüber sie sich Sorgen machte.
„Oh nein, es hat weder etwas mit dem Schiff oder der Crew und schon gar nicht mit Ihren Leistungen zu tun. Ich muss diese Reise bedauerlicherweise aus rein persönlichen Gründen antreten und sie können mir glauben, dass ich darauf gerne verzichtet hätte. Im Prinzip bin ich eigentlich nur ein Passagier. Aber ebenfalls aus besonderen Gründen möchte man, dass ich eben nicht nur ein Tourist bin, sondern eine leitende Aufgabe übernehme, die es mir zunächst unmöglich macht zur freien Verfügung zu stehen. Das muss erst einmal ausreichen. Ich werde die Alexandria sicherlich nicht über Gebühr belasten. Schließlich haben Sie ja auch einen Auftrag auszuführen. Es kann jedoch sein, dass ich mir einzelne Personen der Crew einmal ausleihe, um gewisse Aufgaben zu erfüllen. Machen Sie sich also keine Sorgen.“
Auch wenn Roger so viel erzählt hatte, wie er bereit war preis zu geben, schien die erste Offizierin nicht damit zufrieden zu sein. Sie fragte aber nicht weiter. Daher ging Roger zur Aufgabe über, welche die Alexandria nun erfüllen sollte.
„Vielleicht besprechen wir bei dieser Gelegenheit einmal die anstehenden Aufgaben, damit ich entsprechend informiert bin. Captain Wikland sprach von einigen Modifikationen.“
„Aye Sir“, sagte Carlisle, „Wir haben vor die Schilde und die Trägheitsdämpfer zu verbessern. Die Schilde sollen ergänzt werden nach einem Plan, der schon länger vorliegt. Die Trägheitsdämpfer sind eine Weiterentwicklung für eine fortgeschrittene Schiffsklasse und wir sind die ersten die sie testen sollen. Wir werden ungefähr eine Woche im Trockendock verbringen und müssen in zwei weiteren Tagen die neuen Konfigurationen testen. Ich bin gespannt, welche Ergebnisse wir erzielen. Die Angaben habe ich Ihnen bereits zum Abruf bereitgestellt.“
Commander Carlisle war inzwischen aufgestanden und hatte den Bildschirm an der Wand zum Leben erweckt. Einige Schaubilder zeigten Captain van Dyke was geplant war und er erkannte einige Dinge wieder, die der Chefingenieurin der Alexandria zuzuschreiben waren. Wikland hatte also nach dem erfolgreichen Projekt des Tyr Jägers auch weiterhin die Optimierung des Schiffes durch die eigene Mannschaft vorangetrieben. „Ich bin zuversichtlich, dass diese Crew alle gestellten Aufgaben problemlos erfüllen wird. Es ist eher ein Spaziergang für diese Leute, sie haben schon ganz andere Sachen hinbekommen.“, wollte Roger seinen Optimismus mit dem ersten Offizier teilen.
„Wo Sie es gerade ansprechen, sind während Ihrer Dienstzeit auch schon einmal solche Wunder geschehen, die sich keiner erklären kann?“ Roger van Dyke wurde vorsichtig. Wikland hatte seinen neuen ersten Offizier scheinbar noch nicht in die Fähigkeiten der Chefingenieurin eingeweiht und er hatte nicht die Absicht das zu ändern.
„Nun, bisweilen kann jedes Schiff einmal ein Wunder gebrauchen und Sie müssten es doch wissen. Bevor man an Wunder glaubte, nannte man es Magie. Dafür wurden Menschen im Mittelalter gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Ob nun Wunder oder Magie, es sind nur Tatsachen, für welche die Wissenschaft noch keine Erklärung gefunden hat.“
Rebecca Carlisle sah den Captain an und hob eine Augenbraue, ganz so als hätte sie gerade eben eine sehr überraschende Neuigkeit erfahren, aber es war wohl dem Umstand geschuldet, dass Roger direkt eine Antwort gab, die zumindest nach einfachen Gesichtspunkten eine Erklärung lieferte, auch wenn sie den Commander in der Sache überhaupt nicht weiterbrachte.

„Wie lange werden wir für den Weg zur Erde noch benötigen?“, lenkte Roger nun den Fokus auf die aktuelle Situation.
„Die Kursberechnungen lassen einen sehr genauen Schluss zu. Wir werden in einer Woche und sieben Stunden an der Sternenbasis eins andocken können. Wenn Sie wollen, können Sie Ihre Erledigungen bereits vorplanen. Das gibt Ihnen Gelegenheit weniger Zeit dafür aufzuwenden.“, erklärte Commander Carlisle.
„Danke, das weiß ich zu schätzen. Ich will sehen, ob ich da bereits im Vorfeld etwas klären kann. Sobald ich fertig bin, komme ich dann auf die Brücke.“, gab Captain van Dyke zurück.
Rebecca Carlisle nickte dem Captain zu und machte sich dann auf den Weg in die Schaltzentrale der Alexandria, die direkt hinter der Tür des Bereitschaftsraums lag.

* * *



Captain Van Dyke saß in seinem Quartier in der Arbeitsecke und sichtete die wenigen Informationen, die ihm zur Verfügung standen. Die Flotte hatte nur eine kurze Nachricht gesendet, aus der nichts hervorging. Da hatte er sogar schon mehr durch Admiral Carter Wellington und Captain Wikland erfahren.
Es war klar zu erkennen, dass sich die Flotte aus allem heraushalten wollte und sich nicht engagierte, um eine einfachere oder bessere Lösung zu erzielen. Die Grundsätze der Sternenflotte zur Nichteinmischung wurden wohl auch auf solche Fälle übertragen, was gerade bei Flottenangehörigen im aktiven Dienst ein Problem darstellte. Hier wünschte sich Roger durchaus mehr Unterstützung.
Während er nach Informationen zu Home Care suchte, zeigte sich immer mehr, dass das Unternehmen in der Öffentlichkeit kaum präsent war. Suchanfragen zu diesem Thema endeten meist in einer Sackgasse und nur wenigen Informationen war zu entnehmen, was das Unternehmen machte und wie es dabei vorging.
Nach längerem Suchen und der Verfolgung von Querverweisen fand der Captain dann allerdings einen Grund für die geringe Präsenz in öffentlichen Quellen.
Negative Stimmen wurden mit Abmahnung und Unterlassungsverfügungen geahndet und aus der Öffentlichkeit getilgt. So konnte Roger feststellen, dass schon andere versucht hatten die unüblichen und fragwürdigen Methoden dieser Gesellschaft anzuprangern, dies aber aufgrund der Stärke des Unternehmens nicht bewältigen konnten. Es waren nur noch wenige Randnotizen zu finden, die hauptsächlich auf nicht aktualisierten Einträgen basierten, welche vergangene Tätigkeiten des Unternehmens schilderten.
Roger ließ für einen Moment entmutigt seine Arme sinken. Es schien sehr schwer zu sein gegen dieses Unternehmen vorzugehen und alle die es versuchten, hatten wohl bislang den Kürzeren gezogen, wie ein geflügeltes Wort der Erde sagte.

Das Türsignal erklang und Roger erhob sich von seinem Arbeitsplatz.
„Herein“, rief er und sah zur Tür. Jaqueline Jefferson trat ein und trug ein hoffnungsvolles Lächeln im Gesicht. Mit wenigen Schritten hatte sie das Sofa erreicht und ließ sich direkt darauf fallen.
Captain van Dyke versuchte trotz seiner eher erfolglosen Suche in den Datenarchiven der Erde einen positiven Eindruck zu vermitteln.
„Und, gibt es etwas neues“, wollte er wissen, während er sich in den Sessel gegenüber gleiten ließ. J.J. raffte sich auf und setzte sich nun ordentlich aufs Sofa. „Ja, kann man so sagen.“
Sie sah Roger an und versuchte zu ergründen, ob er ihr zuvorgekommen war. Oft, so hatte sie es in der Dienstzeit mit ihm empfunden, war er ihr schon einen Schritt voraus. Doch dieses Mal war es wohl anders, denn sie erkannte, dass er förmlich an ihren Lippen hing, und sie wollte ihn natürlich auch nicht auf die Folter spannen.
„Ich habe mit einer Freundin auf der Erde geredet. Sie ist zwar nicht in der Gesellschaft tätig, die dein Versäumnisurteil angestrengt hat, aber einige der Daten gehen über ihren Tisch auf dem Weg zu den offiziellen Stellen. Es wird ja im Vorfeld immer versucht eine andere Lösung zu finden, speziell wenn es sich um Angehörige der Sternenflotte im aktiven Dienst handelt.
Es ist schon sehr bemerkenswert, dass sie dazu keine Informationen gefunden hat. Es hat also scheinbar nicht den Versuch gegeben jemanden aus der Privatwirtschaft zu finden, der diese Aufgabe übernehmen kann. Den Angaben zufolge geht es um Deinen Vater, der wohl gesundheitlich so abgebaut hat, dass er täglich auf intensive Hilfe angewiesen ist.“
Für einen Moment herrschte eisiges Schweigen, dann kam die Stimme von Roger van Dyke „Mein Vater also, das sagt schon viel aus.“ Sein Tonfall war streng, kühl und irgendwie so, als hätte er es sich bereits gedacht, auch wenn es für ihn eine ganz neue Information war.
Aber genau zu diesem Menschen hatte er ein enorm angespanntes Verhältnis.

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