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Dschungelfieber

von Eva

Kapitel 3

Die Stufen waren steiler, als Kathryn angenommen hatte und prüfend blickte sie nach oben. Wie eine riesige Klippe türmte sich die glänzende Wand über ihr auf und von Stufe zu Stufe wurde der Aufstieg beschwerlicher. Ihr Atem ging schnell und auf schmerzhafte Weise meldeten sich nun auch noch ihre gequälten Rippen zu Wort. Für einen Moment verfluchte sie sich selbst, ihrer Neugier nachgegeben zu haben.
"Chakotay", bat sie, "lassen Sie uns einen Moment ausruhen. Bitte." Sie bekam kaum noch Luft.
"Wir sind fast oben", gab Chakotay ruhig zurück. Nicht die kleinste Anstrengung schwang in seiner Stimme mit.
"Nur einen Augenblick." Kathryn zog an seiner Hand und zwang ihn zum Stehenbleiben. "Vielleicht sollte ich über mein Konditionstraining nachdenken", murmelte Kathryn und stemmte ihre freie Hand gegen die stechende Seite.
"Auch das werden wir", lachte Chakotay, der ihre Worte verstanden hatte, "sobald wir wieder an Bord sind."
Allmählich beruhigte sich Kathryns beschleunigter Atem. Sie schaute nach oben und erkannte ganz nah über sich die Spitze der Pyramide.
"Nicht nach unten sehen", rief Chakotay scharf, als sich Kathryn umdrehte.
Zu spät. Kathryn hatte plötzlich das Gefühl, als ob ein übermächtiger Sog sie nach unten zog. *Wenn ich jetzt ein Bein ausstrecke...*, dachte sie und schwankte leicht. Doch da hatte Chakotay sie schon fester gepackt. Wie eine Stahlzwinge umschloss seine Hand ihre Finger und zog sie die letzten Stufen halb hinter sich her. Schließlich legte er ihr beide Hände um die Taille, hob sie hoch und setzte sie auf der Spitze der Pyramide wieder ab.
"Das hätte ich auch allein geschafft." Aufatmend wischte sich Kathryn über das schweißnasse Gesicht.
"Natürlich", entgegnete Chakotay und schaute sich interessiert um. Mitten auf der Plattform der Pyramide stand ein niedriges Gebäude, aus dem gleichen Material, wie die Pyramide auch. Chakotay war neugierig, was sich darin befand.
"Was für ein Anblick." Chakotay fuhr herum, als er Kathryns andächtig klingende Stimme vernahm und folgte ihrem Blick. Unter ihnen dehnten sich die Bäume und Sträucher in alle Himmelsrichtungen aus. Ein Schimmern zwischen all dem Grün verriet, dass sich unzählige kleine Flüsse durch das dichte Gewirr schlängelten. Es war ein atemberaubender Anblick.
"Sehen Sie dort!" Chakotays Hand wies in die Richtung des kleinen Gebäudes, das Kathryn offenbar noch nicht bemerkt hatte.
Gespannt drehte sich Kathryn um und ein Laut der Überraschung entschlüpfte ihr. "Das habe ich überhaupt nicht bemerkt." Sie trat an Chakotay vorbei und ging darauf zu. "Da wir schon einmal hier oben sind, sollten wir es uns auch anschauen."
Chakotay schüttelte lächelnd den Kopf und folgte ihr. Hatte er etwas anderes erwartet?

****

Vorsichtig betraten sie das Gebäude. Es war so niedrig, dass Kathryn gerade einmal einen Spielraum von knapp zwei Zentimetern zwischen ihrem Kopf und der Decke hatte. Chakotay dagegen konnte das Gebäude nur in leicht gebückter Haltung betreten. Es war kühl im Inneren, im Gegensatz zu der Temperatur, die außerhalb herrschte. Kathryn spürte, wie ein leichtes Frösteln über ihren Körper kroch.
Nach der blendenden Helligkeit hatten sie einige Mühe, im Halbdunkel des Gebäudes etwas zu erkennen. Erst allmählich, nachdem sich ihre Augen an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, begannen sich Konturen aus dem Dämmerlicht zu schälen. Staunend blickten sie sich um. Alle Wände waren mit einem gigantischen Fries bemalt. Riesige Reptilien, mit mächtigen Köpfen und einem dicken runden Leib, dessen Ende ein Schwanz, der in eine Art Fächer überging, zierte. Lebensgroße Wesen, mit vier Beinen und einem massigen Schädel nahmen fast die gesamte Mitte jeder Wand an. Weit aufgerissen waren ihre Mäuler und gaben den Blick auf gefährlich aussehende, spitz zulaufende Zähne frei. Es waren furchteinflößende Bilder.
Kathryn wusste, dass die Phantasie ihr einen Streich spielte. Aber sie hatte das Gefühl, als wären die Wesen lebendig geworden. Die eigenartigen Wesen schienen auf sie zuzuspringen, und die Reptilien krochen immer näher an sie heran. *Ich muss hier raus*, dachte sie und spürte, wie ihr Herz hart gegen ihre Rippen pochte. Hastig drehte sich Kathryn um, vergaß jedoch, dass Chakotay hinter ihr stand. Sie stieß einen leisen Schrei aus, als sie gegen seinen Körper prallte. Kathryn wagte nicht, sich zu rühren. Alles um sie herum begann zu schwanken. Hilfe suchend streckte sie die Hände nach Chakotay aus, der sie instinktiv ergriff und sie fest an sich zog. Für einen kurzen und doch unendlich lang erscheinenden Augenblick waren sie einander so nah, dass jeder den Atem des anderen spürte. Kathryn zitterte leicht, nicht nur, weil sie immer noch das Gefühl hatte, von den Reptilien verfolgt zu werden, sondern auch, weil sie Chakotay plötzlich so nahe war. Beunruhigend nah. Ihre Anspannung wurde so stark, dass sie es nicht mehr aushielt. Abrupt zog sie sich zurück und ging mit schnellen Schritten an ihm vorbei nach draußen. Sie atmete auf, als sie wieder im gleißenden Sonnenlicht stand. Kathryn entfernte sich von dem Gebäude und ließ sich am Rand der Pyramide nieder. Ihr Herzschlag beruhigte sich langsam und auch das leichte Zittern, das vor wenigen Minuten ihren Körper überrollt hatte, schwand.
Kathryn hatte sich wieder unter Kontrolle, als Chakotay sich kurze Zeit später neben ihr niederließ.
"Ich hatte ein merkwürdiges Gefühl dort drinnen. Wahrscheinlich lag es an den ziemlich Angst einflößenden Malereien." Kathryn zwang sich zu einem Lächeln, als sie sich zu Chakotay drehte.
"Bestimmt lag es daran", erwiderte er sanft. Chakotay ließ sich nicht anmerken, dass er auch den zweiten Grund für ihre Flucht erahnte. Er schaute über die Wipfel der Bäume und sein Blick verlor sich in der Ferne.
"Wir sollten uns vielleicht auf den Rückweg zum Flyer machen", schlug er nach minutenlangem Schweigen vor. Er beobachtete den Himmel, dessen helles Blau langsam von einem grauen Schleier überzogen wurde. Der Wind, der bisher nicht mehr als ein sanfter Hauch gewesen war, nahm etwas an Stärke zu. Instinktiv ahnte Chakotay, dass ein Unwetter aufzog. Ohne ein weiteres Wort erhob er sich und streckte Kathryn die Hand entgegen.
"Was ist los?" Es überraschte Kathryn, dass er so plötzlich zum Aufbruch drängte.
"Ich habe das Gefühl, dass wir von ihr oben verschwinden sollten." Sein Blick wies nach oben. "Schauen Sie sich den Himmel an."
Kathryn folgte seinem Blick und bemerkte erst jetzt die Veränderung, die sich unbemerkt vollzogen hatte. "Das Gefühl habe ich auch", stimmte sie zu, griff nach seiner ausgestreckten Hand und stand auf.
Chakotay hielt ihre Hand umschlossen, während er in Richtung der Stufen strebte. "Halten Sie 1sich gut fest", wies er Kathryn an. "Und sehen Sie immer nur auf die nächste Stufe, die vor Ihnen liegt."
Gemeinsam machten sie sich an den gefährlichen Abstieg.

****

Befreit atmeten sie auf, als sie endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Der Wind hatte während des Abstieges an Stärke zugenommen und mehr als einmal hatte Chakotay geglaubt, er würde sie von den Füßen reißen. Er ließ sich gegen das Gebäude fallen und betrachtete Kathryn, wie sie die Finger ihrer linken Hand massierte.
Kathryn spürte seinen Blick und drehte sich um. "Sie haben einen ziemlich harten Griff", lächelte sie und bewegte die Finger, die für einen Moment völlig gefühllos waren.
"Tut mir leid", entschuldigte sich Chakotay und stieß sich mit der Schulter von der Wand ab. "Ich wollte nur sichergehen, dass Sie heil unten ankommen." Chakotay lenkte sein Augenmerk wieder gen Himmel, der sich immer mehr verdüsterte. Die Sonnenstrahlen waren unter der grauen Wolkendecke verschwunden und der Wind wurde immer stärker. Die Hitze, die sie noch vor kurzer Zeit ins Schwitzen brachte, verlor merklich an Intensität. "Wir sollten uns auf den Weg machen", riet er und wand sich Kathryn zu. "Alles in Ordnung?", fragte er besorgt, als er bemerkte, wie sie sich über die Oberarme rieb.
Der auffrischende Wind ließ Kathryn frösteln und zum zweiten Mal bedauerte sie, ihre Jacke im Shuttle zurückgelassen zu haben. Sie nickte nur auf Chakotays Frage und nahm ihren Tricorder zur Hand. Ein Laut der Verblüffung rutschte ihr über Lippen, als sie auf die Anzeige blickte. Keinem war aufgefallen, wie weit sie während ihres Streifzuges durch die grüne Oase den Flyer hinter sich gelassen hatten. "Zügig und ohne Unterbrechungen erreichen wir den Standort des Flyers in knapp zwei Stunden", seufzte Kathryn und blickte auf.
"Na, wenn das so ist. Gehen wir", entgegnete Chakotay munter, nahm Kathryn den Tricorder aus der Hand und dirigierte sie sanft in jene Richtung, die zum Shuttle führte.
"Chakotay", bat Kathryn, stoppte kurz und drehte sich zu ihm um, "egal, wie viel Interessantes Sie auf dem Rückweg noch entdecken, ignorieren Sie es." Kathryn wollte nur eins - schnell und ohne Umschweife zum Flyer.
Chakotay grinste. "Ich verspreche es. Ehrenwort", fügte er hinzu, als er den Ausdruck von Zweifel in ihrem Blick sah.
"Vergessen Sie es nicht", mahnte Kathryn freundlich, ehe sie den Weg wieder aufnahm.

****

Die Wipfel der Bäume bogen sich im Wind, der weiter an Stärke zunahm. Er fuhr durch die Büsche, rüttelte an den Zweigen, zerrte an Blättern und Blüten, bis sie in die Höhe gewirbelt und davongetragen wurden. Insekten schwirrten laut summend durch die Luft, versuchten mit ihren zarten Flügeln gegen den Wind anzukämpfen. Die, die nicht von einer Windböe davongetragen wurden, ließen sich erschöpft auf den hin und her schwingenden Zweigen der Büsche nieder. Scharen von laut kreischenden Vögeln zogen wenige Meter über den Boden hinweg, versuchten, der drohenden Gefahr zu entkommen. Der Himmel verdunkelte sich immer mehr und Donnergrollen hallte in der Ferne.
"Wie weit ist es noch?" Kathryn musste die Stimme heben, um das Fauchen des Windes und das Geschrei der über sie hinwegziehenden Vögel zu übertönen. Ihr war kalt und ihre Füße schmerzten.
"Wir haben es fast geschafft", erwiderte Chakotay laut mit einem Blick auf den Tricorder, der fest in seiner Hand lag. Er zog Kathryn näher an sich heran, als ein Windstoß sie leicht taumeln ließ.
Gleißende Blitze zuckten über den mittlerweile fast pechschwarzen Himmel, als ein gewaltiger Donnerschlag den Boden unter ihnen vibrieren ließ. Das Geräusch von sich spaltendem Holz und der verkohlte Geruch, der in der Luft hing, signalisierten Chakotay, dass ein Blitz in unmittelbarer Nähe in einen der riesigen Bäume gefahren war.
"Kathryn, laufen Sie!", brüllte Chakotay, als ein Krachen den Boden erneut erbeben ließ. Fest umschloss er ihre Hand und zog sie hinter sich her.
Sie begannen zu rennen, als die ersten Regentropfen auf ihre Gesichter fielen. Und plötzlich brach der Regen richtig los - wie ein Stausee, dessen Schleusen geöffnet wurden. In Sekundenschnelle verwandelte sich der Boden unter ihren Füßen in eine aufgeweichte, glitschige Masse. Blitzschnell umschlang Chakotays Arm Kathryns Hüfte, als sie auf dem schlüpfrigen Boden den Halt verlor und zu Fallen drohte. Wie einen grauen Schleier hüllten die Wassermassen alles um sich herum ein und die Temperatur fiel rapide. Kathryn biss die Zähne zusammen, als der Regen hart über ihre geschundenen Arme und ins Gesicht peitschte. Der Wind, der sich in einen heulenden Sturm verwandelt hatte, nahm ihr fast die Luft zum Atmen.
"Dort." Kathryn hob den Kopf ein wenig an und ihr Blick folgte Chakotays ausgestrecktem Arm. Erleichterung durchflutete sie, als wenige Meter vor ihnen die Konturen des Shuttles auftauchten.

Chakotay benötigte einen Moment, ehe er die Luke des Shuttles so weit geöffnet hatte, dass sie hindurch schlüpfen konnten. Der aufgeweichte Boden bot kaum Halt für einen festen Stand und mehrmals drohte er weg zu rutschen. Er schubste Kathryn hinein, sprang hinterher und zog die Luke hinter sich zu. "Geschafft." Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und lehnte sich für einen Moment gegen die Wand, um wieder zu Atem zu kommen. Suchend tastete seine Hand nach dem Strahler, den er vor ihrem Aufbruch in Nähe der Luke deponiert hatte und einen Augenblick später durchbrach ein Lichtschein die Dunkelheit
Kathryn rutschte langsam an der Wand hinunter, ungeachtet dessen, dass ihre Kleidung eine feuchte Spur hinterließ, und eine Wasserlache bildete sich zu ihren Füßen. Sie hatte die Arme um ihren Oberkörper geschlungen und ihre Zähne schlugen unkontrolliert aufeinander. Ihr Kopf sank erschöpft auf die Knie.
"Kathryn." Sacht berührte Chakotay sie an der Schulter. "Sie müssen aus den nassen Sachen raus." Er rüttelte sie leicht, als statt einer Antwort nur ein Brummen von ihr zu hören war. "Hoch mit Ihnen!" Fest ergriff er ihren Arm und zog sie einfach in die Höhe, als sie von sich aus keine Anstalten machte, sich zu erheben.
"Müssen Sie so grob sein?", stieß Kathryn zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als seine Hand ihren Arm umklammerte und unsanft nach oben zog.
Chakotay grinste, als er im Schein des Strahlers das Aufblitzen in ihren Augen sah. "Sie kennen doch sicher das Sprichwort: Wer nicht hören will, muss fühlen."
"Ich denke", knurrte Kathryn, "ich habe heute schon genug gelitten." Ihr Körper zitterte vor Kälte und die Kleidung klebte ihr unangenehm am Körper. Was hätte sie jetzt für ein heißes Bad gegeben.
"Ziehen Sie trockene Sachen an", wiederholte Chakotay und schob sie sanft in den hinteren Teil des Flyers, wo sie ungestört war. "Und etwas Warmes. Es ist ziemlich kühl hier drinnen."
"Ich habe nur meine Uniform von gestern", gab Kathryn zurück und drehte sich zu Chakotay um.
"Keine Pullover oder so etwas in der Art?" Ungläubig schaute er sie an.
"Tut mir leid", fauchte Kathryn ihn an, "meinen Pelzmantel habe ich diesmal leider an Bord gelassen." Wütend stieg sie die Stufen hinab. Was glaubte Chakotay eigentlich? Dass sie jedes Mal die Hälfte ihrer Garderobe einpackte, wenn sie auf eine mehr als einen Tag andauernde Außenmission ging?
Chakotay holte nur tief Luft und folgte ihr wortlos. Zielstrebig ging er auf seinen Rucksack zu, griff hinein und drückte ihr Sekunden später etwas Flauschiges in die Hand. "Ziehen Sie das über!"
Kathryn starrte auf das schwarze Bündel, das einen frischen, nach Sonne und Meer duftenden Geruch verströmte. Als sie aufblickte, war Chakotay verschwunden. Neben ihr lag der Strahler, so dass sie sich nicht in völliger Dunkelheit umkleiden musste. Kathryn raffte sich auf, zog ihre eigene Tasche hervor und machte sich daran, mit klammen Fingern ihre nasse Kleidung abzustreifen.

****

Der Flyer wankte unter dem Anprall des Unwetters. Sintflutartig prasselten die Wassermassen herab. Grelle Blitze schossen unablässig über den pechschwarzen Himmel und ließen ihn in schillernden Farben erglühen. Chakotay hätte dieses gigantische Farbenspiel sicherlich genießen können, wenn er nicht gerade mittendrin gewesen wäre. Der Donner hörte sich an wie Kanonenschläge und der Sturm fauchte ohrenbetäubend durch die Äste der hohen Bäume. Es schien, als würde der Weltuntergang für dieses Paradies bevorstehen.
"Wie lange wird das wohl dauern?" Kathryn musterte Chakotay im Schein ihres Strahlers, der zurückgelehnt vor einer der Konsolen saß und das Treiben außerhalb des Shuttles beobachtete. Sie bemerkte, dass auch er sich umgezogen hatte.
Ratlos zuckte er mit den Schultern. "Ich weiß es nicht." Er richtete seine Aufmerksamkeit von dem Farbenspiel am Himmel auf Kathryn und lachte leise, als er sie in seinem Pullover, der ihr um einiges zu groß war und bis über die Oberschenkel reichte, an der Wand gelehnt stehen sah. "Er steht Ihnen. Auch wenn die Größe nicht ganz stimmt." Langsam erhob Chakotay sich aus seinem Sitz und trat auf sie zu.
"Das macht nichts", gab Kathryn zurück und kuschelte sich noch ein wenig mehr in das weiche Kleidungsstück. "Dafür wärmt er ausgezeichnet."
"Ich weiß." Chakotay konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als nun auch noch ihre Nasenspitze in dem weichen Stoff versank. "Er ist übrigens mein ständiger Begleiter, wenn eine Außenmission länger als einen Tag dauert." Vielsagend blickte er sie an.
"Wie schön für Sie", kam es gedämpft durch den Stoff zurück.
Chakotay ließ das Licht seines Handstrahlers über Kathryn gleiten. Im Stillen dankte er Tom, dass dieser sich immer darum kümmerte, dass alle Geräte und Ausrüstungsgegenstände des Flyers am richtigen Platz waren. Ansonsten hätte er wahrscheinlich Mühe gehabt, in der Dunkelheit einen weiteren Strahler zu finden, nachdem er den anderen bei Kathryn zurückgelassen hatte. Er lachte leise auf. "Kathryn, kann es sein, dass Sie etwas vergessen haben?" Lustig ließ er das Licht über ihre Füße tanzen, die zwar in Strümpfen aber nicht in Schuhen steckten.
Plötzlich ertönte über ihnen ein ohrenbetäubender Knall und Chakotay spürte ein Beben, das durch das kleine Schiff ging. Es knirschte laut und plötzlich begann sich der Flyer zur Seite zu neigen. Er stützte sich gegen die Wand und schaffte es gerade noch, nach Kathryn zu greifen, bevor sie zu Boden ging. Etwas Schweres krachte gegen die Außenhülle und ein splitterndes Geräusch war zu hören. Und so urplötzlich, wie der Spuk begonnen hatte, war er wieder vorbei.
"Alles in Ordnung?" Chakotay ließ den Atem entweichen, den er unbewusst angehalten hatte. Er löste den festen Griff um Kathryns Handgelenk, als sie wieder einigermaßen sicher auf den Füßen stand.
"Ja, nichts passiert." Sie ließ den Lichtschein durch den Innenraum gleiten. Alles war unversehrt, bis auf die Tatsache, dass das Shuttle statt normalerweise eine waagerechte, nun eine etwas schräge Lage aufwies. "Was war das?"
Chakotay zuckte mit den Schultern. "Vielleicht hat es den Boden unter dem Shuttle weggespült. Und so wie es sich anhörte, ist ein entwurzelter oder vom Blitz getroffener Baum auf uns gelandet. Sie verlangen aber nicht", Teufel tanzten in Chakotays Augen, "dass ich hinausgehe und dies nachprüfe."
Kathryn strich sich mit den Fingerspitzen über die Stirn. "Wenn ich so darüber nachdenke,..." Ihr Blick ging zur Fensterfront. Die Wasserflut prasselte mit unverminderter Kraft.
Chakotays Mundwinkel zuckten. "Ich denke, wir sollten es uns hier hinten ein wenig gemütlich machen." Durch die Schräglage würde es mehr als unbequem in den Sesseln werden. Da zog er es schon vor, seinen müden Körper auf dem Boden auszustrecken.
"Gemütlich?" Kathryns Tonfall zeigte, dass sie unter gemütlich etwas anderes verstand. Eine bequeme Couch, leise Musik, ein gutes Buch und eine Tasse mit dampfenden Kaffee, das verstand sie unter Gemütlichkeit. Kein Shuttle in Schräglage, in dem es zum einen immer kühler wurde und zum anderen weder eine bequeme Couch noch heißen Kaffee gab. "Chakotay, scheinbar haben wir unterschiedliche Definitionen, wenn es um die Umschreibung von gemütlich geht."
Ein tiefes Lachen war zu hören. "Ich finde es sehr anheimelnd. Wir haben eine angenehm gedämpfte Beleuchtung, gut, ich gebe zu, es könnte ein wenig wärmer sein", Chakotays Lachen vertiefte sich, als er sah, dass sich ihre Augenbrauen bei jedem weiteren Wort von ihm immer mehr zusammenzogen, "und wir haben für den Fall der Fälle immer genug Notrationen an Bord. Was wollen Sie mehr?"
"Meine Badewanne, mein Bett, meinen Kaffee", kam es wie aus der Pistole geschossen zurück.
"Später", versprach Chakotay und schob Kathryn vor sich her, die sich seufzend ihrem Schicksal ergab.
*Haltegriffe an der Decke wären jetzt nicht schlecht*, überlegte Kathryn, über den schrägen Boden balancierend. Chakotay öffnete über ihren Kopf hinweg eines der Staufächer. "Seit wann haben wir denn diesen Luxus an Bord?", fragte sie überrascht, als er einige bunte und sehr flauschig wirkende Decken hervorzauberte.
"Oh, schon eine ganze Weile", erwiderte Chakotay und drückte ihr eine der Decken in die Hand. "Dafür sollten Sie allerdings Tom danken, es war seine Idee." Mit wenigen Handgriffen breitete er zwei der Decken übereinander auf dem Boden aus.
Kathryn warf sich die ihrige über die Schultern. Ihr war immer noch kalt, trotz Chakotays Pullover, den sie über ihrer Uniform trug. "Ich werde daran denken." Langsam ließ sie sich auf das provisorische Lager nieder, lehnte sich gegen die Wand und schloss die Augen. Über ihr dröhnten die Donnerschläge und ließen sie unmerklich zusammenzucken. Sie hatte viele Gewitter in ihrer Heimat erlebt, allerdings keines mit solch gewaltiger Wucht wie dieses. Kathryn mochte keine Gewitter, weder früher noch heute. Sie würde wohl niemals zu jenen Menschen gehören, die in einem heftigen Gewitter, begleitet von Blitz und Donner, ein faszinierendes Naturschauspiel sahen.
"Kathryn?" Chakotay hatte sich neben ihr niedergelassen und streckte die Beine aus. "Wie geht es Ihren Insektenstichen?"
"Hervorragend", murmelte Kathryn, ohne die Augen zu öffnen. Sie rutschte ein Stück tiefer und schaffte es gerade noch, ein Gähnen zu unterdrücken. "Tuvok müsste mittlerweile unser Notsignal aufgefangen haben", meinte sie unvermittelt, "Ich hoffe, er denkt daran, mir eine Kanne Kaffee mitzubringen, wenn er sich zu uns gesellt." Sie schlug die Hand vor den Mund, als sich ein erneutes Gähnen nicht unterdrücken ließ.
"Darauf würde ich mich nicht verlassen", lachte Chakotay leise auf. Fürsorglich breitete er noch eine Decke über sie aus, ehe er sich selbst in seine einhüllte. "Schon gar nicht", setzte er hinzu, "wenn der Doctor mit dabei ist."
"Dann kann ich nur hoffen, dass Neelix statt des Doctors zum Begrüßungskommando gehört. Er weiß nämlich, was mir gut tut." Wiederholt musste sie gähnen und spürte, wie die Müdigkeit langsam Besitz von ihr ergriff.
Chakotay schmunzelte, als er diese Worte hörte. Er hätte ihr einige Dinge, die weit ab von ihrem geliebten Kaffee lagen, aufzählen können, die ihr gut tun würden. Doch wie er sie kannte, würde sie dies mit Vehemenz abstreiten. "Vielleicht sollte ich mal nachschauen, was wir so alles an Notrationen an Bord haben", schlug er spaßeshalber vor.
"Wenn Sie dabei auf eine große Thermoskanne mit Kaffee stoßen, melden Sie sich bitte", murmelte Kathryn, bereits in einen leichten Schlaf fallend. "Ansonsten verzichte ich dankend." Sie kuschelte sich fester in die weiche Decke und gab sich, begleitet vom Trommeln der Regentropfen, endgültig dem Schlaf hin.
Leise Atemzüge wiesen Chakotay darauf hin, dass Kathryn eingeschlafen war. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, legte er einen Arm um ihre Schultern und zog sie sanft an sich heran, damit sie es bequemer hatte. Er lauschte dem Klang des Regens und ließ sich von ihm in einen leichten Schlaf führen.

Kathryn träumte, sie wäre im Wald. Es war Nacht. Um sie herum waren Tausende von Geräuschen, unzählige Wesen beobachteten sie. Sie sah einen Schatten vor sich, konnte jedoch nicht erkennen, wer oder was es war. In ihrer Angst, allein gelassen zu werden, stolperte sie hinterher. Sie trat auf etwas Weiches, dass sich unter ihr bewegte, sich plötzlich aufrichtete und schlängelnd sich um ihren Körper wand.
"Kathryn."
Es rüttelte an ihr und dieses Rütteln wurde immer stärker. Stöhnend schlug sie die Augen auf. Ihr Herz klopfte wie wild und sie war schweißgebadet. "Chakotay?", fragte sie unsicher und erschauerte. Der Traum war so real, dass sie noch immer das Gefühl hatte, die Schlange würde sich um ihren Körper winden.
"Ja", erwiderte er leise. "Sie hatten einen Albtraum."
"Tut mir leid." Sie fuhr sich mit den Händen über das Gesicht und richtete sich auf, als ihr bewusst wurde, wie nah sie Chakotay war.
"Kein Problem", beruhigte er sie und griff nach der Decke, die von ihren Schultern gerutscht war. Fürsorglich wickelte er sie um Kathryn herum. "Schlafen Sie weiter." Sanft zog er sie wieder an sich heran. "Schlafen Sie", flüsterte er und ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als sie Sekunden später wieder das Land der Träume betreten hatte.
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