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Kappiri

von Ena

Teil 1

Vorsichtig witternd steckte der Kappiri seine langen, mit Riechzellen versehenen Fühler aus dem schützenden Unterholz. Vor Anspannung zitterten die langen empfindlichen Sinnesorgane. Langsam ließ die Scheu nach und das kleine grüne Tier schob das erste Beinpaar auf die von Sonnenlicht überflutete Lichtung. Mit scharfen schwarzen Augen sondierte es das Terrain und als kein Freßfeind auszumachen war zog es auch die restlichen drei Beinpaare in die energiereiche Strahlung. Immer noch vorsichtig, mit einer eleganten Wellenbewegung der Beine suchte sich der Kappiri den am besten beleuchteten Platz der kleinen Waldlichtung. Gut getarnt in dem hohen grünen Gras ließ er sich zufrieden grunzend nieder. Plötzlich klappten mit einem schnalzenden Geräusch große Hautlappen auf, die vorher sorgfältig zusammengefaltet auf dem Rücken des Tieres gelegen hatten. Sorgsam richtete der Kappiri diese beiden Solarkollektoren aus. Auf jede der Sonnen einen. Das Sonnenlicht schimmerte schummrig grün durch die mit Chloroplasten noch dichter als die übrige Hautoberfläche durchsetzte Körperpartie. Unter einem großen Zelt aus Hautlappen liegend schloss der Kappiri die Augen. Nach der, für ein photoautotrophes Tier, langen dunklen Nacht hatte er sich eine ausgiebige Sonnen-Mahlzeit verdient - und noch ein wenig Schlaf.

Doch etwas störte die Ruhe des Tieres. Die feinen Lichtsinneszellen hatten eine Veränderung der Lichtintensität wahrgenommen. Abrupt richtete sich der kleine Körper des Tieres auf. Blitzschnell klappten die Hautlappen zusammen. Elektrisiert vor Spannung stand der Kappiri auf der Lichtung. Über den strahlend blauen Himmel zog sich ein gleißender Blitz. Der Feuerschein war sogar im hellen Tageslicht deutlich erkennbar. Als das Donnern des nicht weit entfernten Einschlages zu hören war und die Erde durch die Gewalt des Aufpralls erbebte, war der Kappiri schon längst wieder eilig im schützenden Dunkel des Waldes verschwunden.

Als der Lärm abgeebbt war, herrschte atemlose Stille. Sämtliche Tiere in der Umgebung waren erschreckt verstummt. Doch als der Wind etwas auffrischte brachte er ungewohnte Geräusche mit, die den Frieden des schönen Morgens zerstörten: Das Prasseln von Flammen. Erschreckte, verzweifelte Rufe. Schmerzensschreie.

Der Kappiri zog es vor, sich noch weiter aus diesem Waldgebiet zurückzuziehen. Es roch nach Tod.

Eine Schneise der Verwüstung zog sich durch den Wald. Auf einer Breite von 70 Metern stand kein einziger Baum mehr. Wie Streichhölzer waren sie geborsten. In einem wüsten Durcheinander lagen die entwurzelten Stämme auf dem Boden. Am Ende dieser gewaltsam entstandenen neuen Lichtung stieg eine tiefschwarze Rauchsäule in den Morgenhimmel auf, die in der Höhe durch den böig wehenden Wind zerrissen wurde.

Tom Paris, der Pilot der Voyager, warf die Erste Hilfe Ausrüstung auf den durch den Absturz aufgewühlten Boden. Hastig öffnete er den kleinen Koffer und griff nach dem medizinischen Trikorder. Er arbeitete mechanisch. Sein Geist wollte nicht glauben, was er sah. Das konnte doch nicht die Realität sein!! In der verzweifelten Hoffnung bald aus diesem Alptraum aufzuwachen verweigerte sein Verstand die Ereignisse der letzten Stunden zu akzeptieren. Als ob er neben sich stehen würde verfolgte er seine Handlungen als scheinbar emotional unbeteiligter Beobachter. Er sah, wie er selbst den Trikorder. öffnete und das vor sich auf der Erde liegende Etwas, das entfernt an Lieutenant Baker erinnerte, scannte. Dann analysierte er die Ergebnisse der Untersuchung: Verbrennungen 3. Grades an 70% der Körpers. Diverse Frakturen der Extremitäten. Innere Blutungen. Perforation der Aorta.

Die Lebenszeichen begannen zu fluktuieren. Die verbrannte Gestalt krümmte sich noch einmal. Schrie markerschütternd auf. Dann verfiel der Lieutenant in eine gnädige Ohnmacht. Der Trikorder. ließ einen langen durchdringenden Ton erklingen.

Er ist tot, dachte Tom. Merkwürdigerweise empfand er überhaupt nichts bei diesem Gedanken. Langsam und benommen erhob er sich vom Boden und drehte sich um. Die Voyager hatte sich durch die Wucht des Aufpralls in den Untergrund gegraben. Überall lagen verstreute Trümmer der Außenhülle herum. An mehreren Bereichen zeigten sich große Risse im Rumpf. An einer Stelle der deformierten Hülle, die, so weit man das noch bestimmen konnte in der Nähe des Hauptmaschinenraums lag, quollen dicke Rauchschwaden empor. B`Elanna muss noch irgendwo da drin sein. Oder sie ist tot. Toms Verstand arbeitet völlig losgelöst von seinen Emotionen. Er empfand gar nichts.

Einzelne Gestalten kletterten aus dem Metallhaufen, der einst ein stolzes Raumschiff gewesen war.

Jemand packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn. "Tom!! Los, machen Sie weiter!"

Die desorientierten Blicke des Piloten richteten sich verständnislos auf den Sprecher und schweiften dann über den Boden rings um ihn herum. Überall lagen verletzte Crewmitglieder. Einige andere der Unverletzten und Leichtverletzten versorgten wie er mit Notfallkoffern die schwereren Fälle. Wie er... Er musste helfen, retten, heilen. Arbeiten, nicht nachdenken! Nichts sehen! Tom rutschte auf den Knien zu dem nächsten Verletzten. Als er ihm ins Gesicht blickte erkannte er Harry Kim.

"Tom", wisperte sein Freund. Er zitterte vor Schmerzen am ganzen Körper. Seine linke Hand presste er auf eine heftig blutende Wunde an seinem Unterleib. Sein rechter Arm lag seltsam verdreht auf der Erde. "Helfen .... Sie .... mir!" Mit Mühe brachte der junge Fähnrich diese Worte über die spröden Lippen, dann begann er Blut zu spucken.

Arbeiten, nicht nachdenken, Tom, arbeiten!!! Verzweiflung quoll in dem Piloten der Voyager empor. Arbeiten!! Helfen!! Der sich einstellende Schock drohte ihn zu übermannen. Doch er zwang sich den Trikorder. zu nehmen und den Fähnrich zu untersuchen. Komplizierte Frakturen des rechten Armes. Starker Blutverlust. Außer der am Unterleib aber keine tiefer gehende Wunde. Leichte innere Blutungen. Paris nahm wie in Trance das Hypospray, füllte es mit einem die Blutgerinnung fördernden Mittel und verabreichte es seinem ohnmächtigen Freund. Nur noch Zeit für einen kurzen Blick auf den Trikorder., um zu sehen, dass die Lebenszeichen zwar schwach, aber dank der Injektion stabil waren. Dann wandte sich Tom dem nächsten Verletzten zu. Er wollte nichts um sich herum sehen oder hören. Nur Arbeiten. Nicht nachdenken. Soviel Schmerz. Soviel Tod. So viele verlorene Freunde...

Seven of Nine stemmte unter großen Anstrengungen einen Duraniumträger von der Tür des Maschinenraums weg. Crewman Foster versuchte die Sicherheitsverriegelungen manuell zu umgehen. Sie nickte Seven zu und gemeinsam stemmten sie sich gegen die Tür, um sie zu öffnen. Wabernde Hitze schlug den beiden Frauen entgegen, so dass sie zurückweichen mussten. Entsetzt starrte Foster auf das höllische Inferno vor ihr. Aus mehreren Konsolen schlugen grelle Flammen. Dicker Rauch füllte den Raum, so dass sie schon hier draußen kaum Luft bekam. Die Hitze war unerträglich. Eine kleine Explosion in einer der brennenden Konsolen ließ sie aufschrecken. Seven of Nine drückte ihr eine Duraniumplatte in die Hand, die sie aus einer Wandverkleidung gerissen hatte. Auch sie selbst hatte sich mit einem solchen provisorischen Hitzeschild ausgestattet. Crewman Foster schloss kurz die Augen und schluckte schwer, bevor sie der ehemaligen Borg in die Flammenhölle folgte, aus der die schwachen Hilferufe der verletzten Maschinenraumcrew drangen. Der beißende Rauch trieb ihnen die Tränen in die Augen und brannte bei jedem Atemzug. Sie sahen kaum den Boden unter ihren Füßen. Die brennend heiße Luft versengte ihnen die Lungen und die Haare. So stolperten sie beinahe über B`Elanna, die mit verbissenem Gesichtsausdruck versuchte einen Ingenieur unter einem Schott hervorzuziehen. Dabei ignorierte sie ganz ihre eigenen schweren Verbrennungen.

"Los, packen Sie mit an", keuchte sie verzweifelt, als sie Seven und Foster bemerkte. Weitere Mitglieder der Maschinenraum Crew, die verletzte Kollegen stützten oder trugen, tauchten aus der rauchschwangeren Luft auf.

"Los, los, da entlang! Alle raus hier!", schrie B´Elanna über das Prasseln der Flammen hinweg. "Wir müssen den Raum so schnell wie möglich verriegeln, bevor sich das Feuer ausbreitet!"

Commander Tuvok, der Sicherheitschef der Voyager, überblickte das Trümmerfeld außerhalb des Wracks der Voyager. Er koordinierte die Versorgung der Verletzten und teilte den unverletzten Crewmitgliedern Aufgaben zu. "Fähnrich R`tankas, Sie besitzen eine medizinische Ausbildung. Versuchen Sie einen weiteren Erste Hilfe Koffer im Schiff zu finden und helfen Sie dann bei den Operationen der schwereren Fälle!

Mr Mackwaar, nehmen Sie sich noch zwei Leute und kommen Sie dann mit mir. Wir werden versuchen weitere Crewmitglieder aus der Voyager zu bergen und zur Brücke vorzustoßen."

Noch einmal ließ der Vulkanier seine Augen über die Verletzen schweifen und analysierte logisch das weitere Vorgehen in dieser außergewöhnlichen Notsituation. Es bestand nicht viel Hoffnung noch eine große Anzahl von Crewmitgliedern lebend zu finden und es war bereits abzusehen, dass viele der Geborgenen hier draußen ihren Verletzungen erliegen würden. Eine Verbesserung der Ausrüstungssituation, der Operationsbedingungen und der Unterbringung der Verletzten war dringend erforderlich. Tom Paris schien der ranghöchste Offizier zu sein, der im Augenblick in der Nähe war. Tuvok bahnte sich seinen Weg durch Trümmer und menschliche Körper bis hin zu dem Piloten, der mit bleichem Gesicht, von dem sich das Blut aus einer Stirnwunde scharf abhob, über einen weiblichen Fähnrich gebeugt war. Unter verzweifelten Anstrengungen versuchte er durch einfache Kompressen die Blutung an ihrem Hals zu stillen. Die beschränkte Menge am Medikamenten aus dem Erste Hilfe Koffer war ihm schon lange ausgegangen. Immer mehr Blut quoll unaufhörlich aus der großen Schnittwunde und tränkte die Kompresse. Auch Toms Hände und seine zerrissene Uniformjacke wurden dunkel und nass von der roten Flüssigkeit. Mit glasigen Augen blickte er auf, als er sich Tuvoks Anwesenheit bewusst wurde. Apathisch nickend bestätigte er den Erhalt des Befehls des Vulkaniers die Koordination der Rettungsarbeiten hier draußen zu übernehmen.

"Sie sollten Notunterkünfte aufstellen lassen. Die starke Sonneneinstrahlung ist den Verletzten nicht zuträglich. Ich werde mich in die Voyager begeben und versuchen den Captain zu finden", führte Tuvok weiter aus. Dann wandte er sich ab und ging mit Mackwaar und dem Rest des Teams zu den Überresten der Voyager.

Ein anderer Helfer übernahm die Versorgung des Fähnrichs, während Lieutenant Paris begann Befehle zum Aufbau von Schutzgebäuden zu geben. Das Blut des Fähnrichs jedoch tränkte weiterhin den Boden.

Commander Tuvok ging mit einem Trikorder. die Räume nach Lebenszeichen scannend voran durch die dunklen Korridore des Schiffes. Die gesamte Energieversorgung war zusammengebrochen, die Zerstörungen am Schiff waren kaum abzusehen. Im Lichtkreis der Handstrahler tauchten immer wieder große Trümmerteile auf, die ihnen beinahe das Weiterkommen unmöglich machten. Bis jetzt hatten sie drei Tote Crewmitglieder gefunden und mehrere leicht Verletzte geborgen. Jetzt hatten sie sich beinahe bis zur Brücke vorgearbeitet. Der Sicherheitschef und Crewman Mackwaar öffneten die Türen des Turboliftschachtes manuell und das kleine Rettungsteam begann den Aufstieg zum ersten Deck. Die Tür zur Brücke ließ sich nur unter äußersten Anstrengungen aufstemmen. Nach einem letzten starken Druck der Männer glitten die Türen zur Brücke auf und gaben den Blick auf das Kommandozentrum des Schiffes frei. Ein stark süßlicher Geruch schlug den Offizieren entgegen, der ihnen beinahe den Atem nahm. Keuchend wichen sie ein wenig zurück und Tuvok analysierte das Gas, das die gesamte Brücke füllte mit seinem Trikorder.

"Es muss ein Leck im Kühlsystem entstanden sein", die Stimme des Vulkaniers klang eindeutig gepresst. "Es handelt sich um Bromchlortrifluorethan, kurz Halothan. Es wirkt auf die meisten Humanoiden als starkes Narkosemittel. Und in diesen Konzentrationen, die zurzeit auf der Brücke vorzufinden sind, kann es tödlich sein. Wir müssen sofort die Brücke evakuieren."

Crewman Mackwaar begann zu taumeln. Offensichtlich wirkte die Substanz auf seine Physiologie sehr schnell. Bevor er stürzen konnte, fing ihn Tuvok auf.

"Es wird nicht möglich sein die Brücke ohne adäquate Ausrüstung zu betreten. Lassen Sie uns auf Deck 3 zurückkehren, dort befinden sich Atemmasken, die uns den Aufenthalt auf der Brücke wenigstens für bestimmte Zeit ermöglichen werden", laute Tuvoks distanzierte und emotionslose Anweisung. Die anderen Mitglieder des Rettungsteams konnten die Situation nicht so rational-logisch hinnehmen wie der vulkanische Geist. Während Crewman Mackwaar immer noch benommen die Leiter des Schachtes wieder nach unten kletterte dachte er: Hoffentlich ist es dann nicht zu spät...

Ein greller Funkenschlag aus einer beschädigten Konsole erhellte den Raum für den Bruchteil einer Sekunde. Gespenstisch ragten Duraniumträger in die Luft, Teile der Wandverkleidung, ein Gewirr aus Leitungen und anderen Metallgegenständen bedeckte den Boden. Einzelne Lichtkegel von Handstrahlern tasteten sich wie Irrlichter durch die Zone der Zerstörung. Dann das Quietschen von aneinander schabendem Metall. Mit einem reflexartigen Sprung konnte Crewman Growolt, ein Mitglied des Rettungsteams auf der Brücke, dem herunterstürzenden Träger ausweichen. Er hatte seinen Fall mehr geahnt als gesehen und als ein weiterer Lichtblitz aus der Konsole schlug und der Crewman den von dem Metallteil zerschmetterten Stuhl sehen konnte, der auf dem Platz stand, wo er sich selbst noch vor einem Augenblick aufgehalten hatte, schloss der junge Mann unter seiner Atemmaske kurz die Augen und schluckte schwer. Dann dankte er Ankham, dem Gott seines Volkes.

Doch viele Mitglieder der Brückencrew hatten nicht den selben Schutzengel wie er gehabt. Es war unglaublich schwer die eingeklemmten und vom Gas ohnmächtigen Besatzungsmitglieder zu befreien, ohne weitere Teile der Decke zum Einstürzen zu bringen. Bisher jedoch hatten sie bereits einen Mann und eine Frau lebend bergen können.

Vorsichtig, immer wieder einen ängstlichen Seitenblick nach oben werfend tastete sich Growolt langsam voran. Da erfasste der Lichtkegel seines Strahlers das leuchtende Rot einer Uniformjacke.

"Commander Tuvok!", rief er dem Vulkanier zu. "Kommen Sie hier herüber! Ich habe noch jemanden gefunden." Während sich Tuvok seinen Weg zu ihm bahnte, begann der Crewman leicht zu taumeln. Ein ungutes Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. Der Sauerstoffvorrat der Maske musste sich dem Ende nähern. Noch einmal überwand Growolt die aufsteigende Übelkeit und den Nebel, der sich wie ein Schleier über seine Augen zu legen drohte. Doch sie hatten nicht mehr viel Zeit.

Als er und der Commander mehrere Schrotteile beiseite geräumt hatten, leuchtete der Crewman auf den immer noch eingeklemmten Körper.

"Es ist der Commander", mittlerweile keuchte er bereits. Immer mehr Gas gelangte in seine Atemwege. "Moment, da ist noch jemand", fügte er bei nochmaligen Hinsehen hinzu. "Es scheint der Captain zu sein! Commander Chakotay muss sie mit seinem Körper geschützt haben, als der Balken hinunterfiel! Nur noch ein paar Teile, dann haben wir die beiden!!"

Nach einigen weiteren Minuten verbissener Arbeit richtete sich Tuvok auf und wandte sich an die Handvoll Crewmitglieder, die, nachdem auf der Brücke kein weiteres Lebenszeichen zu orten war und alle anderen Verletzten bereits sicher nach draußen gebracht worden waren, gemeinsam versuchten die beiden ranghöchsten Offiziere der Voyager zu retten:

"Wir müssen die Bergung abbrechen. Wir haben bereits die Dauer unseres Aufenthaltes hier um 10 Minuten über das vorgeschriebene Maximum hinaus ausgedehnt. Um gesundheitlichen Schäden des Rettungsteams vorzubeugen, sehe ich mich gezwungen den Befehl zum Verlassen der Brücke zu erteilen." Langsam blickten die anderen Helfer auf und sahen den Sicherheitschef verständnislos an. Hatte er soeben wirklich befohlen Commander Chakotay und Captain Janeway dem sicheren Tod zu überlassen? Auch für einen emotionslosen Vulkanier erschien ihnen dieses Vorgehen in diesem konkreten Falle als undenkbar.

"Aber, Sir, wir haben es doch beinahe geschafft, nur noch ein paar weitere Minuten." Crewman Mackwaar sprach allen Versammelten aus der Seele. "Sie können doch nicht von uns verlangen an dieser Stelle aufzugeben! Könnten Sie es sich verzeihen den Captain, Ihre Freundin, zu verlieren, nur weil ein Sternenflottenprotokoll sagt, dass man nicht länger als diese verdammte Zeit diese Maske benutzen darf!?!" Langsam redete sich der junge Mann in Rage und trat beinahe drohend auf seinen vorgesetzten Offizier zu. "Gehen Sie doch hinaus an die frische Luft. Ich werde hierbleiben und die beiden retten. Bringen Sie mich doch vors Sternenflottengericht wenn wir je nach Hause kommen sollten, oder vermerken Sie mein ungebührliches Verhalten doch in meiner Akte! Vielleicht können Sie ja ruhig schlafen mit zwei Menschenleben auf dem Gewissen, ich kann es nicht!" Mit diesen erbosten und verbissenen Worten wandte sich Mackwaar wieder um und begann fieberhaft an dem größten Balken zu zerren, der immer noch die Bergung verhinderte. Nach nur kurzem Zögern und einem unsicheren Seitenblick auf Commander Tuvok nahmen auch die anderen ihre Arbeit wieder auf. Alle erfassten den großen Träger, das letzte Hindernis und die Entscheidung über Leben und Tod. Doch auch die größte Anstrengung brachte ihn nur minimal vom Fleck. Crewman Mackwaar arbeitete verbissen. Obwohl er scheinbar äußerst entschlossen dem Commander widersprochen hatte, plagte ihn doch eine große Unsicherheit und ein nagender Zweifel über die Richtigkeit seiner Entscheidung. Er hatte nicht nur wissentlich Befehle missachtet, er hatte auch andere in Gefahr gebracht, wenn dieses gewagte Unternehmen scheitern sollte. Er wagte es nicht, sich nach Tuvok umzublicken, um seine Reaktion zu sehen. Statt dessen richtete er seinen Blick auf seine Hände, blutverschmierte und zerkratzte Hände, deren Knöchel durch die Anstrengung weiß hervortraten. Da legte sich plötzlich ein weiteres Händepaar auf den Duraniumträger. Dunkle Hände. Commander Tuvoks Hände.

"Dann lassen Sie uns die beiden da heraus holen!" Hätte Crewman Mackwaar Tuvok schlechter gekannt, hätte er die Veränderung in seiner Stimme wohl kaum wahrgenommen. Doch 5 gemeinsame Jahre auf diesem kleinen Schiff hatte die ganze Crew einander näher gebracht. Tuvoks Stimme hatte - emotional geklungen! Erleichterung und Freude durchströmten Mackwaar und die anderen Mitglieder der Rettungsmannschaft. Als hätten sich ihre beinahe schon versiegenden Kräfte noch einmal verdoppelt, zogen sie alle gemeinsam wie ein Mann, wie ein Wille an dem Träger und überwanden damit ein doppeltes Hindernis. Mit einem dumpfen Knall fiel der Balken auf den Boden der Brücke. Vorsichtig zogen sie die schlaffen Körper des Commanders und des Captains unter den Trümmerteilen hervor. Bis hierhin hatten sie es geschafft - gemeinsam.

Wirre, verzerrte Bilder rasten in ihrem Geist umher und erschreckten sie immer wieder aufs Neue. Sie versuchte die Bilder abzuschütteln, ihrem Einfluss zu entkommen. Es war so real, aber das durfte es doch einfach nicht sein, das konnte es nicht sein! Captain Janeway zwang sich ihren Verstand zu konzentrieren und diesen schrecklichen Alptraum zu beenden. Langsam erwachte sie aus einem scheinbar unnatürlichen Dämmerzustand. In dem Moment in dem sie die Augen öffnete und durch gleißende Helligkeit und ein äußerst schmerzhaftes Pochen in ihrem Kopf gezwungen wurde, ihre Augen wieder zu schließen, wurde ihr schlagartig und mit erschreckender Sicherheit klar, dass sie diese Horrorszenarien tatsächlich erlebt hatte. Eine plötzlich eintretende Übelkeit ließ sich ihren ganzen Körper zusammenkrampfen. Mit unglaublicher Anstrengung wälzte sich der Captain auf die Seite und erbrach den spärlichen Inhalt ihres Magens auf das Gras neben ihr. Da legte sich eine Hand auf ihre Schulter und half ihr vorsichtig sich aufzusetzen. Die Übelkeit hatte zwar nachgelassen, doch ihr Kopf schien förmlich zu explodieren. Erneut überwand sie sich und öffnete vorsichtig die Augen.

"Captain, schön Sie zu sehen", Fähnrich Wildman ging neben dem Captain in die Hocke und stützte sie weiter. "Wir waren in Sorge, ob sie die starke Halothandosis überleben würden. Uns fehlten leider die Mittel zur Neutralisierung des Giftes. Sie werden sicher noch eine Weile unter Kopfschmerzen und Übelkeit leiden, aber zum Glück sind Sie über den Berg. Ruhen Sie sich aus."

Doch mittlerweile begann Kathryn Janeway sich immer deutlicher an die Ereignisse des letzten Tages zu erinnern. Allerdings waren es nur Ahnungen und ihr fehlte völlig das Bewusstsein der letzten paar Stunden. Sie wusste nicht, was mit der Crew und dem Schiff geschehen war, wie sie hierher gekommen war. Sie konnte nicht hier sitzen, sie war der Captain des Schiffes, sie musste etwas tun!

Unter großen Mühen brachte sie mit schwacher Stimme hervor: "Ich möchte zum Schiff!" Langsam aber mit großer Entschlossenheit begann sie sich aufzurichten und Fähnrich Wildman, die ihre Sturheit kannte, blieb nichts anderes übrig als dem Captain aufzuhelfen und sie aus der provisorischen Notunterkunft für Verletzte herauszuführen. Von der offenen Tür aus konnte der Captain der Voyager die kläglichen Reste ihres Lebens seit 5 Jahren sehen. Einige Sekunden blickte sie starr und stumm auf den verbeulten und qualmenden Haufen Metall, der ihr Heim gewesen war, und auf die Toten und Verletzten, die zu ihrer geliebten Familie geworden waren, dann sackte sie kraftlos in die Knie und erbrach sich erneut heftig würgend.

Circa 1 Stunde später, die Sonneneinstrahlung hatte sich noch weiter intensiviert, so dass ein ungeschützter Aufenthalt außerhalb der in fieberhafter Eile aufgebauten Schutzräume fast unerträglich wurde, stand Kathryn Janeway im angenehmen Dämmerlicht einer beinahe fensterlosen Notunterkunft, in der die Verletzten eng nebeneinander auf dem Boden, beziehungsweise auf niedrigen Pritschen lagen. Einige von ihnen wälzten sich heftig stöhnend in Fieberanfällen herum, andere lagen ganz still, so dass man kaum erkennen konnte, ob sie noch atmeten. Kathryns Augen blickten starr auf einen der Körper vor ihr auf dem Boden. Ihr Gehirn spulte immer wieder beinahe mechanisch die selben Gedanken ab:

Nachdem sie sich von ihrem Übelkeitsanfall erholt hatte, war sie zu Tuvok gegangen, der unweit mit einigen anderen Crewmitgliedern eine weitere Notunterkunft errichtete. Erstaunlicherweise zeigte sich auf dem sonst emotionslosen Gesicht des Vulkaniers eine Spur von Erleichterung und Freude beim Anblick des Captains. Schnell, präzise und kurz gab er Captain Janeway einen Bericht über den derzeitigen Stand der Aufräum- und Bergungsarbeiten. Ihre Stimme hatte wieder ihre alte Autorität und Entschlossenheit niemals aufzugeben angenommen, als sie ihm befohlen hatte die Führungsoffiziere zusammenzurufen. Unauslöschlich eingebrannt in ihr Gedächtnis glaubte Kathryn die Stimme des Vulkaniers immer wieder in ihrem inneren Ohr zu hören: "Das wird leider nicht möglich sein, Captain. Fähnrich Kim erlitt schwere Verletzungen und auch B`Elanna Torres befindet sich mit Brandwunden unter den Verwundeten. Das Programm des Doktors steht nicht zur Verfügung, es ist überhaupt fraglich, ob seine Wiederherstellung möglich ist. Commander Chakotay wurde gleichzeitig mit Ihnen von der Brücke geborgen. Allerdings erlitt er äußerst schwere Verletzungen. Er wurde sofort operiert, aber die uns zur Verfügung stehenden Mittel sind stark begrenzt und die medizinischen Vorräte neigen sich rapide dem Ende zu. Seine Genesungschancen stehen sehr gering, etwa 80 zu 20. Soll ich Lieutenant Paris, Seven of Nine und Mr Neelix holen?" Sie hatte nur abwesend genickt. In Gedanken wiederholte sie immer wieder die distanzierten Worte des Vulkaniers: "80 zu 20, .... , 80 zu 20, 80 zu 20!!!" schrie eine innere Stimme immer wieder.

Der eigentliche Schock stellte sich aber erst jetzt ein, als sie hier stand. Vor ihm stand und ihn betrachtete, wie er dalag. Hilflos, verletzt, verletzlich. Er, der immer, in jeder Situation stark war, der ihr mit seiner Stärke oft ihre eigene wiedergegeben hatte. Durch den sie ihre eigenen Stärken erst entdeckt hatte.

80 zu 20. 80% - tot, 20% - leben. ``Schwere Verletzungen, ... geringe Genesungschancen´´, immer wieder dieselben Worte. Die Worte, die entschieden über Leben und Tod, über Glück und Leid, Hoffnung und Trauer.

Ihr Körper begann unkontrolliert zu zittern, so dass sie sich neben ihn auf den Boden knien musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Vorsichtig streckte sie eine Hand aus. Sie fürchtete sich beinahe ihn zu berühren. Sie fürchtete sich vor der Kälte seines Körpers, die sie empfinden könnte. Sie schloss kurz die Augen. Dann erreichten ihre Fingerspitzen seine Hand. Sie war warm. Beinahe heiß. Er fieberte. Aber er lebte. Erleichtert ließ sie seine Finger zwischen seine gleiten und umfasste seine Hand. Unruhig wartete sie auf jeden weiteren der unruhigen Pulsschläge. Kathryn versuchte den Atem zu sehen, doch seine Brust schien sich so gut wie nicht zu bewegen. Der ehemals weiße Verband, der die Wunde auf seiner Brust bedeckte war schwer und dunkel von Blut geworden und der große Schnitt, der durch die scharfe Kante des Metallträgers, den er mit seinem Körper aufgefangen hatte, und der mehrere seiner Rippen und sein linkes Schultergelenk zerschmettert hatte, blutete weiter heftig. Einzelne rote Bluttropfen quollen in erschreckender Regelmäßigkeit durch das Gewebe der Kompresse und bildeten langsam aber stetig eine große Lake auf dem Fußboden der Unterkunft.

Der Träger, den er aufgefangen hatte... Den er mit seinem Körper abgehalten hatte, eventuell mit seinem Leben abgehalten hatte... Von ihr abgehalten hatte! Verzweiflung quoll in ihr hoch.

Das war einfach nicht fair! Warum sollte er sterben und sie hatte noch nicht einmal einen lausigen Kratzer! Bloß ein wenig Übelkeit! Warum nur??

Ein weiterer Tropfen fiel auf den Fußboden und dann noch einer. Es waren salzige, farblose Tropfen. Sie mischten sich mit dem Blut auf dem Fußboden. Kathryn hatte selten geweint. Es hatte nie zu ihrem Image als Captain gepasst. Sie hatte nicht geweint, als sie den Brief von Mark erhielt, in der er von seiner Heirat berichtete. Und sie hatte nicht geweint als sie die zerstörte Voyager gesehen hatte. Doch nun konnte sie die Tränen nicht länger zurückhalten. Lautlos liefen sie ihr über das Gesicht, in dem sich immer noch Entsetzen und Verzweiflung widerspiegelten. Sie weinte um diesen großartigen Mann, um sein großartiges Leben, um seine Zukunft. Sie weinte um so viele verpasste Chancen, unterdrückte Gefühle und einsame Stunden. Sie weinte um ihr gemeinsames Leben, ihre gemeinsame Zukunft und ihre gemeinsame Liebe, die sie sich noch nie offenbart hatten, doch die für beide in einer unglaublichen Intensität spürbar war. Irgendwann hätte sie ihre uneingeschränkte Gebundenheit an die Sternenflottenprotokolle überwunden. Irgendwann hätte sie ihre Rolle als Captain überwunden. War es jetzt zu spät?

Doch sie hatte noch nie das Schicksal akzeptieren können. Sie hatte noch nie etwas ohne Kampf hingenommen. Trotzig riss sie sich den Ärmel ihrer Uniformjacke ab und drückte den Stoff fest auf die Wunde um endlich die Blutung zu stillen. Dann beugte sie sich weiter zu ihm hinunter und schmiegte ihr tränennasses Gesicht an seine Wange. Beinahe unhörbar flüsterte sie ihm die drei Worte ins Ohr, die alles schon viel früher verändert hätten können: "Ich...liebe...dich..."

80% - tot , 20% - leben: Davon ließ sie sich doch nicht beeindrucken! Egal was geschah, eines würde bleiben: 100% - Liebe!

Nach einem weiteren traurigen Blick über das Trümmerfeld wandte sich Captain Janeway ihren Führungsoffizieren zu. Oder dem, was noch davon übrig geblieben ist, dachte sie verzweifelt:

"Die Party im Casino zur Feier des Geschäftsabschluss mit den Gerod musste wohl gerade begonnen haben. Nur die nötigsten Leute waren noch auf ihrem Posten. Commander Chakotay und ich waren auf der Brücke. Nachdem diese Region des Weltraumes nicht besonders dicht besiedelt zu sein schien und sich bis jetzt keine Zwischenfälle ereignet hatten, gab es keine Veranlassung zu einer übermäßigen Kampfbereitschaft. Völlig unerwartet enttarnte sich jedoch ein riesiges Schiff an Steuerbord. Ohne Vorwarnung eröffneten die Fremden das Feuer. Auf unsere Rufe reagierten sie nicht. Ihre Feuerkraft war der unseren deutlich überlegen. Es ging alles so schnell. Schon der erste Treffer richtete beträchtlichen Schaden an. Unsere Torpedos hingegen zeigten keinerlei Wirkung an ihrer stark gepanzerten Hülle. Commander Chakotay versuchte auf Warp zu gehen, um zu entkommen, doch ein weiterer Treffer zwang uns den Warpkern abzuschalten, um einen Bruch zu verhindern. Mit Impulsenergie erreichten wir das Sternensystem, das wir glücklicherweise gerade passiert hatten. Es handelte sich um ein Doppelsternsystem mit einem Klasse M Planeten. Der Commander versuchte das fremde Schiff zwischen den Sternen abzuhängen, da es durch seine größere Masse viel stärker durch die Anziehungskraft beeinträchtigt wurde. Die Fremden folgten uns und beschossen uns weiter. Scheinbar unterschätzten sie jedoch die Gravitation der Sonnen. Das Schiff wurde so stark angezogen, dass es die Anziehungskräfte nicht mehr überwinden konnte und verglühte. Die Navigationskontrollen der Voyager waren durch den letzten Treffer ausgefallen. Wir gerieten in das Gravitationsfeld des Planeten und stürzten ab. Die einzigen ungenauen Sensorenwerte, die wir vor dem Ausfall der Scanner von dem Planeten erhalten konnten, waren, dass es humanoides Leben gibt. Allerdings wissen wir nichts über das Entwicklungsstadium der Zivilisation. Zudem konnten wir eine starke, natürliche Energiebarriere entdecken, die den ganzen Planeten umgibt und die wohl einen wirksamen UV-Filter darstellt, der die Entwicklung des Lebens hier bei dieser starken Sonneneinstrahlung überhaupt ermöglicht hat. Diese Barriere war es auch, die eine genaue Sensorerfassung der Oberfläche verhinderte."

Captain Janeways Blick war während ihrer Schilderung der Ereignisse immer wieder zwischen der Voyager, den Aufräumarbeiten und ihren Offizieren, die vor ihr im Halbkreis standen, hin- und hergependelt. Die Zeit zwischen dem Auftauchen des feindlichen Schiffes und dem Absturz war so kurz gewesen, dass es die Crewmitglieder, die auf der Party gewesen waren, noch nicht einmal bis zu ihren Stationen geschafft hatten. Somit hatte ihr ganzer dezimierter Führungsstab die Vorgänge auf der Brücke nicht mitbekommen.

"Wie weit sind die Aufräumarbeiten vorangekommen und was ist unser gegenwärtiger Status?", fragend blickte der Captain in die Runde.

"Bis jetzt konnten wir 37 Tote und etwa 50 schwer Verletzte Crewmitglieder bergen. Soweit wir es derzeit überblicken können werden noch 3 Besatzungsmitglieder vermisst. Alle Verwundeten konnten mittlerweile in den Notunterkünften untergebracht werden. Allerdings besteht ein akuter Mangel an medizinischen Ausrüstungsgegenständen und Medikamenten. Die Krankenstation ist nicht zugänglich und auch zu den Frachträumen konnten die Teams bis jetzt nicht vordringen", Tom hatte mit traurig nach unten geschlagenen Augen seinen Bericht geliefert.

Auch Neelix, der seinen gebrochenen Arm in einer notdürftigen Schlinge trug, zeigte nichts von seiner sonst üblichen fröhlichen Nervosität.

Seven of Nine ignorierte beharrlich ihre "Beschädigung" und hatte sich bis jetzt geweigert ihre nicht ungefährlichen Brandwunden behandeln zu lassen. Mit ihrer üblichen unbewegten und festen Stimme schilderte sie, nachdem der Pilot seinen Bericht beendet hatte, den Status des Schiffes:

"Die gesamte Energieversorgung ist zusammengebrochen. Der abgeschaltete Warpkern kann unter den augenblicklichen Umständen in absehbarer Zeit nicht wieder in Betrieb genommen werden. Es gibt mehrere große Hüllenbrüche und unzählige Mikrofrakturen, die gesamte Außenhülle wurde durch den Absturz verzerrt. Mehrere Decks sind mit ausgetretenem Gas überflutete, das Feuer im Maschinenraum konnte bis jetzt nicht gelöscht werden, doch eine rechtzeitige Versiegelung des Raumes verhinderte das Übergreifen des Brandes. Es wurden mehrere Teams losgeschickt um alle eventuell nützlichen Ausrüstungsgegenstände aus dem Wrack zu bergen."

Mit jedem Satz, den die Ex-Borg gesprochen hatte, war der Mut des Captains gesunken. Das Wort "Wrack" als Bezeichnung für ihr Schiff hatte so hart und gefühllos in ihren Ohren geklungen, dass sie zusammengezuckt war. Doch bei genauerer Überlegung hatte Seven recht: Die Voyager war in der Tat nicht mehr als ein Wrack. Die Lage schien aussichtslos. Kathryn rieb sich nervös mit der rechten Hand über die Stirn, als wolle sie ihre immer noch peinigenden Kopfschmerzen verscheuchen. Die linke Hand hatte sie in die Hüfte gestemmt. Doch als Captain durfte sie ihre wahren Gefühle nicht zeigen. Sie musste stets das Vorbild für die Crew sein und ihr Hoffnung auf Rettung machen, egal wie verzweifelt sie selbst war. So zwang sich Kathryn jetzt zu einer festen und optimistischen Stimme: "Mr Neelix, wie steht es mit unserer Nahrungsmittelversorgung?"

"Nun Captain, da die Replikatoren uns nicht zur Verfügung stehen, und die Vorräte, die wir an Bord hatten entweder zerstört oder unzugänglich sind, fürchte ich, dass wir auf die Notrationen angewiesen sind. Doch auch diese werden für die ganze Crew nicht lange ausreichen."

Verdammt! Kathryn wandte sich abrupt um, damit die Offiziere ihren Gesichtsausdruck nicht sehen konnten. Nachdem es noch nicht einmal mehr das Nötigste zu geben schien, konnte sie ihren zur Schau getragenen Optimismus nicht länger aufrechterhalten. Aus eigener Kraft konnte die Crew der Voyager diese Krisensituation offensichtlich nicht überwinden. So viele waren schon gestorben und so viele würden die nächsten Tage nicht überleben, wenn sie nicht sofort etwas unternahm. Chakotay wird nicht überleben! Tränen liefen in ihre Augen. Trotzig blinzelte sie sie weg. Sie hatte ihren Entschluss gefasst. Ihre Stimme hatte einen Klang angenommen, dem man besser nicht widersprechen sollte, als sie sich umdrehte, jeden einzelnen ihrer Führungsoffiziere fixierte und dann sagte:

"Wir werden die Bewohner dieses Planeten aufsuchen und um Hilfe aus unserer Notlage bitten."

Während sie gesprochen hatte, waren 2 Augenbrauen immer weiter nach oben gewandert. Tuvok übernahm es seine und Sevens Gedanken zu verbalisieren:

"Captain? Ich sehe mich verpflichtet sie darauf hinzuweisen, dass sie mit diesem Schritt die Oberste Direktive der Sternenflotte verletzen. Wir kennen den Entwicklungsstand der Planetenbevölkerung nicht. Es wäre ein unverantwortlicher Eingriff in ihren kulturellen, politischen und ökonomischen Fortschritt, falls es sich um eine noch nicht warpfähige Zivilisation handelt. In meiner Eigenschaft als ihr Sicherheitschef und als ihr Berater muss ich ihnen von derartigen Aktionen abraten."

Nun war es die Augenbraue des Captains, die immer weiter in die Höhe gezogen wurde. "Verstehe ich Sie richtig, Tuvok", sagte sie mit einer Stimme, die kalt und schneidend wie Eis geworden war. "Sie wollen also tatsächlich so viele Mitglieder dieser Crew verlieren, obwohl die Möglichkeit auf Hilfe besteht?"

"Wohlgemerkt eine äußerst geringe Möglichkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich unter diesen geologischen Bedingungen eine hochentwickelte und technisierte Zivilisation entwickeln konnte, ist verschwindend klein. Sie machen einen Fehler, Captain", schaltete sich nun auch Seven of Nine in die Diskussion ein. Kathryn Janeway sah sich in die Ecke gedrängt. Aber so schnell war sie nicht bereit den einzigen vielversprechenden Plan wieder zu verwerfen und sich dem Schicksal auszuliefern. Da kam plötzlich unerwartete Hilfe für sie. Tom Paris, der die meiste Zeit scheinbar abwesend dagestanden hatte, trat nun energisch vor. Ein seltsames Glitzern, eine Mischung aus Wut, Unverständnis und Schrecken, lag in seinen Augen, als er sich mit heftiger Stimme an Seven und Tuvok wandte: "Was sind Sie eigentlich, gefühllose Monster? Oh nein, ich weiß, Ex-Borg und Vulkanier, aber das ist ja genauso schlimm!!" Immer weiter steigerte sich der Pilot in seinen Zorn hinein. "Sind sie die letzten paar Stunden mit verschlossenen Augen und Ohren durch die Welt gegangen? Dann muss ich sie wohl mal mit der harten Wirklichkeit konfrontieren, die wir anderen wahrnehmen, die wir noch nicht unsere Emotionen verloren haben! Ich bin den ganzen Tag hier draußen gewesen. Ich musste mich durch ein ganzes Feld von Verletzen und Toten durchkämpfen. Jeder Quadratzentimeter ist mit Blut getränkt. Mit dem Blut dieser wunderbaren Crew, die für mich zu etwas geworden ist, was mir meine Familie nicht bieten konnte. Minute für Minute wurden neue Verwundete angeliefert. Keine lange Zeit für Gedanken und Gefühle. Erst einmal gilt es über Leben und Tod zu entscheiden. Wem soll ich helfen, wer ist am schlimmsten dran, wer muss zuerst versorgt werden? Aber auch: Wer ist so schlimm dran, dass man nicht wertvolle Medikamente an ihm verschwenden darf? Ich sah das Leben unter meinen Händen verrinnen, unfähig mich gegen den Tod aufzulehnen, obwohl mein ganzes Inneres über die Ungerechtigkeit des Schicksals verzweifelt aufheulte. Ich sah, wie langsam die medizinische Ausrüstung zu Ende ging. Ich sah, wie Leute, die normalerweise vom Doc auf der Krankenstation mit ein paar Handgriffen und einem Hypospray geheilt werden, sich vor Schmerzen auf dem Boden wälzten, ihr inneres Erbrachen und schließlich gnädig als Schatten ihrer Selbst ihrer letzten Atem aushauchten. Und man selbst steht daneben. Unfähig sich zu bewegen, unfähig die Augen von dem grausigen Schicksal abzuwenden, unfähig zu denken und zu fühlen. Aber die Emotionen brechen später heraus. Zusammen mit all den Zweifeln und Selbstvorwürfen, ob man wirklich alles getan hat, um seinen Freund zu retten. Ob man nicht schneller hätte arbeiten können, ob man...mehr für...B´Elanna..." Toms Stimme, aus der die Wut während seiner Rede immer mehr gewichen war und die immer leiser und schwankender geworden war, brach. Der Pilot wandte den Kopf ab und schloss fest die Augen. Nervös und hektisch fuhr seine Hand zu seinen Schläfen, bedeckte seine Augen. Sein Rücken begann zu zittern, während er lautlos schluchzte. Die anderen hatten ihn schweigend betrachtet. Kathryn kämpfte selbst wieder mit den Tränen. Wie gut konnte sie Toms Leid nachvollziehen. Vorsichtig legte sie Paris eine Hand auf die Schulter. Nach ein paar Augenblicken richtete sich der Pilot auf und brachte mit einer Stimme, die um Festigkeit bemüht war hervor:

"Captain, ich melde mich freiwillig zu der Erkundungsmission zu den Bewohnern dieses Planeten. Ich möchte sinnvoll zur Rettung der Crew beitragen." Der Ansatz eines Lächelns stahl sich auf Kathryns Gesicht, als sie den Mann vor ihr betrachtete. Wie sehr hatte er sich doch in diesen Jahren verändert. Zu was für einer Persönlichkeit war er geworden. Ihr Blick glitt zu Seven of Nine und Tuvok. Deutlich konnte sie die immer noch bestehende Ablehnung ihres Vorhabens durch die beiden spüren, doch sie sprachen sich nicht erneut gegen die Durchführung des Plans aus, als sie der Captain fragend ansah.

Erleichtert, dass sie in dieser Situation die Kontrolle wiedergewonnen hatte, begann Kathryn Janeway mit neuer Energie Befehle auszuteilen:

"Mr Neelix, Sie und ein paar weitere Crewmitglieder die zur Verfügung stehen, werden die nähere Umgebung nach Wasser und Nahrungsmitteln absuchen. Alles, was uns hilft unsere Vorräte aufzufüllen, bringen Sie hierher.

Tuvok, nehmen Sie sich ein Team und versuchen Sie zu Frachtraum drei vorzudringen. Dort dürfte sich weitere Notfallausrüstung befinden.

Seven, versuchen Sie in die Krankenstation zu gelangen. Vielleicht ist das Programm des Doktors erhalten geblieben. Eventuell gelingt es Ihnen, es in den portablen Emitter zu transferieren. Ich muss gestehen, im Augenblick würde ich mich freuen, den Doktor zu sehen. Wir könnten seine Hilfe brauchen.

Tom, machen Sie sich auf die Suche nach einer Ansiedlung oder Ähnlichem. Sein Sie vorsichtig und nehmen Sie einen Phaser mit, wir wissen nicht, was uns erwartet. Sollten Sie Kontakt aufnehmen können, gehen Sie äußerst diplomatisch vor. Ich möchte nicht die leichte Beute für einen Angriff sein. Wir alle zählen auf Sie Tom. Viel Glück." Ein schmerzliches Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht des Captains. "Wegtreten!" Alle bestätigten den Erhalt der Befehle durch ein stummes Kopfnicken.

Blaue, rote und grüne Streifen zogen sich über den halbdunklen Himmel. Plötzlich auftauchende bunte Kreise und andere Formen zogen über das Firmament. Die Lichtspiele verschmolzen ineinander und gingen aus der Vereinigung in neuer Farben- und Formenpracht hervor. Captain Janeway lag auf dem Gras auf dem Rücken. Sie hatte ihre Arme hinter ihrem Kopf verschränkt und betrachtete den Himmel ohne die Lichtreflexe tatsächlich wahrzunehmen. Ein kleiner Teil von ihr, die Wissenschaftlerin, hatte geschlossen, dass es sich bei den farbigen Mustern um Brechungen und Fluoreszenz des in stumpfen Winkel auf die Energiebarriere auftreffenden Sonnenlichts handeln musste. Unter anderen Umständen wäre sie fasziniert von diesem Phänomen gewesen.

Sie hatte völlig ihr Zeitgefühl auf diesem Planeten verloren. Der Tag schien unendlich lange gedauert zu haben und die Dämmerung kam mit einer überraschenden Schnelligkeit. Richtig dunkel jedoch wurde es nicht. Dazu war das Streuungslicht der beiden Sonnen zu stark. Der Captain seufzte und versuchte zum wiederholten Male die Augen zuschließen, um ein wenig Schlaf zu finden. Ihr Körper war völlig erschöpft. Den ganzen Tag war sie durch das Wrack der Voyager geklettert und hatte versucht Phaser, Decken, Erste Hilfe Koffer, Notrationen und Ähnliches zu finden. Sämtliche Knochen schmerzten ihr von dieser Arbeit. Doch statt sich auszuruhen hatte sie sich danach in die Versorgung der Verwundeten gestürzt.

Seven hatte bis jetzt noch keine positiven Nachrichten in Bezug auf die Wiederherstellung des Doktors und auch Tom war noch nicht zurückgekehrt. Auch konnte er sich nicht über seinen Kommunikator melden. Irgendeine Interferenz, wahrscheinlich auch im Zusammenhang mit der Energiebarriere stehend, verhinderte den Audiokontakt.

Doch Neelix und sein Team hatten verschiedene Wurzeln und essbare Pflanzen mitgebracht. Sie waren sogar fähig gewesen, ein seltsames Tier mit einem gezielten Phaserschuß zu erlegen. Wieder hatte sich ihr Wissenschaftlerherz geregt, als sie entdeckt hatte, dass sich dieses Tier autotroph, also allein durch Absorption von Sonnenstrahlung ernähren konnte. Es produzierte sich, genau wie es sonst nur Pflanzen, einige Bakterien oder Kleinstlebewesen konnten, seine eigenen energiereichen chemischen Verbindungen. Und so briet an diesem Abend über einem von mehreren kleinen Lagerfeuern ein kleines grünes Tier. Das Fleisch schmeckte abscheulich und auch die Färbung war dem Geschmackseindruck nicht zuträglich, aber es war besser als gar nichts und die Verwundeten brauchten dringend Nahrung zur Genesung. Es passte vorzüglich in Neelix´ sonstigen Leolawurzel-Speiseplan.

Wieder seufzte Kathryn. Die ganze Zeit hatte sie sich mit körperlicher Arbeit beschäftigt und nun, da ihre Muskeln aufgegeben hatten, wälzte sie die absurdesten Gedanken in ihrem Kopf herum. Doch es ließ sich einfach nicht vermeiden, ihre Gedanken ließen sich nicht ablenken: Sie musste immer wieder über ihre Entscheidung nachdenken, Kontakt mit den Bewohnern dieses Planeten herzustellen. Obwohl sie sich Mühe gegeben hatte, überzeugt von diesem Plan auszusehen, als sie sich mit Tuvok und Seven auseinandersetzte, hatte sie doch schon die ganze Zeit nagende Zweifel gehegt. Ihr ganzes Leben lang hatte sie die Prinzipien der Sternenflotte befolgt, ja beinahe verehrt. In jeder Situation hatten sie ihr den richtigen Weg gewiesen und sie war erst zu dem geworden, was sie war, sowohl als Mensch, als auch als Captain, dadurch dass sie diese Prinzipien und Lehren in einer gefährlichen und bedrängten Situation stets über alles andere erhoben hatte. Sogar über ihren eigenen Willen. Viele Jahre hatte die Föderation basierend auf diesen höchsten Gesetzen dieser Vereinigung Stärke und Handlungsfähigkeit bewiesen. Die Prinzipien, allen voran die Oberste Direktive, waren über die Zeit verbessert und ausgebaut worden. Sie waren perfekt. Niemals in ihrem Leben hatte sie daran gedacht diese Regeln zu brechen!

Niemals? Machte sich ein anderer Teil ihres Selbst bemerkbar. Wirklich niemals? Schienen sie wirklich in jeder Situation angebracht und gut? Doch nur gut und praktisch insofern, dass sie ein gutes Schutzschild darstellten. Eine Wand hinter der man sich und seine Gefühle verstecken konnte. Seitdem sie ihre Gefühle für Commander Chakotay entdeckt hatte, war sie ihnen ausgewichen. Aus Angst die Kontrolle zu verlieren. Über das Schiff, über sich als Captain und über sich als Frau. Die Prinzipien kontrollierten sie und gaben ihr so die Kontrolle. Doch mit der Zeit waren ihr Zweifel über ihr eigenes Verhalten gekommen. Sie hatte gespürt, was sie ihm jedes Mal antat, wenn sich die Direktiven und Protokolle der Sternenflotte zwischen sie und ihn, zwischen ihre gegenseitige Liebe stellten. Denn diese Liebe war nicht zu verdecken und verbergen und das machte das Ganze noch schlimmer. In der letzten Zeit hatte sie immer wieder mit dem Gedanken gespielt die Schutzwand fallen zu lassen. Sich allen Risiken und Chancen zu stellen. Bis jetzt war sie zu ängstlich gewesen. Zu sehr hatte sie, die von so vielen in Bezug auf ihren Willen, der manchmal zur Sturheit werden konnte, und ihre Entscheidungskraft bewundert wurde, ihren tatsächlichen Willen und ihre eigenen Gefühle zu unterdrücken und zu verdrehen gelernt.

Doch heute hatte sie es getan. Sie hatte endliche die Wand durchbrochen und die Schwelle zu einem neuen Leben, einer neuen Kathryn überschritten. Heute, hier, nach dieser Katastrophe hatte sie ihm ihre Gefühle gestanden. Sie hatte sich so erleichtert, so frei gefühlt, obwohl sie immer gefürchtet hatte durch diesen Schritt gebunden zu werden. Sich an jemanden binden zu müssen. Doch diese Bindung hatte bereits bestanden, obwohl sie es stets zu verneinen und zu unterdrücken versucht hatte. Chakotay hatte ihr Kraft gegeben, er hatte nie aufgegeben, egal wie oft sie ihn zurückwies. Sie bewunderte die Stärke und die Entschlossenheit dieses Mannes. Er war überhaupt derjenige, den man bewundern musste, denn er hatte seinen eigenen Willen.

Die Prinzipien der Sternenflotte und perfekt? Nein, zumindest nicht im privaten Bereich.

Die Prinzipien der Sternenflotte und perfekt? Nein, zumindest nicht im Deltaquadranten, so weit weg vom Hauptquartier.

Zu viele Variablen des Deltaquadranten und des Schicksals der Voyager hatten bei der Erstellung der Direktiven nicht berücksichtigt werden können: Der Absturz, ohne die Möglichkeit Hilfe von anderen Schiffen der Sternenflotte zu erhalten. Die Zerstörung des Schiffes, das ihre einzige Möglichkeit nach Hause zu kommen darstellte. Das Leid, das die Crew erfahren musste. Der Schmerz und der Tod der großen Familie. Und...Chakotay. Sie hatte heute mehrmals nach ihm gesehen. Das Fieber war gestiegen und er war immer noch ohne Bewusstsein. Auch begann sich die Wunde zu entzünden und die Gefahr einer Lungenperforation durch eine der gebrochenen Rippen erhöhte sich stark, da er begann sich unruhig hin- und herzuwälzen. Alle Versuche ihn ruhigzustellen waren bis jetzt gescheitert. Aus den Gesichtern der Crewmitglieder mit medizinischer Ausbildung, die ihn und die anderen Verletzten betreuten, konnte sie lesen, dass ihre Hoffnung ihn am Leben zu erhalten mehr und mehr schwand. Er würde sterben und sie hatte auf ganzer Linie versagt! Sie war gescheitert, die Crew nach Hause zu bringen und Chakotay würde vor seinem Tod niemals ihre Liebe spüren! Plötzlich wurde Kathryn bewusst, dass damit auch die sonst so unumstößlichen Gesetze der Sternenflotte versagt hatten. In dieser Situation konnten sie nicht mehr helfen. Es war Zeit geworden, dass Captain Kathryn Janeway ihren eigenen Willen zu benutzen begann! Erleichterung durchströmte sie, als ihr klar wurde, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, die Oberste Direktive zu brechen. Es war eine Entscheidung die alles von Grund auf verändern würde - alles!

Erleichtert und von ihren Selbstzweifeln befreit schlief Kathryn Janeway ein.

Erschöpft stolperte Tom Paris durch den Wald. Hier unter dem schützenden Blätterdach der Bäume war es erstaunlich dunkel und nur ab und zu konnte der Pilot einen kleinen Ausschnitt des sonderbar bunt erleuchteten Himmels sehen. Im letzten Moment wich er einem Baumstamm aus, mit dem er beinahe kollidiert wäre, nachdem er kurzzeitig vor Müdigkeit die Augen geschlossen hatte. Er hatte viel Zeit gehabt nachzudenken während seines stundenlangen einsamen Laufs durch diesen Wald. Er sah die ganze Katastrophe immer und immer wieder vor seinem inneren Auge ablaufen und je häufiger er die Bilder sah, desto klarer erkannte er ihren Schrecken und desto mehr realisierte er, was sie für ihn und die anderen bedeuteten: Die Crewmitglieder, die den Absturz überlebt hatten und nicht ihren Verletzungen erlagen, wären ihr Leben lang verdammt auf diesem Planeten zu bleiben. Die meiste technische Ausrüstung war zerstört, sie wären also gezwungen praktisch ganz von vorne anzufangen. Doch was würde passieren, wenn die Crew plötzlich ihr gemeinsames Ziel, das sie verband, und ihre Hoffnung auf die Rückkehr zur Erde, die sie so viele Jahre gehabt hatte, aufgeben musste? Wie würde es sich auf ihre Moral auswirken, wenn alle realisierten, dass sie nie wieder nach Hause kommen könnten?

Doch was halfen diese Spekulationen im Augenblick? Das primäre Ziel, dessen Erreichung von ihm abhing, war Hilfe zu finden. Hilfe für seine verletzten Freunde. Hoffentlich waren die Bewohner dieses Planeten tatsächlich gewillt und in der Lage dazu, ihnen Unterstützung zu gewähren.

"Schon wieder reine Spekulationen", schalt sich der Pilot leise selbst. "Erst einmal muss ich diese mysteriösen Bewohner dieses Planeten finden. Hoffentlich sind sie nicht unsichtbar, sonst könnte das lange dauern. Dabei laufe ich schon den ganzen Tag herum und..." In diesem Moment stolperte Tom Paris über eine Wurzel und schlug hart auf den Boden auf. Als er dalag, spürte er plötzlich die ungeheure Erschöpfung seines Körpers durch den langen Marsch und auch der lange unterdrückte Schock brach durch. Er hatte das Gefühl nie wieder aufstehen geschweige denn weiterlaufen zu können. Stöhnend versuchte er sich auf die Seite zu wälzen. Als er dabei die Augen aufschlug, sah er zwischen den Baumstämmen hindurch am Horizont Lichter, die definitiv nicht zu dem Farbschauspiel des Himmels gehörten. Eine Ansiedlung. Bewohner. Hilfe. All das lockte dort hinten.

Minutenlang kämpfte der Pilot mit sich und seinem Körper, bevor er sich dazu durchringen konnte sich auf Händen und Knien abzustützen. Doch jeder Versuch sich aufzurichten scheiterte am Widerstand seiner geschundenen Muskeln. Auf allen Vieren, immer die Augen auf den schwachen Lichtschein gerichtet, begann Tom loszukrabbeln.

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