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Kobayashi Maru

von Harald Latus

Kapitel 3

Kapitel 3

 

Hinter dem Relais entstand für wenige Sekunden ein doppelter blauer Schimmer, dann hatten sich die beiden Offiziere materialisiert. Karen hielt sich mit einer Hand am Gerüst fest und sicherte sich mit einer Leine, während Toni sich schnell über das Relais bewegte und sich dabei an der Gitterrohrstruktur wie an einer Leiter entlanghangelte.

„Hey, mach keinen Unsinn, zuerst sichern. Wenn du wegdriftest kann ich Dich nicht zurückholen, wir haben keine Jetpacks und die Kommunikation reicht auch nicht weit.“, rief die Kollegin von Toni in die Sprechverbindung.

Chief Morgan hatte für diesen Einsatz auf eine Steinzeittechnik zurückgegriffen, wie er es nannte. Im 21. Jahrhundert war in vielen Geräten eine Funkempfangstechnik verbaut, die kurze Strecken überbrücken konnte. Danach zerfiel das Signal. Es war dank mehrstufiger dynamischer Schlüsselvergabe weder abhörbar, noch über weite Strecken feststellbar. So konnte das Team sicher sein, dass es keine Aufmerksamkeit auf sich zog.

Allerdings hatte das auch den Nachteil, dass man das Schiff nicht um Hilfe rufen konnte. Sie waren an diesem Ort auf sich selbst angewiesen. Eine Abholung war erst in neunzig Minuten geplant.

 

Toni hatte durch seine schnelle Fortbewegung die Abdeckung der Antriebseinheit schnell erreicht, Karen hielt allein das schon für ein unnötiges Risiko. Sie benötigte deutlich länger, weil sie ihren Haltegurt immer wieder lösen und neu einhaken musste. Dann waren beide bereit mit der Umrüstung zu beginnen.

Toni löste die Abdeckung und fand die Steuerung genau so vor, wie sie der Chief beschrieben hatte. Auf der linken Seite im oberen Bereich befand sich eine Steckerleiste mit mehreren einzelnen Kabeln, die jeweils an einem Endpunkt eingesteckt waren. Insgesamt sollten sie neun dieser Kabel umstecken und mit anderen Endpunkten verbinden. Die Schaltung war vergleichbar mit einem Schachbrett Acht mal Acht Stecker, also vierundsechzig Anschlusspunkte waren möglich. Vierundzwanzig Schaltbrücken waren gesteckt, die restlichen Anschlüsse waren frei. Karen hatte sich genau eingeprägt, wie die Vorgehensweise von statten gehen musste. Sie öffnete ihre Tasche um das von Miles O‘Brian vorbereitete Modul herauszuheben.

„Wir müssen zunächst das Modul befestigen, dafür musst Du den Halter hier unten rechts abschrauben“, erklärte sie und Toni suchte in seiner Tasche das passende Werkzeug.

„Hast Du dich schon mal umgesehen?“, fragte er seine Kollegin, während er in der Schwerelosigkeit versuchte den Halter zu lösen. Karen, die sich mit der linken Hand festhielt schüttelte mit dem Kopf, „Was soll hier sein, mir ist nichts aufgefallen.“, erklärte sie und sah Toni fragend an. „Schau mal zwischen den Tragrahmen zum Wurmloch“, sagte er, während er weiterarbeitete. Karen zog sich an der Verstrebung hoch und schaute durch die Gitterverstrebung. Knapp zwei Kilometer entfernt, praktisch direkt am Wurmlocheingang waren noch immer vier Jem Hadar Fighter postiert. Sie waren dem Köder wohl nicht auf den Leim gegangen, den die Alamo ausgelegt hatte, oder sie hatten von den Gründern den Befehl erhalten ihre Position nicht zu verlassen. Wie auch immer, sie hatten Gesellschaft und es waren nicht gerade Freunde, die man zum Tee einladen würde. Karens Herz schlug ihr plötzlich bis zum Hals. Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt und sie konnte nicht verstehen, dass Toni angesichts dieser Gefahr so ruhig bleiben konnte. „Einfach ignorieren. Selbst wenn sie wüssten, dass wir hier sind, was sollten sie tun? Auf uns schießen und riskieren, dass sie das Relais zerstören? Sicher nicht. Ich weiß nicht mal ob die Schutzanzüge haben, um einen Außeneinsatz zu bewältigen. Aber so wie es aussieht haben die von uns keine Ahnung, sonst wären sie längst hier.“

Das beruhigte Karen in keinster Weise. Auch wenn sie in Ihrer Ausbildung auf solche Situationen vorbereitet worden war, dann war es doch immer etwas anderes, wenn man sich der Situation in der Realität stellen musste. Langsam schob sie sich wieder nach unten vor die Öffnung, in der Toni die Halterung inzwischen ausgebaut hatte und ihr ein Zeichen gab das Modul herüberzureichen.

Karen zog das Bauteil nun aus ihrer Tasche und reichte es dem Kollegen, der es an der Signaldurchführung positionierte und mit einigen Winkelblechen an der Konstruktion befestigte.

„So, damit wäre die wichtigste Arbeit schon einmal erledigt. Bleibt nur noch die neue Verkabelung.“, kam es von Toni, nachdem er alle Halterungen eingesetzt und befestigt hatte.

„War doch fast ein Spaziergang!“, merkte er an.

„Von wegen. Wir müssen noch die Kabel umstecken und eine Neuprogrammierung vornehmen. Unser Chefingenieur hat uns sehr deutlich gemacht, dass uns hier kein Fehler unterlaufen darf, sonst sitzen wir gewaltig im Schlamassel.“, erwiderte die junge Frau.

„Ach was. Die übertreiben immer so maßlos. Das ist totaler Nonsens. Meiner Meinung nach ist das nur das typische Vorgesetztengehabe, damit sie uns eine Arbeit aufdrücken können. Die sie selbst nicht machen wollen. Sowohl der Chief, wie auch die Senioroffiziere sind sich doch einfach nur zu fein um diesen Job zu erledigen, obwohl das hier nicht gerade die schwerste Aufgabe ist.“

Toni hatte in seinem Quartier die Mission gemeinsam mit Karen eingehend besprochen und auf ihren Wunsch nochmal wiederholt. Wobei er bei der Wiederholung schon sehr gelangweilt war. Für ihn war das eine einfache Sache, die weder viel Geschick noch Aufmerksamkeit erforderte. Das Karen das allerdings ganz anders sah interessierte ihn wenig.

Noch bevor Karen ihn daran hindern konnte packte er fünf Kabel die sicher verändert werden mussten und zog daran. Leicht glitten sie aus dem Stecker und im gleichen Moment erwachte die gesamte Einheit zum Leben, jedoch nicht so wie es vorgesehen war.

Mehrere Warnleuchten blinkten und forderten die Aufmerksamkeit von Karen.

„Verdammt, was hast Du gemacht, wir hatten doch klare Anweisung, die Kabel einzeln umzustecken. Wir sind hier im Prinzip mit einem Sabotageakt beschäftigt, da können wir keine Probleme gebrauchen.“

Das Display, welches in der Einheit untergebracht war, erwachte zum Leben und forderte in cardassianischer Schrift eine Legitimation für die Tätigkeit.

„Verbindung unterbrochen. Nicht autorisierter Verbindungsabbruch. Relais wird in sechzig Zyklen Notfallnachricht absetzen, wenn nicht die korrekte Abbruchsequenz eingegeben wird.“, war auf dem Display zu lesen.

„So ein Mist, jetzt müssen wir uns auch noch damit rumschlagen“, erklärte Karen.

„Mein Gott, das konnte doch keiner wissen, dass das jetzt passiert“, entgegnete Toni vorwurfsvoll.

„Was an der Warnung von Chief Morgan hast Du nicht verstanden. Seine Aussprache, die Wichtigkeit, die er mehrmals betont hat, oder war es einfach nur deine Ignoranz, die uns in diese Lage gebracht hat?“, antwortete Karen verärgert, während sie den Abbruchcode über ein farbig beleuchtetes Tastenfeld eingab.

„Abbruchcode akzeptiert. Notsignal wird nicht gesendet, wenn innerhalb von 90 Zyklen die Prüfkonfiguration hergestellt wird.“, war nun auf der Anzeige zu lesen.

„Mist, auch das noch. Wie war noch mal die Prüfeinstellung, das hat uns der Chief doch auch gesagt. Wir haben das doch auch geübt.“ Toni blieb seiner Kollegin diese Antwort schuldig, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass er dieses Wissen brauchen würde.

Fieberhaft überlegte Karen und zumindest die ersten drei Kabelsteckverbindungen fielen ihr wieder ein. Sie riss dem Kollegen die fünf Kabel aus der Hand, die er immer noch festhielt und suchte die ersten beiden für die dafür vorgesehen Stecker heraus. Diese beiden musste sie nun zuerst umstecken, während auf dem Display die genannten Zyklen herunterzählten. Scheinbar waren sie länger als Sekunden, denn die Zahlen veränderten sich nicht zu schnell.

Allerdings fielen ihr die weiteren nötigen Verbindungen nicht ein. Sie griff nach dem Padd in einer Tasche am EV Anzug und schaltete es ein. Sie wechselte auf die nächste Seite und fand darin den Plan. Schnell steckte sie die nötigen Verbindungen und änderte zwei weitere Kabel.

Das hatte sie gerade so in der angegebenen Zeit geschafft. Doch als sie Bestätigte kam eine neue Herausforderung auf sie zu.

„Stellen Sie die ursprüngliche Verbindung wieder her.“, war auf dem Display zu lesen.

Erneut lief ein Timer unerbittlich herunter.

„Oh Mann, was hast Du damit nur angestellt.“, rief sie in ihr Mikrofon. Sie tippte auf dem Padd eine Seite zurück, fand aber nicht was sie suchte. „Wir brauchen die Originalkonfiguration, aber ich habe nur die Veränderungen auf meinem Padd. Wie es zu Anfang aussah, kann ich nicht finden.“

Toni sah auf den Bildschirm, die Zyklen zählten immer weiter nach unten, auch wenn es für die Richtigstellung noch reichen sollte. Mit beiden Händen fasste er einige Kabel zusammen und zog sie alle aus der Verbindungseinheit. „Ein Aufschrei seiner Kollegin drang an seine Ohren gefolgt von einer wüsten Schimpftirade und mehrfachen Boxschlägen gegen seinen Arm.

Zügig verband er die Leitungen und hatte alles verbunden als nur noch zwei Zyklen übrig waren. Dann stand er Timer bei Null.

Karen Page schloss die Augen. Sie wollte gar nicht sehen was nun passierte. Sie ging davon aus, dass sie diesen Job vermasselt hatten, denn so unaufmerksam wie Toni bei der Erklärung des Chiefs gewesen war, so falsch war sicherlich die aktuelle Verbindung.

„Na also, alles wieder in Ordnung!“, hörte sie von ihrem Kollegen. Sie konnte es kaum glauben und öffnete die Augen. Auf dem Display stand: „Originalkonfiguration wieder hergestellt, Sicherungsmaßnahmen deaktiviert.“

Karen konnte es nicht fassen, „Was? Wie hast Du das gemacht, gut geraten?“

Toni lächelte sie an, „Nein nur ein fotographisches Gedächtnis, ich erinnere mich an alles was ich schon mal gesehen habe. War jetzt keine schwierige Aufgabe.“

Karen knuffte mit ihrem Ellbogen in Tonis linke Seite. „Mach das bloß nicht noch mal mit mir, ich hab‘ Blut und Wasser geschwitzt als dieses Ding ebenlosging. Jetzt aber streng nach Vorschrift, sonst dreh ich durch!“

Toni war schnell beim Verbinden. Er hatte sich genau die einzelnen Bilder eingeprägt und steckte die Reihenfolge in wenigen Minuten komplett durch. Es waren keine Fehlermeldungen mehr aufgetaucht und nach einiger Zeit war auch das Display erloschen.

Nun waren noch einige Umprogrammierungen zu machen. Scheinbar hatte die neue Verkabelung auch das Sicherheitssystem außer Kraft gesetzt oder akzeptierte zumindest die notwendigen Eingaben. Teilweise erfolgten Sie auf einer Tipptastatur, teilweise nutzte Karen den Tricorder, den sie sicherheitshalber mit einem Kabel am Systemport angeschlossen hatte. Sie wollte auf keinen Fall, dass irgendwelche Funk oder Scannerwellen von den Schiffen der Jem‘Hadar aufgefangen werden konnten. Karen schickte eine Testbotschaft über das Relais und wartete, ob sie eine Rückmeldung erhielt. Es dauerte einige Zeit, aber dann ging ein Bestätigungssignal über die die gleiche Frequenz ein. Es war also geschafft. Das Relais war so modifiziert, dass man es für Übertragungen nutzen konnte und damit war zumindest schon einmal eine Weiterleitung der gesammelten Daten an Deep Space Nine möglich.

Noch innerhalb der vorgesehenen Zeit waren sie fertig geworden und Toni Martinelli hob die Abdeckung der Antriebseinheit im hinteren Bereich des Moduls wieder auf die Öffnung.

„Ach Du scheiße Karen, geh in Deckung, ganz dicht an die Sensorplattform.“

Ohne zu fragen warum, tat sie es, während Toni den Deckel positionierte und die Klammern einschnappen ließ, dann presste er sich ebenfalls an die Konstruktion.

Über ihnen glitt ein Jem‘Hadar Jäger langsam vorbei, wobei sie die Struktur im Detail sehr gut erkennen konnten. Dann stoppte er plötzlich. So nah hatten nur wenige ein Jem Hadar Schiff gesehen und noch war ihnen nicht klar, ob sie je darüber berichten konnten.

„Hoffentlich haben Sie uns nicht gesehen, denn sonst sind wir geliefert.“, wisperte Karen leise in ihr Mikrophon. Das Schiff hing bedrohlich nahe über ihnen, nur wenige hundert Meter entfernt.

Doch dann drehte es nach links weg und beschleunigte. Es hatte wohl einen anderen Auftrag erhalten.


 

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