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Kobayashi Maru

von Harald Latus

Kapitel 4

Kapitel 4

 

„Computerlogbuch der U.S.S. Alamo, Sternzeit 50980.0, Captain Mark Wallace.

Heute ist der zweite Tag im Gamma Quadranten und bisher läuft alles nach Plan.

Bislang wurde dieses Schiff immer nur für kurze Begleitaufträge und Sicherungsmissionen verwendet, bei denen es um den Schutz von Schiffen, Siedlern oder hochrangigen Personen ging. Es wurde für das eingesetzt, wofür es konzipiert wurde, als taktisches Mittel in schwierigen Situationen oder bei Angriffen.

In meiner Karriere habe ich schon auf den verschiedensten Schiffen gedient und als Captain vom Frachter bis zur Fregatte alles unter meinem Befehl gehabt.

Diese Mission ist anders. Wir sind hinter den feindlichen Linien und wissen genau, dass uns keiner zu Hilfe kommen wird, wenn es brenzlig wird.

Meine Crew dient bereits seit zwei Jahren mit mir, nachdem wir uns aus einer sehr schwierigen Situation befreien konnten. Seit dieser Zeit vertrauen wir uns gegenseitig unser Leben an und wechseln nur dann ein Schiff, wenn wir alle zusammenbleiben können. Es ist ein großer Pluspunkt, wenn man sich uneingeschränkt auf seine Mannschaft verlassen kann.

Zwei meiner Offiziere haben das Subraumrelais im Gamma Quadranten erfolgreich modifiziert und wir haben sie vor knapp einer Viertelstunde wieder eingesammelt. Sie berichteten, dass eine Jem’Hadar Patrouille sie fast gefunden hätte, dann aber ohne weitere Maßnahmen abgeflogen sei. Ob sie dennoch entdeckt wurden ist unklar.

Unser nächstes Ziel sind die Flottenwerften des Dominion um deren Kampfstärke festzustellen. Ich habe Befehl gegeben, mit maximaler Dauerfluggeschwindigkeit den entsprechenden Sektor anzufliegen. In der Zwischenzeit werde ich ein Meeting mit den Führungsoffizieren abhalten, um die bestmögliche Strategie festzulegen.

Nach dem alten Kalender hat das heutige Datum für die Menschen eine besondere Bedeutung, es ist der 24. Dezember, an dem viele Menschen christlichen Glaubens die Geburt des Heilands feiern. Die Tradition wird auch auf diesem Schiff hochgehalten, auch wenn die Vulkanier es selbst nach so vielen Jahren gemeinsamen Dienstes nicht verstehen können, dass Menschen mit roten Mützen durch die Gegend laufen.

Dennoch ist es hier draußen ein Tag wie jeder Andere der keinen Unterschied macht und bei dem das All keine Vergünstigungen gewährt. Eintrag Ende.“

 

Captain Mark Wallace betrat die Messe, in der sich die Senior Offiziere bereits versammelt hatten. Einzige Ausnahme war der Bajoraner Toran Peel, der noch Offizier Junior Grade war. Aber als taktischer Offizier gehörte er zweifelsfrei auf die Brücke.

Erwartungsvoll sahen sie ihn an, während er sich in der Mitte der Messe postierte. Der Reihe nach, sah er jeden an, nahm Blickkontakt auf und blickte in die entschlossenen Mienen seiner Offiziere.

„Ladies und Gentleman, unsere erste Aufgabe haben wir erfolgreich abgeschlossen. Jetzt heißt es Informationen sammeln. Wir müssen so viel wie möglich in Erfahrung bringen, um unserer Flotte einen Einblick zu verschaffen, was sie erwartet. Das Dominion wird nicht zimperlich sein. Ich rechne mit einer großen Flotte, die es zusammenstellen wird, um durch das Wurmloch zu fliegen. Einstweilen wird das durch die Verminung sicherlich noch verhindert, aber das Dominion wäre nicht das Dominion, wenn es nicht an einer Gegenmaßnahme arbeiten würde. Ich bin mir sicher, dass sie einen Plan haben und der kann nur lauten: Die vollständige Kontrolle über den gesamten Alpha Quadranten zu erhalten.“

Vivian Finefield die erste Offizierin ergriff zuerst das Wort. „Wenn wir einen umfassenden Scan mit einer Zählung aller Schiffe durchführen wollen, dann müssen wir einen Abstand zu den Schiffswerften einhalten, der unsere Anwesenheit verraten könnte, wir müssten recht nah sein.“ Sie trug heute ihre langen blonden Haare offen, was zwar nicht der Dienstvorschrift entsprach, aber die meisten sahen in Ihr den Engel, an den sie an Weihnachten gerne glauben wollten, auch wenn dieser in einer Sternenflottenuniform steckte.

„Dem muss ich leider zustimmen“, meldete sich nun die vulkanische Wissenschaftlerin, die von dem Anblick von Andrew McCarthy mit seiner roten Weihnachtsmannmütze abgelenkt schien.

„Wir müssten näher als 5.000 Kilometer an die Werften heran und der Scan würde mindestens zehn Minuten dauern um nicht nur die Anzahl der Schiffe, sondern auch die Kampfkraft ermitteln zu können, es würde länger dauern, wenn wir auch die Kampfbereitschaft erfassen wollten.“

Sean Beyer konnte seine kaukasischen Wurzeln nicht leugnen. Mit seiner wilden Mähne und dem dichten Vollbart hätte er dem Weihnachtsmann Konkurrenz machen können, wenn seine Haare weiß gewesen wären. Sie hatten jedoch ein tiefes dunkelbraun, was ihn eher wie einen Bärentöter aussehen ließ, zumal er mehr als zwei Meter groß war und über reichhaltige Muskelpakete verfügte. Captain Wallace war sich sicher, würde er einem Jem’Hadar gegenüberstehen, er könnte ihn mit bloßen Händen in zwei Teile brechen. Als Sicherheitschef flößte er damit jedem Respekt ein und keiner versuchte ihn zu provozieren.

„Ein solches Risiko sollten wir nicht eingehen. Wenn uns jemand entdeckt sind wir zu exponiert. Selbst wenn wir abbrechen würden, könnten wir Ihnen nicht entkommen. Sie haben überall Schiffe und können uns aus allen Richtungen verfolgen.“, erklärte er.

„Wir brauchen eine bessere, eine unauffälligere Taktik, die das gleiche Ergebnis liefert.“ Schaltete sich nun auch der Chefingenieur ein, der zu seiner feuerroten Haarpracht auch eine rote Zipfelmütze aufgesetzt hatte, die sein verlorenes Haupthaar bedeckte.

Mit seiner Statur würde er aufgrund seiner Körperfülle wohl noch am ehesten als Weihnachtsmann durchgehen, aber all das war eigentlich nur Ablenkung von der Gefahr in der man sich befand, man überspielte es mit Witz und der Hoffnung, dass man schadlos aus diesem Auftrag herausging. Außerdem war heute Weihnachten, da wollte keiner Unmut verbreiten oder gar Trübsal blasen.

„Was schätzen Sie, wie klein müsste ein Objekt sein, welches den Scannern des Dominion entgehen könnte?“, fragte der Ire an Tessal gerichtet, die eine ihrer vulkanischen Augenbrauen hochzog. „Vulkanier schätzen nicht, Mister Morgan. Unsere Ergebnisse beruhen auf genauen Berechnungen.“, erklärte sie mit missbilligendem Blick, “Nach unserer Beurteilung dürfte das Objekt nicht größer als ein Standardtorpedo sein. Bei einer solchen Größe könnte es eine ausreichende Zeit unentdeckt bleiben.“, kam es von der Vulkanierin.

Doktor Justin W. Smith warf eine ganz andere Idee ein. „Warum können wir nicht einfach im Vorbeiflug die Werften scannen und im Zweifelsfall einfach mehrfach vorbeifliegen. Das müsste doch gehen, oder?“

Die Antwort gab wieder Tessal mit ihrer vulkanisch kühlen Logik. „Für aussagekräftige Werte müssen wir mehrere aktive Scans durchführen. Diese werden auf den Anzeigegeräten der Werften und der Sicherungseinrichtungen aufleuchten wie ein Weihnachtsbaum, um ihrem menschlichen Verstand eine Analogie anzubieten. Sie hätten uns schneller identifiziert als wir uns außer Reichweite befinden. Auch ein kleines Objekt würde auffallen. Man würde es auf jeden Fall erkennen, identifizieren und zerstören, allerdings nicht bevor man genau wüsste, woher es kommt.“

Captain Wallace nickte zustimmend. „Ja, es ist keine einfache Entscheidung, aber wir müssen eine Lösung finden. In spätestens zehn Stunden sind wir am Zielort und wir brauchen bis dahin einen tragbaren Plan, der uns einerseits nicht verrät und uns andererseits das liefert, was wir brauchen. Gehen Sie alle noch einmal in sich. Sie kennen unsere Vorgehensweise, jeder kann seine Ideen in den Computer hochladen, ich werde sie mir eine nach der anderen ansehen und wir werden die Idee verwenden, die uns den bestmöglichen Erfolg bietet. Ich danke Ihnen, besetzen Sie wieder ihre Stationen.“

Langsam verließen alle Personen die Messe, nur die erste Offizierin blieb im Raum.

Als sich die Tür geschlossen hatte fragte sie Captain Wallace: „Sind Sie sicher, dass wir dafür eine Lösung finden? Es ist eine nicht zu unterschätzende Aufgabe, die Sie da an die Offiziere herausgegeben haben.“

John Morgan nickte zustimmend, „Ja, ich weiß, und ich rechne nicht mit Wundern. Aber als Captain darf man nicht den Mut oder die Hoffnung verlieren, denn sonst wird es der Crew ganz genau so gehen. Egal was passiert, man muss immer davon überzeugt sein, die Aufgabe bewältigen zu können. Das ist eine der wichtigsten Lektionen. Leider lernt man diese nicht auf der Akademie, man muss sie sich selbst erarbeiten oder einen Mentor haben, der einem diese Fähigkeit näherbringt.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er die junge Frau ansah. Sie würde mit Sicherheit einmal einen guten Captain abgeben, vorausgesetzt, er würde sie überhaupt gehen lassen.

 

*  *  *

 

Der Captain hatte es seiner Mannschaft freigestellt, eine kleine Weihnachtsfeier in der Messe zu organisieren. Da man sich mit hoher Warpgeschwindigkeit bewegte, war es kaum anzunehmen, dass man gestört wurde und so konnten die meisten gemeinsam dieser Tradition frönen. Selbst die Vulkanier, und der Trill ließen sich die Gelegenheit nicht nehmen einmal vorbeizuschauen. Die bolianischen Crewmitglieder hatten ohnehin eine sehr ausgeprägte Neugier und waren bei derartigen kulturellen Gelegenheiten immer die ersten, die begeistert mitmachten. Ein geselliger Abend entstand, auf dem kleine Geschenke ausgetauscht wurden, die Mangels Kaufgelegenheit sicherlich zu großen Teilen aus dem Replikator stammten, aber es war ein Moment, in dem die Zeit still zu stehen schien. Ein kurzer Moment, der einem das Gefühl vermittelte, alles sei in Ordnung, auch wenn außerhalb der Messe die harte Realität lauerte.

Captain Mark Wallace hatte seine Uniformjacke gegen einen Pullover mit Rentiermuster ausgetauscht und mischte sich unter die Crew. Er hielt an jedem Tisch inne und sprach mit seinen Leuten, vermittelte Zuversicht und lobte die beiden Offiziere, die Ihre Arbeit am Relais so erfolgreich abgeschlossen hatten. Vivian Finefield warf immer mal wieder einen Blick auf ihn, bekam Gesprächsfetzen mit und hoffte, dass Sie, wenn sie irgendwann ein eigenes Kommando bekam, ebenfalls eine so integre Person werden würde wie Captain Wallace.

Nachdem er an ihren Tisch kam und sich nach dem Befinden der Leute gefragt hatte, erhielt er eigentlich nur positives Feedback. Sicher, sie alle vermissten ihre Familien, aber nur wenige waren gebunden. Eigentlich waren alle in dieser Hinsicht sehr abgeklärt. Ja, man hatte dieses Leben auf einem Raumschiff gewählt und war sich darüber im Klaren, dass man eher selten zuhause war, wenn man überhaupt einen festen Wohnsitz auf einem Planeten sein Eigen nennen konnte. Die meisten waren Vagabunden, ihr Heim war dort, wo sie gerade waren und wenn man auf ein anderes Schiff wechselte, dann war es eben dort.

Die erste Offizierin nahm ein kleines Paket vom Boden auf und überreichte es dem Captain.

Dieser sah sie fragend an. Scheinbar hatte er nicht erwartet, dass auch er eine kleine Überraschung erhielt.

Vivian nickte ihm zu, „Na los, machen Sie es auf!“, rief sie ihm zu. Vorsichtig öffnete der Captain die Verpackung. Es war ein Bilderrahmen, den sie sicherlich auf Deep Space Nine erstanden hatte, denn er zeigte eine klare bajoranische Handwerkskunst. Nachdem er ihn umgedreht hatte, sah er das Bild und damit hatte er nicht gerechnet. Es war eine dreidimensionale Abbildung seines Heimatdorfes auf der Erde. Es war bei strahlendem Sonnenschein von einem Hügel aufgenommen worden und zeigte die kleine Siedlung, die am Rande eines Gebirgsmassivs lag. Im Hintergrund türmten sich die Berge auf, die nach oben kahlen Fels zeigten und ganz oben auf dem Gipfel einen Schneehut aufwiesen.

Die Aufnahme war so geschickt gemacht worden, dass man sein Haus erkennen konnte, obwohl er genau wusste, dass man von diesem Berg das Anwesen nicht sehen konnte, denn er war schon oft dort gewesen, um das Panorama zu bewundern.

„Wo in aller Welt haben Sie das her?“, fragte er Vivian. Schlagfertig antwortete sie, „Keine Ahnung, der Weihnachtsmann hat mir das für Sie in die Hand gedrückt!“, erklärte sie.

Captain Wallace war immer noch ganz eingenommen von diesem schönen Geschenk. Ihm war nicht bewusst, dass er bei manchen Gelegenheiten, von seinem Heim berichtet hatte und Vivian, hatte ihre Beziehungen spielen lassen und das Bild per Datenübermittlung an Deep Space Nine senden lassen. Dort hatte sie es fertigstellen und einen schönen Rahmen bei einem bajoranischen Händler extra anfertigen lassen. So wie es aussah, war ihr diese Überraschung bestens gelungen.

Die beiden Vulkanier verabschiedeten sich kurz darauf, um die Brücke zu übernehmen, damit die dortigen Crewmitglieder ebenfalls an der kleinen Feier teilnehmen konnten.

Der Abend war eine willkommene Abwechslung der Routine und jeder war dankbar dafür, dass sie auch in diesen Zeiten den besonderen Moment genießen konnten.

 

 

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