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Der Aufpasser

von Harald Latus

Kapitel 11

Kapitel 11

 

Roger van Dyke drehte wieder inkognito eine seiner Runden auf dem Schiff und kam dabei am hinteren Ausguck vorbei, dessen Tür offenstand. Der Raum war inzwischen vollständig eingerichtet und eine Crew von Ingenieuren testeten gerade die elektronische Anlage. Auf dem Boden sah er farbige Lichter und ein alter Discohit war aus dem Audiosystem zu hören.

„Okay, Sound ist in Ordnung, Licht funktioniert“, war aus einer der Ecken zu hören, während alles wieder abgeschaltet wurde. Roger betrat den Raum. Lewis Almond stand am Bartresen zwischen den beiden Türen und war gerade dabei den Schriftzug ‚Odyssey 2001 ‘ auf eine Scheibe zu kleben. Er sah auf und bemerkte Roger van Dykes freundliches Lächeln. „Ich liebe diesen Streifen“, gestand der Admiral, der in Zivilkleidung an der Theke stand. „Oh, viele verwechseln das mit Stanly Kubrik’s Meisterwerk, aber es ist nicht das was alle anderen darunter verstehen“, erklärte Lewis Almond, der noch eine zweite Scheibe beklebte, die in die Türen eingesetzt werden sollten. „Das ist schade“, kam es von Roger van Dyke, „Ich liebe den Tanzstil von Tony Manero, er war damals genauso ungewöhnlich wie er es heute wäre.“

Der Lieutenant stutzte, „Sie kennen den Film also tatsächlich?“, wollte Lewis wissen. „Aber natürlich, er ist genauso ein Klassiker wie der Weltraumstreifen“, gab van Dyke zurück. „Wie sind sie darauf gekommen?“, wollte der Lieutenant wissen. Roger van Dykes Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen. „Das Licht und die Musik haben Sie verraten“, gestand er.

„Ich dachte, die Crew könnte ein wenig Spaß vertragen das fehlt hier eindeutig und mit der Ausstattung kann man sicherlich tolle Partys feiern“, erklärte Lieutenant Almond. „Unbestritten“, bestätigte Van Dyke „Ich wünschte, ich könnte noch einmal so eine Performance wie die von Tony Manero sehen, Live wäre das bestimmt der absolute Kracher.“

Lewis Almond fühlte sich ertappt. „Nun ich habe das mal in langer kleinarbeit Bewegung für Bewegung einstudiert und könnte das sogar machen, aber ich denke das wird wohl nie passieren.“

Roger van Dyke setzte eine vertrauensvolle Miene auf. „Ich glaube, Sie stellen Ihr Licht unter den Scheffel, wie man so schön sagt, Jeder hat im Leben das Recht auf seine berühmten fünf Minuten. Das ist eine andere alte Weisheit.“, entgegnete van Dyke.

„Nun, ich denke das würde eher ein Desaster werden. Was wenn eine solche Show beim Publikum nicht ankommt? Ich würde schon gerne weiter in der Sternenflotte dienen, aber nach so einer Aktion, ich weiß nicht.“ Roger van Dyke nickte und beugte sich über den Tresen, um näher an Lieutenant Almonds Ohr zu kommen. Leise sagte er zu ihm: „Lieutenant, jeder hat das Recht, sich einmal im Leben selbst zum Narren zu machen. Was hält Sie davon ab, nachdem Sie das hier geschaffen haben? Das gehört dazu. Ich bitte Sie, das wird ein voller Erfolg, Sie werden sehen. Aber vergessen Sie nicht die korrekte Kleiderauswahl, denn nur so wird es das, was es sein soll. Perfekt!“, entgegnete Roger van Dyke, grüßte noch einmal in die Runde und nickte Lewis Almond noch einmal aufmunternd zu, dann verließ er den Raum. Er war sich sicher, dass mit dieser neuen Messe ein absolutes Highlight entstanden war und freute sich bereits auf die Einweihungsfeierlichkeiten.

 

Der Tag war anstrengend gewesen und Toni Sanders freute sich auf ihr Bett. Zuvor nahm sie noch einmal ein entspannendes Duschbad, schlüpfte in ihre Nachtwäsche und legte sich zur Ruhe.

Schon nach kurzer Zeit fiel sie in einen Schlaf, in dem sich scheinbar das erlebte in einzelnen Szenen zu wiederholen schien. Vor allem die Aussage von Syndal zu den Wünschen von Captain Hershel tauchte immer wieder in ihrem Traum auf, so als wolle ihr Unterbewusstsein ihr einen Hinweis geben.

Plötzlich erwachte sie, als hätte sie jemand angestoßen. Ruckartig setzte sie sich in ihrem Bett auf und schüttelte den Kopf. Bislang hatte sie kaum einen Gedanken an den vorhergehenden Captain verschwendet. Gut es gab Berührungspunkte, was ganz normal war, aber sie hatte es als gegeben hingenommen, dass sie nun diesen Auftrag ausführen musste. Doch etwas in ihr ließ ihr keine Ruhe. Die Premierministerin hatte ihr so deutlich geschildert, worauf Rhonda Hershel hingearbeitet hatte. Vielleicht hatte sie die Akte des Captains nicht aufmerksam genug gelesen. Irgendwo musste sich doch ein Hinweis finden lassen, den man möglicherweise übersehen hatte, bevor man ihr das Kommando für die USS MALINCHE gab.

Toni Sanders schlug die Decke zurück und stand auf. Sie aktivierte ihr Terminal und rief die Akte von Rhonda Hershel auf. In der Übersicht der Missionen fand sie keinen Hinweis zu Sternenbasen. Sie war für eine lange Zeit auf der USS BOGOTA und konnte dort bis zum ersten Offizier aufsteigen.

Keiner der Aufträge brachte sie auch nur in die Nähe eines solchen Außenpostens der Sternenflotte.

Auf private Aufzeichnungen hatte sie auch als Captain keinen Zugriff, dazu war die Erlaubnis von mindestens einem Dutzend Admirals notwendig, die in einem Gremium über solche Anfragen entschieden. Die Frage war also, wo konnte sie sonst noch Informationen über Captain Hershel erhalten. So wie sie die Frau einschätzte war sie zum aktuellen Zeitpunkt, auch nach den Aussagen des ersten Offiziers, eine sehr verschlossene in sich gekehrte Person, die aufgrund Ihrer Aufgabe verbittert und frustriert war und resigniert hatte.

Einer inneren Eingebung folgend stieg sie wieder in Ihre Uniform und verließ ihren Raum. Es war nicht weit zum Quartier des Captains, es lag nur ein Deck höher unter dem vorderen Casino und war schnell zu erreichen.

Schon nach wenigen Minuten stand sie vor der Tür und öffnete sie mit Ihrem privaten Entriegelungscode. Die Türhälften fuhren auseinander und gaben den Blick ins Captainsquartier preis. „Computer Lichtniveau auf fünfzig Prozent.“, wies sie den Rechner an. Sofort flammte die Deckenbeleuchtung in der angegebenen Stärke auf. Das Quartier war sehr gut aufgeteilt. Auf der linken Seite befand sich ein Wohnbereich mit einem Sofa, zwei Sesseln einem Sideboard zum Verstauen einiger Gegenstände und ein Replikator für Speisen und Getränke. In der Mitte des Raumes war ein geschwungener Schreibtisch zu sehen, an dem es sich sicherlich hervorragend arbeiten ließ, wenn man nicht auf der Brücke stand. Auf der rechten Seite war durch eine Abtrennung der Schlafbereich zu erkennen und ein Durchgang in den Sanitärbereich.

Ihr fiel auf, dass sich in dem Quartier zahlreiche fremde Gegenstände befanden. Sicherlich Geschenke von den unterschiedlichen Kulturen, die sie auf ihrer Deep Space Mission gesammelt hatte. Über dem Schreibtisch hing ein großes Foto der USS BOGOTA, dem Schiff auf dem sie die längste Zeit gedient hatte.

Toni Sanders streifte durch das Quartier auf der Suche nach einem Hinweis, der ihr weiterhelfen konnte. Sie fand ihn in einem Bilderrahmen, der auf der breiten Fensterbank stand und der die gemalte Darstellung einer Sternenbasis vor dem Hintergrund eine Planeten in der Tiefe des Alls darstellte. Das Bild war signiert von Rhonda Hershel und hatte einen Titel, der aufgrund seiner geringen Größe schwer zu entziffern war.

„Home, sweet home Starbase 313 Devlon System“, las sie leise vor und plötzlich erwachte das Display am Arbeitsplatz zum Leben. „Soll die genannte Datei wiedergegeben werden?“ fragte der Computer und Captain Sanders nahm im Schreibtischstuhl Platz. „Datei abspielen“, wies sie den Rechner an und auf dem Bildschirm erschienen die beiden Parteien, die sich gerade unterhielten.

Es waren Rhonda Hershel und ein Mann, der scheinbar das gleiche Alter hatte. Allerdings war Captain Hershel zu diesem Zeitpunkt eine ganz Andere, als bei dem verbitterten Anruf auf der Brücke vor einigen Tagen.

Sie trug ihre Haare offen, war ein positiver Charakter und freute sich auf die Heimkehr.

Das Datum der Aufzeichnung deutete daraufhin, dass sie ungefähr einen Monat vor der Rückkunft der USS BOGOTA geführt wurde. „Hast Du endlich dein Gesuch eingereicht, damit deine Versetzung zur Sternenbasis gesichert ist“, wollte der Mann wissen, „Norman, Du weißt, dass ich das erst machen kann, wenn ich in den Stand eines Captains erhoben werde. Vorher werden sie niemals die Zustimmung geben.“, erklärte Rhonda doch der Mann ließ nicht locker. „das ist Mumpitz, Sisko wurde auch als Commander auf eine Sternenbasis versetzt und ist erst später zum Captain befördert worden. Wenn Du nicht bald Deine Ansprüche anmeldest, dann wird womöglich noch ein anderer diesen Job erhalten. Tue mir das nicht an, Du weißt, was Du dir immer erträumt hast.“, erwiderte er doch auch dieses Mal gab ihm Rhonda Hershel kontra, „Auch wenn Du mein Bruder bist, ich halte mich an die Vorgaben der Sternenflotte. Sobald ich zum Captain ernannt werde, gebe ich mein Gesuch ab. Ich bin mir sicher, dass sie mich berücksichtigen werden.“

Toni Sanders hatte genug erfahren, sie musste die private Aufzeichnung nicht weiter ansehen.

Hershel bildete sich noch immer ein, dass ihr Traum wahr werden konnte. Ihr Bruder indes schien nicht davon überzeugt und warnte sie, dass es zu spät sein könnte für ihren Traum, wenn Sie nach Hause kam.

„Computer Aufzeichnung abbrechen und Link zur Beurteilung an Admiral van Dyke senden. Zeige mir Kommandopersonal der Sternenflotte zur Sternenbasis 313 im Devlon System an.“ Auf dem Display erschienen die Angaben zur Crew. Der Captain dieser Basis wurde drei Tage nach dem Sterndatum zum Dienst berufen, welches sie gerade in der Aufzeichnung gesehen hatte. Es musste die größte Enttäuschung in Hershels Leben gewesen sein, dass sie mit Ihrer Bewerbung zu spät gekommen war und das vielleicht nur weil sie ihrem Bruder beweisen wollte, dass die Sternenflotte keine Fehler macht.

„Computer Terminals abschalten und sichern“, wies sie den Hauptrechner an. Im selben Moment öffneten sich die Türen des Quartiers und Torben Nol der Sicherheitschef und Nyle Rodgers traten in den Raum.

„Captain, was machen Sie hier? Ich habe den Zugriff auf dieses Quartier feststellen müssen und mich mit dem ersten Offizier beraten, was wir tun sollen. Wir sind dann gemeinsam hierhergekommen und sind sehr verwundert, dass Sie sich hier Zugang verschafft haben.“, kam es vom Sicherheitschef.

„Was um alles in der Welt haben Sie hier gesucht?“, wollte der erste Offizier wissen.

„Antworten auf eine wichtige Frage“, sagte Toni Sanders knapp und ging gemäßigten Schrittes aus dem Raum. „Vergessen Sie nicht wieder abzuschließen“, rief sie den verdutzten Herren zu. Dann trat sie in den Turbolift und war verschwunden.

 

*  *  *

 

Im Quartier von Admiral van Dyke ertönte am Morgen das Türsignal. „Herein!“, rief er und wartete darauf wer eintrat. Durch die Türe kam Captain Sanders mit einem sorgenvollen Blick.

Eigentlich wollte er ihr zu der gelungenen Abendveranstaltung gratulieren, aber er sah, dass sie im Moment eine andere Frage plagte.

Roger bot ihr einen Sitzplatz an und Toni nahm in dem Sessel vor dem Couchtisch Platz.

„Die Sternenflotte hat unbewusst einen schwerwiegenden Fehler gemacht“, begann sie.

„Gestern Abend habe ich mit der Premierministerin geplaudert und sie erwähnte, dass Captain Hershel schon vor Ihrer Ernennung zum Captain eine gewisse Vorstellung von Ihrer weiteren Laufbahn hatte. Sie wollte das Leben im Raumschiff beenden und sich für die Leitung einer Sternenbasis bewerben. Allerdings wollte sie scheinbar die ungeschriebenen Gesetze der Flotte einhalten und sich erst dann melden, wenn sie offiziell zum Captain ernannt wurde. Doch noch auf dem Rückflug wurde für Ihr bevorzugtes Ziel ein anderer Kommandant berufen, so dass Sie sicherlich aus Frustration und vielleicht auch aus Resignation nichts mehr gesagt hat, als man Ihr ein eigenes Kommando anbot. Sie hat sich jedoch auf diesem Schiff nicht wohlgefühlt und diese Crew musste darunter leiden.“

Nun war es am Admiral ein betroffenes Gesicht zu machen. „Aber sie hat sich niemals an die Flotte gewandt, um ihre eigenen wünsche zu nennen.“, gab Roger ihr zur Antwort. „Carter Wellington und ich hatten schon seit geraumer Zeit ein Auge darauf, weil sich an diesem Prestigeprojekt keine Fortschritte einstellten. Wir konnten ja nicht ahnen, dass Sie sich so in ihrem Frust festbeißen würde, dass ihr einfach alles nur noch egal war. Damit erklärt sich vieles, die fehlenden Beförderungen, die Lachse Haltung gegenüber den Offizieren und der Aufträge im Allgemeinen. Ihre Akte war makellos bis zur Ernennung als Captain. Manche kommen mit dem Druck nicht zurecht, andere treffen nicht immer die besten Entscheidungen, gelegentlich kommt es vor, dass sich die Offiziere einfach unter- oder ihre Fähigkeiten überschätzen. So etwas stellt man erst dann fest, wenn man in diesem Job als Admiral tätig ist. Um ehrlich zu sein, muss ich gestehen, dass wir Captain Hershel ohne Notwendigkeit in eine ausgedehnte Rehaphase geschickt haben, mit dem Hinweis, dass ihr Schiff derzeit überholt wird und sie somit nichts verpassen würde. Wenn wir derartige Dinge feststellen müssen, dann regeln wir das in der Flotte mit einem sogenannten ‚geräuschlosen Krieg‘ auf interne Weise, ohne den Captain zu diskreditieren und ohne eine offizielle Stellungnahme abgeben zu müssen. Die Verletzungen waren da ein willkommener Anlass, um einen anderen Kommandanten mit dieser Mission zu betrauen, weil es unübersehbar war, dass hier etwas schiefgelaufen ist.

Captain Hershel ist ein eher konservativer Charakter. Sie war von einer Deep Space Mission zurückgekehrt deren Rückkunft fast drei Jahre gedauert hatte. Als Anerkennung bekam Sie die Beförderung zum Captain und dieses Schiff mit der neuesten Technologie, welches die Föderation zu bieten hatte. Keiner wusste, dass es für sie das Schlimmste sein würde, was man ihr antun konnte. Sie fühlte sich womöglich degradiert zu einem niedrigen Offizier, dem man Aufgaben hinwirft, mit der Erwartung, sie ohne Wenn und Aber zu erledigen. Sie hatte wohl den Eindruck man würde sie auf dieses Schiff setzen und jetzt solle sie das Versuchskaninchen für die irrwitzigen Ideen der Admiralität spielen, so wie eine Marionette jeder Bewegung ihrer Bindfäden folgt.“

Auf Anraten von Captain Sanders öffnete der Admiral die Videoaufzeichnung. Ihm wurde bewusst, dass es wohl eine Sache unter Geschwistern war, was Captain Hershel damals so hatte handeln lassen.

„Ich werde mit Carter Wellington reden und schauen, was wir tun können. Vielleicht lässt sich auch das noch korrigieren. Aber versprechen kann ich nichts. Sobald wir wieder in Kommunikationsreichweite sind, werde ich das erledigen. Ich kann mich nur bei Dir bedanken. Anders wären wir niemals darauf gestoßen und hätten Sie wahrscheinlich mit einem anderen Kommando noch in eine viel tiefere Krise gestürzt. Doch jetzt, wo wir dies Wissen, werden wir eine Lösung finden.

Apropos Lösung, Du hast mit deiner Idee wieder einmal den Vogel abgeschossen. Die Veloraner so einzulullen, dass sie Dir aus der Hand gefressen haben, war wirklich ein Kunststück, das kaum einem anderen eingefallen wäre.“, erklärte Roger van Dyke.

„Das ist zu viel des Guten“, sagte Toni Sanders, „ich habe nur meinen Job gemacht, denn das ist es, was die Sternenflotte voranbringt. Und wer sagt denn, dass man für die Hilfe die man gibt nicht auch eine Anerkennung verdient hat. Wir haben nichts gefordert, wir haben nur Informationen angeboten.“

Roger musste leise lachen, „Ja, Informationen die so neugierig machen, dass man alles tun würde um mehr davon zu erfahren.“ Auch Toni Sanders lachte verschmitzt, „Seit wann ist es denn verboten die Neugier anderer für seinen Vorteil auszunutzen, letztendlich haben wir beide etwas davon, sowohl die Föderation als auch die Veloraner. Aber jetzt muss ich zur Brücke ich bin schon spät dran.“

Roger van Dyke schüttelte den Kopf, „Ja, Ja, ich weiß“, antwortete Toni, „Ein Captain kommt nie zu spät, er kommt auch nie zu früh. Er kommt genau dann, wenn er es beabsichtigt dort zu sein!“ Mit einem leisen Lachen verabschiedete sie sich und machte sich auf den Weg zur Brücke.

 

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