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Der Aufpasser

von Harald Latus

Kapitel 3

Kapitel 3

 

Am frühen Morgen erwachte Captain Sanders langsam aus einem erholsamen Schlaf. Sie war gestern Abend zufrieden zu Bett gegangen und hatte das Gefühl, dass ihr erster Offizier besonders durch den Rundgang am Abend von Ihrem Wissen profitieren konnte. Es sollte keine Lehrstunde sein, sondern eher eine Empfehlung, wie man sich das Leben leichter machen konnte.

Noch mit geschlossenen Augen bemerkte sie, dass etwas nicht wie sonst war. Irgendetwas hatte sich verändert. Etwas fehlte, was sonst immer präsent war und das war…

…das sonore und unterschwellige Brummen des Warpantriebs. Sie öffnete die Augen und Ihr Kopf drehte sich zum Fenster. Sie sah mit Verwunderung den statischen Anblick des Weltraums. Keine Warpsterne, die an ihrem Fenster vorbeizogen, einfach nur Stillstand.

Sie prang aus dem Bett zu ihrer Uniform und tippte den Kommunikator, „Sanders an Commander Rodgers. Warum haben wir angehalten?“

Es dauerte einen kleinen Moment, dann meldete sich der erste Offizier, „Rodgers hier. Ihre Annahme ist nahezu richtig. Die Maschinencrew wollte Sie damit überraschen. Wir fliegen mit vollem Impuls weiter, solange der Chefingenieur die Dilithiumkristalle gegen Benamitkristalle austauscht, damit wir einen ersten Flug mit Slipstream veranlassen können. Er wird noch ungefähr eine Stunde für den Umbau benötigen“

Captain Sanders grummelte in sich hinein, sie wollte dem ersten Offizier nicht direkt die Motivation rauben. „Die Überraschung ist ihm auf jeden Fall gelungen. Besonders als ich aus dem Fenster gesehen habe. Ich bin gleich auf der Brücke. Sanders, Ende.“

 

Nach wenigen Minuten trat Captain Sanders mit einem gespielten Lächeln auf die Brücke, in der Hoffnung, dass keiner ihre verärgerte Gemütsverfassung erkennen würde. „Bericht!“, wandte sie sich an den ersten Offizier, der bereits die Leitung übernommen hatte und aus dem zentralen Stuhl aufgestanden war. „Wir fliegen seit annähernd einer Stunde mit vollem Impuls, nachdem der Warpantrieb abgeschaltet wurde. Die Schiffssysteme werden derzeit von den Generatoren gespeist. Die Wissenschaftscrew hat geliefert, es liegt eine Vorausberechnung für die gewünschte Strecke vor. Wir befinden uns derzeit noch im Föderationsraum, drei Flotten operieren in der Nähe. Daher entschied ich, dass es ungefährlich wäre an dieser Position die Umstellung vorzunehmen, die immerhin zwei Stunden in Anspruch nimmt. Alles weitere finden Sie in diesem Padd“, erklärte er und reichte dem Captain das Anzeigegerät.

Toni Sanders war positiv überrascht. Sicherlich hatte es nur deshalb funktioniert, weil sie gestern den Commander als zentralen Ansprechpartner für alle angegeben hatte, daher waren die Berichte bei Ihm aufgelaufen. Das war zumindest ein Lichtblick. „Gute Arbeit Commander, künftig sprechen Sie das bitte vorher mit mir ab.“ Commander Rodgers nickte, „Selbstverständlich Captain.“

Captain Sanders warf einen prüfenden Blick auf die Brückencrew. Sie hatte sich zum Vortag nicht verändert. Ucla Codas, die blauhäutige andorianische Frau saß an der OPS. Die Fühler, die aus Ihrem Kopf ragten, waren leicht nach vorne geneigt. Der Vulkanier Torn, der seine Station in ihrem Rücken hatte, prüfte seine Systeme, was wohl eine wiederkehrende Aufgabe war, die immer dann anstand, wenn das Schiff wie in diesem Fall exponiert war.

Während Nora Landris, die drahtige Frau mit den kurzen hellbraunen Haaren, das Steuer bediente, saß Paul Renner, ein erfahrener Lieutenant rechts von ihr an der Navigationskonsole. Captain Sanders wunderte sich, dass er noch immer einen so niedrigen Rang hatte, obwohl seine Akte makellos war.

Nichelle Rand, eine afroamerikanische Frau mit dunkler Hautfarbe und einer voluminösen schwarzen Lockenpracht auf dem Kopf bediente die Kommunikation und sorgte dafür, dass die Universalübersetzer richtig arbeiteten. Wie Toni Sanders erfahren hatte, gab es auf diesem Schiff dreiundzwanzig Personen, die keinen Föderationsstandard sprachen. Das konnte in kritischen Situationen leicht zum Problem werden.

Villiana Roskova eine Frau aus der östlichen Hemisphäre der Erde stand rechter Hand an der Wissenschaftskonsole und hatte gerade eben eine Grafik aufgerufen, die derjenigen glich, die Toni gerade auf dem Padd sah, welches der Commander ihr gegeben hatte.

„Captain Sanders an Maschinenraum. Lieutenant Walker, wie sieht es mit dem Antrieb aus?“, wollte sie wissen und erhielt die gleiche Antwort, die der erste Offizier gerade wiedergeben hatte.

„Ich hatte Commander Rodgers bereits darüber informiert, dass wir noch eine knappe Stunde brauchen werden um den Benamit Kristall genau zu justieren und dann den Antrieb neu hochzufahren. Hat er das in seinem Bericht vergessen zu erwähnen?“ Captain Sanders war ein wenig erstaunt über den Ton des Chefingenieurs, aber diese Situation war sicherlich purer Stress für ihn und es war nur verständlich, wenn man dann leicht gereizt reagierte.

„Okay Lieutenant. Ich freue mich auf den ersten Einsatz, geben Sie Bescheid, wenn Sie bereit sind. Sanders, Ende.“

„Lieutenant Roskova, das Prinzip ist mir geläufig, es wird an der Akademie gelehrt. Was gilt es noch bei dem Flug unter Slipstream zu beachten?“ Die Angesprochene drehte sich um und sah den Captain ein wenig missbilligend an. Captain Sanders war sich nicht sicher, ob dies ein Zeichen von Ablehnung oder ein typisches Verhalten ihrer Herkunft war.

„Der Antrieb wird nicht über die Warpgondeln erfolgen, sondern über den Hauptdeflektor abgestrahlt. Das Schiff fliegt dann wie in einem Subraumtunnel, ähnlich der Geschwindigkeit des Subraumfunks. Allerdings ist im Gegensatz zu einem einfachen Signal hier auch noch das Schiff, also ein physisches Element zu bewegen, welches Raum benötigt. Man kann es sich also so vorstellen, als würde man einen Schlauch aufblasen, der den Subraum dehnt, so dass das Schiff hindurchpasst. Die Phasenvarianz darf nicht zu groß werden, sonst wird man aus dem Tunnel geschleudert. Ein Restrisiko besteht also immer. Wir haben hierfür einen Phasenvarianzkompensator an Bord, der diese Abweichungen automatisch berechnet und ausgleicht. Die Länge der Reisezeit im Slipstream wird von den Benamit Kristallen bestimmt, die sich durch die Nutzung zersetzen. Sie lassen sich zwar rekristallisieren, die Prozedur ist allerdings aufwendig. Je besser die Matrix abgestimmt ist, umso länger halten sie. In gleichem Maße wie die Kristalle zersetzt sich auch die Datenmatrix. Sie muss vor einem wiederholten Einsatz neu erstellt werden. Das Schiff ist mit acht Sätzen an Benamit Kristallen ausgerüstet. Ursprünglich war es für eine wiederholte Nutzung ausgelegt. Captain Hershel hat jedoch nur selten auf diese Möglichkeit zurückgegriffen.“, erklärte die Wissenschaftlerin. Captain Sanders nickte, „Danke für die detaillierte Schilderung, wir werden hoffentlich bald sehen, wie es funktioniert.“

 

*  *  *

 

Die Zeit verging langsam. Toni Sanders blickte immer wieder auf das kleine Statusdisplay in ihrer Armlehne. Dann endlich ertönte die Stimme des Chefingenieurs. „Captain, hier Lieutenant Walker. Wir haben den Umbau abgeschlossen und den Kern reaktiviert in zwei Minuten ist er vollständig hochgefahren und einsatzbereit.“ Captain Sanders war dankbar. Das lange Warten und das damit verbundene Nichtstun hatte sie mürbe gemacht. „Danke Lieutenant. Wir bereiten uns auf die Aktivierung vor. Sanders, Ende.“ Jetzt war es an der Zeit eine weitere Maßnahme zu starten, für die sie Lieutenant Sonal extra auf die Brücke beordert hatte. „Lieutenant Sonal, speichern Sie vor und nach dem Flug eine Kopie der Matrix ab, ich möchte Sie nach Abschluss der Aktivierung mit dem Endresultat vergleichen.“

„Aye, Captain“, kam die Stimme des Vulkaniers, der diese Aufgabe sofort erledigte.

Dann endlich kam die Stimme des Chefingenieurs aus dem Lautsprecher. „Captain, wir sind bereit für den Flug mit Slipstream, wir haben die Hochrechnung der Matrix ausgedehnt, Sie haben dreißig Minuten. Das sollte für einen ersten Test ausreichen, um genügend Informationen zu erlangen, ob es sich ausweiten lässt.“

Toni Sanders war erleichtert. Das brachte sie ihrem Ziel einen kleinen Schritt näher. „Gut, dann wollen wir es wagen. Sichern Sie alle Systeme, damit keine Probleme auftreten.

Kutscher, Sie haben es gehört, gehen Sie vom Trab in den Galopp, lassen Sie die Peitsche knallen.“, richtete sich der Captain nun an die Steuerfrau Nora Landris, die den Befehl für die Beschleunigung sofort umsetzte.

Eon Heller Lichtstrahl bildete sich ausgehend vom Deflektor des Schiffes und ein milchiger Tunnel formte sich vor dem Schiff. Trotz der hervorragenden Trägheitsdämpfer war der Beschleunigungsruck so stark, dass es alle in die Sitze drückte. Das Geräusch war völlig anders als beim Warpantrieb, es war eher das Pfeifen einer Flöte mit einem tiefen Ton, der ganz leicht variierte. Das lag wohl an dem Kompensator, den die Wissenschaftlerin erwähnt hatte, der nun seine Arbeit verrichtete. Während man beim Warpflug die zurückgelegte Distanz mehr als statische Anzeige wahrgenommen hatte, konnte man nun auf dem Display tatsächlich eine Bewegung feststellen. Ein Zeichen dafür, dass man deutlich schneller unterwegs war. Die Minuten vergingen und das Quantenslipstreamfeld blieb stabil.

Captain Sanders konnte nicht verstehen, dass man erst jetzt nach so langer Zeit anfing diese Möglichkeit wirklich zu nutzen. Alles lief bestens und Toni Sanders sah keinen Grund den Flug abzubrechen, nachdem die vom Chefingenieur genannten dreißig Minuten abgelaufen waren.

Das Erste, was sich veränderte war der Ton, der erst unmerklich, aber dann doch deutlicher auf und abschwoll. Captain Sanders sah fragend zur Wissenschaftskonsole. „Die Phasenvarianz fluktuiert ein wenig“, war von Ihrer Station zu hören, dann fing der Flug an unruhig zu werden.

Es war ein Gefühl des Ruckelns und Stotterns, als wenn einem alten benzingetriebenem Fahrzeug der Sprit ausging. Dann gingen alle Lichter aus und die Notbeleuchtung flammte auf. Es gab einen heftigen Ruck, der alle nach vorne warf und der Slipstream endete abrupt. Nora Landris hatte Mühe das Schiff in Flugrichtung zu halten, denn das Heck hatte übersteuert und sie flogen quer zur Längsachse.

Sofort tippte Captain Sanders auf ihren Kommunikator, „Maschinenraum, was ist passiert? Bericht!“

„Das sehen Sie sich besser selbst an!“, war die ärgerliche Stimme von Henry Walker zu hören.

Sofort erhob sich Toni Sanders aus ihrem Stuhl. „Fliegen Sie derweil mit maximalem Impuls weiter.“, wies sie das Steuer an, aber der Lieutenant antwortete ihr sofort. „Das Schiff reagiert nicht mehr, ich konnte gerade noch mit den Steuerdüsen die Flugrichtung halten, unser Antrieb ist derzeit aus.“

Toni Sanders presste ein „Verstanden“, hervor und war schnell im Turbolift verschwunden. Commander Rodgers trat nach vorne und übernahm die Aufsicht.

 

*  *  *

 

Henry Walker war gerade dabei die Scherben eines Displaybruchs an der Wand zusammenzukehren, als Captain Sanders den Maschinenraum betrat. In der Luft lag ein beißender Geruch, während noch immer Rauchschwaden durch den Raum zogen.

Mehrere Konsolen waren geborsten und die Techniker eilten herbei, um kleine immer wieder auflodernde Flammen von Elektrobränden zu löschen und erste Ersatzbauteile herbeizuschaffen.

„Das sieht aber Böse aus“, konstatierte der Captain. „Ja, woran Sie nicht ganz unschuldig sind.

Welchen Teil von ‚exakt dreißig Minuten‘ haben Sie nicht verstanden?“

Der Captain versuchte einen versöhnlichen Ton anzuschlagen, „Nun, ich weiß, dass Ingenieure immer ein wenig untertreiben. Der gute alte Montgommery Scott hatte dafür immer ein gutes Händchen und konnte seinen Captain damit immer begeistern.“

„Ma’am, ich bin auch Schotte. Jeder von unserem Volk ist stolz auf seine Leistung und jeder, wirklich jeder hat sein eigenes Credo. Bei mir heißt es ‚What I say, ist what you get‘, will heißen, was ich sage, das bekommen Sie auch. Nur das Beste. Auf keinen Fall weniger, aber auch nicht mehr. Es wäre gut, wenn Sie dies in Ihren Berechnungen berücksichtigen. Ich kann Ihnen sagen, wo die Grenze liegt. Den von Ihnen gewünschten Sicherheitspuffer bestimmen Sie.“, damit schob er die Scherben in eine kleine Schaufel und transportierte sie zum Recyclingkorb. Keine zehn Sekunden später setzten seine Leute ein neues Display ein und verbanden es mit der Energieversorgung.

Captain Sanders wurde klar, dass der Maschinenraum ein eigener kleiner Kosmos war. Sie versuchte zu verinnerlichen, was ihr der Chefingenieur gesagt hatte. Auf vielen Schiffen der Flotte war es anders gelaufen. Man bekam nur die Mindestanforderung genannt und folglich war bei fast allen Systemen immer Luft nach oben, die der Captain, der erste Offizier oder ein verantwortlicher Leiter ausschöpfen konnte, sofern er es für nötig hielt. Aber es war eine wichtige Erkenntnis, die sie beherzigen musste. Bei den Angaben des Chiefs gab es kein Netz, keinen doppelten Boden und kein Auffangsystem, wenn man die Grenze überschritten hatte.

„Gut, dann überlasse ich Ihnen hier die Führung. Kommen Sie in meinen Raum, wenn Sie bereit sind für eine Wiederinbetriebnahme des Hauptantriebssystems.“, erklärte der Captain. Damit drehte sie sich um und verließ den Maschinenraum.

 

Bereits um elfuhrdreißig hörte Captain Sanders das Türsignal im Bereitschaftsraum. „Herein“ rief sie deutlich und der Chefingenieur trat durch die sich öffnenden Türen. „Hier bin ich Captain, wie befohlen.“, sagte der Schotte und hielt dem Captain seinen Bericht auf einem Padd hin, den Sie entgegennahm.

„Der Antrieb ist wieder einsatzbereit. Meine Männer haben die Schäden beseitigt, die bei der Nutzung des Slipstreamantriebs entstanden und sind bereits bei den Vorbereitungen für einen neuen Flug mit längerer Dauer.“

Captain Sanders wies auf das Sofa vor dem Fenster und begleitete den Chief bis zu seinem Sitzplatz. „Ich weiß klare Anweisungen zu schätzen, aber hierher befohlen habe ich Sie ganz sicher nicht. Es war eher ein Wunsch, um mit Ihnen das Ganze zu besprechen, auch wenn es durch mein Zutun aus dem Ruder gelaufen ist. Ich kann einen Fehler zugeben, wenn ich ihn gemacht habe. Mir war nicht klar, dass Sie eine andere Grundeinstellung haben. Da hätte ich mich besser vorbereiten müssen. Ich freue mich, dass Sie die Schäden so schnell beheben konnten und Sie sind hier, weil ich mit Ihnen eine Lösung für längere Laufzeiten finden möchte.“

Der Chief war etwas erstaunt, das konnte Captain Sanders an seinem Gesicht deutlich ablesen.

„Mit Verlaub, Captain Hershel hat nie ein solches Gespräch gesucht. Sie war an Meinungen anderer Personen nicht interessiert. Sie hat die Vorgaben gemacht und wir haben das umgesetzt.“, erklärte der Lieutenant.

„Aber von anderen Captains kennen Sie diese Vorgehensweise doch sicherlich“, wollte Toni wissen, doch der Chief schüttelte den Kopf. „Vielleicht lag es auch am Rang. Wer will sich schon von einem Ensign oder Lieutenant Junior Grade etwas sagen lassen, und sei es eine der besten Ideen, die es gibt“, gab Walker zur Antwort. Toni ließ sich nach hinten in die Lehne sinken und sah den Ingenieur an, der diese Position nachahmte.

„Wissen Sie, es liegt vielleicht auch daran, auf welchem Schiff man dient“, sagte der Captain. „Mein Captain war damals ganz anders. Er hat sich von jedem die Einschätzungen eingeholt und da waren einige waghalsige Dinge dabei, das kann ich Ihnen sagen. Eines hat er aber nie getan: Diese Vorschläge einfach abgetan, weil sie von einem Fähnrich, einem Crewman oder einem Zivilisten kamen. Er ist immer respektvoll mit seiner Crew umgegangen. Er konnte auch hart sein, er konnte verschlagen sein und manches Mal sogar unbeherrscht. Aber er war immer gerecht. Das hat ihm seine Crew hoch angerechnet.“

„Was ist aus ihm geworden, und warum haben Sie dieses Schiff verlassen?“, wollte der Chief wissen. Captain Sanders lächelte bei dem Gedanken an ihren damaligen Abschied. „Ich habe ihn als Commander verlassen, weil er seinen ersten Offizier nicht abgeben wollte, deshalb bin ich gegangen. Kurz darauf, bereits bei meiner ersten Mission gab es eine Situation, in der ich das anwenden konnte, was ich bei ihm gelernt hatte. Das hat meine Karriere stark beschleunigt.

Er ist inzwischen Admiral und hat einen sehr besonderen Job, aber er ist immer noch sehr nah am Puls der Zeit, das können Sie mir glauben.“

Captain Sanders aktivierte das Padd des Ingenieurs und legte den Bericht auf den Wandschirm.

„Was sehe ich mir da gerade an“, wollte sie wissen, denn drei große Tabellen wurden auf dem Display dargestellt.

„Das sind die Logdateien des Fluges. Der Matrixabbau, der Kristallzerfall und die Leistungskurve des Slipstreams.“ Für den Captain waren diese Angaben zu technisch. Sie konnte mit den reinen Zahlen nicht viel anfangen.

„Wie hängt das alles zusammen, können wir aus diesen Angaben lernen, wie wir schneller, länger oder weiter fliegen können?“, wollte der Captain wissen. Der Chefingenieur schaltete die Angaben auf eine Grafik um, die wenigstens einen Kurvenverlauf darstellte.

„Dafür ist es leider noch zu früh. Wir stehen wie gesagt erst am Anfang, weil uns Captain Hershel den Antrieb niemals richtig hat nutzen lassen. Man könnte fast sagen, sie hatte eine Aversion dagegen. Für uns bedeutet das viel zusätzliche Arbeit weil wir vieles in kurzer Zeit aufholen müssen, aber wir wollen auch dieses System so nutzen können, dass es uns den Vorteil bringt, der möglich ist.

Deshalb sind wir Ihnen dankbar, dass wir es nun einsetzen können. Allerdings sind wir noch weit von Ihrem Wunsch entfernt. Eine Nutzung von 24 Stunden wäre fantastisch… aber wir haben uns schon als Helden gefeiert, als wir es für diese dreißig Minuten geschafft haben.“, rutschte ihm am Schluss noch ein Nachsatz heraus.

Beide gingen im Detail durch, wie sich der Ingenieur die nächste Nutzung vorstellte. Dafür peilte er eine Slipstreamdauer von einer Stunde an. Er war zuversichtlich, dass er dies mit dem nächsten Satz an Benamitkristallen hinbekommen würde. Ein Problem hatte sich aber noch nicht lösen lassen. Die Rekristallisierung des verbrauchten Benamits benötigte zwar nur wenig Energie, brauchte aber nach Einschätzung von Lieutenant Walker eine halbe Ewigkeit und definierte dies mit mindestens zwei Tagen. Der Vorrat beschränkte sich auf acht Sets und wenn die Zerfallsrate proportional zur Nutzung lag, war abzusehen, dass die Wiederholung des Vorgangs dann noch länger dauern würde.

Eine weitere Zeitfalle war die ständige Umrüstung zwischen Dilithium und Benamit. Der Ausbau der Kristalle war zwar einfach, aber nach dem Einsetzen mussten die Kristalle einer sehr aufwendige Einmessprozedur unterzogen werden die sehr exakt zu erfolgen hatte, um die für dieses Schiff angegebene Warpgeschwindigkeit von 9,9995 zu erreichen, oder den Slipstreamantrieb zu verwenden. Hierfür musste noch eine Optimierung gesucht werden.

Die Besprechung hatte nahezu eine Stunde in Anspruch genommen und Captain Sanders blickte zur Uhr, die inzwischen zwölfuhrdreißig anzeigte. Sie hörte in sich hinein und stellte fest, dass ihre Energie und Konzentration zur Neige ging. Sie stand auf und streckte Ihre Glieder. „Vielleicht ist es an der Zeit etwas zu Essen zu sich zu nehmen und wir kommen dann auf neue Lösungen.“, schlug sie dem Chefingenieur vor und begab sich zum Replikator. „Was hätten Sie gerne?“, fragte sie den Lieutenant. Der Mann erhob sich ebenfalls und gesellte sich zum Captain, der vor dem Replikator stand. „Nun, in Anbetracht dass wir etwas geleistet haben und es vermeiden konnten selbst gegrillt zu werden, wäre ein Festgericht das Mindeste. Bei wichtigen Anlässen serviert man gerne Haggis, Neeps ‚N‘ Tatties“, entgegnete der Chefingenieur, „Das ist in Schottland ein Nationalgericht, eine schmackhafte Fleisch-Spezialität, die traditionell zu feierlichen Anlässen wie Hochzeiten, Burn’s Night oder Hogmany, sprich Neujahr, serviert wird. Hergestellt wird es im Original aus Schaflunge, -leber und -herz, kombiniert mit Zwiebeln, Haferflocken und Gewürzen, dieses Gericht wird typischerweise von Rüben ‚Neeps‘ und Kartoffeln ‚Tatties‘ begleitet und mit einer Whisky-Sahne-Sauce angemacht. Ich bin gespannt, was der Replikator daraus macht. Ich habe es nie versucht zu bestellen.“

Captain Sanders wandte sich an den Replikator, „Einmal bitte Haggis mit Neeps ‚N‘ Tatties und für mich einen italienischen Salat ohne Thunfisch.“

Einige Verarbeitungstöne waren zu hören und im Ausgabefach erschienen die gewünschten Speisen. Das Häggis duftete köstlich. Ob es den Geschmackstest bestehen würde, blieb jedoch abzuwarten. Die beiden Offiziere nahmen ihre Gerichte und gingen wieder zum Couchtisch. Es war nicht so bequem, weil der Tisch niedrig war, aber es ging. Während des Essens fiel Captain Sanders eine Frage ein. „Sie sagten, dass der Captain wenig von Vorschlägen hielt und eher sein eigenes Urteil umsetzte. Um ehrlich zu sein ist mir auch schon aufgefallen, dass es hier so eine Art von Resignation gibt. Wie ist Ihre Crew damit überhaupt umgegangen. Der Councelor muss hier regen Besuch gehabt haben“, wollte Toni Sanders wissen. Dem Chief schien es zu schmecken, er hatte gerade eine große Portion Fleisch in seinen Mund gestopft und musste erst kauen und herunterschlucken, bevor er in der Lage war zu antworten. „Einen Councelor gibt es nicht auf diesem Schiff. Der Chefarzt hat einmal versucht so etwas ähnliches umzusetzen, da auch er der Schweigepflicht unterliegt und die Personen somit geschützt wären. Der Captain hat ihm dies jedoch unter Strafandrohung untersagt, weil er nicht über eine zertifizierte Ausbildung verfügt. Somit hatte die Crew keinen Ansprechpartner mehr, dem man sich anvertrauen wollte. Einige hatten ihre Wünsche beim ersten Offizier hinterlassen, aber nie wieder etwas gehört. Aber bitte, auch das ist nur Hörensagen, ich selbst habe weder das eine noch das andere versucht, mit Ausnahme der Nachfrage des Beförderungswunsches.“

Captain Sanders sah das Problem. Der vorangegangene Captain hatte alles und jeden abgewürgt, was nicht in ihre Vorstellungen passte. Sie tippte auf Ihren Kommunikator:
„Sanders an Lieutenant Commander Carter Newman.“ Nach wenigen Sekunden erfolgte eine Antwort. „Hier spricht der leitende medizinische Offizier Carter Newman, gibt es einen Notfall?“
Der Captain musste leise lachen, „Nein keinen Notfall. Ich habe gerade erfahren, dass Sie für die Crew den Beistand eines Councelors umsetzen wollten“, versuchte Sie einen Einstieg, „Ja, das ist korrekt. Ich wurde jedoch von Captain Hershel darauf hingewisen, dass mir die notwendige Ausbildung für diese Tätigkeit fehlt. Ich habe daher die Maßnahme wieder eingestellt.“ In seinem Tonfall lag Verbitterung, was Captain Sanders durchaus verstehen konnte.

„Ich würde es begrüßen, wenn Sie dennoch Ihre Expertise und die Interaktion mit der Crew wieder aufnehmen würden. Richten Sie umgehend einen Zeitrahmen ein, in dem die Crew sich mit Fragen und Nöten an Sie wenden kann. Wenn erforderlich können Sie mit mir anonymisiert darüber reden und ich werde sehen, wie ich helfen kann.“ Für einen Moment war es ruhig in der Sprechverbindung, dann kam wieder die Stimme des medizinischen Offiziers, „Das ist sehr großzügig, aber ich besitze nicht die notwendige Qualifikation. Ich muss daher ablehnen.“
Toni wusste, warum sich der Offizier weigerte. „Das lassen Sie einmal meine Sorge sein. Als Arzt unterliegen Sie der Schweigepflicht und sind damit für diese Tätigkeit am besten geeignet. Ich bin der Ansicht, dass diese Crew dringend einen Councelor, oder einen Ansprechpartner mit Ihren Kenntnissen und Einfühlungsvermögen braucht. Und wenn es das braucht, was sie benötigen, dann ist es eben ein Befehl.“ Wieder entstand eine Pause dann kam die Stimme von Carter Newman, „Aye Captain, ich werde sofort einen Plan ausarbeiten und ihn schiffsweit bekannt machen.“ Captain Sanders nickte, wohlwissend dass der Arzt sie nicht sehen konnte, „Danke, Sanders, Ende.“
Der Chefingenieur hatte in der Zwischenzeit seinen Teller restlos geleert und sah den Captain nun schuldbewusst an. „Nein, alles gut, es war richtig, dass sie weitergegessen haben. Mein Salat kann schließlich nicht kalt werden. Aber manche Sachen muss man eben sofort regeln und ich stelle fest, dass es hier nach meinem Ermessen, sehr viel zu regeln gibt.“
Dem Captain war nicht entgangen, dass in den Crewakten ein wichtiger Hinweis zum medizinischen Offizier enthalten war. Er war im Alter von zwei Jahren als einziger Überlebender eines Transporterunfalls von einer Erdenfamilie aufgenommen worden, die ihm ein Heim boten und für seine Jugend und Ausbildung sorgten.

Es gab keine richtigen Aufzeichnungen. In der Akte wurde er als Mensch geführt, aber Toni Sanders hatte von van Dyke gelernt auf die kleinen Dinge zu achten. Und so war ihr nicht verborgen geblieben, dass der Geburtsort wohl nicht auf der Erde lag. Das Passagierschiff, auf dem er und seine Eltern reisten, war ursprünglich in einer kleinen Siedlung auf Betazet gestartet. Möglicherweise hatte dies auch Captain Hershel herausgefunden und entsprechende Schlüsse gezogen. Toni schätzte sie inzwischen so ein, dass Sie keinen in ihrer Nähe geduldet hätte, der Ihre Gemütsverfassung zu deuten gewusst hätte.

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