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Starship Vengeance - Hinter feindlichen Linien

von Thilo

Verdeckte Aufklärung

In der Cafeteria spielte die Stereoanlage eine aufputschende Musicalnummer, während die Vengeance zu ihrem Ziel eilte. Hel erkannte es als eines der Lieder aus dem Logrecorder der Enterprise unter Captain Pike, als diese versehentlich eine Musical-Quantumrealität geschaffen hatte. Sie bemerkte, dass gleichzeitig ihr gegenüber Ineiau einen fast wehmütigen Eindruck machte.

„Skipper, Sie kennen die Sängerin von I am ready?“, fragte sie die alte Ani.

Ineiau schien regelrecht aus Erinnerungen aufzutauchen und sah Hel an, bevor sie den Kopf schüttelte. „Nein, ich habe Christine … Church? …“

„Christine Chapel“, berichtigte Rebecca Fisher sie, während sie ihnen gleichzeitig zwei frisch zubereitete Cappuccino hinstellte.

Nicht nur zu Hels Erstaunen hatte die Androidin von sich aus in ihrer Freizeit die Aufgaben einer Barista mit einem buchstäblich enzyklopädischen Wissen über Cocktails und Drinks in der Cafeteria übernommen. Irgendwie war es Hel unheimlich von einer Terminatrix bedient zu werden.

„Ich habe sie in zehn oder mehr Jahren nur zwei oder drei Mal gesehen, aber nie mit ihr gesprochen. Sie blieb gerade in den späteren Jahren ziemlich im Hintergrund. Sonst hatte ich eigentlich immer nur näheren Kontakt mit der Kommandocrew und den Wissenschaftlern der Enterprise, sowohl unter Chris Pike wie auch Jim Kirk.“

„Gibt es eigentlich auch von Ihnen Aufzeichnungen aus dieser Musical-Realität?“, fragte Hel mit geweckter Neugier.

Ineiau lächelte jetzt schalkhaft. „Nein, die Shiva war außer Reichweite und nicht betroffen. Was vielleicht ganz gut ist. Selbst meine Lebensgefährtin Hekari ist der Überzeugung, dass mein Gesang einen eklatanten Verstoß gegen die Genfer Konventionen darstellt.“

Hel hob überrascht eine Augenbraue angesichts der von Ihrem Gegenüber mit einer sanften, tiefen Frauenstimme abgegebenen Erklärung.

Auf der anderen Seite der Cafeteria saßen die Frikka-Wölfe zusammen und teilten Erinnerungen und Erzählungen miteinander. Hel hatte bereits bemerkt, dass es Ineiau unangenehm war, wenn die Rede auf sie selbst und ihre von den Wölfen idealisierte und aufgebauschte Rolle bei der Vereinigung der Stadtstaaten von Frikka kam. Bisher hatte sie es aber still toleriert.

Aber jetzt hatte sich offensichtlich die Sicherheitschefin Lani richtig in Fahrt geredet.

„Es ist kein Wunder, dass der Klingone auf Deep Space 9 Angst vor unserem Captain hatte! Auf ihrer ersten Mission hat Ineiau allein und unbewaffnet ein Dutzend klingonische Krieger im Maschinenraum der Phantom getötet, ohne einen Kratzer davonzutragen“, erzählte Lani stolz ihrem Publikum. Dann wurde sie sich Ineiaus absolut fassungslosen Blickes bewusst und stoppte mit ihrer Erzählung.

„Es war ein Klingone im Hangar, und er hat mich fast getötet!“, protestierte Ineiau, nachdem sie angesichts der Balken biegenden Übertreibungen wieder Worte fand.

Lani klappte schuldbewusst ihre Ohren nach hinten.

 

Auf der Brücke der Defiant hörte Captain Sisko nachdenklich der Diskussion seiner Brückencrew zu, die sich um die Möglichkeit der Enttarnung von Gründern durch Ani drehte.

„Durch die zunehmende Verbreitung von Holotechniken auf den meisten Föderationswelten gibt es inzwischen kaum noch Ani, die außerhalb ihrer Heimatwelt leben“, überlegte Doktor Julian Bashir laut, der neben Siskos Kommandosessel stand.

„Was haben Hologramme jetzt damit zu tun?“, fragte Major Kira Nerys von der Kommunikationsstation.

„Giftschlangen …“, begann Commander Worf von der Taktischen Station.

Sisko unterbrach ihn mit einem scharfen Blick. „Commander Worf!“

„Ani gehören zu den wenigen Spezies, die nicht in der Lage sind, Hologramme und ähnliche Technologien richtig wahrzunehmen. Zum Teil haben sie förmlich schmerzhafte allergische Reaktionen auf Hologramme. Dementsprechend sind diese auf ihrer Heimatwelt Areka verboten“, erklärte Worf weitgehend unbeeindruckt von Siskos Einwurf.

„Aber Hologramme gibt es doch heutzutage überall. In der Werbung, in der Unterhaltung, in der Politik und in Starfleet! Selbst auf Bajor wurden während der cardassianischen Besetzung vom Widerstand holografische Projektionen zur Tarnung verwendet“, wandte Kira ein.

„Und das ist ein ziemliches Problem für Ani und andere Spezies, deren Sehvermögen mit Hologrammen nicht kompatibel ist. Deshalb gibt es auch in Starfleet kaum noch Ani. Vor einem Jahrhundert waren es noch einige Tausend, die zum Teil ganze Schiffe besetzten. Aber heute sind es nur noch wenige Hundert, wenn überhaupt so viele. Und an der Akademie sind meines Wissens zurzeit nur zwei Ani als Anwärterinnen eingeschrieben“, ergriff wieder Bashir das Wort.

„Waren eingeschrieben, Doktor!“, berichtigte Sisko ihn bitter. „Bei der Begrüßung ihres Jahrganges wurde eine große Holoshow für die neuen Anwärter abgespielt. Beide Ani sind noch am gleichen Tag wieder abgereist. Und eine von ihnen soll sogar Augenschäden davongetragen haben.“ Er bemühte sich, seine eigene Verärgerung darüber zu unterdrücken. „Aus Protest dagegen haben vier weitere Anwärter und zwei Ausbilder ebenfalls ihren Abschied genommen.“

„Das kann doch kaum ein Versehen gewesen sein?“, empörte sich Cadet Nog von einer der Technikstationen.

Sisko schüttelte den Kopf. „Die dafür Zuständigen haben sich mit Unwissenheit herausgeredet. Und sie sind mit erstaunlich milden Disziplinarstrafen davongekommen.“

Worf ergänzte: „Seit dem Beginn des Konflikts mit dem Dominion und deren formwandelnden Gründern sind viele längst begrabene und vergessene Vorurteile gegenüber Ani und allgemein anderen Gestaltwandlern wieder hochgekommen. Und wie Sie ja bereits von Odo wissen, haben sie es bereits vorher schwer gehabt, das Vertrauen von Außenstehenden zu gewinnen.“

„Wir kommen in fünf Minuten aus dem Warp“, meldete Chief Miles O’Brien und unterbrach damit die Diskussion.

„Alarmstufe rot!“ Sisko wandte sich an Nog: „Wie ist der Status der Tarnkappe?“

„Sie arbeitet fehlerfrei“, sagte Nog, nachdem er seine Anzeigen überprüft hatte.

Nach einer gefühlt endlosen Zeit kamen die Sterne auf dem Bildschirm scheinbar zum Stillstand, als die Defiant aus dem Warp fiel.

Sisko musterte die Taktikanzeige. „Hier sind sehr viel mehr Schiffe, als wir erwartet hatten.“

„Und Wachsatelliten mit einem Tachyon-Sensorgitter. Wir sind zum Glück nicht dort hineingeraten“, antwortete Dax. „Ich denke, dass ich uns zusammen mit Worf einen Weg hindurch suchen kann. Es wird aber länger dauern. Aber falls bei Pirika die Sicherheitsmaßnahmen und Patrouillen ähnlich verstärkt wurden, könnte es für die Vengeance unmöglich werden, in ihre Horchposition zu gelangen. Falls sie nicht sofort bei ihrer Ankunft entdeckt wird.“

Sisko legte nachdenklich die Hände zusammen.

„Soll ich versuchen, sie zu warnen?“, fragte Kira.

Sisko warf einen fragenden Blick zu Dax, die bereits ihre Daten weiter überprüfte.

Dax sprach ihre Bedenken offen aus. „Wir würden dann in Gefahr laufen, selbst entdeckt zu werden, Benjamin. Zumindest wollte Captain Ineiau das System über den Asteroidengürtel anlaufen, was eine Entdeckung erschweren sollte. Vorausgesetzt, es sind keine zusätzlichen Wachsatelliten direkt im Asteroidenfeld stationiert.“

„Wir halten unsere Funkstille und versuchen, unseren Teil der Aufgabe zu erfüllen. Wir können nichts für die Vengeance tun, sondern nur das Beste hoffen“, erwiderte Sisko.

 

Hel trat in Ineiaus Bereitschaftsraum oder Büro, wie es die Ani altmodisch nannte.

Ineiau sah am Schreibtisch von ihrer Arbeit auf. „Freier Himmel, Hel! Was haben Sie auf den Herzen?“

„Ich habe nur ein Herz, Skipper“, widersprach Hel mit einem Grinsen, obwohl ihr die große Gestaltwandlerin nach wie vor unheimlich war. Sie hob ihr Datenpad. „Ich habe immer noch Probleme, mir diese ganzen Computerbefehle zu merken, da sie ja außerdem sehr viel zahlreicher sind als auf normalen Sternenschiffen üblich. Und dann gibt es dabei so furchterregende wie zum Beispiel Code …“

Ineiau sprang trotz ihres Alters von ihrem Bürosessel auf, langte über den Schreibtisch und presste ihre Hand auf Hels Mund. „Große Mutter! Lesen Sie die bloß nicht laut vor! Selbst wenn sie zur Ausführung eine zusätzliche Autorisierung benötigen!“

„Entschuldigung, Skipper“, murmelte Hel verlegen und überrascht über die heftige Reaktion der anderen, nachdem diese ihre eiskalte Hand wieder entfernt hatte.

„Ich habe einmal versehentlich das Schiff aus dem Warp gebracht und alle, aber auch wirklich alle Bedienelemente an Bord gesperrt. Während sich gleichzeitig phasersichere Kraftfelder im ganzen Schiff aktivierten. Mit nur drei Worten!“ Ineiau ließ sich langsam wieder auf ihren Sessel zurücksinken, während sie jetzt doch über die Erinnerungen daran lächelte. „Danach haben Tamara und ich erst einmal gemeinsam über den richtigen Widerruf gerätselt.“ Sie atmete tief durch. „Dieses Schiff wurde von Sektion 31 gebaut. Das war damals eine streng geheime und nur halboffizielle Organisation innerhalb von Starfleet. Ich weiß gar nicht, ob es sie überhaupt noch gibt. Aber ihre Anschauung war, dass der Zweck die Mittel heiligt. Viele der zusätzlichen Befehle im Computer der Vengeance sind gefährlich. Nicht nur für Feinde und Eindringlinge, sondern ebenso für die eigene Besatzung!“ Sie nahm Hel das Datenpad ab und zeigte ihr wortlos den Befehl Code 63B, dessen Inhalt Hel bereits schockiert hatte.

Hel nickte eingeschüchtert. „Wie können Sie sich diese ganzen Befehle über die lange Zeit merken?“, fragte sie angesichts der Tatsache, dass Ineiau erstmals vor mehr als einem Jahrhundert das Schlachtschiff befehligt hatte.

„Gar nicht! Ich habe die meisten in den letzten Jahrzehnten vergessen. Und ich wollte sie vergessen! Inzwischen habe ich Probleme, sie mir wieder einzuprägen. Da macht sich wohl das Alter bemerkbar“, antwortete Ineiau selbstkritisch und mit einem dünnen Lächeln.

„Ich werde mir Mühe geben, sie mir zu merken und dabei nicht das Schiff lahmzulegen“, antwortete Hel nervös lächelnd, während sie sich die an der Wand neben dem Schreibtisch hängenden großen Bilder ansah, die die versammelten Besatzungen auf dem Diskus ihrer jeweiligen Sternenschiffen zeigten.

Neben der Vengeance, die auf älteren Bildern komplett in Schwarz statt in ihrem heutigen Hellgrau und Blau lackiert war, las sie die Namen und Kennungen von Shiva und Shokaku auf den Oberseiten der Rümpfe zu den Füßen der Besatzungen, aber nicht von der Piranha, ungeachtet der Tatsache, dass diese ebenfalls unter Ineiaus Kommando gestanden hatte, wie Hel von Aki und Lani wusste.

Sie bemerkte, dass die große Ani neben sie getreten war und ebenfalls, wohl in Erinnerungen verloren, die Bilder betrachtete.

„Skipper, warum ist die Besatzung der Piranha nicht bei den Gruppenbildern dabei?“, fragte sie.

Ineiau schwieg für einen langen Moment. Hel fürchtete schon keine Antwort zu erhalten, bevor die alte Ani traurig erklärte: „Wir hatten sie nur kurzfristig für eine einzelne Mission. Es gab vor unserer Abreise keine Gelegenheit für ein Gruppenbild im Dock.“ Sie atmete tief durch. „Und nach unserer Rückkehr war niemand von uns in der Stimmung, es nachzuholen, selbst wenn die Piranha nicht zu schwer dafür beschädigt gewesen wäre. Ich habe einundzwanzig von uns nicht wieder zurückbringen können. Die meisten von ihnen stammten ursprünglich aus der Besatzung der Shiva.“

„Skipper, ich wollte nicht …“

Ineiau schien sie nicht zu hören und fuhr leise fort: „Inzwischen sind es dreiundvierzig, die ich nicht zurückbringen konnte. Und jetzt im Krieg ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass noch mehr dazukommen. Viel mehr!“

Hel nickte unbehaglich.

Ineiau legte sanft ihre rechte Hand auf Hels Schulter. „Es wird nie leichter. Und es darf auch nie leichter werden, jemanden zu verlieren.“ Als sie sprach, veränderte sich Ineiaus Äußeres mit einem Geräusch, bei dem sich Hels Nackenhaare aufstellten, und die Ani sah wie eine streng wirkende, europäische Menschenfrau mit brünetten Haaren aus, während gleichzeitig ihre Worte trotz ihrer unveränderten Stimme nach einer anderen Person klangen.

„Skipper?“, fragte Hel verunsichert.

„Es tut mir leid, Hel. Ich wollte sie nicht beunruhigen“, erwiderte die alte Ani wieder als sie selbst.

„Was war das?“

„Nichts“, kam die leise Antwort.

Was war das?

„Eine Alterserscheinung verstärkt durch die Kombination mit zurückliegenden Verletzungstraumata der Proteindrüsen und deren Nerven. Unsere Gestaltwandlung wird teilweise von unserem Unterbewusstsein gesteuert.“ Sie lächelte nervös. „Es hat einen Grund, dass keiner unserer Geheimdienste Ani als Undercoveragenten verwendet und selbst die Romulaner inzwischen ihre eigenen entsprechenden Versuche eingestellt haben.“

„War das eine echte Person?“

„Nein, nur meine Erinnerung an sie. Ihr Name war Lydia van Dyke. Und sie war meine Vorgesetzte und eine gute Freundin, selbst wenn sie Letzteres niemals zugegeben hätte.“

„Ich habe von der Taktikhexe in Geschichtsbüchern gelesen. Es kommt mir irgendwie seltsam vor, dass ich mit jemand spreche, der sie tatsächlich als echte Person gekannt und sogar mit ihr gedient hat.“

„Für mich ist es ebenso seltsam, von Freunden und Bekannten als Persönlichkeiten in Geschichtsbüchern zu lesen. Oder sogar meinen eigenen Namen darin zu entdecken. Aber das ergeht womöglich anderen vergleichbar alten Personen genauso.“

Hel entschied sich die seit ihrer ersten Begegnung in ihr lauernde Frage zu stellen: „Könnten Sie meine Gestalt annehmen?“

„Nicht mehr bewusst gesteuert. Meine Fähigkeiten zur willentlichen Anpassung haben inzwischen sehr nachgelassen. Das gehört zu unserem normalen Alterungsprozess.“ Ineiau nahm ihre Hand von Hels Schulter und musterte sie kurz amüsiert, während Hel wieder ihre eigene kinderhafte Körpergröße neben der fast zwei Meter großen drachenartigen Ani bewusst wurde. „Abgesehen davon würde es mir niemand angesichts unseres Größenunterschiedes abnehmen, wenn ich mich als Sie ausgeben würde.“

Jetzt musste Hel angesichts der Vorstellung einer derart riesigen Doppelgängerin lachen. „Skipper, Sie hatten heute Mittag in der Cafeteria erwähnt, dass Sie sowohl Captain Pike wie auch Captain Kirk gekannt haben. Waren die beiden Ihre Vorbilder? Und was für Missionen haben Sie gemeinsam unternommen?“, fragte sie jetzt neugierig.

„Chris Pike sehe ich durchaus als Vorbild zusammen mit meinen ehemaligen Kommandantinnen T’Kan, Lance Cartwright und Reinhard von Pohl an. Und als Lieutenant wurde ich für eine kurze Mission von der Virginia als wissenschaftliche Spezialistin unter seinem Kommando auf die Enterprise versetzt. Chris war außerdem dabei gewesen, als ich das Kommando über die Shiva erhielt. Aber Jim Kirk? Wir sind uns das erste Mal auf Starbase 25 kurz nach seiner Beförderung zum Captain der Enterprise begegnet. Und ich hatte ihm gegenüber tatsächlich drei Jahre Seniorität als Captain“, erklärte die alte Ani mit einem Grinsen. „Und nein, ich habe weder mit Shiva noch mit Shokaku einen richtigen gemeinsamen Einsatz mit der Enterprise gehabt. Obwohl wir bei einigen Flottenmanövern zusammen waren.“

„Okay, das klingt jetzt noch schräger, dass Captain Kirk …“, begann Hel. Dann stutzte sie über einen der genannten Namen. „Skipper, mit Cartwright meinen Sie doch nicht Admiral Cartwright von der Khitomer-Verschwörung?“

„Doch, es ist die gleiche Person. Und er war mein Mentor und Freund.“ Ineiau trat zum Schreibtisch und gab einige kurze Befehle in ihrem Terminal ein. Auf dem Wandbildschirm, an der den Gruppenbildern gegenüberliegenden Seite des Büros, erschien die Darstellung einer alten Kommandobrücke mit Offizieren in den bunten Uniformen aus der Mitte des vorherigen Jahrhunderts. Im Kommandosessel, überragt von einer danebenstehenden jungen Ineiau in einer blauen Tunika, saß ein afroamerikanischer Mann mit einem gewinnenden Lächeln, der Hel an Captain Sisko erinnerte.

„Ich konnte es damals einfach nicht glauben, was er getan hatte. Und durch unsere Freundschaft wurde ich ebenfalls verdächtigt, ein Teil der Verschwörung gewesen zu sein.“ Ineiau sah sichtbar verbittert das Bild an. „Aber trotz allem war er vorher ein herausragender Captain und guter Freund gewesen, sowohl von mir wie auch von Jim Kirk. Jim hat ihm verständlicherweise nie verziehen.“

„Ich habe Gerüchte gehört, dass er im Gefängnis ermordet wurde und es vertuscht wurde.“

Ineiau warf ihr einen Blick zu, dann schüttelte sie den Kopf. „Ich weiß nicht, wie das Gerücht entstanden ist, obwohl ich es ebenfalls gehört habe. Lance … ich meine Admiral Cartwright, ist erst Jahre nach der Entstehung dieses Gerüchtes im Exil auf Areka gestorben.“

„Haben Sie ihm je verzeihen können?“

„Das ist eine sehr persönliche Frage, Hel“, erinnerte die alte Ani sie, während sie weiterhin das Bild betrachtete. „Nein, ich habe ihm seinen Verrat nie verziehen oder vergeben. Trotzdem standen wir uns bis zu seinem Tod nahe. Und ich bin mir bewusst, dass dies ein Widerspruch in sich ist und in den Augen vieler meine Ehre und Vertrauenswürdigkeit befleckt.“ Sie trat wieder zum Schreibtisch und schaltete den Wandbildschirm aus. „Auf der anderen Seite hat er nicht versucht, mich für seine Ziele zu opfern, wie er es mit Jim und der Besatzung der Enterprise getan hat. Ich habe ihn erst Jahre nach der Verschwörung unmittelbar vor der Umwandlung seiner Haftstrafe in ein Exil auf Areka wieder gesehen und gesprochen, als er bereits seine Fehler eingesehen hatte und seine Taten ehrlich bereute.“ Sie blickte jetzt ihrer Ersten Offizierin direkt in die Augen. „Ich würde es gerne darauf beruhen lassen, Hel.“

„Selbstverständlich, Skipper. Ich wollte Sie nicht bedrängen oder verletzen. Es tut mir leid.“

Ineiau lächelte traurig. „Das muss es nicht. Ich kann nur hoffen, dass Sie niemals ähnlich von einem Freund enttäuscht werden.“

Das Intercom unterbrach sie, und Sato meldete sich: „Skipper, wir erreichen in zehn Minuten unseren Zielpunkt im Asteroidengürtel des Pirika-System.“

„Sehr gut! Gehen Sie auf Alarmstufe Rot. Hel und ich kommen gleich auf die Brücke“, antwortete Ineiau.

 

Ineiau betrat gefolgt von Hel die Brücke. Sie bemerkte, dass Aki mit einem bekümmerten Gesichtsausdruck und hellblau verfärbten Tribalzeichnungen an ihrer Taktischen Station saß.

„Status?“, verlangte Ineiau zu wissen.

„Wir kommen in sechs Minuten aus dem Warp. Die Stealthsuite ist aktiviert und arbeitet innerhalb normaler Parameter. Die Schilde sind inaktiv“, meldete Fisher von der Navigationsstation und sah beim letzten Teil kurz Aki an.

Ineiau ließ ihren Blick zwischen Aki und Fisher wandern. „Gibt es dabei Probleme oder Unstimmigkeiten?“

„Wir konnten diese beilegen, Skipper“, erwiderte Fisher.

„Ich hatte bei Alarmstufe Rot die Schilde aktiviert. Mir war nicht bewusst, dass ich damit den Stealth aufhebe“, gab Aki leise zu.

„Ich verstehe. Und ich hoffe, dass wir deswegen nicht entdeckt wurden“, entgegnete Ineiau und setzte sich etwas steif auf den Kommandosessel. Hel stellte sich neben sie an die rechte Wissenschaftskonsole.

„Wir sollten noch weit genug vom Pirika-System entfernt gewesen sein, als wir den Fehler bemerkten und die Schilde wieder deaktivierten“, bestätigte Fisher.

„Also gut. Trotzdem sollten wir auf der Hut sein.“ Sie sah zu Aki. „Und im Ernstfall bereit sein, die Schilde jederzeit hochzufahren, falls wir entdeckt werden.“

Aki nickte ernst zur Bestätigung. „Ich bin bereit, aber ich warte auf jeden Fall den Befehl dafür ab, Skipper.“

„Gut, dann kommt jetzt der schwierigste Teil eines Gefechtsanfluges: Die letzten Minuten vor der Ankunft abzuwarten. Normalerweise dauern diese Minuten Stunden.“

„Skipper, eine Minute kann nicht eine Stunde dauern …“, begann Fisher.

„Rebecca, es ist eine Redensart“, unterbrach Ineiau den erwarteten Vortrag über die Relativität der Zeit.

 

Captain Sisko saß mit zusammengelegten Händen vor dem Gesicht auf seinem Kommandosessel und beobachtete angespannt, wie die Defiant sich durch Patrouillen und Wachsatelliten durchschlängelte. Immer wieder musste O’Brien den Kurs ändern, um eine Entdeckung zu verhindern.

„Chief, Gegenschub“, warnte Dax den Iren an der Pilotenkonsole.

O’Brien folgte der Anweisung, und sie alle beobachteten angespannt, wie ein cardassianischer Zerstörer nur einige hundert Kilometer vor ihnen ihren Kurs kreuzte.

„Wenn das bei Pirika genauso aussieht, bezweifele ich, dass die Vengeance ohne eine richtige Tarnvorrichtung in ihre Position zum Anpeilen der Sendung kommt“, sagte Bashir eindeutig besorgt.

„Captain, bei der Sternenbasis liegen zwei Schlachtschiffe vom Berserker-Typ der Breen“, meldete Worf fast gleichzeitig.

„Interessant, aber die Breen sind bisher im Krieg neutral. Obwohl ich mich frage, was sie hier treiben“, erwiderte Sisko.

„Ganz bestimmt sind sie hier nicht für ein Kaffeekränzchen“, stimmte ihm Jadzia zu.

„Nicht, dass sich womöglich die Breen ebenfalls dem Dominion anschließen. Das hätte uns noch gefehlt“, fügte Kira hinzu.

„Wir werden es weitergeben, sobald wir wieder zurück sind. Jetzt können wir ihretwegen nichts unternehmen“, erklärte Sisko bestimmt. Er warf einen Blick auf die Taktikanzeige, um die verbleibende Zeit bis zu ihrem Eintreffen an ihrer Horchposition abzuschätzen. „Doktor, ich habe vorhin gelesen, dass Sie einen neuen Krankenpfleger von Starfleet erhalten. Wissen Sie etwas Näheres über ihn?“

Bashir grinste. „Nur eine kurze Ankündigung, die aber zumindest einige Personaldaten und die Ankunftszeit enthielt. Aber es ist eine Krankenpflegerin. Ich kenne zwar noch nicht ihr Geschlecht, aber da sie eine Ani ist, ist die weibliche Form unabhängig davon Programm.“

„Eine Ani? Das sollte uns doch gut passen. Sie könnte zusammen mit dem Konstabler die Theorie von Captain Ineiau austesten“, sagte Sisko.

„Das, und ich habe endlich eine Ausrede, um die überarbeitete Version des Medizinischen Notfallhologramm nicht benutzen zu müssen, welches mir Doktor Zimmerman zum Testen geschickt hat“, antwortete Bashir.

Dax sah ihn amüsiert an. „Schiebst du den Betatest nicht schon seit Monaten vor dir her, Julian?“

„Aber jetzt benötige ich endlich keine neuen Ausreden mehr und kann es komplett abblocken“, erwiderte Bashir zufrieden mit einem Grinsen.

 

Die Vengeance fiel im Asteroidengürtel bei Pirika aus dem Warp. Eine Kollisionswarnung flammte über der Taktikanzeige auf, und Wierzbowska warf das große Schlachtschiff in eine Rolle, um der direkt vor ihnen erschienen Mine auszuweichen.

„Skipper?“, rief Aki aufgebracht.

„Keine Schilde! Die Minen haben nicht auf unsere Ankunft reagiert. Noch sind wir unentdeckt“, erwiderte Ineiau bemüht ruhig, während sie die zahlreichen Kontakte auf der Taktikanzeige betrachtete.

„Wir sind fast in eine hineingeflogen! Wie können sie uns nicht mitbekommen?“, fragte Hel erstaunt.

„Vielleicht haben sie keine optische Zielerfassung?“, vermutete Ineiau. „Namo, können Sie etwas feststellen?“

„Negativ, aber sie scheinen wirklich im passiven Modus zu arbeiten. Ich habe am Rande des Asteroidenfeldes Überwachungssatelliten entdeckt, die ein aktives Tachyongitter zwischen sich erzeugen. Wir scheinen wirklich nur um ein paar Kilometer dieses Suchgitter verpasst zu haben.“

Ineiau erhob sich und ging gefolgt von Hel zur Sensorstation. „Markieren Sie bitte alle Such- und Ortungsgitter für die Navigation. Wenn wir in eines hineingeraten, kann auch die Stealthsuite eine Entdeckung nicht verhindern.“

„Mache ich“, bestätigte der Wolf.

Ineiau und Hel studierten die Sensorenergebnisse.

„Können wir uns bei diesen ganzen Raumschiffpatrouillen und Wachsatelliten überhaupt durchschleichen?“, fragte Hel.

Ineiau schüttelte nachdenklich den Kopf. „Ich fürchte nicht. Wir sind nicht unsichtbar. Bisher dürften sie unsere schwache Signatur für einen Asteroiden halten. Aber wenn wir in den leeren Raum vorstoßen, fallen wir bei einer visuellen Überprüfung sofort auf. Bei den angekündigten Patrouillen wäre es uns gelungen, außerhalb ihres Sichtfeldes zur Horchposition zu schleichen. Aber jetzt …“ Sie zuckte hilflos mit den Schultern.

Hel zeigte auf einen Kontakt. „Aber sie scheinen einzelne Asteroiden zu ignorieren.“

„Ja, aber ich gehe davon aus, dass sie jeden davon überprüft haben, um sicherzugehen, dass es kein Stealthschiff ist. Wir sehen nicht wie ein Asteroid aus“, erklärte Ineiau geduldig.

„Warum nicht? Hat die Vengeance einen Traktorstrahl?“, fragte Hel hartnäckig.

„Ja, natürlich hat die Vengeance einen Traktorstrahl, aber …“, begann Ineiau irritiert, bevor sie begriff, worauf Hel hinauswollte. Sie sah auf die kleine Marikanerin. „Aber natürlich! Hel, Sie sind ein Genie!“ Mit ihrer Ersten Offizierin im Kielwasser ging sie möglichst schnell zur anderen Seite der großen Brücke. „Abhinav, können wir mit dem Traktorstrahl einen Asteroiden schleppen, der uns komplett gegen Beobachter abschirmt? Und welchen Einfluss hätte es auf unser Stealthprofil?“

Singh überprüfte seine Anzeigen. „Solange wir den Traktorstrahl auf der für den Feind nicht einsehbaren Seite des Asteroiden einsetzen, sollte es kein Problem mit dem Stealth geben. Ein normaler Asteroid, der groß genug wäre, um die Vengeance zu verbergen, hätte aber eine viel zu große Masse für den Traktorstrahl.“

„Also klappt es doch nicht“, stellte Ineiau enttäuscht fest.

Singh schüttelte den Kopf. „Nein … Verzeihung, ich habe mich unklar ausgedrückt. Ein normaler, sphärischer Asteroid in der richtigen Größe wäre zwar zu schwer, aber wir könnten einen dünnen, flachen Asteroiden bewegen. Allerdings nur mit sehr niedriger Beschleunigung.“

„Wenn unser Sichtschutz sich zu schnell bewegt oder zu offensichtlich seinen Kurs ändert, würde es so oder so auffallen“, erwiderte Ineiau. Sie blickte zur rechten Seite der Brücke, konnte jedoch wegen der großen v-förmigen Stützstreben die Sensorenstation nicht sehen. „Namo!“

Der Frikka-Wolf lehnte sich weit in seinem Sessel zurück, um sie an den Streben vorbei sehen zu können.

„Suchen Sie bitte einen möglichst flachen Asteroiden, der groß genug ist, um die Vengeance dahinter zu verstecken.“

 

Langsam schlich sich die Vengeance zusammen mit dem Asteroiden, der kurz nach seiner Entdeckung den Namen Scheibenwelt erhalten hatte, im Schlepp an den Wachsatelliten und Ortungsgittern vorbei. Wierzbowska und Fisher achteten sehr genau darauf, dass sich die Scheibenwelt nicht zu auffällig bewegte und sich dabei ständig zwischen ihnen und den Patrouillen befand.

Zu ihrer aller Erleichterung schienen die Cardassianer und Jem’Hadar nicht das seltsame Verhalten des Asteroiden zu bemerken. Und selbst, als ein cardassianischer Kreuzer die Vengeance in nur einigen Tausend Kilometer Entfernung passierte, stolperte dessen Besatzung nicht darüber, dass ihnen die Scheibenwelt die ganze Zeit die gleiche Seite zudrehte.

„Skipper, wir erreichen in zehn Minuten unsere Horchposition“, meldete Fisher ausdruckslos.

Ineiau prüfte an der linken Wissenschaftsstation die Daten. „Damit sollten wir das Zeitfenster für die erwartete dritte Transmission von der versteckten Basis nutzen können. Hoffen wir, dass die Defiant diese ebenfalls mithören kann und nicht bereits auf dem Rückweg zum Treffpunkt ist.“

Hel sah von der rechten Wissenschaftsstation zu Ineiau auf. „Sollte sie nicht wie wir die Transmissionen in den gleichen fünf Zeitfenstern abhören?“

„Eigentlich schon, aber wir sind hier ziemlich vom Verkehr aufgehalten worden, und wir wissen nicht, wie es bei Sardos aussieht. Wenn dort ähnlich viel los ist, könnte es durchaus sein, dass die Defiant sich bereits vorab zurückziehen muss, um einer Entdeckung zu entgehen.“

„Skipper, die Cardassianer scannen die Scheibenwelt“, meldete Namo mit angelegten Ohren.

„Haben sie uns entdeckt?“, fragte Ineiau ruhig.

„Ich würde sagen: nein. Ich kann bisher keine Reaktionen auf unsere Anwesenheit feststellen“, erwiderte der Wolf.

Ineiau drehte sich zu Sato und Shira um. „Gibt es Veränderungen im Funkverkehr?“

„Bisher nicht. Der Funkverkehr ist unverändert. Das Meiste ist zwar verschlüsselt, es gibt aber außerdem einige offene Gespräche, welche ich für Small Talk halte“, meldete Sato.

„Wir nehmen alles auf. Das könnte eine Goldgrube für unsere Geheimdienste sein“, ergänzte Shira neben ihm.

„Wenn die offen miteinander plaudern, könnte das bedeuten, dass sie wirklich nichts von unserer Anwesenheit wissen“, stimmte ihnen Ineiau zu. „Melden Sie bitte sofort, falls sich etwas verändert.“

„Skipper, die dritte Übertragung beginnt jetzt“, berichtete Sato und wandte sich zusammen mit Shira der gemeinsamen Doppelstation zu.

Ineiau und Hel traten zu ihnen.

Nach weniger als einer Minute war die Übertragung bereits beendet. Shira gab kurze Zeit später ihren Versuch auf, die Daten auszuwerten. „Es tut mir leid, aber ich kriege da nicht ansatzweise einen Sinn hinein.“

„Das muss Ihnen nicht leidtun, Shira. Da wir hier nur die Hälfte des Datenpakets haben, hätte es mich sehr überrascht, wenn Sie es entschlüsseln könnten“, beruhigte Ineiau sie.

 

„Captain, die vierte Transmission wird jetzt ausgesendet“, meldete Kira von der Kommunikationsstation der Defiant.

„Gut, hoffen wir, dass die Vengeance ebenfalls in Position ist. Wenn wir nur die Peilung eines Systems haben, war der ganze Aufwand umsonst.“

Kira überprüfte ihre Anzeigen. „Die Transmission ist jetzt beendet. Aber es sieht aus, als hätte sich die Peilung gegenüber der Dritten verschoben.“

Dax rief die Daten auf der Wissenschaftsstation auf. „Der Major hat recht, die Peilung hat sich verschoben. Das würde bedeuten, dass sich der Sender im Tiefraum bewegt. Falls die Vengeance nicht die zeitgleichen Sendungen wie wir empfängt, können wir den Zielort nicht bestimmen.“

Sisko beäugte misstrauisch die Taktikanzeige mit den zahlreichen Kontakten. „Dann warten wir doch zur Sicherheit die fünfte Transmission ab. Wenn sich das Ziel bewegt, brauchen wir möglichst viele Daten.“

O’Brien drehte sich zu ihm um. „Reizen wir damit nicht unser Glück aus, Sir? Es grenzt an ein Wunder, dass wir bisher nicht entdeckt wurden.“

„Dem Tapferen hilft das Glück, Mr O’Brien“, erwiderte Sisko, während er wieder seine Hände zusammengelegte und abwartend die Taktikanzeige im Auge behielt.

 

Ineiau las über Satos Schultern hinweg die Anzeigen der Kommunikationsstation.

„Skipper, die Position des Senders hat sich abermals verschoben“, stellte Sato fest.

„Aber wir haben jetzt, weswegen wir gekommen sind. Speichern Sie sämtliche Daten und laden Sie sie zusätzlich in einen Nachrichtentorpedo“, befahl Ineiau.

„Wird erledigt.“ Sato sah sie verunsichert an. „Skipper, befürchten Sie, dass wir hier nicht wieder lebendig wegkommen?“

Sie lächelte ihn beruhigend an. „Ich möchte nur sichergehen, für den schlimmsten Fall. Wir sind bisher unentdeckt geblieben. Und selbst falls wir noch bemerkt werden sollten, müssten die Banditen auf Schussweite herankommen, ehe wir auf Warp gehen können.“

„Könnten sie uns nicht auch bei Warpgeschwindigkeit angreifen?“, fragte Hel.

„Ja, aber dafür müssten sie uns einholen können. Die Vengeance ist trotz ihres Alters immer noch schneller als alle bekannten Großkampfschiffe des Dominions oder erst recht der Cardassianer. Nur deren Jagdschiffe könnten mit uns mithalten, wären aber selbst zu mehreren keine ernsthaften Gegner für uns. Aber wir würden damit das Überraschungsmoment beim geheimnisvollen Sender verlieren, falls wir entdeckt werden“, erklärte Ineiau. „Ellen, Rebecca, bringen Sie uns zurück ins Asteroidenfeld. Aber hübsch langsam und in einer weiten Bogenbahn. Wenn die Scheibenwelt sich auf einmal in Gegenrichtung bewegt, würde das selbst einem betrunkenen Klingonen auffallen.“

„Ich bezweifle, dass die Cardassianer Klingonen für die Sensorüberwachung einsetzen und ihnen alkoholische Getränke stellen“, antwortete Fisher.

Ineiau wollte zu einer Entgegnung ansetzen, bevor sie das dünne Lächeln der Androidin sah.

„Falls doch, dann sollten wir sie von Rebecca unter den Tisch trinken lassen“, schlug Hel mit einem breiten Grinsen neben Ineiau in die gleiche Kerbe.

„Großartig, jetzt haben wir zwei davon“, erwiderte Ineiau kopfschüttelnd.

 

Hel warf zum gefühlt hundertsten Mal einen Blick auf die Taktikanzeige. Immer noch es erstaunte sie, dass keines der feindlichen Schiffe bisher die Vengeance hinter der Scheibenwelt entdeckt hatte, obwohl sie teilweise doch recht dicht an ihnen vorbeigeflogen waren. Sie sah, dass inzwischen das Schlachtschiff einen ausreichenden Abstand zu den planetaren Gravitationsfeldern erreicht hatte, um auf Warpgeschwindigkeit gehen zu können. Aber Ineiau hatte entschieden, erst im Schutz des Asteroidengürtels das System zu verlassen, um einer Entdeckung zu entgehen. Und in weniger als einer Stunde würden sie dort eintreffen.

Namo machte ihre Hoffnungen auf einen ungesehenen Abgang zunichte. „Kontakt, ein Konstruktionsschiff der Bazal-Klasse, das direkt auf uns zuhält. Es scannt die Scheibenwelt.“

Aki sah von ihrer Taktikstation auf. „Die Bazal ist doch wenn überhaupt nur leicht bewaffnet. Was haben die vor?“

„Es ist auf jeden Fall kein Angriff. Wenn sie uns entdeckt hätten, würden sie Kriegsschiffe und nicht ein einzelnes Konstruktionsschiff zu uns schicken“, stimmte Ineiau ihr zu.

„Skipper, ich habe inzwischen von den meisten freien Asteroiden außerhalb des Gürtels cardassianische Funksignale empfangen. Möglicherweise wollen sie auf der Scheibenwelt Sensoren anbringen“, ergänzte Shira.

„Sie aktivieren ihren eigenen Traktorstrahl, um die Scheibenwelt an sich heranzuholen“, knurrte Namo mit geblecktem Gebiss mehr, als dass er sprach.

Hel konnte auf dem Bildschirm über die auf dem Asteroiden angebrachte Drohnenkamera sehen, wie sich die Hangartore am Konstruktionsschiff öffneten, um die Arbeitsboote auszusetzen.

Ineiau erhob sich abrupt von ihrem Kommandosessel und begab sich zur Ingenieursstation. „Ellen, Rebecca, auf mein Zeichen gehen Sie auf Warp. Abhinav, bereiten Sie unseren Traktorstrahl auf Umkehr mit voller Kraft vor.“

Singh wollte etwas erwidern, nickte dann aber nur stumm, während er gleichzeitig sichtbar erschrak.

Hel fragte sich, was Ineiau vorhatte, das den Chefingenieur so sehr schockierte.

Leise meldete er: „Bereit, Skipper.“ Eine Hand ruhte dicht über einem Schalter.

Sanft schob Ineiau seine Hand beiseite. „Ich weiß, und ich möchte es ebenso wenig tun.“ Sie prüfte die Anzeigen, dann betätigte sie selbst den Schalter. Sie schien still die Zeit abzuzählen. „Ellen, jetzt!“

Die Scheibenwelt schoss von beiden Traktorstrahlen beschleunigt weg von der Vengeance und auf das cardassianische Schiff zu. In einem grellen Explosionsblitz verging das Konstruktionsschiff, als es vom Asteroiden zerschmettert wurde.

Gedeckt von der Explosion beschleunigte die Vengeance auf Warp.

Hel sah zu Ineiau, die sichtbar aufgewühlt darüber war, dass sie gerade eine feindliche Arbeitscrew ohne Vorwarnung getötet und es als Unfall hatte erscheinen lassen. Die große Ani wirkte in diesem Moment noch älter als zuvor.

Ineiau atmete tief durch und straffte sich. „Rebecca, bitte berechnen Sie einen Kurs zu dem Treffpunkt mit der Defiant“, befahl sie leise.

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