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Starship Vengeance - Hinter feindlichen Linien

von Thilo

Die Ruhe vor dem Sturm

Um möglichst schnell die Suche nach der verborgenen Forschungseinrichtung des Dominions aufnehmen zu können, war die Vengeance nur kurz aus dem Warp gefallen, um die Defiant abzusetzen, bevor sie sich fast sofort wieder dem Weg machte.

Doktor Julian Bashir verließ die Defiant, nachdem diese an Deep Space 9 angelegt hatte. Während Captain Sisko und Major Kira schon auf dem Weg zur Ops waren, würde Chief O’Brien bis auf Weiteres Überstunden leisten, damit die Defiant wieder einsatzfähig wurde. Captain Sisko hatte es zwar vor Captain Ineiau nicht gezeigt, aber er war überhaupt nicht angetan über das Versagen des Warpantriebes. Und wie Julian es von O’Brien gehört hatte, hatte er es diesem auch mehr als deutlich zu verstehen gegeben.

Julian trat in die Krankenstation. Zu seiner Überraschung wurde er dort von Krankenpflegerin Tagana Patra und einer zweiten sehr ähnlichen Bajoranerin in einer blau-schwarzen Starfleet-Uniform begrüßt. „Doktor, schön, dass Sie wieder da sind. Dieses ist Ensign Meriau, die neue Krankenpflegerin. Sie ist heute Morgen angekommen.“

Julian sah sie verwirrt an. „Willkommen auf Deep Space 9, Ensign. Ich hatte erst übermorgen mit Ihnen gerechnet.“ Er musterte sie. „Und nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich nahm an, dass Sie keine Bajoranerin, sondern eine Ani sind. Oder sind Sie gewandelt … ich meine angepasst?“

Der genervte Seitenblick von Tagana zu Meriau schien ihm Letzteres zu bestätigen.

Meriau lächelte freundlich. „Danke für die herzliche Begrüßung, Sir. Die Cerritos war schneller als angekündigt. Erstaunlich für diese klapprigen Calis. Und ja, ich dachte, dass es höflicher ist, mich an meine Vorgesetzte anzupassen. Aber ich berichtige meine Anpassung sofort.“

„Was möchten Sie berichtigen?“, fragte Julian irritiert.

Meriau verwandelte sich vor seinen Augen in eine arabische Frau. „Besser, Sir?“

Julian hob seine zusammengelegten Hände bittend hoch. „Ensign, ich würde es vorziehen, wenn Sie Ihre eigene Gestalt verwenden und beibehalten würden.“

„Wäre das nicht sehr unhöflich?“, fragte Meriau.

„Nicht für mich! Captain Ineiau und die anderen Ani ihres Schiffes benutzen ebenfalls sämtlich ihre eigene Gestalt, ohne sich ständig zu verwandeln.“ Es gelang ihm gerade noch, den Namen der offiziell immer noch geheimen Vengeance nicht auszusprechen.

Meriau sah ihn enttäuscht an. „Ich hatte angenommen, dass Sie mit Konstabler Odo als einem echten Formwandler toleranter gegenüber unseren Bräuchen und Sitten wären.“

„Odo bevorzugt es ebenfalls, eine einzelne feste Gestalt beizubehalten. Bitte folgen Sie seinem Vorbild“, erklärte Julian säuerlich, langsam verstand er Tagana.

„Wenn Sie unbedingt darauf bestehen. Aber ich komme mir äußerst unhöflich dabei vor, Sir.“ Mit einem hörbaren Seufzen wurde Meriau zu einer Ani mit blauschwarzem Haar, die weiterhin ein paar Zentimeter größer als er war. „Ich wusste nicht, dass hier ein Schiff mit weiteren Ani ist.“

„Sie ist bereits wieder zu einer Mission unterwegs.“ Julian hob seine Hände, um erwartete Fragen zu unterbinden. „Und ich darf nichts über deren Mission erzählen.“

„Das ist schade, Sir.“

„Ich nehme an, dass Sie sie gerne wiedergesehen hätten?“

„Wen, Sir?“, fragte Meriau und wirkte für einen Moment unsicher.

„Captain Ineiau Cher-kira-Ke“, antwortete Julian irritiert, der von Kira über die Konferenz auf der Vengeance informiert worden war.

„Oh, das ist ein Missverständnis. Unsere Nachnamen bezeichnen nur den Geburtsort. Wir sind nicht miteinander verwandt, Sir“, erwiderte Meriau mit einem Lachen. Sie sah dann überrascht und hasserfüllt an ihm vorbei. „Da ist ein Cardassianer hinter Ihnen. Ist es der Verräter, von dem ich gehört habe?“

Julian drehte sich um und erblickte Elim Garak, der im Eingang der Krankenstation stand. Er entschied, nicht jetzt auf den Vorwurf einzugehen. Er würde später unter vier Augen mit Meriau darüber sprechen. „Das ist Garak. Er ist ein Bewohner der Station und besitzt ein Bekleidungsgeschäft. Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden. Hat Krankenpflegerin Tagana Sie schon eingewiesen?“

„Wir hatten noch nicht die Gelegenheit dazu. Meriau, wenn Sie mir bitte folgen würden“, antwortete Tagana geschäftstüchtig.

Julian grinste und sah den beiden Krankenpflegerinnen hinterher, wobei die Ani schon wieder äußerlich eine Bajoranerin wurde.

Garak trat zu ihm. „Eine neue Mitarbeiterin, Doktor? Und offenbar eine sehr wandlungsfreudige Ani.“

„Ja, und Sie schien etwas gegen Sie zu haben“, stellte Julian betont unschuldig das Offensichtliche fest.

„Offenbar, aber ich habe keine Ahnung, weshalb.“ Garak sah ihn scheinbar geschockt an. „Sie glauben doch nicht etwa, weil ich ein Cardassianer bin und damit zu dem Feind gehören könnte?“

„Ganz bestimmt nicht“, erwiderte Julian im Brustton der Überzeugung.

 

Am nächsten Tag traf sich Doktor Bashir, wie es ihm inzwischen in den letzten Jahren zur Routine geworden war, mit Garak im Replimat zum Abendessen. Während sie nach dem Essen über die neuesten Ereignisse auf der Station sprachen, kamen zwei dienstfreie Krankenpflegerinnen ebenfalls ins Replimat. Julian stellte wenig begeistert fest, dass Ensign Meriau sich jetzt an Ensign Kate Bandee angepasst hatte, worüber diese ihren eigenen Unmut nur schlecht verbarg. Er würde also noch einmal ein ernstes Wort mit der Ani sprechen müssen.

Er sah, dass Meriau nur einen Kaffee bestellte, während Bandee sich eine komplette Mahlzeit nahm.

Bandee betrachtete skeptisch den Kaffeebecher von Meriau. „Sie sollten die Gelegenheit nutzen, um etwas Richtiges zu essen. Wer weiß, wann wir das nächste Mal dazu kommen. Gerade jetzt im Krieg kann jederzeit eine ganze Schiffsladung Verwundeter eintreffen.“

„Danke, aber ich bin nicht hungrig“, erwiderte Meriau mit einem Lachen.

Sie setzten sich an einem freien Tisch. Julian konnte das weitere Gespräch nicht mehr verstehen, aber er hatte das Gefühl, dass Meriau ihrer Tischpartnerin mit ihren Fragen kaum Gelegenheit zum Essen gab.

„Die junge Dame scheint recht wandelbar zu sein“, stellte Garak erneut ihm gegenüber das Offensichtliche fest. Bisher war er nicht darauf eingegangen, dass Meriau gegenüber jedem anderen in aller Öffentlichkeit seine Vertrauenswürdigkeit infrage stellte, weil er ein Cardassianer war, aber erst recht wegen seiner Stellungnahme gegen das Dominion und damit der Cardassianischen Union. Laut der Ani wäre er damit ein Verräter, der jederzeit wieder seine Loyalität wechseln könnte. Kira und Bashir hatten sie inzwischen dafür und für die von ihr verbreiteten zum Teil sehr wilden Gerüchte zurechtgewiesen.

„Ja, aber Ani haben nur eine begrenzte Fähigkeit zur Gestaltwandlung. Sie könnte also allenfalls weibliche Versionen von uns beiden nachbilden.“ Julian musste unwillkürlich über die Vorstellung der Ani als Cardassianerin grinsen, bevor er ernst fortfuhr: „Aber Meriau nutzt diese Fähigkeiten deutlich mehr als die anderen Ani, die zuletzt hier waren. Meine Befürchtung ist, dass sie damit nicht nur mich irritiert. Ich kann mir vorstellen, dass sie nicht wenige an die Gründer erinnert.“

„Ich bin über die Fähigkeiten und Einschränkungen von Ani informiert, mein lieber Doktor. Als Gärtner in der cardassianischen Botschaft auf Romulus bin ich ein oder zwei der dortigen Ani begegnet, die äußerst höfliche Personen waren. Natürlich benahmen diese sich entsprechend des normalen Verhaltenskodexes im Imperium und behielten dabei dauerhaft ihre Gestalt als romulanische Version von sich selbst bei“, informierte ihn Garak.

Julian sah ihn irritiert an. „Ani leben auf Romulus? Sie meinen damit keine Besucher aus der Föderation?“

Garak lächelte zufrieden, wie immer, wenn es ihm gelungen war, Julian zu überraschen oder zu verwirren. „Die Romulaner haben lange vor ihrem ersten Kontakt mit den Erdmenschen Ani von deren Heimatwelt entführt, um deren Nachkommen als gestaltwandelnde Spione einzusetzen. Das Ergebnis dieser Bemühungen war meines Wissens wenig erfolgreich. Ungeachtet des Fehlschlages leben diese Ani immer noch als romulanische Bürger in deren Gesellschaft. Angesichts der normalen Effizienz des Imperiums vermute ich, dass die Ani dort weiterhin als nützlich für deren Zwecke angesehen werden.“

„Davon habe ich bisher noch nie gehört“, gestand Julian mit einem nachdenklichen Blick zu Meriau, während er im Stillen entschied, Captain Sisko darüber zu informieren. Wahrscheinlich hatte Garak ihm genau deswegen davon erzählt, dachte er sich einen Moment später. Oder hielt der Schneider Meriau wegen ihres Verhaltens für eine romulanische Agentin?

 

„Freier Himmel, Hel“, wurde sie von Aki in der Bowlingbahn der Vengeance begrüßt.

Hel war wie die meisten anderen Besatzungsmitglieder außer natürlich den Ani nicht sonderlich angetan, dass es auf dem großen Schlachtschiff keine Holodecks gab, obwohl diese selbst bei älteren und kleineren Schiffen nachgerüstet wurden.

Ineiau hatte ihr gegenüber beteuert, dass sie nicht dafür verantwortlich war. Als sie das letzte Mal das Kommando über die Vengeance hatte, gab es noch keine Holodecks, und bei den Vorbereitungen für die Reaktivierung des Schlachtschiffes war sie gar nicht dabei gewesen.

Aber zumindest gab es einige altmodisch erscheinende Freizeitbereiche wie eben die Bowlingbahn, die außerdem mehr Besatzungsmitgliedern gleichzeitig die Benutzung ermöglichten, als es mit Holodecks möglich wäre.

Und insbesondere diese Bowlingbahn mit ihren vier Spielfeldern hatte sich in der kurzen Zeit zu einem beliebten Treffpunkt sowohl für Freundschaftsspiele als auch harte Wettkämpfe entwickelt. Den Anzeigen über den als Zielen dienenden Kegeln der beiden rechten Bahnen nach fügte die Sicherheit dem Maschinenraum gerade eine vernichtende Niederlage zu.

Ein großer schwarzer Wolf machte sichtbar geübt seinen Wurf auf der rechten äußeren Bahn. Die Bowlingkugel rollte zielsicher auf die Kegel zu und warf diese alle nieder. Das kollektive Aufstöhnen der zweiten Maschinenschicht wurde durch triumphierendes Wolfsgeheul übertönt.

Als es wieder stiller wurde, führte Aki Hel zu den beiden linken Bahnen, an denen überwiegend Menschen und Ani spielten. „Schön, dass Sie sich uns anschließen, Hel. Dieses ist unsere Anfängergruppe. Sie sind also genau wie ich hier richtig. Und ich werde sehr darauf achten, dass Lani uns nicht ihren Wölfen zum Fraß vorwirft.“

„Das habe ich gehört!“, ertönte es aus dem Team der Sicherheit.

Hel sah kurz zu der eisgrauen Wölfin, aber diese betrachtete sie nur spöttisch mit dem üblichen zähnefletschenden Grinsen einer Frikkanerin, obwohl sich dieses aus Hels Sicht nicht wirklich von dem höchst beunruhigenden Anblick eines wütenden, zähnefletschenden Wolfes unterschied.

Ebenfalls mit einem Grinsen ignorierte Aki den Einwurf der Sicherheitschefin. Sie musterte kurz Hel abschätzend. „Es gibt Bowlingbälle in verschiedenen Gewichtsklassen. Und ich fürchte, dass Joshua Fleming die leichten Kinderbälle aussortiert hat. Im Ernstfall muss er eben für Sie wieder welche aus dem Lager holen. Probieren Sie es erst einmal mit einem mittelschweren Ball.“ Sie wählte eine blaue Kugel aus der Rücklaufanlage und reichte sie Hel, die sie durch das Gewicht überrascht beinahe fallen ließ.

„Wenn das ein Mittelschwerer ist, wie schwer sind dann erst die Schweren?“, fragte Hel.

Aki musste wieder grinsen, während sich ihre Tribalzeichnungen rot verfärbten. „ Etwas über sieben Kilogramm oder sechzehn Pfund. Das zweite Maß ist eine archaische Gewichtseinheit von der Erde, die für einige Sportarten immer noch verwendet wird. Der hier wiegt nur die Hälfte davon.“ Sie nahm einen zweiten Ball und zeigte Hel, wie sie ihren zu greifen hatte.

Hel seufzte und fragte sich im Stillen, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, den Drängen von Aki und Lani nachzugeben und zum Bowling zu kommen.

 

Ineiau erwartete Hel an ihrem üblichen Ecktisch neben dem großen Aussichtsfenster in der Cafeteria. Sie legte ihr Datenpad beiseite, auf dem sie gelesen hatte, und musterte mit sorgsam verborgener Erheiterung die kleine Marikanerin, welche ganz offensichtlich an Muskelkater litt. „Freier Himmel! Und wie war das erste Bowling?“

„Fragen Sie lieber nicht, Skipper. Zumindest war ich nicht die Pudelkönigin“, erwiderte Hel mit einem gezwungen wirkenden Lächeln, während sie sich vorsichtig in der Eckbank neben Ineiau niederließ, statt sich wie sonst auf einen der Stühle zu setzen.

„Die was bitte?“, fragte Ineiau nach.

„Als Pudelkönig oder -königin wird beim Bowling und Kegeln der oder die Spielende mit den meisten trefferlosen Würfen bezeichnet“, erklärte Fisher, die mit ihren noch gar nicht bestellten Getränken an den Tisch getreten war.

„Haben Sie noch nie selbst Bowling gespielt, Skipper?“, fragte Hel.

Ineiau schüttelte den Kopf. „Nein, außer hier, der Virginia und der Shokaku gab es auf den Sternenschiffen, auf denen ich eingesetzt wurde, alleine aus Platzgründen keine Bowlingbahn. Und auch auf denen habe ich nie mitgespielt.“ Sie kam den erwarteten Vorschlag von Hel zuvor. „Und inzwischen bin ich definitiv zu alt dafür. Manfred wäre genauso wenig wie ich darüber begeistert, wenn jedes Spiel auf der Krankenstation endet.“

„Bowling ist als Sportart auch für ältere oder andere körperlich beeinträchtigte Personen geeignet“, widersprach Fisher.

„Danke! Vielleicht möchte ich in meinem Alter einfach meine Würde bewahren und mich nicht vor der gesamten Crew blamieren?“, erwiderte Ineiau pikiert.

„Was ist mit Ihnen, Rebecca? Sollten Sie nicht in der Lage sein, die sonst unschlagbaren Wölfe beim Bowling zu besiegen?“

„Selbstverständlich, aber ich bin vorab disqualifiziert, Hel“, antwortete Fisher ruhig.

„Weshalb?“, fragte Hel überrascht nach.

Rebecca lächelte beinahe schalkhaft, was bei ihr wieder völlig unwirklich aussah. „Verwendung von elektronischen Hilfsmitteln wie computerassistierte Zielerfassung und anderes.“ Das Lächeln verschwand wieder wie weggeknipst. Sie ließ Ineiau und Hel sprachlos zurück und kehrte zur Bar zurück.

„Nun, ich war einmal dabei, als sie Billard gespielt hat, um über die Wetten von uns benötigtes Geld zu beschaffen. Obwohl sie es nach eigener Aussage zum ersten Mal gespielt hatte, haben die Verlierer sie für einen absoluten Profi gehalten“, erklärte Ineiau nach kurzer Pause. Daran dachte sie wirklich gerne zurück.

Inzwischen waren Worf und Dax in die Cafeteria gekommen, wobei sie immer noch lebhaft diskutierten. Worf wirkte wie üblich verschlossen und wortkarg, während Dax auf Ineiau einen ziemlich aufgedrehten Eindruck machte. Und Worf humpelte mit dem rechten Bein, als sie zur Bar gingen, um sich ihre Getränke bei Fisher zu bestellen.

Hel schien es ebenfalls bemerkt zu haben. „Was ist mit dem denn passiert? Sport?“, fragte sie leise Ineiau.

Ineiau lächelte, bevor sie kaum hörbar antwortete: „Wenn ich Jadzia ansehe, vermute ich eher, dass das im Bett passiert ist. Klingonisches Liebesspiel ist brutal.“

„Sollte dann nicht sie statt Worf …“, begann Hel.

„Nicht bei Klingonen. Und jetzt still!“, unterbrach Ineiau sie, da sie sah, dass die beiden in ihre Richtung kamen.

„Ineiau, dürfen wir uns zu Ihnen setzen?“, begrüßte Dax sie mit einem Lächeln. Worf hinter ihr versteifte sich sichtbar, offenbar hatte er erwartet, dass Jadzia einen der freien Tische wählen würde.

Ineiau fühlte sich für einen Moment verunsichert, bevor sie antwortete: „Freier Himmel! Selbstverständlich.“

Die Trill und der Klingone setzten sich gegenüber von Ineiau und Hel auf die beiden Stühle. Jadzia beugte sich vertraulich zu Ineiau. „Sie leben noch mit Hekari zusammen? Wie geht es ihr?“

„Ja, wir sind weiterhin zusammen. Es geht ihr gut, sie ist wesentlich fitter geblieben als ich. Was nicht überraschend ist, da sie deutlich jünger ist als ich. Und ich vermisse sie. In zwölf Tagen ist unser einhundertzehnter Hochzeitstag. Und der Erste, den wir nicht zusammen feiern können.“

Jadzia dachte kurz nach. „Dann waren Sie beide bereits verheiratet, als Curzon auf der Shiva war? Dann tut es mir erst recht leid, was damals vorgefallen ist.“

„Mir ebenfalls. Vom diplomatischen Eklat ganz abgesehen“, erwiderte Ineiau und fühlte sich bei diesen Erinnerungen unbehaglich. „Aber Sie sind nicht er und nicht für seine Handlungen verantwortlich. Wobei ich hoffe, dass er mir meine … Reaktion ebenfalls vergeben hat.“

Jadzia lachte. „Ich bin immer noch zum Teil er. Und ich trage Ihnen nichts nach, immerhin war es komplett mein, beziehungsweise Curzons Fehlverhalten. Dank Ihrer damaligen Schiffsärztin konnten wir ja auch unsere diplomatische Mission erfolgreich beenden, ohne dass unsere Verhandlungspartner überhaupt mitbekommen haben, dass etwas passiert ist. Lebt T’Ra eigentlich noch? Und haben Sie weiterhin Kontakt zu ihr?“

„Ja, sie lebt noch. Aber sie hat sich bei unserem letzten Gespräch von Hekari und mir verabschiedet und sich für ihren letzten Lebensabschnitt des Nor’ern Ka in den Kreis ihrer Familie zurückgezogen.“

Hel und Worf sahen sie beide fragend an.

Jadzia klärte sie beide leise auf. „Nor’ern Ka ist das vulkanische Erwarten des Todes. Es tut mir leid, das zu hören.“

Ineiau zögerte, bevor sie knapp nickte. „Vulkanier und Ani haben eine vergleichbare Lebenserwartung. Sie ist achtunddreißig Jahre älter als ich. Und sie ist nach ihren eigenen Worten zufrieden mit dem Verlauf ihres Lebens.“

Es entstand eine kurze Pause, bevor Dax wieder fröhlicher das Gespräch fortsetzte: „Haben Sie und Hekari eigentlich Kinder?“

Ineiau lachte kurz und leise über den Themawechsel. „Ja, wir haben zwei Paare bekommen. Und unsere ältesten Enkelkinder haben uns inzwischen zu Urgroßmüttern gemacht.“

Jadzia lehnte sich lächelnd gegen Worf, der sich sichtbar darum bemühte, nicht darauf zu reagieren. „Dann sind Sie uns weit voraus. Aber das holen wir auf!“

Worf schien kurz zu einer Antwort anzusetzen, nickte dann aber nur sehr knapp, bevor er von seinem Pflaumensaft trank.

Fisher war wieder an ihren Tisch getreten, um eine Schale mit Gebäck hinzustellen und Ineiaus leeres Colaglas durch ein Gefülltes zu ersetzen.

Jadzia blickte sie an. „An Sie erinnere ich mich ebenfalls, als Curzon auf der Shiva war. Ich gehe inzwischen alleine wegen Ihres Alters davon aus, dass Sie entgegen Ihrer Erscheinung und Namens kein Mensch sind.“

Fisher sah sie ausdruckslos an. „Ich bin nicht dazu ermächtigt, diese Frage zu beantworten.“

Hel musste jetzt wieder grinsen. „Und mit dieser Nichtantwort dürften Sie den entgegengesetzten Effekt erreicht haben, als Sie es erwünscht haben, Rebecca.“

„Das war wirklich nicht meine Absicht. Aber ich bin zu keiner anderen Antwort fähig, Hel“, antwortete Fisher.

Jadzia und Worf betrachteten Fisher neugierig.

„Nein, sie ist kein Mensch. Rebecca ist eine Androidin. Und diese Information wird nicht die Vengeance verlassen“, klärte Ineiau sie auf.

Worf hob überrascht den Kopf. „Ich hätte nicht erwartet, dass Commander Maddox so schnell Erfolg bei der Nachkonstruktion von Data …“ Er stutzte sichtbar, bevor er sich selbst berichtigte: „Wenn Sie bereits vor rund einem Jahrhundert auf der Shiva waren, können Sie kein Androide vom Soong-Typ sein. Doktor Soong hat deren Entwicklung erst sehr viel später begonnen.“

„Das ist korrekt, ich wurde von Cyberdyne Systems illegal entwickelt und gebaut. Und ich habe anstelle eines leistungsfähigeren Positronengehirns, wie es Androiden vom Soong-Typ haben, nur einen konventionellen Zentralprozessor“, bestätigte Fisher.

Jadzias Stuhl kippte klappernd um, als sie geschockt aufsprang, bevor sie wieder ihre Fassung zurückgewann.

Worf ließ verständnislos, wenngleich sichtbar alarmiert seinen Blick zwischen Jadzia und Fisher wandern. Offensichtlich konnte er mit dem genannten Firmennamen nichts anfangen.

„Und ich habe selbstverständlich nicht mehr meine ursprüngliche Programmierung. Ich funktioniere gemäß den aktualisierten Robotergesetzen nach Isaac Asimov und bin dadurch nicht in der Lage, einem intelligenten Lebewesen dauerhaften Schaden zuzufügen“, fuhr Fisher fort, als wäre nichts passiert. Sie trat mit ruhiger Selbstverständlichkeit vor und stellte den Stuhl wieder auf.

Jadzia setzte sich vorsichtig wieder, während sie gleichzeitig Fisher immer noch mit einer Mischung aus Neugier und Überraschung musterte. „Das ist schon einmal beruhigend zu wissen.“ Sie blickte jetzt Ineiau an. „Wie zum Erbauer sind Sie damals an einen Terminator gekommen? Ich dachte, dass alle im Dritten Weltkrieg zerstört worden wären.“

„Einiges von Rebeccas genauer Herkunft ist immer noch klassifiziert und auch mir nur zum Teil bekannt. Aber ich kann und darf zumindest sagen, dass sie erst Jahrzehnte nach dem Krieg hergestellt wurde. Wann genau und in wessen Auftrag weiß ich selbst nicht. Cyberdyne hatte anscheinend nicht aus den von ihnen gemachten Fehlern gelernt. Und sie haben trotz des diesbezüglichen Verbotes die Fertigung und Entwicklung wieder aufgenommen, was dann ja konsequenterweise zu ihrer staatlich angeordneten Zerschlagung und Auflösung führte. Zumindest ein Teil von Rebeccas Serie wurde dabei von Starfleet Intelligence oder deren Vorgängerorganisation konfisziert und umprogrammiert. Man hielt es wohl für unethisch, sie als intelligente Wesen einfach zu zerstören“, führte Ineiau aus.

„Oder man sah uns einfach als zu nützlich zur Vernichtung an“, stellte Fisher fest.

„Oder das“, gab Ineiau ihr widerstrebend recht.

 

Captain Benjamin Sisko bemerkte, dass Major Kira Nerys deutlich beunruhigt war, als sie in sein Büro kam. Er hoffte, dass es nicht wieder weitere Beschwerden über die neue sich ständig verwandelnde Krankenpflegerin gab oder diese erneut Gerüchte in die Welt gesetzt hatte. „Was gibt es, Major?“

Sie legte ihr Datenpad auf seinen Schreibtisch, bevor sie sich auf einen der Besuchersessel plumpsen ließ. „Jemand hat heute Nacht versucht, sich Zugriff auf das Computerterminal in Odos Büro zu verschaffen. Und laut den Überwachungskameras soll es Commander Worf gewesen sein.“

Sisko überlegte, bevor er das Offensichtliche feststellte: „Der Commander ist nicht auf der Station, sondern mit der Vengeance unterwegs. Und Odo ist ebenfalls noch nicht zurückgekehrt.“ Er nahm das Datenpad auf und ließ die Videoaufzeichnung abspielen. „Was bedeutet, dass entweder die Kameras manipuliert wurden oder sich womöglich ein Gründer auf der Station befindet. Der uns dann absichtlich von seiner Anwesenheit wissen lässt, um Misstrauen zu sähen, falls er nicht einfach ungeschickt war.“

„Was ist mit Krankenpflegerin Meriau? Sie ist zwar kein Gründer, aber ebenfalls ein Formwandler“, brachte Kira ein.

Sisko schüttelte den Kopf. Er hatte sich seit dem Gespräch mit Captain Ineiau vor dem gemeinsamen Einsatz über die Fähigkeiten von deren Spezies informiert. „Ani sind keine echten Formwandler, sondern haben nur eine begrenzte Fähigkeit zur Gestaltwandlung. Sie könnte Commander Worf nicht ansatzweise glaubhaft imitieren. Das würde ihr nur bei einer Frau gelingen, vorausgesetzt, diese hat die gleiche Größe und Figur wie sie. Meriau könnte also als Beispiel nur Ihre oder Dax‘ Gestalt annehmen.“

„Sie liegt größenmäßig zwischen uns beiden. Ani können ihre Größe nicht verändern?“

„Nein, dazu sind sie nicht in der Lage. Ebenso wenig können sie ihre Stimme, Kleidung oder Frisur verändern.“ Er lächelte kurz und strich sich über seinem glattrasierten Kopf. „Zumindest nicht anders als Sie oder ich.“

Kira seufzte. „Meriau irritiert nicht nur mich und Julian mit ihrem Fimmel, ständig ihre Gestalt zu ändern.“ Sie ließ resigniert ihre Hände abrupt sinken. „Weder Captain Ineiau noch irgendeine Ani von der Vengeance hat auch nur einmal in unserer Anwesenheit eine andere Gestalt als ihre eigene angenommen.“

„Die Gestaltwandlung oder Anpassung, wie sie es selbst nennen, ist unter Ani ein wichtiger Aspekt ihrer Höflichkeitskultur. Ich habe aber selbst alle Regeln und Ausnahmen dafür nicht recht verstanden. Diese sind extrem komplex und zumindest für mich teilweise sehr widersprüchlich.“ Sisko zögerte kurz. „Ich weiß deshalb nicht, wie weit es für die Ani unter Captain Ineiau Einfluss nimmt, dass diese selbst als ranghöchste von ihnen wahrscheinlich altersbedingt gar nicht mehr Gestaltwandeln kann. Und wir können sie diesbezüglich nicht fragen, ohne die Entdeckung der Vengeance zu riskieren.“

Kira nahm frustriert das Datenpad auf und starrte auf das Standbild, welches scheinbar Worf in Odos Büro zeigte. Sie ließ das Pad wieder sinken, als ihr sichtbar eine Idee kam. „Aber ich könnte ihre Lebensgefährtin auf Areka kontaktieren. Immerhin war Meriau eine Schülerin von – wie war der Name? – Hekari?“

„Hekari ist richtig. Wenn es Sie beruhigen sollte, tun Sie das. Aber Meriau sollte alleine wegen ihrer begrenzten Fähigkeiten nichts mit dem Vorfall zu tun haben. Obwohl sie mit ihrem Verhalten ihren Artgenossen einen ziemlichen Bärendienst erweist. Ich werde sie bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu einem Gespräch vorladen und ihr direkt befehlen, dass sie in Zukunft nur auf besondere Anweisung eine andere Gestalt als ihre eigene anzunehmen hat.“ Er pochte mit seinem Zeigefinger auf das Display des Datenpads. „Unabhängig davon ist jedoch Ihre Hauptaufgabe herauszufinden, was es mit dieser Aufzeichnung auf sich hat, Major.“

„Ja, Sir“, erwiderte Kira mit einem säuerlichen Tonfall und hörbar nicht überzeugt.

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