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Der Fürsorger – The next Generation

von Sphere

Kapitel 3

KAPITEL 2



Hilflosigkeit.

Um ihn herum war Dunkelheit.

Ausgeliefertsein.

Es war, als befände er sich am Grund eines dunkeln Meeres.

Entsetzen.

Ganz langsam trieb er nach oben.

Wie, als ob jemand einen schwarzen Schleier von seinem Kopf zog, kehrte er wieder in die Wirklichkeit zurück.

Captain Picard lag auf der Brücke der Enterprise.

Eine unheimliche Stille umgab ihn.

Erst lange nach dem optischen Eindruck begann auch wieder das Gehör zu arbeiten, fühlte er das leichte Vibrieren des Bodens, roch die Reste von Rauch in der normalerweise so angenehmen Luft.

Sich seiner Körperhaltung bewusst werdend, richtete er sich auf.

Er hatte das Gefühl, aus einem langen Albtraum zu erwachen, an den er sich nur nicht mehr erinnern konnte. Tief atmete er ein, um die Geister in seinem Inneren zu vertreiben.

Auch sie wichen nur langsam zurück.

Aber sie wichen und das war gut so.

Unwillkürlich drehte er sich um, suchte nach Counselor Troi. Zweifellos hatte sie seine Emotionen während des Erwachens gespürt. Hatte erkannt, wie im Angesicht dieser Gefühle alte Wunden seiner Gefangenschaft bei den Borg und den Cardassianern aufzubrechen drohten. So sehr er sie für all das schätzte, was sie für das Schiff und ihn persönlich getan hatte, war ihm dieser Teil ihrer Fähigkeiten bis heute unangenehm.

Doch Deanna Troi war nicht anwesend.

An der taktischen Konsole sah er Worf wie eine gespannte Feder auf die Füße springen. Verstört blickte der Klingone umher, als erwarte er jeden Moment den Überfall durch eine Horde Targs.

Auch Will fehlte.

Vor der Steuerkonsole hockte Lieutenant Gates. Die dunkelhäutige Frau starrte ins Leere. Zu ihrer linken war Data bereits wieder mit der Bedienung seiner Station beschäftigt.

„Computer!“, sprach Picard energisch in die Luft und stellte fest, dass diese ihm immer noch ein wenig wie Watte vorkam. „Wo befinden sich die Commanders Riker und Troi?“

Die Stimme des Computers, die zeitgleich freundlich und neutral klang, antwortete sofort und hörte sich dabei an, als würde er aus einem Lexikon zitieren. „Commander Riker und Counselor Troi befinden sich nicht an Bord der Enterprise.“

„Wie viele Besatzungsmitglieder fehlen?“, hakte er nach.

„Zwei. Commander Riker und Counselor Troi.“

Jetzt reicht es, Q, dachte er.

Wut begann sich in Picard zu regen.

Er wandte sich an seinen Sicherheitsoffizier. „Lieutenant Worf. Sorgen Sie dafür, dass Commander LaForge diese EPS-Leitung repariert. Ich bin in meinem Raum.“

Ohne weiteren Kommentar verließ er die Brücke.

Als die Türen seines Bereitschaftsraumes sich hinter ihm schlossen, blieb er stehen. Wartete, bis die Wut ihn vollends ausfüllte, ihn endlich wirklich zum Vollbesitz seiner Kräfte zurückbrachte.

Abgesehen von ihren frühen Begegnungen, war Q stets als Mensch aufgetreten. Das war zweifellos Absicht und erleichterte die Kommunikation mit einer völlig fremdartigen Lebensform, wie Q sie nun mal darstellte, ungemein.

Es verleitete aber auch dazu, Q auch als Menschen zu behandeln und einzuschätzen.

Doch Q war kein Mensch. Diese Erscheinung war und blieb nur ein Bild, ein Avatar. Die Spitze eines Eisbergs, hinter der sich noch so viel mehr verbarg. Auch wenn Picard nicht daran glaubte, dass die Q wirklich allmächtig waren, so waren sie doch ganz ohne Zweifel ausgesprochen mächtig. Und dies durfte man keinen Augenblick lang vergessen, wenn man sich mit Q abgab.

„Zeigen Sie sich, Q“, sprach er leise in den leeren Raum hinein. „Ich weiß, dass Sie da sind! Nachdem Sie das alles inszeniert haben, werden Sie doch ganz bestimmt zusehen wollen.“

Picard gestattete sich selbst keinen Zweifel darüber, dass dies, was er bezwecken wollte, Aussicht auf Erfolg hatte. Denn eines war ganz klar: Er musste es einfach versuchen.

Seine Stimme wurde lauter. „Schön, wenn Sie nicht mit mir reden wollen, wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als mir zu zuhören“, stellte er klar. „Ich denke, ich muss Ihnen dankbar sein, weil noch niemand getötet wurde. Aber jetzt sind Sie zu weit gegangen! Wir werden Ihr Spiel nicht weiter mitspielen. Sie werden meine beiden Offiziere auf der Stelle wieder zurückbringen!“

Schweigen. Vielleicht war der Fisch in seinem Aquarium doch der einzige, der ihn hörte.

„Sie wollen wissen, wie wir in einer Situation reagieren, die Sie geschaffen haben“, erinnerte er. „Das ist bedauerlich, denn jetzt, wo wir wissen, dass alles von Ihnen ausgeht, werden wir alles andere tun, als uns normal zu verhalten. Ihr Experiment war schon gescheitert, bevor es begonnen hatte! Vielleicht entschließe ich mich, gar nichts mehr zu unternehmen“, versuchte er Q aus der Reserve zu locken. „Vielleicht zerstöre ich die Enterprise, nur um das Spiel zu beenden. Möglicherweise tue ich auch etwas Anderes, vollkommen Verrücktes.“

Er hatte erwartet, dass wenigstens die letzte Bemerkung Q’s Aufmerksamkeit erregen würde. Dass dieser auftauchte, nur um ihn zu fragen, was ein Captain Picard sich unter vollkommen verrückt vorstellte.

Doch Q blieb stur.

In manchen planetaren Einrichtungen gab es bis heute Türen mit Türklinken, die man von Hand öffnen und schließen musste. Solche Türen konnte man hinter sich zuschlagen.

Als Picard auf die Brücke zurückkehrte, kam ihm dieser Gedanke. Nicht unbedingt, dass er in dieser Situation wirklich eine Tür zugeworfen hätte – aber allein der Gedanke daran trug ein wenig dazu bei, ihn zu beruhigen.



~ # # # ~



Mitleid.

Um sie herum war Dunkelheit.

Hilfsbereitschaft.

Das erste, was wieder funktionierte, waren ihre empathischen Sinne.

Sorge.

Was sie empfand, waren nicht die eigenen Emotionen.

Nur ganz allmählich kehrten ihre übrigen Sinne und das Wachbewusstsein zurück.

Ihre Glieder schmerzten. Sie fühlte sich erschlagen. An mehreren Stellen ihres Körpers juckte es.

Eine mentale Stimme erklang in ihrem Kopf: Sie kommt wieder zu sich.

Deanna schlug die Augen auf.

Über ihr schwebte das Gesicht einer Frau.

Sie kannte sie nicht. Sie trug ein weißes Tuch, welches ihren Hinterkopf sowie das rechte Ohr verdeckte.

Ein weiteres Gesicht tauchte auf. Auch dieses kannte sie nicht. Es war ein Mann. Er lächelte. Wie geht es Ihnen?, erklang seine Stimme in ihrem Kopf.

Wer sind Sie?, dachte unwillkürlich Deanna zurück.

Dies war der Nachteil an telepatischer Kommunikation. Man war spontaner. Ehrlicher. Hätte sie laut gesprochen, hätte sie versucht, in ihre Stimme stählerne Schärfe zu legen. Eigentlich hatte sie gelernt, wie man sich in solchen Situationen zu verhalten hatte und möglichst schnell wieder Herr der Lage wurde.

Doch sie hatte mental geantwortet und in dieser Antwort schwang mit, was sie tatsächlich empfand: ein Anflug von Panik.

Berechtigter Panik, wie die Counselor in ihr sie sogleich beruhigte. Sie war plötzlich an einem Ort erwacht, den sie nicht kannte, in Gegenwart von Personen, die sie nicht kannte. Ihre Reaktion war völlig normal.

Ich weiß, wie beängstigend das alles für Sie sein muss, kam die beruhigende Antwort des Mannes. Wir sind Ihre Freunde. Sie müssen sich keine Sorgen machen. Der Mann war älter als die Frau. Auch er trug an der Seite des Kopfes ein Tuch, das unbedeckte Ohr auf der anderen Seite war fremdartig geformt.

Deanna versuchte, sich von ihrer Liege aufzurichten, doch die Frau drückte sie zurück. Bitte versuchen Sie noch nicht, sich zu bewegen. Sie sind sehr krank. Da war ein schmerzvoller Blick in ihren Augen, der zu den Empfindungen passte, die Deanna von ihr empfing. Die Frau und der Mann waren ehrlich um ihr Wohlergehen besorgt.

Also nahm Troi den Rat an und blieb liegen.

Der Raum war weiß und fast grell ausgeleuchtet. Von irgendwoher erklang in weiten, regelmäßigen Abständen ein tiefes, wummerndes Geräusch. Sie wandte den Kopf zur Seite und fand eine weitere Liege vor.

Auf ihr lag Will!

Gerade begannen seine Lider zu flattern und er erwachte. Während die Frau an Deannas Seite blieb, ging der Mann zu Riker herüber.

Dieser stöhnte leise auf. Seine Stimme klang kratzig, als er zu sprechen begann: „Was ist passiert?“

Bereitwillig antwortete der Mann diesmal auf verbalem Weg: „Sie müssen sich keine Sorgen machen“, erklärte er nun auch Riker. „Sie sind hier in Sicherheit.“

Schwerfällig, aber skeptisch sah Riker sich um. Als er sie erblickte, ließ er mit keiner Regung erkennen, dass er sie kannte, geschweige denn, wie gut. Da er nicht die mitfühlenden Empfindungen der beiden Fremden spüren konnte, war diese Vorsicht durchaus angebracht.

„Ich bin Commander William Riker“, stellte er sich vor und schnappte schnell nach Luft. „Vom Raumschiff Enterprise.“

„Mein Name ist Doktor Renar“, erwiderte der Mann.

Riker tastete über seine Brust und stellte fest, was auch Deanna schon aufgefallen war: Ihre Kommunikatoren waren fort. Sie trugen nicht mehr Uniformen, sondern eine Art weiße Krankenhemden.

„Ich muss Verbindung mit meinem Schiff aufnehmen“, erklärte Riker.

„Ich fürchte, das wird nicht möglich sein.“ Trauer ging von dem Arzt aus.

Troi spürte, wie das Misstrauen in Riker wieder stärker wurde. „Soll das heißen, wir sind Ihre Gefangenen?“

„Das sind Sie gewiss nicht“, erwiderte Dr. Renar langsam. „Nein, betrachten Sie sich als unsere Gäste.“ Doch nicht nur Troi bemerkte, dass Rikers Misstrauen nicht besänftigt war. Ein Ausdruck trat in Renars Gesicht, den Troi mit ratlosem Verständnis beschreiben würde. Er verstand Riker sehr gut, wusste aber nicht so recht, wie er damit umgehen sollte. „Der Fürsorger hat Sie zu uns geschickt“, fügte Renar dann hinzu, als würde dies alles erklären. „Solange Sie sich friedlich verhalten, dürfen Sie Ihr Quartier verlassen.“

Riker hatte sich auf seiner Liege halb aufgerichtet. Erst jetzt konnte sie eine hässliche Schwellung an seinem Hals sehen, die von einem gelblichen, eingetrockneten Film an Gewebsflüssigkeit überzogen war.

Automatisch fasste sie an ihren eigenen Unterarm, welcher einer der Orte war, an denen es sie die ganze Zeit schon juckte. Sie schob den Ärmel beiseite und unterdrückte einen leisen Schrei. Auch sie hatte eine derartige Schwellung!

Hastig befühlte sie ihren Körper und fand noch mehr von diesen Dingern.

„Was geschieht mit uns?“ Diesmal war ihre Stimme eiskalt. Der gleiche Ton, in dem man über Leben und Tod einer havarierten Enterprise entschied. Der Ton, in dem man mit Romulanern während einer ungewollten Undercovermission kommunizierte.

Der Mann blickte sie leicht gequält an. „Das wissen wir leider nicht.“

„Sie sprachen von einer Krankheit“, half Troi seinem Gedächtnis auf die Sprünge.

Der Arzt lächelte, doch seine Augen blieben traurig. „Sie müssen hungrig sein – leisten Sie mir im Hof Gesellschaft beim Essen?“, versuchte er abzulenken.

Troi seufzte innerlich und versuchte, sich selbst zu besänftigen. Sie spürte von Renar keinerlei Absicht, sie zu täuschen. Vielleicht wäre es gut, das Angebot anzunehmen und ihnen allen Gelegenheit zum Nachdenken zu geben.

„Gibt es vielleicht Mais?“, schnappte Will von der Seite. Er schwang die Füße über den Rand der Liege und stand auf.

Renar sah ihn leicht verunsichert an, denn Riker überragte ihn um einen halben Kopf. „Was immer das ist – ich fürchte damit werden wir Ihnen nicht dienen können.“ Troi spürte, dass der Mann einen inneren Kampf ausfocht. In diesem Moment wurde ihr klar, dass er nicht einfach „nur“ hilfsbereit war. Er glaubte, dass es unbedingt notwendig war, ihnen zu helfen. Dies war fest in seiner Ideologie verankert. „Allerdings gibt es neben unseren Nahrungsverteilern auch einen Garten, der von unseren jüngeren Leuten betrieben wird“, gab er dann zu und es war ihm anzumerken, dass er das Tun der genannten Leute aus einem Grund missbilligte, der sich Troi noch nicht erschloss. „Wenn Sie also auf exotischere Geschmacksrichtungen aus sind, könnten wir dort hin gehen.“

Renars Blick wanderte weiter zur Tür. Die junge Frau, die wohl eine Krankenschwester war, stand darin, Kleidungsstücke über den Arm gelegt. Troi hatte ihr vorangegangenes Verschwinden nicht bemerkt. Für einen Moment schien sich Renars Missbilligung auf sie zu konzentrieren.

Doch die Gefühle verrauchten schnell. „Dies ist frische Kleidung für Sie“, kommentierte er dann. „Wenn Sie sich vorher umziehen möchten...?“



~ # # # ~



Genau 15 Minuten waren seit Picards Gesprächsversuch mit Q vergangen. Die Führungsoffiziere hatten sich in der Beobachtungslounge versammelt – zumindest, was von den Führungsoffizieren noch übrig war.

„Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen“, bekundete LaForge, mit gefalteten Händen eindringlich über den schwarzen Tisch geneigt, die Anspannung noch immer in den Gliedern. „Wären wir nur eine Viertelstunde später von der Phalanx zurückgekehrt, hätten wir hier ein brennendes Wrack vorgefunden.“

Sie hatten Glück gehabt. Weitere Gedanken verschwendete Picard nicht daran. Über das Was wäre wenn nachzudenken, machte nach Abschluss einer Mission durchaus Sinn, jetzt jedoch nicht. Er konnte an dem Zwischenfall nicht einmal ablesen, ob die Lebensform auf der Phalanx die Zerstörung ihres Schiffes möglicherweise billigend in Kauf genommen hätte, denn die drohende Gefahr war von außen kaum zu entdecken gewesen.

„Wie ist der Status des Warpantriebs?“, fragte er daher nur.

„Zur Zeit nicht funktionsfähig“, erwiderte LaForge sofort, der natürlich mit dieser Frage gerechnet hatte. Inzwischen etwas gelassener, lehnte er sich in seinem Sessel zurück. „Wir müssen die beschädigte Plasmaleitung entfernen, eine neue herstellen und einfügen. Außerdem sind da noch immer die Schäden am Injektionssystem. Die ganze Reparatur wird etwa 10 Stunden dauern. Bis dahin darf der Warpkern nur mit halber Kraft arbeiten, aber das deckt unseren Sublicht-Energiebedarf ohne Probleme.“

„Gut, machen Sie es so“, hakte Picard diesen Punkt vorerst ab. „Dr. Crusher“, wandte er sich an selbige. „Hat die Crew durch den Aufenthalt auf der Phalanx irgendwelche Schäden davon getragen?“

„Nicht, soweit ich das sagen kann.“ Ihr Blick schweifte für einen Moment in die Ferne, während sie nachdachte. „Uns allen wurden Gewebeproben entnommen. Das Verfahren war vermutlich sehr kompliziert, aber hat keinen Schaden hinterlassen.“

„Soll das heißen, wir wurden untersucht?“ Der Anblick der langen Reihen an Liegen hatte ihn so etwas vermuten lassen. Aber er war ohne Erinnerung an die weiteren Geschehnisse erwacht. Die Vorstellung, was in der Zwischenzeit mit ihnen geschehen sein könnte, beunruhigte ihn. Vor einigen Jahren waren mehrere aus seiner Crew von Fremden in eine Subraumdomäne entführt und untersucht worden. Einige von ihnen hatten das nicht überlebt und waren teilweise auf grausige Weise zugrunde gegangen. „Haben Sie eine Vorstellung davon, nach was für Informationen genau gesucht wurde?“, setzte er eine etwas analytischere Frage hinterher.

„Für jemanden mit der Technologie, uns quer durch die Galaxis zu schicken, ist es durchaus ungewöhnlich, Proben zu entnehmen“, stellte Beverly ein wenig ratlos fest. „Es gibt kaum ein modernes medizinisches Untersuchungsverfahren, welches nicht berührungs- und zerstörungsfrei arbeitet.“

„Es wäre jedoch möglich, dass eine sporocystianische Lebensform nur über primitive Mittel verfügt, um kohlenstoffbasiertes Leben zu untersuchen“, warf Data ein.

Beverly zog die Mundwinkel etwas in die Breite und zuckte leicht mit den Schultern. „Ich weiß nicht, wonach gesucht wurde. Diese Proben könnte man für alles mögliche benutzen. Ich kann nur wiederholen, dass es nicht schädlich war.“

„Beschäftigen Sie sich weiter mit dem Thema“, wies er sie an und bändigte recht erfolgreich seine Beunruhigung in diesem Punkt. Dann lehnte er sich zurück und zog seine Uniformjacke glatt. „Sie alle wissen, dass wir Q die aktuelle Situation verdanken. Die Frage ist nun: Wie wollen wir darauf reagieren?“ Er überlegte einen Moment, wie er fortfahren sollte und entschloss sich zu völliger Offenheit. „Ich habe bisher versucht, ihm klar zu machen, dass wir bei seinem Spiel nicht mitmachen werden. Es scheint allerdings so, als hätte ihn das nur wenig beeindruckt.“

„Mir gefällt es nicht, wenn wir durch Q’s Reifen springen“, bekundete Geordi. „Warum tun wir also überhaupt etwas? Wir sollten das Schiff reparieren und ansonsten nicht auf das reagieren, was außerhalb geschieht.“

„Das würde bedeuten, Will und Deanna einfach ihrem Schicksal zu überlassen!“ Man konnte Beverly ihre starke Entrüstung deutlich ansehen. Dennoch handelte sie korrekt und wandte sich an die Gruppe statt an Geordi persönlich. „Wir können doch nicht einfach die Hände in den Schoß legen, wenn wir nicht wissen, was mit ihnen geschehen ist!“

Data zögerte kurz, blickte aus den Augenwinkeln zu LaForge, der neben ihm saß, und sah dann zu Picard. „Ich muss Dr. Crusher zustimmen. Gemäß unserer bisherigen Erfahrungen, hat sich Q nie von uns abhalten lassen, das von ihm gewünschte Szenario durchzuführen. Es wäre daher unwahrscheinlich, dass wir ihn durch unsere Inaktivität diesmal davon abbringen können.“

Picard musste Data zustimmen. Q hatte sich tatsächlich nie von seinen Plänen abbringen lassen. Vom ersten Kontakt mit den Borg träumte Picard selbst heute noch manchmal. Achtzehn Crewmitglieder waren dabei gestorben. Q hatte sie nicht wieder ins Leben zurück gerufen.

Ein anderes Mal hatte er sie in seine Vorstellung des Sherwood Forrest geschickt. Q hatte davon geredet, eine Schuld begleichen zu müssen. Davon, dass er Picard helfen wolle einzusehen, was seine Gefühle für Vash in ihm auslösen konnten. Nichtsdestotrotz zweifelte er keinen Augenblick daran, dass sie alle in diesem Szenario hätten sterben können.

Sein bisheriges Verhalten sah Picard noch immer als einzige Option in der damaligen Lage an – was aber nicht hieß, dass es sinnvoll war, es in alle Ewigkeit beizubehalten.

Sein Blick wanderte zu Worf, der bisher geschwiegen hatte. „Mr. Worf. Wie ist Ihre Meinung?“

Der Klingone warf ihm einen düstern Blick zu. „Ich würde es vorziehen, mich in dieser Angelegenheit nicht zu äußern.“

Eine von Worfs angenehmen Seiten war, dass er direkt und offen war, statt um den heißen Brei herum zu reden oder mit leeren Phrasen auszuweichen. Picard konnte sich denken, warum Worf schweigen wollte: Er hielt sich für befangen und seine Meinung daher für wertlos.

Picard wusste von der Beziehung, die Worf und Deanna im vergangenen Jahr aufgebaut hatten und es gab für ihn keinerlei Grund, diese nicht zu billigen. Aber obwohl er stets Verständnis für die persönlichen Probleme seiner Offiziere hatte und sie bei deren Lösung so gut es ging unterstützte, hatte er es noch keinem gestattet, dass diese Probleme die Pflichterfüllung beeinträchtigten. „Abgelehnt“, antwortete er daher knapp.

Worf schluckte seinen Widerwillen herunter und intonierte dann energisch: „Es spielt keine Rolle, wie wir in diese Situation geraten sind! Wir sind hier. Und es ist unsere Pflicht, alles zu unternehmen, um unsere Kameraden zu befreien und für das Schiff einen Weg nach Hause zu finden.“

Mit einem Nicken signalisierte Picard, dass ihm Worfs Äußerungen genügten.

Nachdem alle Anwesenden ihre Meinung kund getan hatten, traf er seine Entscheidung.

„Ich vermute, wenn Deanna hier wäre“, begann er und benutzte dabei bewusst ihren Vornamen, „dann würde sie uns raten, unsere Entscheidungen nicht ständig vor dem Hintergrund zu hinterfragen, dass Q uns vielleicht über die Schultern sieht. Daher werden wir aktiv.“ Er wandte sich an Data. „Besteht eine Chance, dass sich die beiden noch auf der Phalanx befinden?“

„Obwohl es keinerlei Störquellen gibt, können die Sensoren sie dort nicht erfassen“, bedauerte Data.

„Könnten sie dort hin geschickt worden sein, wo auch die Energieimpulse hinzielen?“

„Die Impulse richten sich auf einen Planten im nahe gelegenen System“, setzte Data erst einmal voran. „Theoretisch wäre es möglich, die Energieimpulse als Trägerwelle für einen Transporterstrahl zu benutzen. Allerdings liegt so etwas bei weitem außerhalb unserer technischen Fähigkeiten.“

„Was wissen wir über diesen Planeten?“

„Es ist der fünfte von sechzehn Planeten eines Systems, das um einen G0-Stern kreist“, dozierte der Androide ohne auch nur einen Moment nachdenken zu müssen. „Es ist der einzige bewohnbare Körper innerhalb dieses Systems. Bis auf ein einziges Merkmal weist er alle Eigenschaften eines Klasse-M Planeten auf: In seiner Atmosphäre gibt es keine nukleogenen Partikel.“

„Das heißt, der Planet kann keinen Regen produzieren“, erkannte Beverly. Immer wieder konnte sie mit Wissen überraschen, welches überhaupt nicht in ihr Fachgebiet gehörte.

„Richtig, Doktor“, bestätigte Data mit zufriedenem Androiden-Lächeln. Dann ergänzte er: „Auf dem Planeten gibt es weder in der Atmosphäre, noch an der Oberfläche flüssiges Wasser.“

„Danke, Mr. Data.“ Diese Informationen waren durchaus interessant, halfen ihm im Moment aber nicht weiter. „Wir haben die Option, die Phalanx zu rufen, auf sie rüber zu beamen oder sie zu verlassen und statt dessen den Planeten aufzusuchen. Ich würde sagen, wir arbeiten die Punkte in dieser Reihenfolge ab.“ Er blickte in die Runde und fand keinerlei Einwände vor. „Das wäre alles.“



~ ~



Seine Erwartungen bestätigten sich: Die Phalanx kreiste in aller Seelenruhe auf ihrer weitläufigen Umlaufbahn um den nahen Stern und beantwortete ihre Rufe nicht.

Picard hatte bemerkt, dass LaForge nicht etwa sofort in den Maschinenraum zurückgekehrt war, sondern an der neuen, erweiterten Maschinenkontrolle auf der unbeschädigten Seite der Brücke arbeitete. Jetzt drehte er sich zu ihm um. „Captain. Bei den Ausläufern der Phalanx handelt es sich um eine Art riesiger Subraummodulatoren. Vermutlich wurde damit die Verlagerungswelle erzeugt, die uns herbrachte. Wenn wir wirklich rüber beamen sollten, dann würde ich mir das gerne von Nahem ansehen.“

„Ich verstehe.“ Trotz seiner anfänglichen Bedenken schien Geordi jetzt sehr motiviert zu sein. „Sie werden das Außenteam begleiten, das ich führen werde.“

„Captain...“ Data musste nie seine Stimme erheben. Mit seiner bestimmten Höflichkeit schaffte er es auch so stets, die volle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Picards Hände schlossen sich fester um die Lehnen seines Sessels. Data musste gar nicht weiter reden. Er war ein verdammt guter Offizier, er hatte von den Besten gelernt. Picard wusste auch so, was er sagen wollte. Dennoch erwiderte er: „Ja, Mr. Data?“

Data hatte den Sessel von seiner Station fortgedreht und blickte ihn ernst an. „Captain, auch wenn Commander Riker zur Zeit nicht an Bord ist, gibt Ihnen das nicht das Recht, selber auf eine Außenmission zu gehen“, belehrte er ihn. „Im Gegenteil ist gerade in der aktuellen Situation Ihr Platz auf der Brücke.“

Picards Finger verkrampften noch ein bisschen mehr. Irgendwie hatte er gehofft, dass, wenn er älter würde, der Drang auf Außenmissionen zu gehen, mit der Zeit nachlassen würde. Doch das Gegenteil war der Fall. Mit jedem Jahr, das verging, fiel es ihm schwerer, Riker gewähren zu lassen. Irgendwann konnte dies zu einem Problem werden.

Doch dann entspannte er sich wieder. „Sie haben Recht, Mr. Data“, erkannte er versöhnlich an. „Sie werden das Team führen.“

Data nickte knapp, als hätte er nichts anderes erwartet. „Geordi, Worf“, blickte er die beiden an. „Sie werden mich zusammen mit Dr. Crusher begleiten.“ Obwohl Data immer noch die gleiche Höflichkeit wie sonst an den Tag legte, war da etwas in seiner Stimme oder seiner Haltung, was klar machte, dass er diesmal keine Bitte an seine Freunde richtete, sondern dass er Befehle erteilte.

Wenn Data das wollte und nicht etwa eine wissenschaftliche Karriere dem vorzog, würde er in einigen Jahren durchaus im Stande sein, sein eigenes Schiff zu kommandieren.

Dann würde auch er auf keine Außenmissionen mehr gehen dürfen...



~ # # # ~



Es gab nur einen einzigen Ort an Bord der Phalanx, an den sie hatten beamen können. Überall, abgesehen vom Rand des dortigen Holodecks verhinderten Störfelder eine erfolgreiche Rematerialisation.

Das Programm lief noch immer und schuf die Illusion der irdischen Farm. Einzig die zugehörigen holographischen Charaktere waren verschwunden.

Data nahm seinen Trikorder zur Hand und überprüfte die Daten der Schiffssensoren. Commander Riker und Counselor Troi waren tatsächlich nicht an Bord. Die Position der sporocystianischen Lebensform hatte sich jedoch verändert. Sie befand sich diesmal innerhalb des Holodecks.

Allerdings standen zwischen ihnen und dem Lebenszeichen mehrere holographische Trennwände, so dass Data bezweifelte, sie zu Gesicht zu bekommen – es sei denn, sie würden die Projektionen mit ihren Phasern zerstreuen. Eine solch aggressive Vorgehensweise hielt er jedoch zur Zeit als noch nicht angebracht.

„Commander!“, forderte Worf seine Aufmerksamkeit. Der Sicherheitschef hielt zwar ebenfalls einen Trikorder in der Hand, doch er sah ihn nicht an. Mit hoch erhobenem Kopf musterte er die Umgebung mit den körpereigenen Sinnen. Er bedeutete ihnen, ihm zu folgen.

Worf führte das Außenteam um das Haupthaus der Farm herum. Dort saß auf einer Bank unter einem Baum eine einzelne Gestalt.

Es war der Mann mit dem Banjo.

In sich versunken, die Augen geschlossen, mit hängenden Schultern und leicht geöffnetem Mund hielt er sein Instrument in den Händen. In weit auseinander liegenden Intervallen zupfte er an dessen Saiten und erzeugte auf diese Weise einige traurig klingende Takte.

Der Mann seufzte leise. Ihre Ankunft schien er nicht zu bemerken. Obwohl seine physischen Parameter bis auf die Tatsache, dass seine grauen Haare etwas zerzaust waren, seit ihrer letzten Begegnung sich nicht verändert hatten, wirkte er dennoch gealtert. Dies war nicht länger der lebensfreudige Farmer, zu dessen Liedern die Hologramme getanzt hatten.

„Verzeihen Sie bitte“, machte sich Data bemerkbar.

Die Augen des Mannes öffneten sich. Er blickte Data an, schien zu realisieren, wer vor ihm stand und verzog unwillig das Gesicht. „Oh“, stöhnte er angewidert auf. „Warum suchen Sie mich noch mal auf? Sie haben nicht, was ich brauche!“

Data ließ sich davon nicht beirren. „Ich bin Commander Data von der Enterprise“, stellte er sich vor. „Darf ich annehmen, dass es sich bei Ihnen um den Avatar der hier anwesenden sporocystianischen Lebensform handelt?“

Der Mann starrte ihn einen Augenblick entgeistert an. „Ja...“, gab er dann widerwillig zu. „Das nehme ich schon an.“

Data begrüßte diesen Umstand. Auf welchem Weg er Kontakt mit dem Kommandanten der Phalanx aufnahm spielte keine Rolle. Wenn dieser es vorzog, sich ihnen als menschliches Hologramm zu präsentieren, konnte Data das durchaus akzeptieren. „Ich muss Sie auffordern, die von Ihnen gefangenen Crewmitglieder an uns zurückzugeben und unser Schiff wieder in den Föderationsraum zurück zu transportieren.“ Es schien Data sinnvoll, sein Anliegen ohne weitere Umschweife vorzutragen.

Sofern eine sinnvolle Korrelation zwischen der Mimik des Hologramms und den Reaktionen der sporocystianischen Lebensform bestand, schien diese ihn im Moment nicht sonderlich zu beachten. Erst, als Data seinen Satz beendete, zeigte sich der Mann plötzlich belustigt. „Oh, Sie sind aber ganz schön hartnäckig für eine zweifüßige, minderwertige Spezies“, schnaubte er.

Data verbrachte einige Mikrosekunden damit, darüber zu philosophieren, ob das Attribut zweifüßig vom Standpunkt einer sporocystianischen Lebensform aus gesehen sinnvoll gewählt war. Die Bezeichnung minderwertig jedenfalls machte die Aussage über den Sprecher, dass er die eigene Spezies für überlegen hielt. Ob dies wie im Fall der Q zutreffend oder wie im Fall der Sheliak es nicht war, ließ sich zur Zeit noch nicht beurteilen. Die Technologie des Volkes war jedenfalls beeindruckend.

„Hartnäckigkeit ist ein typisches Merkmal der Menschen“, erwiderte Data. Der Mann wandte sich gleichgültig dem Banjo zu, schien sein Spiel fortsetzen zu wollen. „Daher muss ich Sie noch einmal fragen: Wo sind unsere beiden Crewmitglieder?“

Der Alte winkte ab. „Sie sind nicht mehr hier.“ Seine Hand war bereits wieder auf dem Rückweg zum Banjo, als Worf von der Seite donnerte: „Was haben Sie mit ihnen gemacht?“

Der Klingone war schon zuvor nervös gewesen. Jetzt brach die Anspannung aus ihm hervor. Data warf ihm einen verweisenden Blick zu, worauf hin sich der Lieutenant sofort wieder in den Griff den bekam.

Die Erwiderung des Banjo-Mannes klang leicht verärgert: „Sie haben nicht, was ich brauche“, wiederholte er seine unzusammenhängende Aussage von vorhin. Dann riss er fast freudig die Augen auf und erklärte mit gehobenem Zeigefinger: „Die zwei vielleicht!“ Er dachte einen Moment nach, fuhr dabei mit dem Finger über die Nasenspitze. Dann hob er die dem Finger zugehörige Hand, als wolle er jeden Einwand, der vielleicht kommen könnte, einfach fortwischen. „Nein, Sie müssen sie mir überlassen.“

Doch Data war nicht bereit, einfach so aufzugeben. „Wenn Sie uns sagen würden, was Sie brauchen, könnten wir Sie vielleicht bei Ihrer Suche unterstützen und so zu einer für beide Seiten akzeptablen Vereinbarung gelangen.“

Das Hologramm blickte ihn nur sehr kurz an. „Sie?!“, lachte er und schüttelte grimmig den Kopf. „Ich habe die Galaxis mit Methoden, die jenseits ihrer Vorstellungskraft liegen abgesucht. Nein, Sie können nichts tun.“

Als Androide war es Data unmöglich, Frustration über die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Wesens zu empfinden, daher konnte er sich voll auf seine Aufgabe konzentrieren. Doch es schien so, als würde er mit Logik hier nicht weiter kommen. „Sie befinden sich in einem Dilemma.“ Data tat das, was die Menschen einen Schuss ins Blaue riskieren nannten. Gemäß der Empfindungen der Lebensform, die Counselor Troi beschrieben hatte, und ihrem aktuellen Verhalten, machte diese Behauptung durchaus Sinn. Doch wissen tat Data weniger, als er vorgab. „Ich vermute, die Umstände zwingen Sie zu diesem Vorgehen.“

Der Blick des Hologramms verdüsterte sich. Offenbar hatte Data ins Schwarze getroffen. Und interessanterweise schien dies die Redebereitschaft seines Gegenüber zu fördern. „Ich hatte keine Wahl. Was ich tat, war notwendig.“ Einen Moment brütete er still vor sich hin und Data ließ ihn. „Ich muss eine Schuld bezahlen, die nie wieder beglichen werden kann... Aber meine Suche ist nicht sehr erfolgreich gewesen und jetzt... ist einfach nicht mehr genug Zeit übrig.“ Der Fokus seiner Augen verschob sich ins Unendliche.

Die Aussage war interessant, jedoch noch nicht wirklich aufschlussreich. Eigentlich wäre es sinnvoll gewesen, an diesem Punkt nachzubohren. Doch Data sah die emotionale Zerrissenheit seines Gegenüber. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass es unter diesen Umständen besser war, vorerst das Thema zu wechseln und später darauf zurück zu kommen. „Unser Raumschiff ist nicht in der Lage, die Entfernung zum Gebiet der Föderation in absehbarer Zeit zu bewältigen“, erklärte er daher. „Ist Ihre Phalanx technisch in der Lage, uns zu dem Ausgangsort unserer Reise zurück zu schicken?“

Der Mann mit dem Banjo wandte ihm den Kopf zu. Zum ersten Mal blieb sein Blick längere Zeit an Data haften. Er kniff die Augen zusammen und schien ihn damit durchleuchten zu wollen. Betroffenheit begann sich in seinem Gesicht zu zeigen, wandelte sich allmählich in Verzweiflung. Datas Idee, ihn mit der Frage ablenken und beruhigen zu können, ging offenbar nicht auf.

„Es...“, begann er und schien mit sich zu kämpfen. Dann fuhr er gestikulierend fort: „Es ist sehr kompliziert, Sie wieder nach Hause zu schicken. Verstehen Sie das nicht?“

Einen Moment blickte er sich nach Verständnis heischend im Außenteam um. Doch dann schlug mit einem Mal seine Verzweiflung in Entschlossenheit um. „Dafür habe ich keine Zeit!“, rief er mit plötzlich geballter Faust. „Nicht genug Zeit!“

Er hob die Hand – und mit einem Mal fand sich Data mit seinem Team auf der Brücke der Enterprise wieder.
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