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Die andere Frau (2)

von Emony

Kapitel 1

Historische Anmerkung 
Die folgende Geschichte spielt im Jahr 2370

 

Föderationsraum, nahe der Entmilitarisierten Zone

„Verdammt!“, fluchte Ro Laren und gab ein Ausweichmanöver ein. Sie hatte einige Medikamente und Lebensmittel im Frachtraum, auf die die Föderation mit Recht Anspruch erhob. Und nun waren sie ihr mit einem Schiff der Ambassador-Klasse auf den Fersen, dem sie praktisch nichts entgegen zu setzen hatte.

Sie war schon nahe dran gewesen, ihre Mission als vollen Erfolg zu verbuchen. Immerhin hatte niemand auf Bajor sie als Mitglied des Maquis erkannt. Sie hatte eine ‚Tante‘ besucht und nebenbei ihre Mission erfüllt; einige Versorgungsgüter zu beschaffen, an die sonst niemand mit derartiger Leichtigkeit herankam.

Es war ihr nicht leicht gefallen, ausgerechnet ihre Heimat um Ressourcen zu bestehlen, doch im Augenblick ging es Bajor gut. Im vergangenen Jahr hatte die provisorische Regierung die Sternenflotte um Hilfe ersucht und diese prompt erhalten. Soweit Ro Laren bekannt war, wurde die alte Erzverarbeitungsanlage, die bis vor einem Jahr noch Bajor umkreiste und von Cardassianern geführt worden war, inzwischen sowohl von einer Delegation des bajoranischen Militärs als auch von der Sternenflotte geführt.

Ihre Maquis-Mitstreiter hingegen bekamen keinerlei Unterstützung. In ihren Lagern herrschte große Medikamenten- und Lebensmittelknappheit. Kein Wunder. In den Badlands gab es nicht gerade ein reiches Vorkommen entsprechender Ressourcen, und niemand hatte Zeit, Setzlinge zu pflanzen und Erträge zu ernten. Es war eine schwere Zeit, für jeden von ihnen.

Nicht selten kam es vor, dass sie sich fragte, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sie die ‚U.S.S. Enterprise‘ und ihren Posten dort nicht aufgegeben hätte. Dann jedoch erinnerte sie sich daran, dass die Föderation sich stets hinter ihren Direktiven versteckte und auf Diplomatie baute. Sie versuchte zu verhandeln, während die Cardassianer zunehmend ihre Grenzen erweiterten und mehr Planeten eroberten.

Und wie es aussah, wenn Cardassianer zu viel Macht besaßen, wusste sie nur zu gut. Bilder ihres Vaters, gefoltert und zum Sterben verurteilt, kamen ihr wieder ins Gedächtnis. Bilder, die sie versucht hatte, zu verdrängen. Zuerst hatte sie ihren Vater verloren und dann erst vor wenigen Wochen Macias, mit dem sie sich verbunden gefühlt hatte, als wäre er eine Art Adoptivvater gewesen. Und das, obwohl sie den Mann eigentlich kaum gekannt hatte. Sie hatten die gleichen schrecklichen Erfahrungen mit den grauhäutigen Monstern gemacht, teilten dasselbe Schicksal.

Plötzlich erregte eine der Anzeigetafeln auf der Steuerkonsole des alten bajoranischen Schiffes ihre Aufmerksamkeit. Ein drittes Schiff, ebenfalls mit einer Sternenflotten-Signatur, gesellte sich zu ihrem und dem der ‚U.S.S. Vindicator‘. Es handelte sich dabei um ein Schiff der Condor-Klasse. Ro Laren wusste, dass viele dieser rund vierzig Jahre alten Raider mittlerweile vom Maquis kommandiert wurden, so dass Hoffnung in ihr aufkeimte.

Das Sternenflotten-Schiff schloss auf, war viel schneller als ihr eigenes kleines Schiff. Sie erhöhte die Geschwindigkeit bis zur maximalen Grenze und spürte mit einem Mal ein unaufhörliches Ruckeln. Ihr Schiff war kurz davor, die strukturelle Integrität zu verlieren, als der Raider zu ihr aufschloss und das Feuer auf die ‚U.S.S. Vindicator‘ eröffnete. Mit nur einem gezielten Schuss wurde deren rechte Warpgondel beschädigt und das Raumschiff verlor augenblicklich an Geschwindigkeit.

„Brauchen Sie Hilfe?“, ertönte eine freundliche, männliche Stimme aus den Lautsprechern in ihrem Cockpit.

Ro kam nicht umhin zu lächeln, als sie antwortete: „Kann man wohl sagen.“

Zu zweit nahmen sie auch die andere Warpgondel unter Beschuss, bis diese ebenfalls aufhörte zu leuchten und somit außer Betrieb war. Sie hatten dem großen und mächtigen Sternenflotten-Schiff den Garaus gemacht, ohne dabei auch nur eine Person verletzt zu haben. Diese Tatsache beruhigte Ro Laren ungemein. Denn obgleich die Sternenflotte die Cardassianer verteidigte, so hatte sie persönlich immer noch Jean-Luc Picard und dessen Ideale vor Augen, die sie stets bewunderte.

Die Sternenflotte war naiv, wie ein kleines Kind. Sie schienen nicht zu begreifen, dass sie dabei waren den Feind zu unterstützen. Anstatt sich dem Maquis anzuschließen, um den Frieden, der bisher in diesem Quadranten geherrscht hatte, zu wahren.

Die Sternenflotte hatte nie unter der Schreckensherrschaft der Cardassianer gelebt und gelitten. Woher sollten sie wissen, zu was diese Leute imstande waren? Erzählungen von Leuten, wie ihr selbst und unzähligen anderen Bajoranern, schienen ja nicht zu genügen.

Die Cardassianische Union würde weiter wachsen und ein System nach dem anderen annektieren. Ro Laren und viele anderen Maquis hegten keine Zweifel daran, dass die Cardassianer versuchten die Sternenflotte in falscher Sicherheit zu wiegen.

Zusammen entfernten sich die beiden Schiffe von der gestrandeten ‚U.S.S. Vindicator‘. Das Schiff war lediglich antriebslos, verfügte jedoch noch über sämtliche anderen Systeme, so dass sie sich zur Not selbst verteidigen und ihrem Namen alle Ehre machen konnten, sollte es nötig werden. 

Ro Laren ignorierte die eingehenden Kommunikationsrufe des Sternenflotten-Schiffs, ließ den Kanal lediglich für den verbündeten Maquis-Raider offen.

„Danke für die Unterstützung“, sagte Ro nach einiger Zeit.

„Sie haben eine wichtige Fracht an Bord“, erklang eine weitere männliche Stimme. Wärmer als die erste und die Bajoranerin überlegte, woher sie diese kannte. Sie kam ihr vage vertraut vor…

„Das stimmt“, erwiderte sie kühl. „Darf ich fragen, wer Sie sind?“

„Verzeihung. Selbstverständlich. Ich bin Chakotay, Captain der ‚Val Jean‘“, antwortete die Stimme im selben warmen Ton wie zuvor. „Und Sie sind?“

Ro Laren musste lächeln ob des Zufalls ihrem ehemaligen Ausbilder auf diese Weise wieder zu begegnen. Zu dumm, dass kein visueller Kontakt möglich war. Sie hätte gerne seinen Gesichtsausdruck gesehen, als sie antwortete: „Ro Laren.“

Sie hörte ein leises Lachen. Offenbar amüsierte es den ehemaligen Sternenflotten-Offizier ebenso wie sie selbst. Und dass er sich noch an sie erinnerte, freute Ro Laren sehr. Sie hatte immer viel von Chakotays Unterricht gehalten, schätzte seine Fähigkeiten. Ihn als Verbündeten im Maquis zu haben, war sicherlich von Vorteil.

„Ihr Schiff ist beschädigt“, erklang eine weibliche Stimme durch die Kommunikationsanlage. Und diese Stimme klang eher mürrisch als freundlich.

„Leider habe ich nur dieses alte, beschädigte Schiff bekommen“, gab sie nun ihrerseits ein wenig gereizt zurück und sah sich im Cockpit der ‚Träne des Friedens‘ um. Es war ein gutes Schiff, dafür dass es alt und ungepflegt war. Sie war nun mal keine Technikerin und verstand sich kaum auf Reparaturen.

„Nehmen Sie es meiner Ingenieurin nicht übel. Sie kann kein beschädigtes Schiff sehen, ohne es gleich reparieren zu wollen. Sie hat zu Raumschiffen eine ähnliche Beziehung wie ein Arzt zu seinen Patienten. Sie versucht, sie möglichst gut zu behandeln und niemals unnötig leiden zu lassen. Sobald wir die Badlands erreicht haben, wird B’Elanna sich um Ihr Schiff kümmern.“

„Danke für das Angebot“, entgegnete Ro nun wieder etwas gelassener. Chakotays Stimme hatte schon immer einen beruhigenden Effekt auf sie gehabt. „Es ist schön einem bekannten Gesicht unter all den Fremden zu begegnen.“

„Das geht mir ebenso. Wir sollten heute gemeinsam zu Abend essen. Es interessiert mich, was Sie letztlich dazu bewogen hat, sich uns anzuschließen.“

„Ich erzähle Ihnen gerne von meinen Gründen.“

„Tom, bitte pass dich ihrer Geschwindigkeit an. Hier draußen möchte ich sie ungern allein nach Hause humpeln lassen.“

„Geht klar.“

Zu diesem Tom gehörte also die erste Stimme von vorhin, überlegte Ro Laren kurz. Doch dann schob sie den Gedanken beiseite und dachte wieder an Picard. Er wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen.

Es zerriss sie innerlich, dass sie ihm den Rücken gekehrt hatte, nach allem was er für sie getan hatte. Warum nur wollten er und die anderen Sternenflotten-Offiziere nicht einsehen, dass man die Cardassianer nicht schützen, sondern jagen und ausrotten sollte? Eine solche Nation brachte keinen Frieden, sondern Krieg.

Den gesamten Flug über kreisten ihre Gedanken um die ‚Enterprise‘, Picard und… nun auch um Chakotay. Sie freute sich schon darauf, am Abend mit ihm zu essen und Zeit mit ihm zu verbringen. Sie war neugierig auf seine Geschichte, wie es dazu gekommen war, dass auch er sich dem Maquis angeschlossen hatte.

=^=

Einige Stunden waren vergangen, seit sie Chakotays Stimme zuletzt gehört hatte. Sie waren inzwischen auf dem Stützpunkt angekommen, einem abgelegenen Planeten, gut versteckt in der Nähe der Badlands. Ro war zum ersten Mal hier, obgleich dieser Stützpunkt schon seit geraumer Zeit einen Zufluchtsort für den Maquis darstellte und sie bereits seit mehreren Wochen zu den Freiheitskämpfern gehörte. Es kam ihr ein wenig seltsam vor, dass man sie bisher noch nicht über diesen Unterschlupf in Kenntnis gesetzt hatte. Andererseits konnte sie gewisse Vorsichtsmaßnahmen verstehen. Gerüchte wurden lauter, dass zunehmend Spione den Maquis infiltrierten. Wahrscheinlich war man sich ihrer Loyalität noch immer nicht gewiss.

„Willkommen“, grüßte Chakotay Ro Laren und riss sie damit aus ihren Gedanken.

Hinter ihm trat eine Klingonin aus dem Schatten eines riesigen Baumes, ein blonder, hoch gewachsener Mann, ein Bolianer und ein dunkelhaariger Mann, der sie finster anblickte. „Das ist meine Brückencrew“, sagte Chakotay und lächelte Ro an. Dann deutete er der Reihe nach auf seine Mannschaft. „B’Elanna Torres, meine Ingenieurin – und die beste, der ich je begegnet bin.“ Die Klingonin verzog den Mund zu einem aufgesetzten Lächeln. Offenbar war ihr nicht nach falschen Freundlichkeiten. „Dies ist mein Steuermann, Tom Paris.“

„Ich kenne Sie“, sagte Ro. „Sie waren im selben Jahrgang wie ich auf der Akademie.“

Tom grinste. „Ja, stimmt. Ich erinnere mich ebenfalls. Sie saßen im Kurs meines Vaters drei Reihen vor mir und waren im Schnitt immer ein wenig besser als ich.“

„Wie süß“, kommentierte B’Elanna trocken.

„Chell“, fuhr Chakotay unbeirrt fort und zeigte dabei auf den Bolianer. „Und dies ist Ayala. Seine Miene hat nichts zu bedeuteten, er sieht härter aus als er ist.“ Mit diesen Worten zwinkerte Chakotay Ayala zu, der darauf bemüht war sich ein Lächeln abzuringen. „Meine Crew ist unvergleichlich engagiert. Ein wenig gestresst in letzter Zeit, aber sie sind alle Leute, für die ich jederzeit meine Hand ins Feuer legen würde.“

„Selbst für den Sohn von Admiral Owen Paris?“ Ro Laren konnte sich ein gewisses Maß an Erstaunen nicht verkneifen.

„Ich traue ihm keinen Steinwurf weit“, mischte sich die Klingonin in das Gespräch ein. Sie erntete einen empörten Blick von Tom und meinte anschließend: „Ich habe dringend eine Dusche nötig. Wenn ihr mich entschuldigt.“

Chakotay nickte nur.

„Dem stimme ich zu“, sagte Tom Paris, woraufhin sich B’Elanna ruckartig umwandte und ihn böse anfunkelte. „Ich meine, dass ich auch eine Dusche nötig habe“, verteidigte er sich schnell und der Gesichtsausdruck der Klingonin wurde wieder weicher.

„Sie ist sicherlich eine Bereicherung für Ihre Crew.“ Ro Laren blickte der Ingenieurin nach. „Klingonen sind gute Kämpfer.“

„Sie ist nur zur Hälfte Klingonin“, erwiderte Chakotay und wandte den Blick ab von B’Elanna und Tom, die sich offensichtlich stritten, während sie sich entfernten, und sah stattdessen Ro Laren an. „Aber ja, sie ist in der Tat eine Bereicherung für den Maquis.“

Chell und Ayala verabschiedeten sich ebenfalls kurzerhand, mit der Begründung, dass sie Hunger hätten.

„Es ist schön, Sie wieder zu sehen.“ Chakotay lächelte die junge Bajoranerin warm an.

Sie erwiderte das Lächeln. „Geht mir genauso.“ Ein leises Seufzen folgte ihren Worten. „Ich bin seit einiger Zeit allein unterwegs gewesen. Man fängt an durchzudrehen, wenn man die Nachrichten des Geheimdienstes an die Sternenflotte aus der Entmilitarisierten Zone abfängt und niemanden hat, um darüber zu reden.“

„Na, dem können wir doch Abhilfe schaffen.“ Wieder lächelte Chakotay und Ro bemerkte nicht zum ersten Mal die kleinen Grübchen, die sich dadurch in seinen Wangen bildeten. „Ich weise Ihnen noch eine Unterkunft zu, dort können Sie sich ein wenig frisch machen. In der Zwischenzeit werde ich dafür sorgen, dass wir nachher etwas auf dem Tisch haben.“ Er machte eine kleine Pause. „Vielleicht schaffe ich es auch, eine Flasche Wein für uns aufzutreiben.“

„Hört sich gut an“, erwiderte Ro und ihre Anspannung verflüchtigte sich allmählich. Sie fühlte sich immer unwohl, wenn sie als Neuling zu einer Gruppe stieß, in der sich alle schon lange kannten. Als sie auf die ‚Enterprise‘ versetzt worden war, hatte sie sich genauso unbehaglich gefühlt.

Als sie den Maquis infiltriert hatte, war es Macias gewesen, der ihr das Unbehagen genommen hatte. Und nun war es ihr ehemaliger Ausbilder Chakotay. Es war schon ein merkwürdiger Zufall, dass sie sich ausgerechnet beim Maquis wieder begegneten. Sie hatte viel von ihm gelernt und die Zeit ihrer Ausbildung sehr genossen, was sie nicht zuletzt auf seine charmante Art zurückführte. Er hatte ein unglaubliches Gespür dafür, seine Leute zu motivieren.

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