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Die andere Frau (2)

von Emony

Kapitel 3

Chakotay stand unbewegt vor der Tür zu seiner eigenen Unterkunft. Ein Teil von ihm wollte hineingehen und sich einfach schlafen legen. Ein anderer Teil von ihm wollte umkehren und Ro Laren aufsuchen. Etwas an ihr hatte ihn schon jeher fasziniert, doch er konnte nicht genau sagen, was es war. Vielleicht war es, weil sie so zurückhaltend war und dadurch unnahbar wirkte.

Er glaubte sie in der Zeit ihrer Ausbildung gut kennen gelernt zu haben. Tatsache war jedoch, dass er sie nie wirklich privat kennen gelernt hatte. Er wusste, dass sie ein überaus fähiger taktischer Offizier war, eine sehr gute Pilotin, aber darüber hinaus wusste er nur wenig über sie. Sie hatte nie viel von sich erzählt und er hatte nicht nachgefragt.

Als er sie nun nach all der Zeit wieder sah, kam es ihm vor als bekäme er eine zweite Chance. Er war nicht länger ihr Ausbilder… Doch dann war da noch Seska. Bis zum heutigen Tag hatte er gedacht, zufrieden mit seiner Beziehung zu sein. Seska gab ihm sehr viel, doch manchmal hatte er auch das Gefühl, dass sie ihn erdrückte.

Im Grunde war dies auch nicht die Zeit für Romantik. Es gingen ihm so viele Dinge durch den Kopf, die weitaus wichtiger schienen. Er war nicht der Mann, der ohne nachzudenken handelte. Er war nicht wie Tom Paris, der ständig eine neue Affäre hatte, ohne Gefühle zu investieren. Und manchmal beneidete er Paris für diese Fähigkeit. Für Chakotay war eine flüchtige Liaison nicht erfüllend. Er sehnte sich nach mehr. Allerdings wusste er schon jetzt, dass er mit einer Frau wie Seska auf Dauer nicht glücklich werden würde.

Natürlich wusste er auch nicht, ob Ro Laren die richtige Frau für ihn wäre. Er kannte sie nicht gut genug. Aber er fand sie ausgesprochen attraktiv und er wollte sie gerne näher kennen lernen. Nur war jetzt ein denkbar schlechter Zeitpunkt. Seska würde ihm jede Möglichkeit verbauen, da hegte er keinerlei Zweifel. Sie war ohnehin schnell eifersüchtig. Es war schon fast ein Wunder, dass sie ihm gestattet hatte, Ro Laren zu ihrer Unterkunft zu begleiten. Doch brauchte er dafür tatsächlich ihre Erlaubnis?

Seufzend betrat er seine Unterkunft. Seska hatte sich bereits ins Schlafzimmer zurückgezogen und für einen gedehnten Augenblick haderte Chakotay mit der Entscheidung, ihr dahin zu folgen. Letztlich wollte er für heute nichts weiter als schlafen und so zog er sich rasch aus, um ins Bett zu gehen.

„Was hältst du von ihr?“ Seskas leise Stimme riss ihn jäh aus seinen Gedanken.

„Ich kenne sie kaum.“ Bevor Ro zum Essen gekommen war, hatte er Seska lediglich erzählt, dass eine ehemalige Auszubildende auf der Bildfläche erschienen war. „Wie fandest du sie?“, fragte er entgegen.

Für einen Moment schwieg Seska und überdachte ihre Worte. „Sie trägt ihren Ohrring auf der falschen Seite. Ich frage mich warum.“

„Weshalb hast du sie nicht gefragt?“, erkundigte er sich und starrte an die dunkle Zimmerdecke.

Seska rollte sich etwas zu ihm herüber und legte einen Arm über seine Brust. „Ich wollte nicht zu persönlich werden. Immerhin kenne ich sie nicht. Irgendwann werde ich sie vielleicht danach fragen.“

Ihm war nie aufgefallen, dass Ro den Ohrring tatsächlich auf der anderen Seite trug. Er war schon einigen Bajoranern begegnet, aber einige von ihnen – dazu gehörte auch Seska – trugen überhaupt keinen Ohrring. Er ging davon aus, dass es irgendwas mit ihrem Glauben zu tun hatte, aber er war zu müde, um sich weiter Gedanken darüber zu machen.

Seskas Hand rutschte unter die Bettdecke. „Lass uns nicht mehr über sie reden…“

Chakotay hielt ihre Hand auf, ehe sie sein Zentrum erreichte. „Heute nicht, Seska. Ich bin müde.“

„Ich bin die nächsten zwei Tage nicht da.“ Seska seufzte leise. „Es würde dich entspannen“, schnurrte sie in sein Ohr.

„Mir ist heute nicht danach“, sagte er sanft. Sie schliefen beinahe täglich miteinander, aber gerade heute hatte er aus vielerlei Gründen keine Lust. Nein. Eigentlich war das gelogen. Er wollte nicht mit ihr schlafen, weil ihm das Schicksal einen anderen Pfad offenbart hatte und er diesem nur allzu gerne folgen würde, um zu sehen wohin er führte.

„Dann eben nicht.“ Ruckartig entzog sie ihre Hand der seinen, rollte sich auf den Rücken und schnaubte.

Er hatte ihre Gefühle nicht verletzen wollen. Das war niemals seine Absicht gewesen. Und doch war es geschehen. „Wohin gehst du morgen?“, erkundigte er sich mit ehrlichem Interesse und versuchte versöhnlich zu klingen. Im Streit schlafen zu gehen, war nicht gut für die Seele.

„Es gibt da einen Ferengi, der uns eventuell Waffen besorgen kann. Ich treffe mich mit ihm, um herauszufinden, wie vertrauenswürdig er ist.“

Chakotay nickte leicht, auch wenn Seska es in der Dunkelheit nicht sehen konnte. „Sei vorsichtig. Ich traue den Ferengi grundsätzlich nicht.“ Seska und er plauderten noch eine Weile, doch Chakotay war nur halb bei der Sache. In Gedanken sah er immer wieder Ro Laren vor Augen. Dass Seska ausgerechnet jetzt für einige Tage den Stützpunkt verließ, war ein Wink des Schicksals, den er nicht einfach so an sich vorüberziehen lassen wollte.

=^=

Seska brach bereits früh auf. Chakotay verabschiedete sich noch von ihr, ehe er B’Elanna aufsuchte. Er fand die Halbklingonin beim Frühstück mit einigen Bekannten. Mit einem eigenen Frühstückstablett, auf dem irdischer Kaffee und eine Schale mit Müsli standen, setzte er sich zu B’Elanna an den Tisch.

„Guten Morgen“, grüßte er in die Runde. B’Elanna grüßte zurück, Chell und Henley nickten lediglich. „B’Elanna, schaust du dir heute bitte die ‚Träne des Friedens‘ an?“

Sie nickte. „Natürlich. Ich hab doch gesagt, dass ich mich um das Schiff kümmern werde.“ Hinter ihr kam Tom Paris in den gemeinsamen Speiseraum und grüßte die Allgemeinheit, ohne jemanden Bestimmtes anzusehen. B’Elanna verdrehte die Augen beim Klang seiner Stimme. „Ich hab mich mal über diese Ro Laren schlau gemacht“, sagte B’Elanna an Chakotay gewandt, der nickte. „Sie ist Pilotin. Wir könnten sie doch in unsere Zelle aufnehmen und dafür den Admiralssohn loswerden. Ich traue diesem Kerl nicht über den Weg.“

Chakotay lächelte leicht. „Ich weiß, dass Ro Pilotin war. Sie ist gut, ohne Zweifel. Aber ich glaube, dass Paris noch ein Tick besser ist. Er hat einfach mehr Erfahrung.“

„Aber“, begann B’Elanna und wandte für einen Moment nach Paris um, „ich hab kein gutes Gefühl bei ihm.“

„Ich bin mir auch noch nicht sicher, was ihn angeht“, sagte Chakotay ehrlich. „Aber genau deshalb bleibt er in unserer Gruppe. Da kann ich ihn besser im Auge behalten. Wenn er ein Spion ist, wird er sich irgendwann verraten.“

„Und dann werde ich dir ‚ich hab es ja gleich gesagt‘ sagen, Chakotay.“

Er lächelte und schüttelte leicht den Kopf. „Da hab ich keinen Zweifel. Bis dahin versuch dich an ihn zu gewöhnen und mach es ihm nicht unnötig schwer.“

B’Elanna kniff die Augen zusammen. „Leicht machen werde ich es ihm aber auch nicht.“ Sie trank ihren Tee aus und stand auf. „Dann kümmere ich mich mal um Ros Schiff, ehe es in seine Bestandteile zerfällt. Falls du sie heute zufällig siehst, sag ihr, dass sie sich die nächsten Tage noch nichts vornehmen soll. An einem Tag bekomme ich nicht alles repariert.“

Was für ein toller Vorwand Ro aufzusuchen, dachte Chakotay bei sich und nickte der Halbklingonin dankbar für diese Möglichkeit zu. „Ich werde es ihr ausrichten.“

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