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Zwei Seelen wohnen auch in meiner Brust

von SusanQ

Kapitel 1

Prolog

„Laß ihn nicht so gehen“, in ihrer Stimme schwang ein beinahe flehentlich klingender Ton mit als Lady Amanda ihren Mann in der Bibliothek ihres Hauses ansprach.

„Wen?“, fragte er mit einer steinernen Miene, obwohl Sarek ganz genau wußte von wem die Rede war.

Mit einem eindringlichen Unterton entgegnete Amanda: „Er ist dein Sohn!“, doch Sarek reagierte nicht. Nach kurzem zögern fügte sie ihren Worten verärgert hinzu: „Du kannst nicht all deine Kinder verstoßen.“

„Ich habe keine Nachkommen“, völlig teilnahmslos und mit unverändert ausdruckslosem Gesicht schlug er ein in Leder gebundenes Buch auf und dachte dabei wie barbarisch die Menschen doch waren – ein Lebewesen zu töten um dessen Haut über Karton gespannt als Buchdeckel zu verwenden zwischen denen nicht wirklich immer völlig durchdachte Gedanken niedergeschrieben waren.

„Spock lebt zwischen zwei Welten und diesen Umstand hat er sich nicht selbst ausgesucht. Gib ihm doch wenigstens die Chance auch die zweite Hälfte seines Erbes kennenzulernen. – Es wird ihn sehr verletzen, wenn er sich gezwungen sieht gegen deinen Willen zu handeln.“

„Wenn es das tut, dann war dein Einfluß auf ihn zu stark. Ich hätte ihn offensichtlich doch schon in frühestem Kindesalter zu einem vulkanischen Mentor schicken sollen“, entgegnete ihr Mann ungerührt.

Amanda atmete einmal tief durch. Sie lebte nun schon so viele Jahre auf Vulkan und hatte sich intensiv mit dem Studium der vulkanischen Kultur befaßt, dennoch gab es immer wieder Momente in denen sie ihren Mann nicht nur nicht verstand, sondern sein Verhalten als unlogisch beurteilte. Ihm dies in diesem Augenblick jedoch zu sagen war taktisch unklug. „Wenn dem so ist, dann ist es nun zu spät dies zu bedauern. Spock hat sich nun einmal entschlossen zur Akademie zu gehen und…“

Plötzlich wurde sie von ihrem Mann unterbrochen: „Akademie ist eine zu ungenaue Bezeichnung. Er hat sich entschlossen nicht zur vulkanischen Akademie der Wissenschaften zu gehen, sondern zur Sternenflottenakademie.“

„… und du wirst ihn durch deine Starrköpfigkeit nicht davon abhalten. – Vermutlich hat er doch mehr von dir geerbt als du wahr haben willst.“

„Dort werden seine Fähigkeiten verschwändet. Er wird sein Potential nie voll ausschöpfen.“

„Doch, daß wird er. Er wird eine unermeßliche Bereicherung für die Sternenflotte sein und er wird es sein, der unsere beiden Völker näher zusammen bringen wird, nicht nur weil er die Gene und Ideale zweier Welten in sich vereint, sondern weil er ein lebendes Wesen ist und nicht nur ein Stück Papier auf dem irgendein Vertrag geschrieben steht.“

Sarek würdigte sie weder eines Blickes noch irgendeiner anderen Reaktion, weshalb Amanda aufgebracht fortfuhr: „Unser Sohn ist 18 Jahre alt. Nach irdischen Maßstäben also erwachsen.“

„Wir sind nicht auf der Erde und nach vulkanischen Maßstäben ist er ein Jugendlicher.“

„Bei seiner Geburt waren deine ersten Worte *so menschlich*. Laß ihn seine menschliche Hälfte, sein irdisches Erbe erkunden. Laß ihn gehen, Sarek“, bat Amanda nochmals eindringlich. „Laß ihn gehen oder du verlierst ihn – vielleicht für immer. Er ist dein Sohn, nunmehr dein einziger Sohn.“

„Ich habe keinen Sohn“, wiederholte Sarek seine frühere Aussage.

„Du vielleicht nicht, aber ich schon und ich werde ihn nicht so gehen lassen. Ich werde ihn verabschieden und ihm meine besten Wünsche mit auf den Weg geben. – Du kannst von mir aus machen was du willst.“

„Es ist Tradition, daß der Sohn den von seinem Vater vorbestimmten Weg im Leben geht“, sagte Sarek unberührt.

„Du müßtest dir mal selber zuhören. – Dies hier ist ein modernes Vulkan. Kein Haus, selbst keines der großen alten Häuser, hält mehr an all diesen archaischen und antiquierten Traditionen fest. Es werden kaum noch Ehen arrangiert und jeder junge Vulkanier kann selbst entscheiden was er aus seinem Leben machen will. – Dieses Recht, das jeder hat, willst du deinem eigenen Sohn abstreiten?“

„Ich habe k…“, setzte Sarek zu seiner üblichen Erwiderung an, doch Amanda hörte nicht mehr wie ihr Mann diesen Satz vollendete, denn sie hatte inzwischen resigniert den Raum verlassen und war in den ersten Stock gegangen.

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Amanda klopfte an Spocks Zimmertür und hörte sofort ein deutlich artikuliertes *Herein* von der anderen Seite. Sie öffnete die Tür und blieb, wenige Augenblicke im Eingang verharrend ihren Sohn beim packen beobachtend, abwartend stehen.

Spock war ganz und gar in Stoffe aus hellen Naturfasern gekleidet. Sein fransiger Pony reichte kaum bis auf die Mitte der Stirn und seine etwas schlackig wirkenden Bewegungen ließen ihn eher wie einen Teenager denn einen jungen Mann Anfang zwanzig erscheinen.

*Hm, 18!*, dachte Amanda. War es tatsächlich schon so lange her das sie ihn geboren hatte? *Mein kleiner Junge ist tatsächlich erwachsen geworden und jetzt wir er das elterliche Haus verlassen…*

Sie wollte sich selbst nicht eingestehen, wie schwer es ihr fiel ihn einfach so ziehen zu lassen. Jetzt erst verstand sie, was ihre eigene Mutter damals hatte empfunden haben müssen, als sie selbst das Haus verließ um vergleichende Sprachwissenschaften in London zu studieren. Es tat weh das einzige Kind gehen zu sehen, aber sie wollte es sich nicht anmerken lassen.

„Wenn du die schweren Sachen wie Bücher und Schuhe unten hintust trägt sich das Gepäck besser und pack noch ein paar wärmere Kleidungsstücke ein, du wirst dich an das gemäßigte Klima der Erde erst gewöhnen müssen“, sagte sie unvermittelt, trat näher an ihn heran und nahm ihm einen Pullover so aus der Hand, das sie seine Haut berührte. „Warte, ich lege dir das zusammen.“

„Ich bin durchaus kompetent was die effektive Ausnutzung des Raums in meinem Koffer und die Wahl des optimalen Schwerpunktes betrifft, Mutter.“

„Daran habe ich nicht einen Augenblick lang gezweifelt, Spock, aber bitte versteh’, daß jede Mutter den Moment in dem ihre Kinder sie verlassen, so weit wie möglich hinauszuzögern versucht. Ich wollte dir noch einen letzten, wenn auch überflüssigen Rat mit auf den Weg geben und noch ein paar Minuten mit dir verbringen.“

„Ich danke dir für den Rat und werde ihn beherzigen.“ Spock trat einen Schritt von seinem Bett, auf dem der Koffer lag, zurück und ließ seine Mutter die restlichen Kleidungsstücke einpacken. Amanda lächelte und schüttelte ob der Zurückhaltung ihres Sohnes kurz den Kopf.

„Versprich mir Spock, daß du dich nicht abschotten wirst. Such’ Kontakt zu deinen Kommilitonen. – Du wirst mit den anderen Kadetten zusammen mehr bilden als eine Zweckgemeinschaft.“

Spock antwortete mit einem verbindlichen: „Ja, Mutter.“

„Nimm nicht alles was die Menschen tun oder sagen zu ernst. Du bist anders, nicht schlechter oder besser als alle anderen an der Akademie. Du hast das Recht dort zu sein, so wie jeder andere der die Aufnahmeprüfung besteht.“

„Das habe ich nie bezweifelt“, entgegnete Spock.

„An den Menschen wirst du zweifeln, so manches mal. Glaub’ mir, das wirst du mit Sicherheit. Ihr Verhalten ist häufig unlogisch und damit oft unberechenbar. Sie sind emotional und handeln manchmal spontan und unbedacht, einfach nur so aus einer Laune heraus. Dennoch solltest du nie vergessen, daß zumindest die meisten von ihnen ehrlich und loyal sind.“

„Ich danke dir auch für diesen Rat und werde ihn ebenfalls beherzigen.“

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Bevor er das elterliche Haus verließ, sprach Spock noch einmal mit seinem Vater, doch dieser war nicht einsichtig. Auch Amanda versuchte ihren Gatten nochmals zur Vernunft zu bringen, damit er sich von seinem Sohn nicht entfremdete, doch auch ihre Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt, woraufhin sie wenige Stunden später ebenfalls die Villa am Rande der Ebene Gol verließ.
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