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Talk between Friends

von Emony

Kapitel 3

„Hier steckst du!“, raunte eine tiefe Männerstimme.

Commander Tucker musste seinen Kopf gänzlich in den Nacken fallen lassen, um ihn ansehen zu können. Ein seltsames Gefühl war das nach unten zu sehen, obwohl er im Grunde nach oben schaute. Der sogenannte Sweetspot war sonst immer Travis’ Zuflucht, wenn er etwas allein sein wollte, doch diesmal hatte sich der Chefingenieur diesen Ort ausgesucht, um zwei gewissen Personen aus dem Weg zu gehen.

„Hey, Cap’n.“ Selbst mit Jon wollte er jetzt nicht reden. Er wollte niemanden sehen.

„Ich habe dich auf dem ganzen Schiff gesucht. Dann erfuhr ich von Phlox, dass er dich für heute vom Dienst freigestellt hat und Travis riet mir hier nach dir zu suchen. Was ist los, Trip?“ Die Stimme Archers klang sanft, wie die eines Freundes und nicht wie die eines Captains.

Trip wandte den Blick von ihm ab und schüttelte den Kopf. Er wollte wirklich nicht darüber reden. Erst in der vergangenen Nacht hatte er sich Jon anvertraut, doch gebracht hatte es ihm rein gar nichts. Nichts außer dem Kummer, der nun auf seiner Seele lastete.

Er war gar nicht erst zu Bett gegangen, sondern hatte sich gleich geduscht und sich umgezogen, um den Dienst antreten zu können. Doch selbst die einfachsten Aufgaben konnte er an diesem Morgen nicht erfüllen. Nachdem er seine Techniker zwei Stunden lang im Maschinenraum herum gescheucht hatte, hatte er eingesehen, dass es keinen Sinn machte weiterzuarbeiten. Jedenfalls nicht in dieser Verfassung. Und so hatte er Dr. Phlox aufgesucht, um sich für den Tag Dienstuntauglichkeit bescheinigen zu lassen.

Erschrocken zuckte er zusammen, als Captain Archer plötzlich neben ihm an die Decke stieß und sich mit etwas Mühe in eine sitzende Position brachte. „Ich gehe hier nicht weg, bevor ich nicht weiß, was dich bedrückt.“

„Kannst du dir das nicht denken?“, entgegnete Trip und blickte dabei auf seine Hände, die er ihm Schoß gefaltet hielt.

„Du hast einen Korb von ihr bekommen?“

Trip schüttelte den Kopf. „Nicht direkt.“

„Aber?“, erkundigte sich Archer und gestikulierte dabei.

„Malcolm kam, noch ehe ich ihr meine Gefühle offenbaren konnte, und erklärte mir, dass er mit Hoshi verabredet sei. Angeblich um vulkanisch zu lernen.“ Sarkasmus lag in seiner Stimme und er schluckte schwer, bei der Erinnerung an das kurze Gespräch mit Malcolm.

„Vielleicht war er wirklich nur deshalb bei ihr. Du interpretierst womöglich zu viel in dieses Treffen.“ Jon sah seinem Freund fest in die Augen. „Hast du denn etwas gesehen oder gehört, dass deine Vermutung bestätigt?“ Trip schüttelte den Kopf. „Rede mit Malcolm. Versuch’ herauszufinden, ob da wirklich etwas zwischen ihnen läuft und zieh’ nicht voreilig Schlüsse.“ Er machte eine kurze Pause und musterte Trip, der ihn aus nachdenklichen Augen ansah. „Du neigst dazu zu impulsiv und vorschnell zu reagieren, Trip.“

„Du hast den Blick in Malcolm Augen nicht gesehen, Jon. Er freute sich unsagbar auf das Treffen mit Hoshi“, kam es fast schon flüsternd von Trip.

„Und wer sagt dir, dass das etwas zu bedeuten hat? Die beiden könnten doch einfach nur sehr gute Freunde sein. Da spricht doch nichts dagegen. Und selbst wenn Malcolm etwas für Hoshi empfindet ... heißt das nicht, dass das auch umgekehrt der Fall ist.“

„Möglicherweise hast du recht“, murmelte er in den nicht vorhandenen Bart und fuhr sich mit der linken Hand durchs Haar. „Ich habe nur keine Ahnung, wie ich vorgehen soll.“

Archer lächelte mild. „Geh zu Malcolm und frag’ ihn frei heraus, ob er an Hoshi interessiert ist.“

„Ich sollte mich wohl als Erstes bei ihm entschuldigen.“ Trip seufzte. „Ich habe ihn gestern Nacht in meinem Zorn beschimpft und ...“

„Tätliche Angriffe unter Offizieren werden schwer bestraft, Trip“, sagte Jon und unterbrach ihn, noch ehe er aussprechen konnte. „Ich tue so, als hätte ich keine Vermutung was du sagen wolltest, du gehst dich entschuldigen und reißt dich in Zukunft zusammen. Ist das klar?“

Da sprach der Captain, nicht der Freund und Tucker nickte. „Ja, Sir.“ An der Akademie und im Hauptquartier hätte man ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet, das wusste er. Und jeder andere Captain hätte ihn nicht mit einer bloßen Verwarnung davon kommen lassen. Und da Jon von einer Vermutung sprach, konnte er davon ausgehen, dass Malcolm ihn nicht angeschwärzt hatte.

Commander Tucker stand mit einem Tablett in der Hand vor Lieutenant Reed, dessen Aufmerksamkeit einem PADD gewidmet war und atmete tief durch. „Darf ich mich zu dir setzen?“ Seine Stimme brach in der Mitte des Satzes und er räusperte sich.

„Sicher“, entgegnete Malcolm und wies auf einen der freien Plätze. Daraufhin widmete er sich wieder dem PADD. Der Teller vor ihm war noch nahezu unangetastet. Er hatte keinen Appetit, obgleich er wusste, dass er etwas essen sollte.

„Schmeckt das Steak nicht?“, fragte Trip so belanglos wie möglich und nickte dabei in die Richtung von Reeds Teller.

Der Waffenoffizier sah auf und blickte seinen Gegenüber kurz an und kühl an. „Für Small-Talk habe ich erstens keine Zeit und zweitens bin ich nicht in der Stimmung.“ Nachdem er und Hoshi am frühen Morgen einige Lektionen in vulkanischer Sprache durch hatten, hatte er sich die Unterhaltung mit Trip nochmals durch den Kopf gehen lassen. Was immer auch in Trip vorgegangen sein mochte, er konnte sein Verhalten in keiner Weise verstehen. Er hatte schließlich nichts gesagt oder getan, was Trips Zorn gerechtfertigt hätte. Zumindest war ihm kein Grund bewusst.

„Kann ich nach heute früh verstehen“, gestand Trip und Malcolm wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Nichtsdestotrotz sprach der Commander weiter. „Ich möchte mich bei dir in aller Form entschuldigen. Mein Verhalten war irrational und unbeherrscht.“

„Und ungerechtfertigt“, fügte Malcolm hinzu, würdigte sein Gegenüber jedoch keines Blickes.

„Ja, das auch“, stimmte er zu. „Wobei – nicht ganz.“ Er fing sich daraufhin einen fragenden Blick von Reed ein. Frag’ ihn, ob er an Hoshi interessiert ist, schossen die Worte des Captains durch seine Gedanken und Trip atmete tief durch. „Ich dachte, dass dir T’Pol gefällt.“ Malcolm nickte schulterzuckend. „Was ist mit Hoshi?“

„Was meinst du?“, fragte der Engländer entgegen und legte das PADD beiseite.

Trip zögerte einen Augenblick, bevor er weitersprach: „Inwiefern bist du an ihr interessiert?“ Es war raus und der Chefingenieur fühlte sich augenblicklich erleichtert.

Malcolm krauste die Stirn und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Allmählich verstand er Trip und hatte eine vage Vorstellung davon, weshalb er an diesem Morgen von ihm beleidigt und flüchtig angegriffen worden war. „Sie sieht gut aus, ist eine sehr liebevolle junge Frau, mit allerhand Talenten“, begann Malcolm und bemerkte, wie Trip scharf die Luft einsog. „Zudem ist sie ausgesprochen intelligent und humorvoll. Und ...“

„Und was empfindest du für sie?“, unterbrach Trip ihn scharf.

„Sie ist eine wirklich gute Freundin, mehr jedoch nicht.“

Sämtliche Muskeln in seinem Körper entspannten sich augenblicklich und er atmete erleichtert aus. Jon hatte also wieder einmal recht, überlegte er. Warum nur fiel es ihm manchmal so schwer sein Temperament zu zügeln? Weshalb zum Henker handelte er meist, ohne vorher nachzudenken? Im Angesicht der Tatsache, dass er seinen Freund für nichts und wieder nichts beschimpft hatte, fühlte er nicht nun noch schlechter als zuvor.

Malcolm musterte ihn aus schmalen Augen. „Und was empfindest du für sie?“

„Ich?“ Trip deutete mit dem Finger auf sich selbst und sein Gegenüber nickte.

„Wenn es mir bis gestern nicht klar war“, sagte Malcolm nach einer Weile, in der Tucker sich weigerte zu antworten, „dann weiß ich es spätestens seit heute früh. Allerdings bin ich da nicht ganz von allein drauf gekommen.“

„Wie darf ich das verstehen?“

„Ich habe mit Hoshi über dein Verhalten gesprochen, weil ich es mir nicht erklären konnte. Neben dir ist sie mein einziger richtiger Freund an Bord, also suchte ich ihren Rat.“ Er blickte Trip unverwandt an. „Das war dann auch der Augenblick, als mir klar wurde, dass ich nicht in sie verliebt bin.“

Trip wurde heiß und kalt zu gleich. Wie konnte Malcolm Rat in Bezug auf eine Männerfreundschaft bei einer Frau suchen? Noch dazu bei dieser Frau? „Was hat sie gesagt?“ Eigentlich wollte er die Frage nicht stellen und auch keine Antwort darauf, doch sie war ihm unbeabsichtigt über die Lippen gekommen.

„Das frag’ sie mal lieber selbst.“ Mit diesen Worten und einem kleinen Grinsen erhob sich der Waffenoffizier, nahm Tablett und PADD zur Hand und entfernte sich vom Tisch.

Trip blieb wie vor den Kopf gestoßen sitzen und sackte im Stuhl zusammen.

***

Diesmal tat er es, auch wenn mit zitternden Händen. Commander Tucker betätigte den Türmelder von Hoshis Quartier und wartete angespannt auf ihre Resonanz. Die Sekunden des Wartens kamen ihm wie Minuten vor und als sie ihm öffnete, lief alles wie in Zeitlupe ab.

Die Hände in die Hüften gestemmt stand sie vor ihm, das sonst liebliche Gesicht mürrisch verzogen. „Wird auch Zeit“, sagte sie trocken.

Am liebsten wollte er sofort wieder gehen, doch er wusste, dass er sich dem jetzt stellen musste. „Sie haben mich also erwartet“, versuchte er locker zu entgegnen, jedoch nahm er selbst das leichte Vibrieren in seiner Stimme wahr. Und wenn er selbst dies bemerkte, so war es ihr bestimmt nicht entgangen.

„Ich habe mit Malcolm über Sie gesprochen. Und ja, ich habe Sie erwartet. Jedoch schon wesentlich früher als um diese Uhrzeit.“

Trip hob die Brauen an, sich dessen nicht ganz sicher, wie spät es war. Dann trat er in ihr Quartier, als sie es ihm anbot, und nahm auf einem der beiden Stühle Platz. „Was genau haben Sie mit Malcolm besprochen.“

Davon, dass er ihr von seinen eigenen Gefühlen über sie erzählt hatte, wollte sie Trip nichts sagen. Das ging nur Malcolm und sie etwas an. Ebenso wie ihre Reaktion, auf Malcolms Geständnis. Sie waren sich an diesem Morgen einig darüber gewesen, dass niemand an Bord etwas davon erfahren würde. „Ich sagte ihm, dass Ihre Reaktion auf Eifersucht schließen lässt.“

Das traf den Nagel auf den Kopf. Und ihre Kühle weckte in ihm den Verdacht, dass er in wenigen Minuten einen eiskalten Korb von ihr bekommen würde. Sie sah ihn so finster an, wie noch nie zuvor. Und doch sah er einen ungewohnten Schimmer in ihren Augen, der ihn ein klein wenig hoffen ließ. Trip atmete tief durch. „Sie haben recht. Ich habe eifersüchtig reagiert.“

„Seit wann verteidigt man etwas, das einem nicht gehört, Commander?“ Hoshi blieb auch weiterhin vor ihm stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. So fühlte sie sich im Vorteil, größer und mächtiger. Zwar war ihr sehr wohl der Ton bewusst, in dem sie mit einem ranghöheren Offizier sprach, doch sie wusste ebenso gut, dass dieses Gespräch privat war und nicht dienstlich. Hier in ihrem Quartier saß nicht der Chefingenieur und Commander Tucker, sondern der Mann Trip.

Unschlüssig, was er daraufhin erwidern sollte, kaute er auf seiner Unterlippe herum und fing sich deshalb erneut einen finsteren Blick aus dunklen Augen ein. „Ich weiß, dass ich kein Recht hatte, so zu reagieren.“

„Das hatten Sie wahrlich nicht. Zudem haben Sie einen Freund beleidigt und gestoßen, der für Sie sein Leben geben würde. Ist Ihnen das eigentlich bewusst?“ Im Grunde tat er ihr ja leid. Er saß vor ihr wie ein unschuldiges Kind, das eine Standpauke der Mutter über sich ergehen ließ. „Malcolm ist ein Mann, der einem ein Leben lang loyal als Freund zur Seite steht, komme was da wolle. Und Sie sind bereit, das wegen einer Frau – in diesem Fall meinetwegen – wegzuwerfen. Ihnen ist der Wert von wahrer Freundschaft offensichtlich nicht bewusst.“

„Offensichtlich“, entgegnete er kleinlaut. „Andererseits ...“ Trip stockte als sie eine Augenbraue hob und den Kopf schief legte. „Manche Dinge sind es einfach wert, dass man um sie kämpft, auch wenn es ein noch so sinnlos erscheinender Kampf sein mag.“

„Ich sage Ihnen jetzt, wann Sie das Recht haben eine Frau zu verteidigen.“ Er nickte schwach. „Dann wenn sie in Gefahr ist. Wenn ihr körperliche und seelische Gefahr droht. Wenn ein anderer Mann sich versucht in Ihre Beziehung zu dieser Frau einzumischen.“ Erneut machte Hoshi eine kleine Pause und atmete durch. „Solange Sie zu feige sind mir zu sagen, dass Sie etwas für mich empfinden und noch nicht einmal den Versuch gewagt haben mich zu küssen, solange kann Malcolm in meinem Quartier ein und aus gehen, wie es ihm und mir passt.“

Trip starrte sie unverwandt und über ihre Schlagfertigkeit vollkommen verblüfft an. Dass so viel Energie in ihr steckte hätte er wahrlich nicht für möglich gehalten. Er stand auf und musste seinen Blick dabei etwas senken, um ihr weiterhin in die Augen sehen zu können. „Sie denken also, dass ich feige bin.“

Auch wenn es eine Aussage und keine Frage war, so nickte Hoshi. „Mag sein, dass ich Schiss habe. Jedoch hätte ich keine Angst davor Sie zu küssen, wenn Sie mir nicht wirklich etwas bedeuten würden.“

„Schon klar“, lächelte sie und nickte.

Endlich war dieser finstere Blick verschwunden, der ihr so gar nicht stand. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen, um sich zu ihr herabzubeugen, doch noch bevor er seine Lippen auf ihre pressen konnte spürte er ihre Finger auf seinem Mund und öffnete erstaunt die Augen. Er hatte wirklich gedacht, dass er eine Chance bei ihr hätte, doch nun schien dieses Illusion geplatzt.

„Ich lasse mich nicht so einfach küssen.“ Sie sah ihn immer noch lächelnd an und hoffte, dass er ihre eigene Nervosität nicht bemerkte. Als er ihren Blick fragend entgegnete und die Stirn in kleine Fältchen legte, sagte sie: „Ich will es hören“.

„Okay“, kam es im Ausatmen über seine Lippen. „Seit einer ganzen Weile schon gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf, Hoshi. Und ich denke, dass ich mich in dich verliebt habe.“ Sein Herz schlug ihm so hart gegen die Rippen, das es schon fast weh tat und erneut schien die Zeit stehen geblieben und alles lief vor ihm in Zeitlupe ab. Als nächstes nahm er ihre zärtlichen Finger wahr, die sich um sein Gesicht legten, sah wie ein liebevolles Lächeln sich auf ihren Lippen formte und dann war alles dunkel. Instinktiv hatte er die Augen geschlossen, als sie ihn zu einem Kuss zu sich herunter zog, der ihm abertausend kleine Stromstöße durch den Körper jagte und ihn durch und durch elektrisierte. Manchmal waren die Nachwirkungen einer Tat gar nicht so schrecklich, wie man sie sich zunächst vorgestellt hatte. Und ganz selten sogar kam es vor, dass, wenn man sich zuvor noch am Boden zerstört gefühlt hatte, man sich plötzlich fühlte als schwebe man auf Wolke sieben.

~ sappy end^^
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